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Urteil: Autonomy-Betrug an HP war viel kleiner


„Nur“ knapp eine Milliarde US-Dollar Schadenersatz stehen den Rechtsnachfolgern der IT-Konzerne Hewlett-Packard und Autonomy. Das hat der High Court of Justice in London am Dienstag entschieden. Die Summe ist ein Bruchteil der ursprünglich eingeklagten fünf Milliarden Dollar. Hintergrund ist die 2012 durchgeführte Übernahme der britischen Firma Autonomy durch Hewlett-Packard (inzwischen aufgeteilt in HP und HPE). HP zahlte zirka 11,7 Milliarden US-Dollar für die Firma, deren Spezialität Software zur Verarbeitung unstrukturierter Daten war. Nach der Übernahme stellte sich heraus, dass Autonomy seine Umsatz- und Renditezahlen jahrelang geschönt hatte.

Als Verantwortliche für den Betrug haben HP und HPE den ehemaligen Autonomy-CEO Michael Lynch und seinen CFO Sushovan Hussain ausgemacht. In US-Strafverfahren wurde Lynch freigesprochen, Hussain zu fünf Jahren Haft verurteilt. Im britischen Schadenersatzprozess stand schon seit 2022 fest, dass beide Männer für den Schaden haften. Offen war allerdings die Höhe. HPE, HPE und zwei Autonomy-Gesellschaften forderten zunächst umgerechnet insgesamt gut fünf Milliarden US-Dollar.

Als der britische Richter wissen ließ, dass dies deutlich überhöht sei, forderten HP, HPE & Co nur noch rund vier Milliarden. Doch auch das war noch viel zu viel, wie sich jetzt zeigt. Die Bezifferung durch das Gericht hat sich aufgrund eines tragischen Vorfalls verzögert: Im Juni 2024 wurde Lynch in den USA freigesprochen. Das feierte er im August des Jahres mit Anwälten und Geschäftsfreunden auf seiner Superyacht Bayesian. In der Nacht zum 19. August 2024 zog ein unerwartet heftiges Unwetter auf, das vor Sizilien ankernde Schiff sank plötzlich. 15 der 22 Personen an Board konnten sich retten, darunter Lynchs Ehefrau, nicht aber Lynch selbst und eine seiner beiden Töchter.

Für die Kläger war das kein Grund, auf ihre Ansprüche zu verzichten. Nun muss eben der Nachlass dafür aufkommen. Doch musste erst geklärt werden, wer den Nachlass vor Gericht zu vertreten hat. Das hat gedauert. Endlich liegt die Entscheidung über die Höhe der Ansprüche vor; sie ist fast 200 Seiten lang.

Der Richter kommt zu dem Schluss, dass der Autonomy-Aktienkurs bei korrekter Buchführung etwas niedriger gewesen sei. HP hätte Autonomy trotzdem gekauft und auch einen Aufschlag auf den Börsenkurs gezahlt. Statt tatsächlich gezahlten 25,50 britischen Pfund wären es wohl nur 23 Pfund gewesen. Daraus errechnet sich ein Schaden in Höhe von rund 646 Millionen Pfund hinsichtlich jener 92,6 Prozent der Aktien, die HP nicht von Lynch und Hussain direkt gekauft hat.

Hinsichtlich jener 7,4 Prozent der Anteile, die HP 2012 direkt von Lynch und Hussain gekauft hat, wollten die Kläger deutlich höheren Schadenersatz je Aktie. Sie argumentierten, sie hätte in Kenntnis des Betruges diese Aktien nicht gekauft. Das akzeptiert der Richter nicht. HP hätte in Kenntnis der Tatsachen nicht einerseits 92,6 Prozent der Aktien dennoch gekauft, die restlichen 7,4 Prozent aber nicht. Vielmehr hätte HP den selben, niedrigeren Preis gezahlt. Daraus folgen rund 51 Millionen Pfund Schadenersatzanspruch gegen Lynchs Nachlass und knapp eine Million Pfund gegen Hussain.

Zum aktuellen Wechselkurs macht das insgesamt rund 939 Millionen US-Dollar. Dazu kommen dann noch Nebenforderungen von Autonomy-Nachfolgefirmen. Auch diese Beträge streicht das Gericht deutlich zusammen, auf insgesamt rund 56 Millionen Dollar.

Summa summarum ergibt das 995 Millionen US-Dollar. Sollte das Urteil in Rechtskraft erwachsen, bleibt abzuwarten, wie viel des Geldes bei Lynchs Nachlass und Hussain zu holen ist.

