Digital Business & Startups
Unser Erfolg ist nicht lange unbemerkt geblieben
#Interview
In den vergangenen Monaten flossen rund 60 Millionen in das junge KI-Startup voize, das eine App zur Pflegedokumentation per Spracheingabe entwickelt. Derzeit arbeiten knapp 100 Mitarbeitende für das umtriebige Unternehmen.

Das Berliner Startup voize, 2020 von den Zwillingen Fabio und Marcel Schmidberger sowie Erik Ziegler in Potsdam gegründet, entwickelt eine App zur Pflegedokumentation per Spracheingabe. “Die KI erkennt Dialekte und Akzente, unterstützt mit Grammatikkorrektur und weiteren KI-Funktionen”, teilt das Team mit. Balderton Capital sowie die Altinvestoren HV Capital, Redalpine und Y Combinator investierten kürzlich 50 Millionen US-Dollar in das Unternehmen. Spannend dabei: Erst im Frühjahr sammelte das Team 9 Millionen ein.
Im Interview mit deutsche-startups.de spricht Gründer Fabio Schmidberger einmal ganz ausführlich über den Stand der Dinge bei voize.
Wie würdest Du Deiner Großmutter voize erklären?
Stell dir vor, eine gute Freundin von dir lebt in einer Pflegeeinrichtung. Wenn du sie besuchst, siehst du oft Pflegekräfte, die während der Vitalwertkontrolle oder beim Prüfen, wie viel sie getrunken hat, alles schnell auf einem Handrücken oder Zettel notieren müssen, nur um es später am PC mühsam abzutippen. Genau diese umständlichen Arbeitsschritte nehmen wir ihnen ab. Dank voize kann die Pflegekraft mit deiner Freundin ganz normal sprechen, während unsere App auf dem Smartphone die Werte automatisch versteht, strukturiert und in die passende Dokumentation überträgt. Am Ende muss die Pflegekraft nur noch kurz prüfen und bestätigen. Dadurch fallen Chaos-Notizen, unnötige Laufwege und doppelte Dokumentation weg. Und am wichtigsten: Deine Freundin und die Pflegekraft haben mehr Zeit, sich über die Enkelkinder oder Alltagsgeschichten auszutauschen, statt sich über Formularfelder zu ärgern.
War dies von Anfang an Euer Konzept?
Da unser Produkt aus einer echten Beobachtung im Pflegealltag entstanden ist, mussten wir nie grundlegend pivoten. Die Kernidee – Pflegekräfte durch KI zu entlasten – ist gleich geblieben. Was sich jedoch stark verändert hat, ist die Tiefe und Breite unseres Produkts. Aus einer reinen Dokumentations-App ist längst eine umfassende KI-Assistenz geworden, die Pflegekräfte in vielen administrativen Aufgaben unterstützt. Ein Beispiel dafür ist die intelligente Schichtübergabe, die Informationen automatisch strukturiert und für das Team verständlich aufbereitet. Unser Fokus liegt inzwischen nicht mehr nur auf Dokumentation, sondern auf dem gesamten Informationsfluss in der Pflege.
Wie hat sich voize seit der Gründung entwickelt?
Wir haben voize 2020 gegründet, damals noch als kleines Team, das aus meiner WG heraus entwickelt und am Produkt gefeilt hat. Auf diese Zeit schauen wir heute mit einem Lächeln zurück. Anfang dieses Jahres waren wir etwa 25 Personen, inzwischen sind wir knapp 100 Mitarbeitende und unterstützen über 75.000 Pflegekräfte in Deutschland. Dieses schnelle Wachstum ist vor allem darauf zurückzuführen, dass viele Pflegekräfte echt begeistert voize an andere Träger weiterempfehlen.
In den vergangenen Monaten konntet Ihr rund 60 Millionen einsammeln. Wie seid Ihr mit Euren Investor:innen in Kontakt gekommen?
