Künstliche Intelligenz
Studie: Deutschland hinkt bei der Reparaturkultur anderen Staaten hinterher
In Deutschland hat sich trotz Förderprogrammen in einzelnen Bundesländern noch keine echte Reparaturkultur entwickelt. Dabei wünscht sich mit 78 Prozent eine große Mehrheit der hiesigen Verbraucher, dass defekte Elektrogeräte einfacher instand gesetzt werden können. Das zeigt eine jetzt veröffentlichte Studie des Nürnberg-Institut für Marktentscheidungen (NIM), die auf repräsentativen Befragungen von jeweils 2000 Erwachsenen in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Polen, Großbritannien und den USA basiert.
Laut der Untersuchung haben in Italien 61 Prozent der Verbraucher im vorigen Jahr mindestens ein Elektrogerät reparieren ließen. In Deutschland waren es dagegen nur 41 Prozent. Das ist zugleich der niedrigste Wert unter den einbezogenen Nationen. Vor allem in Großbritannien und den USA lassen Konsumenten am häufigsten große Haushaltsgeräte reparieren. Durchschnittlich verzichtet rund die Hälfte der Verbraucher in den untersuchten Staaten auf einen Neukauf und setzt stattdessen auf eine Wiederherstellung.
Der wichtigste Grund für eine Reparatur sind die geringeren Kosten im Vergleich zum Neukauf. Dieser Aspekt steht in allen Ländern an erster Stelle. Die meisten Bürger sind bereit, knapp 20 Prozent des Neuanschaffungspreises für eine Instandsetzung auszugeben. Der Nachhaltigkeitsaspekt spielt je nach Land eine unterschiedlich große Rolle als Motivation. Aktuell stellt Elektroschrott ein großes Problem dar. Dem Global E-Waste-Monitor 2024 der Uno zufolge fielen 2022 weltweit 62 Millionen Tonnen an elektronischem Abfall an, was einem Anstieg von 82 Prozent gegenüber 2010 entspricht.
Hohe Kosten als Reparatur-Killer
Das am häufigsten genannte Hindernis für Reparaturen sind durchwegs zu hohe Kosten. Fast die Hälfte der Befragten gibt dies als Hauptgrund an. Die am zweithäufigsten angegebene Hürde ist ein hoher Aufwand für Instandsetzungen, wobei sich hier große Unterschiede auftun: In Italien beklagt sich hier nur jeder Zehnte. In Deutschland liegt dieser Anteil bei 30 Prozent. Der Wunsch nach einem neueren Modell spielt in allen Ländern eine eher untergeordnete Rolle. Das gilt auch für die Unsicherheit über die Qualität der Reparatur oder Wartezeiten. Verbraucher wissen aber oft nicht, an wen sie sich wenden sollen.
Das Potenzial für einen Reparaturmarkt ist der Analyse zufolge groß. 77 Prozent der Bundesbürger sagen, der Staat sollte darauf hinwirken, dass mehr repariert wird. Der Ruf nach einer einfacheren Reparierbarkeit ist in Italien, wo die Instandsetzungsquote schon am höchsten ist, am weitesten verbreitet (85 Prozent). Auf dem letzten Rang liegen hier die USA.
Eine große Mehrheit der Befragten in allen Ländern – außer den Vereinigten Staaten – drängt auf mehr politische Unterstützung für Reparaturen. Interessanterweise legt die Studie aber auch nahe, dass in Staaten wie Österreich oder Frankreich, wo es bereits Förderprogramme gibt, die Reparaturquoten im Vergleich nicht höher sind. Dies deutet darauf hin, dass die Wirksamkeit bestehender Förderungen möglicherweise begrenzt ist oder andere Faktoren eine größere Rolle spielen.
Was bewirken Förderprogramme?
In hiesigen Bundesländern mit regionalen Förderprogrammen wie dem Reparaturbonus in Thüringen liegen die Instandsetzungsquoten etwas höher als im Bundesschnitt. Trotzdem werden auch dort „zu hohe Kosten“ ähnliche häufig als Abhaltungsgrund genannt wie im Rest der Republik. Als Gründe dafür, dass die Initiativen noch nicht auf die Bewusstseinsbildung durchschlagen, nennen die Forscher etwa ein suboptimales Programmdesign, unzureichende finanzielle Mittel, eine noch zu kurze Laufzeit oder niedrige Ausgangswerte.
Mit der neuen Ökodesign-Verordnung will die EU durch Vorgaben für Smartphone-Hersteller die Produkthaltbarkeit erhöhen und die Reparierbarkeit der Geräte verbessern. Ein Label soll darüber Auskunft geben. Bisher sind beim Handy-Kauf laut der Studie vor allem Akku-Laufzeit, Preis und Speicherkapazität entscheidend, was sich durch die neuen EU-Bestimmungen aber ändern könnte.
Geht es nach einer aktuellen Sondierung von Circularity, könnten jedes Jahr 2 bis 3 Millionen weniger neue Smartphones in den Markt gebracht werden, wenn sich Miet- und Second-Hand-Modelle breit durchsetzten. Mit einem stärkeren Fokus auf die Kreislaufwirtschaft ließen sich demnach so bis zu 200.000 Tonnen CO2 jährlich einsparen. Aus dem Repartly-Markt-Check 2025 lässt sich ablesen, dass die Bundesbürger bis dato mindestens 120 Millionen defekte Haushalts-Großgeräte gezählt haben, die außerhalb der Garantie kaputtgegangen sind. Das vergrößert den Berg an Elektroschrott – wenn keine Reparaturen erfolgen.
(vbr)