Einen Tag nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt tritt das deutsche NIS2-Umsetzungsgesetz am Nikolaustag in Kraft. Dann werden etwa 30.000 statt bisher weniger als 5.000 Unternehmen und andere Institutionen unter die verschärften und novellierten Vorgaben für IT-Sicherheit fallen. Die Aufsicht über deren Einhaltung liegt federführend beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, das bereits jetzt einen Großteil der IT-Sicherheitsvorgaben für kritische Infrastrukturen und Betreiber kritischer Anlagen durchsetzen soll.
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Mit der Neuregelung ändert sich auch die Einstufung kritischer Dienste: Schwellenwerte und betroffene Bereiche wurden angepasst, der Kreis der Stellen deutlich erweitert, die künftig zumindest Grundpflichten zur IT-Sicherheit und zur Meldung von Vorfällen erfüllen müssen. Spürbar und messbar werde sich mit der Umsetzung des NIS2-Gesetzes etwas an der IT-Sicherheitslage ändern, erwartet BSI-Präsidentin Claudia Plattner.
Betroffenheitsprüfung gibt erste Orientierung
Ob die eigene Organisation unter die Vorgaben fällt, lässt sich mit dem vom BSI zur Verfügung gestellten NIS2-Checker vorab ermitteln – allerdings ist diese Auskunft nicht rechtsverbindlich. Wer dort aber als wahrscheinlich verpflichtet gilt, sollte das in jedem Fall zum Anlass nehmen, genauer zu prüfen.
Fällt ein Unternehmen in den Kreis der von der NIS2 erfassten Vorgaben, muss es sich sodann beim BSI registrieren. Dafür ist laut der Bonner Behörde eine Anmeldung über „Mein Unternehmenskonto Online“ nötig. Ab Anfang 2026 soll dann beim BSI eine darauf aufbauende Registrierung im BSI-Portal möglich werden, was derzeit aber noch nicht existiert, vorher müssen IT-sicherheitsrelevante Vorfälle noch per klassischem Meldeformular angezeigt werden.
Sanktionen möglich
Da Deutschland die Umsetzung erst politisch verzögert, dann durch Neuwahlen ausgesetzt hatte, gibt es keinerlei Übergangsfristen für Unternehmen mehr, nachdem der Bundestag sich im November endlich einigte. Halten sich verpflichtete Unternehmen nicht an die Vorgaben des nun verkündeten Gesetzes, sind Strafen vorgesehen. „Je nach Art des Verstoßes drohen Bußgelder bis zu zehn Millionen Euro oder bis zu zwei Prozent des Gesamtumsatzes“, erklärt Stefan Hessel von der spezialisierten Anwaltskanzlei Reuschlaw. Der jeweils höhere Betrag bilde dabei die Obergrenze. „Allerdings ist vorerst nur in Extremfällen mit Bußgeldern zu rechnen, da das BSI eine wirtschaftsfreundliche Umsetzung anstrebt.“ Die Haftung für Geschäftsleitungen wurde gegenüber früheren Gesetzentwürfen deutlich abgemildert, schildert Hessel. Hier würden die allgemeinen Regeln zur Geschäftsführerhaftung gelten.
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Nächsten Mittwoch: NIS-2-Webinar bei heise
Um noch vor der Weihnachtspause ins Tun zu kommen, bietet heise security Interessierten am kommenden Mittwoch, dem 10.12., ein etwa zweistündiges Webinar zum Thema an. „NIS-2 kommt – Rechtskonforme IT-Sicherheit umsetzen“ mit Rechtsanwalt Karsten U. Bartels erläutert unter anderem die Betroffenheitsprüfung, Pflichten und Haftungsrisiken.
Die Woche, in der wir zurück ins Jahr 1986 reisten
Liebe Leser:innen,
das Wort des Jahres ist „KI-Ära“. Das Thema Künstliche Intelligenz „ist aus dem Elfenbeinturm der wissenschaftlichen Forschung herausgetreten und hat die Mitte der Gesellschaft erreicht“, begründet die Gesellschaft für deutsche Sprache ihre Wahl.
Die Bundesdruckerei hockt derweil in ihrer ganz eigenen Abgeschiedenheit. Sie setzt den Datenatlas um, der „souveräne Datenkatalog für die Bundesverwaltung“. Mitarbeitende verschiedener Ministerien und Behörden sollen hier nachschlagen können, wo welche Daten liegen.
Eigentlich eine gute Sache. Doch das Projekt ist offenbar Lichtjahre von der technischen Gegenwart, geschweige denn von irgendeiner „KI-Ära“ entfernt. Zu diesem Schluss kommt zumindest der Wissenschaftler David Zellhöfer in einem Gutachten, über das meine Kollegin Esther diese Woche berichtet hat. Demnach biete der Datenatlas weniger Funktionen als Datenbanken aus dem Jahr 1986, so das markige Urteil. Damals war das Wort des Jahres übrigens „Tschernobyl“. So lange ist das her.