Unser Erfolg ist in der Branche nicht lange unbemerkt geblieben und so wurden wir früh und regelmäßig proaktiv von verschiedenen Fonds kontaktiert. Bevor wir jedoch in Gespräche eingestiegen sind, haben wir eine Liste von VCs erstellt, mit denen wir uns strategisch eine Zusammenarbeit vorstellen konnten. Auf dieser Basis haben wir dann sehr gezielt Gespräche geführt, Calls aufgesetzt und gemeinsam evaluiert, wer zu unserer Mission passt. Das Ergebnis war ein Investorenkreis, der nicht nur Kapital, sondern vor allem Expertise und Netzwerk mitbringt.
Blicke bitte einmal zurück: Was ist in den vergangenen Jahren so richtig schief gegangen?
Natürlich ist einiges schief gegangen. Ein prägendes Beispiel ist unsere Bewerbung bei Y Combinator. Heute sind wir stolz, YC als Unterstützer an unserer Seite zu haben, aber der Weg dorthin war alles andere als einfach. Die ersten drei Bewerbungen wurden abgelehnt. Mit jeder Bewerbung haben wir viel gelernt, Feedback aufgenommen und tiefer zeigen können, dass voize von unseren Anwendern wirklich geliebt wird. Diese Erfahrung hat uns Durchhaltevermögen gelehrt. Gerade im Startup-Leben wird selten darüber gesprochen, wie oft etwas nicht klappt, bevor es dann wirklich erfolgreich ist.
Und wo hat Ihr bisher alles richtig gemacht?
Unsere größte Stärke war und ist unser extrem starker Product-Market-Fit. Wir haben Tausende Stunden in Pflegeeinrichtungen verbracht, Prozesse beobachtet, Pflegekräfte begleitet und verstanden, wie Pflege wirklich funktioniert. Diese Vorarbeit ist ein unschätzbarer Vorteil und der Grund, warum voize in der Praxis so sehr von Pflegekräften geliebt wird. Außerdem haben wir früh gelernt, wie wichtig starke Partnerschaften sind. Die tiefe Zusammenarbeit mit großen Integrationsanbietern wie Connext Vivendi und MEDIFOX DAN hat uns ermöglicht, nahtloser Teil bestehender Systeme zu werden und schneller zu skalieren. Ein weiterer Punkt: Wir haben sehr früh auf eigene KI gesetzt und ein eigenes LLM speziell für die Pflege entwickelt. Diese Spezialisierung wird immer ein Vorteil gegenüber offenen Modellen sein. Durch inzwischen mehr als 100 Millionen verarbeitete Pflegeeinträge wird unser Modell kontinuierlich besser und das kann uns so schnell niemand nachmachen.
Welchen generellen Tipp gibst Du anderen Gründer:innen mit auf den Weg?
Sprich ständig mit deinen Nutzer:innen und hör wirklich zu. Die größte Falle bei der Gründung ist, zu viel Zeit im eigenen Kopf und zu wenig im echten Problem zu verbringen. Wenn man nah am Nutzer bleibt, trifft man bessere Produktentscheidungen, entwickelt nachhaltiger und schafft echte Traktion, was wiederum Investor:innen überzeugt.
Wo steht voize in einem Jahr?
In einem Jahr wird voize in vielen Pflegeeinrichtungen nicht mehr “die neue Lösung” sein, sondern der Standard. Unsere KI wird weitere Bereiche des Pflegealltags vereinfachen, Prozesse intelligent vernetzen und noch mehr Zeit für echte Pflege schaffen. Außerdem werden wir voize in weitere Pflegebereiche wie in der Eingliederungshilfe, Amublanten Pflege und im Klinikum ausweiten und In die USA expandieren. Kurz gesagt: Wir stehen erst am Anfang und die nächsten zwölf Monate werden entscheidend dafür sein, wie schnell wir unsere Vision in der Breite Realität werden lassen.
