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Wie das EU-Parlament Europa unabhängiger machen will


Am Ende konnten sie es doch gemeinsam regeln. Die demokratischen Fraktionen im Europäischen Parlament haben eine Sammlung an Ideen dafür vorgelegt, wie die EU in Sachen Technologie unabhängiger werden kann. Dabei orientieren sie sich an einer Menge Forderungen, die momentan in Brüssel herumschwirren – besonders unter dem Stichwort „Eurostack“.

Eigentlich hatte sich die französische Abgeordnete Sarah Knafo von der rechtsextremen Partei Reconquête den Vorsitz für diesen Bericht gesichert. Ihr gegenüber standen die demokratischen Fraktionen in der Mitte des Parlaments. Die konnten sich aber lange nicht auf gemeinsame Forderungen einigen.

Ihre Auseinandersetzungen konnten die Abgeordneten aber offenbar überwinden. Heute stimmten Christdemokraten, Liberale, Sozialdemokraten und Grüne gemeinsam für eine eigene Fassung des Berichts. Das reichte für eine sehr breite Mehrheit. Das Plenum des Parlaments wird der Berichtsversion aus den demokratischen Fraktionen wahrscheinlich im Juli endgültig zustimmen. Rechtlich bindend ist der Bericht nicht, er zeigt der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten aber den Standpunkt der Abgeordneten.

Was steht drin?

Laut dem Bericht soll die Europäische Kommission genau auflisten, wo Europa in Sachen Zahlsysteme, Kommunikationsplattformen oder Software von Unternehmen von außereuropäischen Unternehmen abhängig ist. Dann soll sie als Alternative selbst digitale öffentliche Infrastrukturen aufbauen. Für besonders wichtig halten die Abgeordneten, dass Verwaltungen digital funktionieren – dass sich also etwa Bürger:innen ihren Behörden gegenüber digital ausweisen können.

Dafür soll die EU mehr Geld für Supercomputer, Verschlüsselung, Cloud und KI ausgeben. Die Abgeordneten begrüßen auch die „KI-Gigafabriken“, die die EU-Kommission momentan plant und mit denen europäische Unternehmen einfacher eigene KI-Angebote entwickeln können sollen. Verwaltungen sollen mit ihren eigenen Einkäufen dafür sorgen, dass „offene und interoperable Digitallösungen“ benutzt werden.


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Nicht konkret genug

Der Grünen-Abgeordneten Alexandra Geese gehen viele dieser Forderungen nicht weit genug. Sie würde gerne Behörden in der EU dazu verpflichten, europäische Produkte einzukaufen – etwa ein EU-Officepaket statt Microsoft 365. Wenn sie das nicht tun wollen, sollten sie sich Geeses Meinung nach dafür genau rechtfertigen müssen. Die Grünen fordern dazu einen „Fonds für europäische Tech-Souveränität“. Der soll zehn Milliarden Euro für digitale öffentliche Infrastruktur bereitstellen.

Auch Alexander Sander von der Free Software Foundation Europe sieht noch Verbesserungspotential. Es fehle an konkreten Maßnahmen. Die gelte es vor der Abstimmung im Plenum des Parlaments noch nachzutragen.

Rechtsextreme freuen sich trotzdem

Der gemeinsam abgestimmte Bericht der demokratischen Fraktionen hinderte Knafo von den französischen Rechtsextremen aber nicht daran, öffentlich ihren Erfolg zu verkünden. Sie verkündete auf X, dass der fertige Bericht einen Großteil ihrer Forderungen übernommen habe. Sie wollte etwa die Anti-Atomkraftregeln der EU abschaffen und für jedes neue EU-Gesetz zwei bestehende abschaffen. Beide diese Forderungen haben die demokratischen Fraktionen aber aus ihrem Bericht gestrichen.

Über Knafos Jubel irritiert war beispielsweise der polnische Liberale Michał Kobosko, der den neuen Kompromisstext mit ausgehandelt hat. Er sagte, Knafo habe sich selbst aus der Diskussion herausgehalten. „So sehr ich deshalb auch froh über die Qualität unserer Arbeit bin, bin ich ein wenig erstaunt darüber, dass Frau Knafo sich einen Bericht aneignen will, der keine Spuren ihrer Arbeit mehr enthält“, kritisierte er heute nach der Abstimmung.



