Künstliche Intelligenz
40 Jahre Amiga – die Arcade-Maschine für Zuhause
Dies ist Teil Zwei einer dreiteiligen Serie über 40 Jahre Amiga. Der Artikel zur Geschichte und Architektur des Amiga wurde bereits veröffentlicht. Der nächste Teil erscheint am morgigen Freitag.
Der Amiga brachte die Spielhalle ins Jugendzimmer. Ob „Defender of the Crown“, „Turrican“ oder „Shadow of the Beast“: Der Erstkontakt war für viele ein einschneidender Moment. Man erlebte neue Spielerfahrungen, da der Amiga in vielen Bereichen der Konkurrenz meilenweit voraus war. Wir bieten einen Rückblick mit einigen Spiele-Highlights zu der einstigen Zukunftsmaschine und zeigen auf, was an ihr so wegweisend war.
Als der Amiga 1985 auf den Markt kam, zeigte er auf Heimcomputern bisher nicht gekannte Grafik- sowie Soundfähigkeiten. Eine Auflösung von 640×400 Pixel in bis zu 4096 Farben gleichzeitig und Vier-Kanal-Sound mit Sampling – was aus heutiger Sicht kaum beeindruckt, war 1985 bahnbrechend. Und selbst wenn aus technischen Gründen 320×256 Pixel in 32 Farben gleichzeitig in den Spielen die Regel war, überragte das noch immer die Konkurrenz. Und zwar bei PCs, Heimcomputern und Konsolen.
Der ein Jahr zuvor vorgestellte Apple Macintosh vermochte nur Graustufen-Grafik darzustellen, der IBM-PC piepte zumeist rudimentär und war mit CGA-Grafik ausgestattet, deren kümmerliche 16-Farben-Palette so wirkte wie aus einer Packung Textmarker inspiriert. Selbst der Rivale Atari 520 ST, der kurz vor dem Amiga 1000 vorgestellt wurde, bot nur 16 Farben gleichzeitig – immerhin aus einer Palette von 512. Zudem musste der ST mit dem AY-3-8910 einen kostengünstigen Soundchip der 8-Bit-Homecomputerära auftragen, der etwa auch im Schneider CPC zum Einsatz kam.
Arcadeautomaten waren bis dahin der Maßstab
Die Referenz für Computerspielerlebnisse waren stattdessen die Arcade-Automaten, die eine Grafik- und Soundpracht boten, die kein Heimcomputer in der gleichen Qualität darzustellen vermochte – bis der Amiga kam. Dank seiner Custom-Chips, die Spezialaufgaben übernahmen und damit den Hauptprozessor entlasteten, war der Amiga 1000 zum Erscheinen einzigartig in seiner Leistung. Der Spiele-Start war jedoch zäh. Obwohl die Hardware prädestiniert fürs Gaming war, wurde bei seiner Präsentation in New York am 23. Juli 1985 nicht ein Spiel gezeigt. Commodore positionierte ihn eher als Alternative zum Macintosh und IBM-PC.
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Geoff Crammonds „Stunt Car Racer“ bestach durch die beeindruckende Fahrphysik. Zwei gut gefederte Rennwagen kämpften in Rennstrecken mit Rampen und Schluchten um den Sieg. Es reichte dabei nicht nur schnell zu sein, sondern musste auch die Stabilität der Karosserie beachten.
Die ersten Games, die noch 1985 für den Amiga erschienen, wie etwa „Seven Citys of Gold“ sahen eher aus wie bessere C64-Umsetzungen, welche die einzigartigen Grafik- und Soundfähigkeiten des Amiga gar nicht ausreizten. Das änderte sich 1986, wobei zwei Spiele für Aufsehen sorgten: „Marble Madness“ war die Umsetzung eines Atari-Arcadetitels. Das Spiel, in dem man eine Kugel durch ein isometrisches 3D-Labyrinth steuern musste, sorgte für Begeisterung: Die Amiga-Version war dem Automaten ebenbürtig und die Maussteuerung funktionierte sehr gut, was das Spiel aber nicht einfach machte. Der Automat hatte einen riesigen Trackball.
Marble Madness: In einem Labyrinth musste man eine Kugel bis zum Ziel balancieren ohne vom Rand zu fallen, was angesichts der vielen Gefahren eine Herausforderung war. Die Amiga-Version unterschied sich kaum von dem Automaten.
„Defender of The Crown“ war wiederum wie ein interaktiver Mantel-und-Degen-Film: Im Spiel kämpfte man im mittelalterlichen England um die Alleinherschaft und musste dabei drei andere Anwärter ausstechen. Darin gab es farbenfrohe Ritterspiele, holde Prinzessinnen, die es zu retten galt und Burgen, die man erobern musste – das alles in einer Grafik- und Soundpracht, die zuvor so noch nie auf Heimcomputern gesichtet wurde.
Kurioserweise gilt die Atari-ST-Konvertierung als die spielerisch bessere Version, weil die Amiga-Version unter höchstem Zeitdruck fertig werden musste und einige Spielelemente fehlen. Grafisch und soundtechnisch ist die Version für Commodores Rechner dennoch runder.
Als der Amiga 1987 auf dem Markt kam, schlug er ein wie eine Bombe. Nun wurde Gaming bezahlbar.
(Bild: heise online)
Entwickler Cinemaware machte sich mit ihren atmosphärischen, cineastisch angehauchten Spielen einen Namen. Ob mit „Lords of The Rising Sun“, was als „Defender of The Crown“ rund um Japan galt, die B-Movie-Parodie „It Came From The Desert“, wo eine Stadt vor Riesenameisen beschützt werden sollte, oder „Wings“, das die Luftkämpfe des Ersten Weltkriegs simulierte – alle Spiele verband eine dichte Kino-Atmosphäre.
Mit dem Amiga 500 erfolgte der Durchbruch im Gaming
Das Jahr 1987 war wegweisend: Mit dem Amiga 500 kam der mit Abstand erfolgreichste Rechner der Amiga-Serie auf den Markt: Als Tastaturrechner und wesentlich günstiger als der Amiga 1000 stand nun seinem Erfolg als Gaming-Maschine nichts mehr im Weg. Mit „Ports of Call“ kam im selben Jahr ein echter Zeitfresser auf den Markt: Rolf-Dieter Klein und der leider im März 2025 verstorbene Martin Ulrich schufen eine Wirtschaftssimulation, in der man eine Reederei übernahm und Gewinne erwirtschaften und auch mal die Schiffe im Hafen unfallfrei einparken musste. Die andere Wirtschaftssimulation, die aus Deutschland kam und schnell Kultstatus erlangte, war das 1989 erschienene „Oil Imperium“ – hier musste man keine Öltanker einparken, sondern Ölbohrungen schneller als die Konkurrenz durchführen und den Bohrer dabei nicht zerstören. Es galt Konkurrenten auszuschalten und erfolgreich zu handeln. Beide Titel entwickelten sich schnell zu Kultspielen und festigten den Ruf, dass aus Deutschland gute Wirtschaftssimulationen kommen.