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Foto (oben): voize
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Warum ich jedes Jahr drei Tage ohne Uhrzeit lebe
Gründer Noah Greenberg macht jedes Jahr ein dreitägiges Schweige-Retreat, bei dem er ohne Handy, Laptop oder Ablenkung zur Ruhe kommt.
Dieser Essay basiert auf einem Gespräch mit Noah Greenberg, 35, Mitgründer und CEO von Stacker in New York. Er wurde aus Gründen der Länge und Klarheit bearbeitet.
In der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr ziehe ich mich jedes Jahr für ein dreitägiges Schweige-Retreat zurück. Ich lasse meinen Computer zu Hause, schalte mein Handy aus, nehme ein Journal mit, decke alle Uhren ab – und gebe mir Zeit zum Nachdenken.
Ich begann diese Tradition 2020, weil ich damals im Homeoffice arbeitete, meinen Laptop im Bett öffnete und den ganzen Tag dort verbrachte. Ich fühlte mich in dieser Schleife gefangen.
Das erste Jahr hatte einen so tiefgreifenden Einfluss auf mich – persönlich wie beruflich –, dass ich dabeiblieb. Nach fünf Jahren möchte ich teilen, was ich daraus gelernt habe – und warum ich inzwischen erkannt habe, dass das Retreat am besten funktioniert, wenn ich es kaum vorbereite.
Ich buche zwischen Weihnachten und Neujahr ein Airbnb für drei Tage
Ich hatte schon länger darüber nachgedacht, ein formelles Schweige-Retreat zu machen, aber eine ganze Woche völlig unerreichbar zu sein, schien mir zu viel. Dann wurde mir klar: Ich brauche kein organisiertes Retreat – ich kann mir selbst eines gestalten.
Also tat ich es. Die ersten beiden Male war ich über die Feiertage in Kalifornien und buchte ein Airbnb im Norden des Bundesstaats. Seitdem mache ich es im Norden des Bundesstaats New York.
Es zwischen Weihnachten und Neujahr zu machen, nimmt mir die Anspannung, weil es leichter ist abzuschalten, wenn ich weiß, dass die Dinge in meinem Medienunternehmen Stacker ohnehin langsamer laufen. Als ich in diesem ersten Jahr im Airbnb ankam und mein Handy ausschaltete – wissend, dass es das ganze Wochenende ausbleibt –, war das ein unglaubliches Gefühl.
Es kann unangenehm sein, mit meinen Gedanken allein zu sein – aber genau darin liegt der Wert
Meine Packliste: Journals, bequeme Kleidung, Laufschuhe oder Wanderausrüstung, falls Schnee liegt, und Lebensmittel, die ich unterwegs einkaufe, damit ich das Haus nicht verlassen muss. Ich nehme keinen Laptop, keine Bücher, keine Podcasts und nichts mit, was mich ablenken könnte.
Ich klebe Post-its über die Uhren, damit ich die Zeit nicht sehe. Ich finde es faszinierend, ohne Zeitgefühl zu leben. Ich glaube, ich gehe dort sehr viel früher ins Bett – kurz nach Sonnenuntergang.
Wandern zu gehen ist ein guter Ausgleich, weil ich den Großteil der restlichen Zeit auf dem Sofa sitze und journal. Ich versuche, zweimal am Tag rauszugehen.
Zuhause würde ich niemals eine einstündige Runde ohne Kopfhörer drehen – einfach nur mit meinen Gedanken. Auf dem Retreat habe ich genug Disziplin, mir klarzumachen: Ich habe dieses Airbnb bezahlt, ein Auto gemietet, bin hochgefahren – und jetzt ziehe ich das drei Tage durch.
Zu viel Vorbereitung kann das Retreat ruinieren
In der Woche davor setze ich mich oft für eine Stunde hin und schreibe meine Gedanken auf – beruflich wie privat – damit ich mit einem kleinen Überblick hineingehe. Das erste Jahr hatte ich mich überhaupt nicht vorbereitet.
