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„Technologieoffenheit“: Merz will Verbrennerverbot in der EU kippen


Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich am Freitag eindeutig gegen das längst beschlossene faktische Verbrenner-Aus in der EU positioniert und angekündigt, den Kurs der Vorgängerregierung korrigieren zu wollen. „Es ist grundsätzlich falsch, wenn der Staat einseitig Technologien vorgibt“, erklärte der CDU-Politiker auf dem Ecosystem Summit der Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) in Berlin. Deshalb werbe er auch in Brüssel bei der EU-Kommission und in anderen Mitgliedsstaaten für einen anderen Kurs: Es sei zwar angemessen, CO2-Reduktionsziele vorzugeben, nicht aber konkrete Lösungswege. Das wolle er auf dem EU-Gipfel in Kopenhagen nächste Woche ebenfalls ansprechen.

Merz setzt sich damit klar für Technologieoffenheit ein und kritisiert die einseitige Festlegung auf die Elektromobilität. Er spricht sich dafür aus, das De-facto-Verbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 in der EU zu kippen oder zumindest deutlich offener zu gestalten. Er betonte die Notwendigkeit, der Industrie die Wahl des besten Instrumentariums zu überlassen und nicht durch die Politik in eine technologische Sackgasse zu geraten.

Mit der Ansage fährt der Kanzler einen klareren Kurs. Bei der Eröffnung der IAA Mobility in München Anfang September redete Merz noch um den heißen Brei herum. So betonte er etwa, dass Deutschland grundsätzlich am Umstieg auf die E-Mobilität festhalte. Zugleich rief er aber schon damals ganz im Sinne der Branche nach „mehr Flexibilität“ und einer klugen, verlässlichen europäischen Regulierung. Der 69-Jährige unterstrich, dass die Politik die Automobilindustrie nicht durch eine „Einengung auf eine einzige Lösung“ gefährden dürfe. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verlangte zeitgleich explizit, das falsche Verbrenner-Verbot müsse weg.

Merz‘ Positionierung wird als Signal gewertet, auch gegen etablierte EU-Beschlüsse vorzugehen. Von Seiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und der Europäischen Volkspartei (EVP) gibt es schon länger Appelle für eine Rolle rückwärts. Mit Olaf Lies aus Niedersachsen sprach sich unlängst erstmals auch ein SPD-Ministerpräsident dafür aus, dass es in der EU kein generelles Verbrennerverbot geben soll. Stattdessen sollen ihm zufolge Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren – insbesondere Plug-in-Hybride und Autos mit Range-Extender – weiterhin zugelassen werden dürfen, wenn sie zum Erreichen der Klimaziele beitragen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gab Mitte September das vage Motto aus: „Wir werden Dekarbonisierung und Technologieneutralität miteinander verbinden.“ Sie ließ durchblicken, dass sie das vorgesehene faktische Verbrenner-Aus früher als geplant überprüfen lassen wolle. Berater heben dagegen hervor: Das „Beharrungsvermögen“ des seit Jahrzehnten etablierten emissionsintensiven Systems aus Verbrenner und fossilem Kraftstoff lasse sich nur überwinden, wenn der staatliche Werkzeugkasten auch technologiespezifische Instrumente umfasse.

Bisher sehen die EU-Vorgaben vor, dass ab 2035 der Flottengrenzwert bei null liegt. Den Autobauern steht es dabei frei, wie sie dieses Ziel erreichen. Es herrscht also grundsätzlich schon Technologieoffenheit. Fest steht aber auch, dass die Dekarbonisierung mit dem Verbrennen von Erdöl nicht zu schaffen sein wird. Es bleiben absehbar die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle, unter hohem Energieaufwand hergestellte synthetische Kraftstoffe („E-Fuels“) oder der batterieelektrische Antrieb, der vielfach als technologisch überlegen gilt.

„Wir sind in vielen Branchen nicht mehr wirklich wettbewerbsfähig“, räumte Merz auf dem Wirtschaftsforum auch ein. „Das gilt für die chemische Industrie, das gilt für den Maschinenbau, für den Anlagenbau, für die Automobilindustrie, für die Stahlindustrie.“ Die Ursache seien vor allem zu hohe Fertigungskosten, etwa aufgrund der Energiepreise und der hohen Fehlzeiten von Mitarbeitern. Dabei habe Schwarz-Rot schon deutliche Entlastungen beschlossen.

Parallel machte sich der Kanzler erneut für digitale Souveränität stark: Er wolle, dass wir in Europa „unabhängiger werden, souveräner werden, dass wir auch einen Teil unserer Stärken selbst entwickeln“. Deutschland und andere EU-Staaten seien zu stark von Software und Online-Diensten insbesondere aus den USA abhängig.

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(nie)



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