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Trugbild: Community als Farce


Wer oft in der Kneipe sitzt, hört auch mal ein Stammtischgespräch mit. Die lautesten Stimmen prahlen da etwa mit ihrem „Fachwissen“ über das andere Geschlecht. Den Zuhörenden wird schnell klar, dass es bei den Schreihälsen privat eher einsam zugeht. Wer sich und anderen dauerhaft erzählt, wie gut er doch eine Sache beherrscht, der weist oft genau auf ebenjene Lücke hin, die es zu füllen gilt.

Dabei leben wir in einer Art Zwischenwelt, die (Ab-)Bilder von Erfahrungen, von Menschen und von Dingen prägen. Anders als an den Tresen dreschen hier Promis, Agenturen und Content Creator vor einem Millionenpublikum ihre Phrasen über „Community“ und „Authentizität“, über „Kreativität“, „Impact“ und „Awareness“.

Entfremdung und Opportunismus

„In einer Welt voller Brüche bauen wir echte Verbindungen“, lautet das Credo einer großen deutschen Marketingagentur. Wer das gleiche Produkt konsumiert, bildet keine „starke Gemeinschaft“. Im Gegenteil befördert die Beschwörung einer oberflächlichen „Community“ die Entfremdung des Einzelnen.

Mit „revealing my art“ betiteln „Künstler“ ihre Videos auf TikTok und Instagram und präsentieren den Zuschauern dann eine pechschwarze Leinwand. In Berlin kleiden sich Touristen betont abgerissen als Fashion- oder Fetisch-Punk („Recession Core“). In München, wo Secco und Sakko besser ankommen, inszeniert man sich dann lieber mit einem sauberen Look („Old Money Aesthetic“). Wie es eben passt.

Sie alle möchten sein, was sie in ihrem Opportunismus unmöglich sein können: authentisch. Nur leider reichen oft schon einige eilig hochgeladene Bilder, teuer zusammengekaufte Outfits oder schlagkräftige Slogans aus, um von anderen ernst genommen zu werden.

Bedeutungsvakuum im Blitzlicht

Doch Werbung, im kommerziellen wie im persönlichen Kontext, steht sich selbst im Weg. Die Werbenden entlarven vielmehr ihre eigene Unfähigkeit, das Gepriesene auch umzusetzen. Wer die eigene Kreativität in jedem zweiten Satz benennen muss, ist nicht kreativ. Und auch wenn wir weit davon entfernt sind: Unternehmen und Bessergestellte sollten sich den Zugang zu Subkulturen nicht einfach erkaufen können.


2025-07-14
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– für digitale Freiheitsrechte!



Euro für digitale Freiheitsrechte!

 

Nun spielt sich unser Leben zunehmend in einem digitalen Las Vegas der grellen Blitzlichter und falschen Versprechungen ab. Ewige Jugend, ewige Schönheit, ewige Selbstoptimierung – durch Produkte, Work-outs und Business-Pläne.

Jeder Einzelne hat angeblich die gleichen Chancen, jeder kann der große Gewinner sein. Er muss es nur riskieren. Und hart genug arbeiten. Die schiere Endlosigkeit des Feeds spiegelt diese falsche Ideologie wider: ungezügelter Konsum, stetes Wachstum.

Hoher Tribut

Dass all das nicht stimmen kann, ist eigentlich klar. Wer dennoch gut leben will, muss aber lernen, diese Verdrehung der Wahrheit anzuerkennen und anzunehmen. Nur so lässt sich die Ambivalenz aushalten und bestenfalls meistern. Am Ende bringt der Sichtbarkeitsdrang auch die ehrlich Schaffenden dazu, ihr Werk und sich selbst durch das Nadelöhr der sozialen Medien zu verbildern und zu erzählen.

Doch die bedeutungslose Dauerberieselung mit schnelllebigen Botschaften fordert einen hohen Tribut. Die Menschen in diesem nihilistischen Show-Casino sehnen sich tatsächlich nach echter Gemeinschaft und starken Verbindungen. Das Bedeutungsvakuum verschafft regressiven Bewegungen und ihren Ideologien neuen Zulauf. Gegenüber der großen Leere und allgemeinen Ideenlosigkeit beschwören die alten Demagogen ihre totgeglaubten Werte mit neuem Erfolg: Nationalismus, Religion, Faschismus.