Es steckt enormer Wert darin, einfach hinzufahren und am ersten Abend alles aus sich herauszuschreiben, um zu sehen, wie ich die nächsten Tage verbringen sollte. Zu viel Vorbereitung erzeugt Druck, bestimmte Dinge „lösen“ zu müssen – und das ist kontraproduktiv.
Ich sage den Menschen in meinem Leben Bescheid, dass ich mein Handy für drei Tage ausschalte. Ich versuche, es auf ein Wochenende zu legen, damit es nur ein bis zwei Tage offline von der Arbeit sind. Wenn du als CEO nicht drei Tage abtauchen kannst, ohne dass deine Firma dich braucht – dann hast du ein größeres Problem.
Meine Retreats haben meine Gewohnheiten verändert und mein Leben verbessert
Diese Retreats sind genauso wertvoll für meine Arbeit wie für meine Work-Life-Balance. Ein Jahr wurde mir klar, dass ich eine Morgenroutine etablieren wollte. Ich schrieb sie auf, inklusive eines täglichen Aufstehens um 6 Uhr – und heute wache ich ohne Wecker um 6 auf.
Ich reflektiere immer: Was läuft gut? Was läuft nicht? Mehrmals wurde mir bewusst, dass mich ein Prozess im Team schon länger störte, ich aber im permanenten Grind-Modus war und es verdrängt hatte. Nach dem Retreat setzte ich mich mit dem Team zusammen – und wir änderten Dinge.
Ich frage mich jedes Jahr: Was müsste passieren, damit ich am Ende sagen kann: „Das war ein großartiges Jahr“?
Dieses Jahr war mein Ziel, 52 Kaffee-Dates in 52 Wochen zu haben, um mich mehr unter Leute zu bringen. Letztes Jahr entwickelte ich meine Kalender-Mapping-Gewohnheit – sie hat meine Produktivität massiv verbessert.
Ich habe verstanden, dass nicht jedes Jahr tiefgreifend sein muss – und dass trotzdem ein Wert im jährlichen Ritual liegt
Im ersten Jahr war es wirklich transformativ. Im zweiten Jahr war ich plötzlich enttäuscht, weil es sich nicht so intensiv anfühlte. Dann merkte ich: Viele der Dinge, die mich im Jahr davor belastet hatten, waren inzwischen längst gelöst.
Ich habe gelernt: Wenn ich mit Erwartungen hineingehe, werde ich fast sicher enttäuscht. Seitdem bin ich bewusst offen – jedes Retreat soll seine eigene Reise sein, ohne Vergleich zum ersten Mal.
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Das ist die jüngste Selfmade-Milliardärin der Welt – so wurde sie reich
Luana Lopes Lara hat sich in der Techbranche durchgesetzt. Die 29-jährige Gründerin ist die jüngste Selfmade-Milliardärin der Welt.
Luana Lopes Lara ist laut „Forbes“ die jüngste Selfmade-Milliardärin der Welt. Sie und ihr Mitgründer Tarek Mansour halten jeweils rund zwölf Prozent an ihrem Unternehmen Kalshi, das etwa 9,5 Milliarden Euro wert sei. Ihr Anteil beläuft sich also auf rund 1,14 Milliarden Euro.
Ihr Unternehmen Kalshi versteht sich als regulierter Prognosemarkt, auf dem Nutzer darauf wetten können, ob zukünftige Ereignisse eintreten oder nicht. Diese Ereignisse reichen zum Beispiel von Zinssenkungen und politischen Entscheidungen bis hin zu Wetterindikatoren. Spannender Fakt: Der jüngste Milliardär der Welt, Shayne Coplan, ist ebenfalls Gründer eines Prognosemarktes.