Das Verfahren heißt Autonomy Corporation Limited and others v Lynch and Sushovan Hussain und ist an der Chancery Division des High Court für England und Wales in London unter dem Az. HC-2015-001324 anhängig, neutral citation [2025] EWHC 1877 (Ch). Hussains Verurteilung im Verfahren USA v Sushovan Tareque Hussain, US-Bundesbezirksgericht für das Nördliche Kalifornien, Az. 16-cr-00462, ist 2020 vom Berufungsgericht für den 9. US-Bundesgerichtsbezirk bestätigt worden, Az. 19-10168. Lynchs Freispruch erfolgte im Verfahren USA v Michael Richard Lynch, US-Bundesbezirksgericht für das Nördliche Kalifornien, Az. 18-cr-00577.


(ds)



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Bargeldlose Festivals: Verbraucherschützer mahnen Veranstalter ab


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It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Sommer ist Festivalzeit. Konzertveranstaltungen wie Rock am Ring, Nature One, Fusion Festival, Parookaville oder das Wacken Open Air umwerben Freunde von Musikerlebnissen unter freiem Himmel. Immer häufiger benötigen Besucher dabei Bezahlchips am Handgelenk, mit denen sie auf dem Festivalgelände etwa Essen und Getränke kaufen können. Verbraucherschützer sehen dabei ein Problem jenseits der Verdrängung von Bargeld: Mehrere Veranstalter verlangen ihnen zufolge für den Einsatz der Chips unzulässige Entgelte.

Die Schwierigkeiten fangen laut dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) beim zunächst erforderlichen Aufladen der Bezahllösung an. Die Verbraucherschützer prüften die Praxis unlängst und stellten fest, dass mehrere Veranstalter für die Aktivierung der Chips oder die erstmalige Aufladung zwischen 29 Cent und 2 Euro verlangten. Derartige Zusatzkosten sind aus Sicht der Kontrolleure unzulässig, wenn Verbraucher die digitalen Speicher mit Giro- oder Kreditkarte aufladen und der Chip die einzige Bezahlmöglichkeit vor Ort ist. Das entspreche einem zusätzlichen Entgelt für die Nutzung dieser Zahlkarten, was gesetzlich nicht erlaubt sei.

Auch der Umgang mit potenziellen Restguthaben sei nicht in Ordnung, moniert der vzbv: Mehrere Veranstalter verlangten entweder ein Entgelt für die Rückerstattung oder zahlten das Geld gleich gar nicht aus, sofern kein Mindestbetrag mehr vorhanden sei. Letztere hätten bei der Sondierung zwischen einem und 2,50 Euro betragen.

Die Ausrichter seien aber gesetzlich zur Auszahlung des gesamten Restes verpflichtet, hält der Verband dagegen. Verbraucher könnten grundsätzlich auf eine entsprechende Rückzahlung bestehen. Manche Veranstalter setzten zudem Fristen von nur wenigen Wochen, in der eine Erstattung beantragt werden müsse. Das sei angesichts der regulären Verjährungsfrist von drei Jahren deutlich zu kurz.

Die Kontrolle der Verbraucherzentrale hat ferner ergeben, dass einige Ausrichter den Ticketpreis nicht korrekt anzeigten. So seien zusätzliche Servicegebühren bei den beworbenen Angeboten nicht berücksichtigt. Sie würden erst beim Abschluss des Ticketkaufs auf die Preise aufgeschlagen, was die tatsächlichen Kosten verschleiere. Zudem erschwere es den Preisvergleich mit anderen Festivals.

Angesichts der ausgemachten Missstände haben die Verbraucherschützer seit Mai bereits zehn Festivalveranstalter abgemahnt. Acht davon haben mittlerweile Besserung gelobt und eine Unterlassungserklärung abgegeben. Nicht zu diesem Kreis zählt die Firma Heroes Festival. Gegen diese hat der vzbv daher Klage beim Oberlandesgericht Bamberg eingereicht (Az.: 3 UKl 9/25 e). Er wirft dem Ausrichter vor, 1,50 Euro fürs einmalige Chip-Aufladen draufzuschlagen sowie 50 Cent vom Restguthaben einzubehalten.

Die Abmahnaktion reiht sich ein in bereits laufende Klageverfahren, mit denen die Verbraucherzentrale die Rechtswidrigkeit von Zusatzkosten bei Bezahlchips gerichtlich feststellen lassen will. In ihrem Sinne hat das Landgericht Berlin (52 U 98/24) Anfang 2025 den Veranstalter des Lollapalooza-Festivals in der Hauptstadt zu einer entsprechenden Unterlassung verurteilt (Az.: 52 U 98/24). Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig. Das gilt auch für ein Urteil des Landgerichts Bochum, das eine Aktivierungsgebühr und Mindestauszahlungsbeträge auf dem Juicy Beats Festival als unzulässig ansah (Az.: I-17 O 2/25).


