UX/UI & Webdesign

»Tribunal 45« führt in die Nürnberger Prozesse › PAGE online


Am 20. November 1945 begann in Nürnberg der Prozess gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher. Zum 80. Jahrestag ist jetzt ein eindrucksvolles Handygame erschienen, das einen spannungsreich durch den Prozess führt, hochaktuell ist –und nachdenklich macht.

Screenshot aus dem Video zu dem Serious Game »Tribunal 45« Bild: Screenshot »Tribunal 45 – Working on Justice«

Es war das erste internationale Strafgericht, das am 20. November 1945 in Saal 600 des Nürnberger Justizgebäudes seine Arbeit aufnahm, um die monströsen NS-Verbrechen aufzuarbeiten und die Haupttäter zu verurteilen.

24 hochrangige NS-Funktionäre waren angeklagt, unter ihnen Hermann Göring, Rudolf Heß, Albert Speer und Joachim von Ribbentrop.

Erstmals wurde die persönliche Verantwortung von Politikern und Militärs untersucht und zahlreiche von ihnen wurden zum Tode verurteilt.

Mitten hinein in die Szenerie führt jetzt das Serious Game »Tribunal 45«, das von dem Memorium Nürnberger Prozesse, dem Museum im Justizpalast in Nürnberg, in Auftrag gegeben wurde und von dem Berliner Games Studio Playing History in enger Zusammenarbeit entwickelt wurde.

Bild: Bildnachweis: Memorium Nürnberger Prozesse

Mitten hinein in die Prozesse

Darin begeben sich die Spieler:innen mitten hinein in die lebendige Szenerie der Prozesse, während der es auf den Gängen von US-GIs, von erschöpften Dolmetscherinnen und von Justizmitarbeitenden wimmelte.

Sie bewegen sich auf dem Grundriss des Nürnberger Justizgebäudes und in der Rolle der Anklägerin Aline Chalufour, einer französischen Juristin, Völkerrechtlerin, Anhängerin der Résistance und Expertin auf dem Gebiet von Geiselerschießungen.

Besonders wichtig ist es ihr, den Richtern plausibel zu machen, wie systematisch diese Verbrechen geplant waren.

In ihrer Rolle stellt man eine Beweiskette für die vier Anklagepunkte zusammen, zu denen Verschwörung, Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit lauten.

Begleitet wird das davon, Akten zu sortieren, Indizien aufzuspüren und die Anklageschrift zu vervollständigen – und beteiligt sich an Diskussionen, die Aline Chalufour mit politischen Gegnern oder mit Zeug:innen führt.

Bild: Bildnachweis: Memorium Nürnberger Prozesse

Historie zum nachspielen – und eintauchen

Gleichzeitig wird man als Spieler:in selbst dazu aufgefordert, Fragen zu beantworten, die darum kreisen, was Gerechtigkeit ist, ob tatsächlich auch Individuen und nicht nur Staaten angeklagt werden können, wieweit persönliche Schuld führt oder ob es die Todesstrafe geben darf.

Entstanden ist »Tribunal 45« in enger wissenschaftlicher Mitarbeit mit dem Memorium Nürnberger Prozesse, das sich bewusst dafür entschieden hat, zum 80. Jahrestag der Nürnberger Prozesse, die bis zum 1. Oktober 1946 dauerten, ein Spiel herauszubringen.

Die Zeitzeugen sterben, die Dokumente verstauben in den Archiven und deswegen möchte das Memorium Nürnberger Prozesse auf neue Weise an die Prozesse erinnern, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Ann-Kathrin Steger.

Und hat man »Tribunal 45«, das in vier Abschnitten von den ersten Verhandlungstagen bis hin zur Urteilsverkündung führt, einmal durchgespielt, hat man das historische Geschehen auf andere, intensive Weise verinnerlicht.

Der historische Ablauf mit Aline Chalufour, die damals Anklage hielt, ist in eine fiktive Erzählung eingebettet – und wird von Persönlichkeiten bevölkert, die von Zeug:innen zu Militärpolizisten oder Visionären des Völkerstrafrechts reichen.

Bild: Bildnachweis: Memorium Nürnberger Prozesse; Foto: Justin Irsch

Historisches Grafikdesign

»Tribunal 45«, das in Unity gebaut ist, wird ab 16 Jahren empfohlen und ist in den App-Stores kostenlos zum Download verfügbar. Es kann auf Deutsch und Englisch gespielt werden und dauert zwischen 30 und 90 Minuten.

Die Benutzeroberfläche orientiert sich an dem historischen Grafikdesign des Internationalen Militärgerichtshof (International Military Tribunal), das die Hauptkriegsverbrecher des NS-Regimes 1945 in Nürnberg (1945–1946)  anklagte.

Die Spielwelt hingegen zitiert den Stil von Gerichtszeichnungen, während das tiefe Blau, in das das Spiel getaucht ist, »Frieden, Stabilität, Diplomatie, Internationalität« symbolisiert, wie es heißt. Und das insgesamt sehr atmosphärisch ist.

Als Hintergrundgeräusche wurden Originalaufnahmen aus dem Saal 600, in dem der Prozess stattfand, benutzt. Darüber hinaus wurde mit Streichermotiven gearbeitet, die Spannung und Dringlichkeit vermitteln sollen.

Dennoch ist »Tribunal 45« nicht nur eine Reise zurück in die Vergangenheit, sondern hochaktuell. Es soll eigene Standpunkte reflektieren und die eigene Meinungsbildung fördern und das in einer Zeit, in der das Völkerrecht unter Druck geraten ist und in der rechtsextreme Kräfte erstarken.

Bild: Bildnachweis: Memorium Nürnberger Prozesse Bild: Frei zurBildnachweis: Memorium Nürnberger Prozesse Bild: Bildnachweis: Memorium Nürnberger Prozesse



Source link

Beliebt

Die mobile Version verlassen