Künstliche Intelligenz
Starker Kombiprozessor: Intel will offenbar gegen Strix Halo & Co. antreten
Starke Kombiprozessoren befeuern schon lange Spielkonsolen und sind in allen MacBooks anzutreffen, seitdem Apple selbst CPUs baut. Obwohl es sich technisch um integrierte Grafikeinheiten handelt und dieser Klassifizierung ein Nimbus anhängt, liefern sie eine spiele- und CAD-taugliche 3D-Leistung, weil die GPUs dort ausladend statt asketisch dimensioniert wurden.
In Windows-PCs sind solche Chips aber noch selten: Mit AMDs Strix Halo alias Ryzen AI Max wurde erst Anfang 2025 ein Vertreter vorgestellt, den man inzwischen in einigen Notebooks und Mini-PCs kaufen kann. Nun melden Gerüchteköche, dass auch Intel an einem solchen Chip werkelt. Als Codename macht Nova Lake-AX die Runde.
Dieser verrät Branchenkennern sofort, dass der starke Kombi-Chip nicht direkt vor der Türe steht. Aktuell sind Core-Ultra-200-Prozessoren, hinter denen sich die separaten Baureihen Lunar Lake (Core Ultra 200V) und Arrow Lake (Core Ultra 200U, 200H und 200HX) verstecken. Der Nachfolger Panther Lake (wahrscheinlich Core Ultra 300) steht offiziell noch vor Jahresende 2025 an, wenngleich es im Handel eher 2026 werden dürfte. Erst dessen Nachfolgegeneration heißt Nova Lake (Core Ultra 400?), zu der dann der AX-Sonderling gehören soll. Wir sprechen also von frühestens Mitte 2026, mit starker Tendenz zu viel später.
Angebliche Spezifikationen
Nova Lake-AX soll insgesamt 28 Kerne haben. Die Summe soll sich konkret aus acht Performance-, 16 Effizienz- und vier Low-Power-Effizienzkernen zusammensetzen. AMDs Strix Halo hat 16 Kerne, die allesamt identisch mit Zen-5-Architektur aufgebaut sind. Bei der GPU sind 384 Ausführungseinheiten im Gespräch. Unter der Annahme, dass auch bei der dann vorgesehenen Xe3-Architektur wie bisher jeweils acht Einheiten einem GPU-Kern zugeordnet sind, wären das 48 Xe-Kerne.
Zum Vergleich: Lunar Lake hat als aktuell stärkste integrierte GPU mit gerade mal acht Xe-Kernen, Panther Lake soll bis zu 12 Xe-Kerne aufweisen. AMDs Strix Halo kommt auf maximal 40 sogenannte Compute-Units (CUs) – AMDs Äquivalent zu Intels Xe-Kernen –, was dem Ausbau von Mittelklasse-Grafikkarten entspricht. Strix Point für normale Notebooks (Ryzen 9) hat 12 CPU-Kerne und 16 CUs, die kleinere Ausbaustufe Krackan Point (Ryzen 7 und darunter) für den Massenmarkt kommt auf je acht CPU-Kerne und CUs.
Bemerkenswert: Der Leaker, der die technischen Details zu Nova Lake-AX ausgeplaudert hat, glaubt selbst nicht, dass der Chip tatsächlich das Licht der Welt erblicken wird. Hintergrund dürfte sein, dass Intel derzeit zahlreiche Geschäftsfelder einstampft und Stellen streicht, um wieder profitabel zu werden. Nova Lake-AX wäre wie Strix Halo zwar innovativ, aber dennoch vorerst ein Nischenprodukt – bei sowas sitzen die Rotstifte vom Controlling traditionell locker.
Die Kombis kommen
Umgekehrt darf Intel aber auch die Abzweigung in die Zukunft nicht verpassen und die heißt bei Notebooks klar starke Kombiprozessoren. Apple prescht mit seinen Pro-, Max- und Ultra-Prozessoren seit 2020 vor. AMD bespielt die Windows-Welt derzeit mit Strix Halo alleine und könnte in dem Zeitraum, in dem Nova Lake-AX zu erwarten ist, bereits den Nachfolger Medusa Halo mit Zen-6-Kernen und integrierter RDNA4-GPU am Start haben.