Auf Platz 2 kam vor knapp vierzig Jahren das Wort „Havarie“, was so viel wie Fehler oder Schaden bedeutet. Den will die Bundesdruckerei nun offenbar noch vergrößern. Als wir sie mit den Ergebnissen des Gutachtens konfrontieren, schrieb die bundeseigene GmbH zurück, gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen Zellhöfer einzuleiten.
Zellhöfer nahm sein Gutachten daraufhin offline, um sich rechtlich abzusichern. „Ich war unmittelbar eingeschüchtert“, sagte er gegenüber netzpolitik.org, „obwohl die Antwort der Bundesdruckerei in keiner Weise sachlich nachvollziehbar ist.“
Inzwischen ist das Gutachten wieder abrufbar. Und Zellhöfer kann mit mehr Humor auf die Sache schauen. Positiv gesehen könne der Datenatlas auch „als Projekt eines Retro-Computing-Enthusiasten“ durchgehen, sagt er.
Ein bisschen mehr Humor wünsche ich auch der Bundesdruckerei. Dann trägt sich die Atlas-Last gleich leichter.
Habt ein schönes Wochenende!
Daniel
Uns fehlen dieses Jahr noch 303.302 Euro.
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Weltweites CDN: Offenbar wieder Störung bei Cloudflare
Am Freitagvormittag gibt es offenbar erneut Probleme beim CDN-Anbieter Cloudflare. Verschiedene Webseiten sind nicht verfügbar – sie liefern lediglich einen HTTP-Fehler 500 aus. Die Ursache ist unklar, der Anbieter spricht von „API-Problemen“.
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Fehler 500 beim Besuch von cloudflare.com
Stichproben einiger Webseiten wie cloudflare.com, aber auch die beliebten Störungsmelder downdetector.com und allestoerungen.de sind fehlerhaft oder komplett defekt: Mal fehlt die Startseite komplett, in anderen Fällen lediglich die per Cloudflare-CDN ausgelieferten Assets wie Bilder und Stylesheets
API-Probleme?
Cloudflares Statusseite hingegen ist, anders als beim vorherigen Ausfall im November, noch immer verfügbar. Sie spricht von Fehlern bei der Cloudflare API und dem Dashboard. „Customers using the Dashboard / Cloudflare APIs are impacted as requests might fail and/or errors may be displayed.“
Wie Cloudflare nun erläuterte, handelte es sich beim Ausfall um eine Auswirkung der kürzlich bekannt gewordenen kritischen „React2Shell“-Sicherheitslücke im React-Framework. Das Unternehmen habe für die Web Application Firewall, die neben Kundendomains offenbar auch die eigene Webseite schützt, eine Änderung eingespielt, um vor CVE-2025-55182 zu schützen. Was genau schiefgegangen sei, werde man später bekanntgeben, so das Unternehmen. Ein Cyberangriff liege nicht vor.
Vorgestern DNS-Probleme für Telekom-Kunden
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Der Cloudflare-eigene DNS-Resolver 1.1.1.1 war für viele Telekom-Kunden offenbar am Abend des 3. Dezember nicht erreichbar. Wie Betroffene auf Reddit beklagten, führte das zu Internetausfällen – weil auch die Alternative 1.0.0.1 nicht funktionierte. Mittlerweile scheint diese Störung jedoch behoben, die Ursache ist unklar.
Am Abend des 3. Dezember erreichte keiner der 150 Messpunkte des Monitoringnetzes „RIPE Atlas“ im Netz der Telekom den DNS-Server 1.1.1.1.
(Bild: Reddit-User lordgurke)
Update
05.12.2025,
10:16
Uhr
Cloudflare hat laut eigenen Angaben Problembehebungen vorgenommen und beobachtet die Störung weiter.
Jetzt patchen! Attacken auf React2Shell-Lücke laufen an
Kaum ist öffentlicher Exploitcode in Umlauf, gibt es erste Berichte zu Angriffen auf React-Server. Sicherheitspatches sind verfügbar.
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Hintergründe
Die „kritische“ Lücke (CVE-2025-55182 CVSS Score 10 von 10) ist erst seit wenigen Tagen bekannt und betrifft ausschließlich React-Server. Attacken sollen aus der Ferne und ohne Authentifizierung möglich sein. Durch das Versenden von präparierten HTTP-Anfragen können Angreifer Schadcode auf Systeme schieben und diese so vollständig kompromittieren.
Die Entwickler versichern, die Schwachstelle in den React-Ausgaben 19.0.1, 19.1.2 und 19.2.1 geschlossen zu haben.
Die AWS-Sicherheitsforscher ordnen die Attacken staatlichen-chinesischen beziehungsweise chinafreundlichen Bedrohungsakteuren wie Earth Lamia und Jackpot Panda zu. Diese Gruppen haben weltweit primär staatliche Einrichtungen und kritische Infrastrukturen aus dem Energiesektor im Visier.
Dabei sollen die Gruppen äußerst professionell und zügig vorgehen. Dafür nutzen sie den Forschern zufolge unter anderem automatisierte Scan- und Angriffstools. Außerdem verfeinern sie ihre Angriffstechniken stetig, um die Erfolgsquote ihrer Attacken zu steigern. In welchem Umfang die Angriffe ablaufen und ob sie territorial begrenzt sind, ist derzeit nicht bekannt.