Die Karriere von Luana Lopes Lara begann übrigens nicht im Tech-Umfeld, sondern auf der Ballettbühne. Als Ballerina tanzte die 29-Jährige einst im österreichischen Landestheater in Salzburg. Nach ihrer Zeit als Tänzerin entschied sich die Brasilianerin für ein Informatikstudium am MIT. Dort lernte sie auch ihren späteren Mitgründer kennen.
Milliardärin brauchte Geduld bei der Gründung
Die Plattform Kalshi funktioniert wie ein Marktplatz für Erwartungen, bei dem Angebot und Nachfrage nicht nur Stimmungen abbilden, sondern auch Informationen bündeln. Die US-Aufsichtsbehörde CFTC betrachtet solche Märkte als Finanzinstrumente, die Risiken absichern können, etwa wenn Unternehmen ihre Planung gegen politische oder ökonomische Unsicherheiten absichern wollen.
Der Weg dorthin war lang, weil Kalshi eine offizielle Registrierung als Event-Contract-Exchange anstrebte. Diese Lizenzkategorie war in den USA bis dahin aber kaum definiert, weshalb das Genehmigungsverfahren mehr als zwei Jahre dauerte. Die CFTC prüfte nicht nur technische Standards, sondern auch Marktintegrität, Transparenzpflichten und den Umgang mit Manipulationsrisiken. Erst 2022 erhielt Kalshi die endgültige Zulassung, die ihnen erlaubte, ihr Modell in größerem Umfang auszurollen.
In Europa wäre dieser Ansatz übrigens derzeit kaum möglich, weil Prognosemärkte in vielen Ländern als Glücksspiel eingestuft werden. In Deutschland fällt das Modell nach aktueller Rechtslage unter das Glücksspielrecht, was kommerzielle Plattformen dieser Art faktisch unmöglich macht. Die striktere Regulatorik führt dazu, dass der Markt fast vollständig in die USA verlagert ist.
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Der gefährlichste Fehler vieler Gründer
Der größte Fehler vieler Gründer: Ihre Startups wachsen schneller, als ihr Unternehmen es aushält. Welche Entscheidungen darüber bestimmen, ob eine Company gesund skaliert oder auseinanderfällt, verrät Mawave-Gründer Jason Modemann.
Der größte Fehler vieler Gründer: Ihre Startups wachsen schneller, als ihr Unternehmen es aushält. Welche Entscheidungen darüber bestimmen, ob eine Company gesund skaliert oder auseinanderfällt, verrät Mawave-Gründer Jason Modemann.
Die meisten Unternehmen eifern nach Wachstum: mehr Kunden, mehr Mitarbeitende, mehr Umsatz. Ich auch. Als Gründer will ich natürlich, dass meine Company größer wird, mehr Wirkung entfaltet, mehr Kunden erreicht. Aber nach sieben Jahren Unternehmertum weiß ich eine Sache sicher: Wachstum ist erst dann etwas wert, wenn es auch wirklich nachhaltig ist.
Und nachhaltig ist es nur, wenn alle, die dazu beitragen – Team, Kunden und Unternehmen – in einem gesunden Gleichgewicht bleiben. Wir nennen dieses Prinzip intern „Success Triangle”. Zu oft sieht man Unternehmen, die nach außen stark wachsen – innen aber instabil werden. Der Grund dafür ist, dass eine Seite (oder mehrere) des Dreiecks überstrapaziert oder vernachlässigt wird und das Success Triangle dann außer Balance gerät.
Diese drei Dinge helfen uns, in diesem Spannungsfeld nicht nur schneller, sondern vor allem gesund zu wachsen:
1. Kultur first
Es gab Monate, da haben wir jeden Monat zwanzig neue Leute auf einmal eingestellt. Auf dem Papier war das beeindruckend. In der Realität hat es ehrlicherweise ganz schön wehgetan. Nicht, weil wir uns die neuen Mitarbeitenden nicht leisten konnten oder überplant haben, sondern weil man sofort bemerkt hat, wie die Organisation ins Wanken gerät. Onboardings wurden hektischer, die Kultur diffuser, Leadership schwieriger.