Größenvergleich: Die beiden CPU-Chiplets mit je 8 Zen-5-Kernen sind beim starken Kombiprozessor Ryuen AI Max (Strix Halo, links) und dem Ryzen-9000HX-Prozessor Fire Range (rechts) identisch. Das dritte Chiplet ist aber ungleich größer, weil in Strix Halo eine viel stärkere Grafikeinheit steckt.
Aktuell muss AMD das gesamte Enablement der neuen Technik schultern und Microsoft in die richtige Richtung schubsen. Das Konzept eines gemeinsam nutzbaren Arbeitsspeichers, das mit starken Kombichips einhergeht, ist nur rudimentär umgesetzt: Es gibt zwar physisch einen gemeinsamen Speicher, aber nicht logisch. Der Speicher ist unter Windows weiterhin in getrennte Bereiche für CPU und GPU partitioniert, sodass bestehende Software nicht aus dem Tritt kommt. Die eigentliche Unified-Memory-Idee, dass beide Rechenwerke auf dieselben Objekte zugreifen können, ohne dass diese erst vom einen in den anderen exklusiven Speicherbereich umkopiert werden müssen, ist unter Windows derzeit nicht nutzbar.
Zuwachs bei Windows on ARM
AMD wird in der Windows-Welt wiederum nicht alleine bleiben. Es gilt als offenes Geheimnis, dass auch Nvidia einsteigen möchte. Dessen Chip mit ARM-Prozessorkernen und Blackwell-GPU trägt den Codenamen N1X. Er sollte eigentlich schon längst auf dem Markt sein, verschiebt sich aber immer weiter nach hinten: Uns wurde zuletzt aus Branchenkreisen zugetragen, dass der Marktstart solcher Notebooks nicht vor dem zweiten Quartal 2026 erfolgen dürfte (und der von der schwächeren Abwandlung N1 noch später). Auf der Computex im Mai war noch vom ersten Quartal 2026 die Rede.
N1X dürfte eng verwandt mit GB10 sein, der die Mini-Workstation DGX Spark antreibt. Diese stellte Nvidia im Januar auf der Technikmesse CES vor; andere Hersteller wie Asus, Dell und HP bringen auch eigene Versionen. Doch wann der Verkauf tatsächlich startet, ist aktuell nicht bekannt. Unseren Recherchen zufolge musste der Chip eine Extrarunde in der Entwicklung drehen, weil der Display-Controller nicht ordnungsgemäß funktionierte. Gerätehersteller hofften auf der Computex, dass es noch im inzwischen begonnenen dritten Quartal losgeht.
Nvidias starker Kombiprozessor GB10.
DGX Spark wird übrigens unter Linux laufen, nicht unter Windows, obwohl alle Gerätehersteller sich das wünschen, um ihren Kunden mehr Auswahl bieten zu können. Randnotiz: Eine vormals bestehende, aber nie offiziell bestätigte Exklusivvereinbarung zwischen Microsoft und Qualcomm hinsichtlich Windows on ARM (das wäre auch für Nvidia die passende Version) sollte mittlerweile ausgelaufen sein, doch ohne spruchreife Konkurrenzprozessoren bedeutet das praktisch nicht allzu viel.
Nahe Zukunft
Apropos Qualcomm: Wir sind sehr gespannt, was das Unternehmen für die zweite Generation des Snapdragon X im Köcher hat, der im Herbst auf der diesjährigen Hausmesse Snapdragon Summit debütieren wird. Ganz oben auf der Wunschliste steht eine stärkere Grafikeinheit für normale wie auch besonders leistungsstarke Kombiprozessoren. Die Technik dafür muss zwangsläufig aus den eigenen Reihen kommen: Nvidia steckt mit N1X seinen eigenen WoA-Claim ab, AMD hat mit seinen Halo-Chips eine eigene Roadmap.
Insofern täte Intel sicherlich gut daran, ein Produkt wie Nova Lake-AX zur Marktreife zu führen: Die Konkurrenz schläft nicht, sondern wird ganz im Gegenteil sogar größer. Zudem hatte Intel wohl bereits für die aktuelle Arrow-Lake-Generation mal was geplant, das dann nie das Licht der Welt erblickte.
(mue)