Der oberflächliche Erfolg der Bildermacher legt damit vor allem eines offen: Wie fragil das kulturelle und politische Fundament unserer Gegenwart ist.





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Die Woche, in der sich die Überwachungspläne bei uns stapelten


Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser*innen,

in Berlin ist zwar die Ferienzeit angebrochen. Sommerliche Ruhe will aber nicht so recht einkehren. Denn auf unseren Schreibtischen stapeln sich die neuen Gesetzesentwürfe der Bundesregierung. Und die haben’s in sich.

Beispiele gefällig?

  • Staatstrojaner: Künftig soll die Bundespolizei zur „Gefahrenabwehr“ Personen präventiv hacken und überwachen dürfen, auch wenn „noch kein Tatverdacht begründet ist“.
  • Biometrische Überwachung: Bundeskriminalamt, Bundespolizei und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sollen Personen anhand biometrischer Daten im Internet suchen dürfen. Auch Gesichter-Suchmaschinen wie Clearview AI oder PimEyes können sie dann nutzen.
  • Palantir: Bundeskriminalamt und Bundespolizei sollen Datenbestände zusammenführen und automatisiert analysieren dürfen. Das riecht gewaltig nach Palantir – was das Innenministerium in dieser Woche bestätigt hat.

Auch in vielen Bundesländern wird über Palantir diskutiert. In Baden-Württemberg sind die Grünen soeben umgekippt. Keine gewagte Prognose: Andere werden ihre Vorsätze auch noch über Bord werfen.

Die gute Nachricht: In allen drei Bundesländern, die Palantir einsetzen – Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen -, sind jeweils Verfassungsbeschwerden gegen die Polizeigesetze anhängig. Und auch die Überwachungspläne der Bundesregierung verstoßen ziemlich sicher gegen Grundgesetz und EU-Recht. Wir bleiben dran.

Habt ein erholsames Wochenende!

Daniel


2025-07-14
1074.12
88


– für digitale Freiheitsrechte!



Euro für digitale Freiheitsrechte!

 



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Bauarbeiten und wie das Bargeld auf Reisen geht


Drei Menschen machen ein Selfie am Tisch
Martin, Sebastian und Chris im Studio. CC-BY-NC-SA 4.0 netzpolitik.org


Diese Recherche hat für enorm viel Aufsehen gesorgt: Über Monate hinweg hat sich Martin damit beschäftigt, wie Polizeibehörden, Banken und Unternehmen unser Bargeld verfolgen und was sie über die Geldströme wissen. Die Ergebnisse überraschten auch uns, denn sie räumen mit gängigen Vorstellungen über das vermeintlich anonyme Zahlungsmittel auf. Die Aufregung um diese Recherche rührt vielleicht auch daher, dass Behörden nicht gerne darüber sprechen, wie sie Bargeld tracken. Martin selbst spricht von einer der zähsten Recherchen seines Arbeitslebens.

Außerdem erfahrt ihr, wie wir solche Beiträge auf Sendung-mit-der-Maus-Niveau bringen und warum man aus technischen Gründen besser Münzen als Scheine rauben sollte. Wir sprechen darüber, wie wir trotz schlechter Nachrichten zuversichtlich bleiben und warum wir weitere Wände im Büro einziehen. Viel Spaß beim Zuhören!

Und falls wir es in dieser Podcast-Folge noch nicht oft genug erwähnt haben sollten: Wir freuen uns über Feedback, zum Beispiel per Mail an podcast@netzpolitik.org oder in den Ergänzungen auf unserer Website.


In dieser Folge: Martin Schwarzbeck, Sebastian Meineck und Chris Köver.
Produktion: Serafin Dinges.
Titelmusik: Trummerschlunk.


Hier ist die MP3 zum Download. Wie gewohnt gibt es den Podcast auch im offenen ogg-Format. Ein maschinell erstelltes Transkript gibt es im txt-Format.


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