Wachstum funktioniert in meinen Augen nur, wenn die Kultur stabil bleibt. Wenn alle im Team verstehen, wohin wir wollen, warum wir etwas tun und wie wir miteinander arbeiten. Mein persönlicher Gradmesser dafür: Habe ich noch einen echten Bezug zu allen? Oder wächst da gerade eine Kultur, die von Menschen geprägt wird, die sie eigentlich gar nicht prägen sollten? Wenn man als Gründer das Gefühl hat, die Werte, die man eigentlich leben möchte, gehen verloren, sollte man das Wachstum stoppen, bevor es einen im Nachhinein doppelt einholt.
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2. Entscheidungen vs. Verzicht
Nachhaltiges Wachstum bedeutet für mich auch, nicht immer „Ja“ zu allem zu sagen. Es bedeutet, bewusst zu wählen, was man weglässt. Wir stehen oft vor Entscheidungen wie: Nehmen wir diesen Kunden an, obwohl wir wissen, dass es das Team kurzfristig überlastet? Oder lehnen wir eine Anfrage ab – obwohl wir wissen, dass wir in zwei Monaten das Budget brauchen, weil ein anderer Kunde rausgeht?
Die Wahrheit ist: Manchmal kann man es sich nicht aussuchen. Dann geht es darum, die Entscheidung zu treffen, die am wenigsten Schaden anrichtet – für das Team, die Kunden und die Company.
Das Wichtigste ist für mich immer: Wachstum darf nicht auf dem Rücken einer der drei Parteien passieren. Keine Entscheidung, die heute „einfach“ erscheint, darf morgen dafür sorgen, dass Menschen im Team ausbrennen oder Kunden vernachlässigt werden. Nachhaltiges Wachstum heißt: Zum Wohle aller entscheiden und manchmal auch zu verzichten.
3. Social Listening
Schnelles Wachstum fühlt sich im Kopf vieler Gründer oft logisch an. Aber die Wahrheit liegt selten in KPIs, sondern fast immer im Feedback. Für mich ist eines der effektivsten Tools: Social Listening. Quasi das, was wir auch aus unserem Agentur-Alltag und Social Media kennen, aber auf die wichtigsten Stakeholder übersetzt. Heißt: Wir hören bewusst hin, was unsere Crew und die Clients zu sagen haben. Das gelingt ganz gut über Coffee Chats im Team – keine Agenda, keine Gespräche über offene To-Dos. Einfach zuhören. Mir geht es darum herauszufinden: Wie ist die Stimmung? Was überfordert? Was läuft gut? Was kippt gerade?
Und das Gleiche auf Kundenseite: Wir sprechen nicht nur mit den Projektverantwortlichen, sondern mit verschiedenen Beteiligten. Erst dadurch erkennt man früh, wenn Unzufriedenheit entsteht, Prozesse überlasten oder Erwartungen auseinandergehen.
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Mein Learning: Schnelles Wachstum allein ist nie das Problem. Blindheit gegenüber Warnsignalen ist es dagegen schon. Regelmäßiges, ehrliches Feedback ist das beste Frühwarnsystem, das ein Unternehmen haben kann.
Zu schnelles Wachstum kann ein Unternehmen also genauso zerstören wie zu langsames.
So entsteht nachhaltiges Wachstum
Nachhaltiges Wachstum entsteht dann, wenn Mitarbeitende mitwachsen können, Kunden gerne bleiben, die Kultur stabil bleibt und das Unternehmen nicht über seine eigenen Beine stolpert.
Wachstum sollte kein Sprint sein. Es ist ein Marathon, bei dem du als Gründer und CEO immer genug Energie behalten musst, um die entscheidenden Kilometer sauber zu laufen.
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