Künstliche Intelligenz

„Virtual Boy“ wiederentdeckt: VR-Emulator haucht 3D-Spielen neues Leben ein


Der Virtual Boy gilt als Nintendos größter Misserfolg. Zum Scheitern der 3D-Spielkonsole trugen zahlreiche Faktoren bei: der hohe Preis, ein irreführendes Marketing, mangelhafte Ergonomie und nicht zuletzt das Rot-Schwarz-Display, das bei langer Nutzung für Kopf- und Augenschmerzen sorgte. Insgesamt verkaufte Nintendo weniger als eine Million Geräte.

Dreißig Jahre später hat das Produkt Chancen auf eine Neubewertung: Vergangene Woche kündigte Nintendo ein Comeback des Virtual Boy als Zubehör für Switch 1 und 2 an. Erste Spiele sollen im kommenden Jahr über Nintendo Switch Online erscheinen, darunter Klassiker wie „Mario’s Tennis“, „Galactic Pinball“ und „Teleroboxer“.

Wer eine Meta Quest besitzt und Virtual-Boy-Spiele schon heute wiederentdecken möchte, kann das mit dem Open-Source-Emulator „VirtualBoyGo“ tun. Wir haben den Selbstversuch mit einer Meta Quest 3 unternommen und waren von dieser Erfahrung und der Qualität der Virtual-Boy-Spiele positiv überrascht.

Der Virtual Boy war ein technisch innovatives Gerät, nach heutigen Maßstäben aber kein richtiges VR-System, da Funktionen wie Kopftracking und räumlich erfasste Controller fehlten. Selbst das Sichtfeld war vergleichsweise schmal. Die VR-Komponente beschränkt sich auf den stereoskopischen 3D-Effekt, der auf einer modernen VR-Brille hervorragend zur Geltung kommt. Visuell ist es eine große Freude, die alten 3D-Spiele auf Quest 3 zu erleben: großformatig, hell leuchtend und gestochen scharf erstrahlen sie im berühmt-berüchtigten Rot-Schwarz des Virtual Boy.



Spiele wie „Mario Clash“ präsentieren das Geschehen auf unterschiedlichen Tiefenebenen.

(Bild: tobe)

Die Spiele nutzen den 3D-Effekt auf unterschiedliche Weise: Titel wie „Virtual Boy Wario Land“, „Mario Clash“ und das Shoot ’em up „Vertical Force“ sind klassische Side-Scroller, bei denen Wario, Mario und das Raumschiff zwischen zwei Tiefenebenen hin- und herwechseln. In „Mario’s Tennis“ sieht man die Spielfigur ebenfalls ganz klassisch von außen, während sich das Spielfeld mit der Spielfgur nach vorn und hinten bewegt und so den räumlichen Effekt betont. Eine Immersionsstufe höher liegen Titel, die auf die Egoperspektive setzen: Das Roboter-Boxspiel „Teleroboxer“ und der 3D-Shooter „Red Alarm“, der eine optionale Cockpit-Ansicht bietet. Letzteres Spiel, das an Titel wie „Descent“ und „Star Fox“ erinnert, hat es uns mit seiner minimalistischen Wireframe-Grafik besonders angetan. Es wirkt wie ein noch abstrakterer, schrillerer Vorläufer des VR-Spiels „Rez Infinite“.



Drahtgitter in grellem Rot-Schwarz: die Cockpit-Ansicht aus „Red Alarm“.

(Bild: tobe)

Auch spielerisch wissen viele der Titel zu überzeugen und sind eindeutig eine Wiederentdeckung wert: „Virtual Boy Wario Land“ etwa gilt als eines der besten Wario-Spiele. Allein deswegen haben Nintendo- und Retro-Fans beim Comeback des Virtual Boy allen Grund zur Vorfreude.

Noch offen ist, wie die Spielerfahrung auf der neuen Virtual-Boy-Hardware ausfallen wird: Nintendo bleibt dem unpraktischen Originalaufbau aus Ständer und Visier treu, mit dem Unterschied, dass eine Switch-Konsole in das Zubehör eingesetzt wird, welche die Rechenleistung und das Display liefert. Eine ebenfalls geplante, günstigere Karton-Ausführung muss beim Spielen offenbar ans Gesicht gehalten werden.



Mit „VirtualBoyGo“ lässt sich Rot in Grün verwandeln. Eine Option, die besser zu Spielen wie „Golf“ passt.

(Bild: tobe)

Eine VR-Brille wie Quest 3 hat den Vorteil einer komfortableren Nutzung und höheren Bildqualität, da es sich um ein integriertes VR-System mit hochwertigen Linsen handelt. Auf Seiten der Software bietet „VirtualBoyGo“ eine Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten: So lassen sich der Farbton verändern, man kann in einen 2D-Modus wechseln, die Knopfbelegung individuell festlegen, sowie den IPD-Wert, die Größe und die Entfernung des virtuellen Bildschirms digital justieren. Die Hürden, die für den VR-Emulator zu nehmen sind, dürften für Gelegenheitsnutzer allerdings zu hoch sein: „VirtualBoyGo“ muss via Sideloading auf Meta Quest installiert werden, was die Erstellung eines Entwicklerkontos und den Anschluss eines Rechners an Meta Quest voraussetzt.

Aber wer weiß: Vielleicht bringt Nintendo eines Tages Virtual-Boy-Spiele auf die Meta Quest oder eine andere VR-Brille oder wagt sogar den Schritt zu einem eigenen Headset. Träumen darf man ja. Unser Fazit aus dem Selbstversuch heißt jedenfalls: Es wird höchste Zeit für eine Neubewertung des Virtual Boy.


(tobe)



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