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Zerfall von Antimaterie löst Physik-Rätsel: Warum die Beobachtung wichtig ist


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Xueting Yang und sein Team vom Kernforschungszentrum CERN haben beim Zerfall von schweren, subatomaren Teilchen – sogenannten Baryonen – beobachtet, dass Materie und Antimaterie sich unterschiedlich verhalten. Die sogenannte CP-Verletzung ist zwar vor mehr als 60 Jahren theoretisch vorhergesagt worden – wurde aber bisher nie beobachtet. Das „starke CP-Problem“ gilt als eine der am meisten unterschätzten offenen Fragen der Physik.

Nach dem Bau der ersten Teilchendetektoren wurden zahlreiche neue Elementarteilchen gefunden – in den frühen 1960er Jahren war ihre Zahl auf über 400 angewachsen. Erst das seitdem entstandene und immer weiter ausgebaute Standardmodell der Teilchenphysik brachte wieder Ordnung in den Teilchenzoo, indem es erklärte, wie sich die neuen Teilchen durch elementare Bausteine zusammensetzen lassen.

Baryonen bestehen aus drei dieser elementaren Bausteine – den Quarks. Protonen und Neutronen, aus denen Atomkerne zusammengesetzt sind, sind typische Baryonen.

Das Standardmodell geht davon aus, dass es nur einige, wenige Elementarteilchen gibt. Der gesamte Teilchenzoo ist aus diesen einfachen Grundbausteinen zusammengesetzt. Das Standardmodell erklärt, wie. Es zwei Familien von Grundbausteinen: Quarks und Leptonen. Aus Quarks und Leptonen sind Materie und Antimaterie zusammengesetzt.

Auf Quarks und Leptonen wirken jeweils spezifische Kräfte. Salopp gesagt ist das wie bei Superhelden, die ihre jeweiligen Superheldenkräfte haben. Auf Elektronen wirken zum Beispiel elektromagnetische Felder, auf Quarks die sogenannte starke Wechselwirkung und die elektromagnetische Wechselwirkung und so weiter. Auf das Neutrino hat nur die sogenannte schwache Wechselwirkung Einfluss.

Die Kräfte zwischen den Elementarteilchen werden durch den Austausch virtueller Teilchen, Bosonen genannt, vermittelt. Zu jeder spezifischen Kraft gehören jeweils spezifische Bosonen. Jedes Elementarteilchen tauscht ständig solche virtuellen Bosonen mit dem ihm umgebenden entsprechenden Feld aus.

Quarks sind insofern bemerkenswert, als sie nie alleine auftreten, sondern zu zweit oder zu dritt. Sie sind zudem die einzigen Elementarteilchen, die keine ganzzahlige elektrische Ladung haben.

Es gibt sechs Arten von Quarks, die als „Flavours“ bezeichnet werden: up, down, charm, strange, top und bottom. Protonen und Neutronen sind aus Up- und Down-Quarks zusammengesetzt. Zusammengehalten werden Quarks von der erwähnten starken Wechselwirkung.

Die meisten physikalischen Gleichungen sind auf die eine oder andere Weise „symmetrisch“ – auch wenn sich das zunächst mal ziemlich merkwürdig anhört. Es bedeutet, dass die Gleichungen sich nicht ändern, wenn man etwa das Koordinatensystem spiegelt oder dreht, das Vorzeichen einer elektrischen Ladung vertauscht oder den Verlauf der Zeit umdreht.

Die Mathematikerin Emmy Noether erkannte, dass jede dieser spezifischen Symmetrien mit einer sogenannten Erhaltungsgröße zusammenhängt. Sind Gleichungen bezüglich der Zeit symmetrisch, bleibt zum Beispiel die Energie des Gesamtsystems erhalten.

Je nach betrachteter Kraft gelten andere Symmetrien und damit Erhaltungssätze im Standardmodell. So muss zum Beispiel die Zahl der Leptonen erhalten bleiben. Weil bei dem Beta-Zerfall ein Lepton – das Elektron – entsteht, muss auch ein Antilepton bei dem Prozess frei werden: Das ist ein Antineutrino.

Anti-Materie unterscheidet sich von gewöhnlicher Materie eigentlich nur in einer Quantenzahl – das Anti-Materie-Äquivalent eines Elektrons etwa ist ein Teilchen mit derselben Masse, demselben Spin, aber der entgegengesetzten Ladung: das Positron. Treffen Anti-Teilchen und Teilchen aufeinander, löschen sie sich gegenseitig unter Abgabe von Strahlungsenergie aus.

Eigentlich sollte das auch beim Urknall geschehen sein. Materie und Antimaterie hätten zu gleichen Teilen entstanden sein müssen – und einander komplett auslöschen müssen. Das Universum besteht jedoch aus Materie.

CP-Symmetrie bezieht sich auf eine Vertauschung von Ladung und eine Spiegelung des Koordinatensystems. Wenn die Gleichungen einer Kernkraft sich nach diesen beiden Operationen nicht ändern, wird sie CP-invariant genannt.

Laut dem Standardmodell ist die starke Wechselwirkung, also die Kraft, die Quarks zusammenhält, nicht CP-invariant. Das bedeutet, dass Materie und Antimaterie sich beim Zerfall unterschiedlich verhalten müssten.

Kosmologische Modelle gehen davon aus, dass Materie und Antimaterie beim Urknall in gleichen Mengen entstanden sind, aber im heutigen Universum scheint Materie gegenüber Antimaterie zu dominieren. Dieses Ungleichgewicht wird vermutlich durch Unterschiede im Verhalten von Materie und Antimaterie verursacht: der CP-Verletzung.

Der theoretisch vorgesagte und jetzt beobachtete Unterschied zwischen Materie und Antimaterie bestätigt erst einmal das Standardmodell der Teilchenphysik. Aber er beantwortet nicht die Frage, warum nach dem Urknall nur Materie übrig geblieben zu sein scheint.

Und er wirft weitere Fragen auf: Zum Beispiel, warum es so schwierig ist, diese Asymmetrie zu beobachten, und warum sie mit so geringer Wahrscheinlichkeit auftritt. Denn die vom Standardmodell vorhergesagte CP-Verletzung ist um viele Größenordnungen zu gering, um die im Universum beobachtete Asymmetrie zwischen Materie und Antimaterie zu erklären.

Dies deutet auf die Existenz neuer Quellen der CP-Verletzung hin, die über die vom Standardmodell vorhergesagten hinausgehen. Die Suche nach diesen Quellen ist ein wichtiger Teil des LHC-Physikprogramms und soll an zukünftigen Teilchenbeschleunigern, die den LHC ablösen könnten, fortgesetzt werden.

Dieser Beitrag ist zuerst bei t3n.de erschienen.


(wst)



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