(dahe)



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Mit der Python-Bibliothek PydanticAI einfach Chatbots in Programme einbinden


Die Funktionen von LLM-Chatbots wie ChatGPT in einem eigenen Python-Programm zu verwenden, würde viele interessante Features ermöglichen: etwa auf Knopfdruck passende Testdaten zu erstellen oder vom eigenen Programm erstellte Auswertungen und Listen in kurzen Beschreibungen zusammenzufassen. Genau dafür ist die neue Python-API PydanticAI gedacht, die vom Team hinter den Modulen fastAPI und Pydantic kommt.

Bislang verfügbare APIs für das Anbinden von Chatbots an den Programmcode sind teilweise sehr komplex. Oft steht die Kommunikation mit dem Chatmodell im Vordergrund und nicht, was man mit dem Ergebnis alles machen kann. Darüber hinaus ist das Ergebnis einer Anfrage an ChatGPT und Co. immer Text – damit kann ein Python-Programm, das mit Datenstrukturen arbeitet, nicht viel anfangen.

  • Wer die Funktionen von KI-Chatbots in seine Python-Programme integrieren will, findet in der Python-API PydanticAI ein unkompliziertes Werkzeug.
  • PydanticAI nutzt KI-Agenten als Python-Klasse, die den Output von Chatbots als Python-verständliche Datenstrukturen ausgeben.
  • Neben Single-Agent-Workflows kann PydanticAI auch mehrere Chatbots zu einem Agentensystem verknüpfen.
  • Beim Einsatz multimodaler Modelle lassen sich auch Bilder und Töne verarbeiten.


Gerhard Völkl

Gerhard Völkl

Gerhard Völkl ist Fachjournalist für Softwareentwicklung, Data Science, Spieleprogrammierung und Computergrafik.

Diese und andere Hürden bei der Zusammenarbeit von Python-Programmen mit Chatmodellen hat das Team von Pydantic erkannt und auf eine Art und Weise vereinfacht, die für Python ideal ist.


Das war die Leseprobe unseres heise-Plus-Artikels „Mit der Python-Bibliothek PydanticAI einfach Chatbots in Programme einbinden“.
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Berlin: Tiktok-Belegschaft streikt gegen KI


Zum ersten Mal streiken in Deutschland Mitarbeiter eines Sozialen Netzes. Anlass ist, dass bei Tiktok Germany in Berlin massiver Stellenabbau droht. Laut Vereinter Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) soll die gesamte deutsche Trust-and-Safety-Abteilung Tiktoks sowie ein Teil der sogenannten Live-Operations-Abteilung aufgelöst werden. Die Aufgaben werden demnach eine in der Volksrepublik China entwickelte Künstliche Intelligenz sowie externe Dienstleister übernehmen.

In Berlin fallen dabei rund 150 Arbeitsplätze weg. Weil das chinesische Unternehmen Tiktok jede Verhandlung mit Arbeitnehmervertretern ablehne, haben die Betroffenen am Mittwoch gestreikt. Verdi versteht das auch als Pionierarbeit für faire Arbeitsbedingungen in der Branche an sich.

Tiktoks Live Operations sind für Kommunikation mit Videouploadern zuständig, die Trust-and-Safety-Abteilung für Zensur. Laufend müssen die Mitarbeiter Videos blockieren, die sexualisierte Gewalt an Kindern, Suizide, Terrorpropaganda, Tierquälerei und andere brutale Gewaltexzesse zeigen. Die Arbeit ist extrem belastend, sodass KI-Zensur durchaus Vorteile hätte – wenn das denn funktioniert.

„Die KI trifft schon heute gefährliche Fehlentscheidungen, weil sie Kontexte nicht versteht“, zitiert Verdi der Betriebsrat, „Diese Arbeit kann man nicht einfach auslagern oder automatisieren.“ Beispiel: Der Tiktok-Algorithmus markiere wiederholt Beiträge mit Regenbogenfahnen als „kontrovers“ oder „Hassrede“. „Sie wurden automatisch entfernt oder kaum noch ausgespielt“, zeigt die Gewerkschaft auf.

„Was als technischer Fortschritt verkauft wird, ist für die Beschäftigten ein doppelter Schlag: Sie haben die KI selbst trainiert – jetzt sollen sie ersetzt werden“, schreibt Verdi. Die Arbeit sei allerdings „systemrelevant“, denn ohne Filter könnte Tiktok in Europa kaum legal tätig sein. „Es geht also nicht nur um individuelle Schicksale. Aber: Viele der Betroffenen haben keinen deutschen Pass. Eine Kündigung würde für sie auch den Verlust des Aufenthaltsstatus bedeuten.“

Die Kollegen fordern längere Kündigungsfristen und Abfindungen in Höhe dreier Jahresgehälter. Allein, Tiktok will laut Verdi nicht einmal darüber verhandeln. heise online hat Tiktok um Stellungnahme ersucht.


(ds)



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