Künstliche Intelligenz
Sigmas kurze, dicke Tüte und eine kleine Ricoh – Fotonews der Woche 34/2025
In den letzten Wochen machte sich neues fotografisches Gerät etwas rar, nun purzeln die Neuheiten aus Japan wieder in die Nachrichtenkanäle. Sowohl kleines wie auch ziemlich großes steht diese Woche auf dem Programm – die Fotowelt ist auch bei der Hardware wieder einmal richtig schön bunt.
Wie schon in der letzten Woche beschrieben, hat der Kolumnist der Fotonews ein besonderes Faible für Konzertfotografie. Und da ist sehr oft Spezialgerät nützlich, für das man sonst kaum fotografische Verwendung hat. Die Rede ist nicht von lichtstarken Superteles wie bei Sportfotografie, sondern von dem, was manche „kurze, dicke Tüten“ nennen. Eine solche hat nun Sigma in Form des wetterfesten 200mm F2 DG OS Sports vorgestellt. Statt der bei Konzerten und anderen Events omnipräsenten 70-200-Millimeter-Zooms mit f/2.8 hat man damit die doppelte Lichtausbeute in der Hand. Das lässt sich unter anderem für kürzere Belichtungszeiten und feineres Freistellen von Motiven nutzen.
Sigmas f/2.0-Tele nicht nur für Sport
Und zwar tatsächlich in der Hand, nicht auf einem Einbeinstativ wie oft beim Sport. Stative jeglicher Art sind bei Konzerten in der Regel verboten, weil sie von wild gewordenen Fans als Schlagwerkzeug missbraucht werden könnten. Und auch im Fotograben selbst ist die Verletzungsgefahr durch schwarze Stangen in der Dunkelheit einfach zu groß. Daher ist es für das Sigma besonders relevant, dass die schweren Linsen motorisch stabilisiert sind; der Stabi soll bis zu 6,5 Blendenstufen ausgleichen. Die 1,8 Kilo Gewicht helfen dabei auch, und bevor man so eine Optik vielleicht online bestellt, sollte man sie wohl lieber im Fachhandel ausprobieren: So viel Masse, vielleicht noch ein knappes Kilo für den Body dazu, länger vors Gesicht zu halten, will geübt sein.
Viele Beobachter kritisierten nach Vorstellung des Sigmas den vermeintlich hohen Preis von 3500 Euro. Doch auch schon die Standard-Teles mit 70-200-Millimetern liegen bei den Originalherstellern oft deutlich über 2000 Euro, bei Drittanbietern über 1000 Euro. Und die richtig langen Sport-Festbrennweiten mit 300 Millimetern und mehr sind schnell im fünfstelligen Bereich. Natürlich lässt sich Sigma die Tatsache, dass es noch kein anderes neu entwickeltes 200-Millimeter-Objektiv mit f/2.0 für spiegellose Systeme gibt, wohl anfangs besonders gut bezahlen. Erfahrungsgemäß sinkt der Straßenpreis gegenüber der UVP schnell. Ab September soll das Objektiv ausgeliefert werden, Vorbestellungen sind schon möglich. Es ist vorerst für den L-Mount und Sonys E-Bajonett erhältlich.
Lichtstarkes APS-C-Weitwinkel
Zeitgleich stellte Sigma ein lichtstarkes APS-C-Objektiv vor, das 12mm F1.4 DC Contemporary. Anders als bei vielen Optiken der Contemporary-Serie ist es gegen Staub und Spritzwasser geschützt. Große Lichtstärke scheint hier nach der Papierform das größte Plus in Verbindung mit dem starken Weitwinkel. Bei einem Crop-Faktor von 1,5 bleiben an APS-C-Sensoren kleinbildäquivalent 18 Millimeter Brennweite übrig, also ein ein mittleres Weitwinkel, aber eben mit sehr großer Blendenöffnung. Wie scharf das Sigma bei Offenblende wirklich noch ist, müssen erst umfangreiche Tests zeigen, bei 600 Euro UVP darf man hier schon einiges erwarten. Die Lizenzen hat Sigma hier schon umfangreicher verhandelt, ab September sollen Objektive für E-, X- und auch Canons RF-Mount verfügbar sein.
Ricoh GR IV als teure APS-C-Kompakte
APS-C wird nun auch von Ricoh gestützt, wenn auch nur in einer Kompaktkamera mit festem Objektiv. Und zwar nicht in einer weiteren der grade trendigen Edelkompakten, sondern der Ricoh GR IV, dem Nachfolger des Modells III, das Anfang 2019 auf den Markt kam. 1350 Euro erscheinen heute angesichts der vielen teuren Taschenkameras günstig, aber: Die GR III kam vor gut sechs Jahren für 900 Euro auf den Markt. Überarbeitet hat Ricoh laut Datenblatt vor allem Sensor und Bildstabilisator. Letzterer soll mit fünf statt drei Achsen arbeiten und sechs Blendenstufen ausgleichen. Die Auflösung steigt auf knapp 26 statt 24 Megapixel, der APS-C-Sensor ist nun rückwärtig belichtet.
Ganz wetterfest ist die kleine Ricoh immer noch nicht, sie soll aber mehr Staub abhalten können, sagt Ricoh. Heute vielleicht die größte Einschränkung: Es gibt keinen KI-Autofokus, und gefilmt wird weiterhin nur in Full HD, obwohl der Sensor 4K bieten würde. Das Objektiv bleibt bei 28 Millimeter mit f/2.8. Da drängt sich der Eindruck auf, dass hier wieder einmal eine Kamera vor allem wegen des nun in der EU verpflichtenden USB-C-Anschlusses zum Laden nur moderat aktualisiert und zum höheren Preis verkauft wird. Dass Ricoh, wie alle japanischen Unternehmen, durch die Strafzölle der USA in anderen Märkten mehr Geld verdienen muss, mag auch eine Rolle spielen.
Acht Forderungen des Fotorats zu KI
Einige Wochen konnten wir das Thema generativer KI in den Fotonews vermeiden, jetzt ist es wieder fällig. Denn am 2. August ist die nächste Stufe des AI-Act der Europäischen Union in Kraft getreten. Und in dieser Woche hat folglich der Deutsche Fotorat nach einem Positionspapier von 2023 erneut Forderungen zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz erhoben. In acht einfachen Punkten, die vielleicht auch Politiker verstehen können, ist dort zusammengefasst, wie sich Fotografen den Schutz ihrer Arbeit vorstellen. Dass sie die Kontrolle über die Verwendung ihrer Bilder für KI-Training behalten, erscheint schon selbstverständlich – auch wenn es offensichtlich allenthalben ignoriert wird. Ebenso, dass die Urheber vergütet werden sollten.
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Die acht Punkte sind jedoch alles andere als eine Ablehnung von KI generell, denn dass die Regulierung auf EU-Ebene „transparent und demokratisch“ erfolgen soll, fordert der Fotorat ebenso. Es geht eben nicht darum, dass ein Lobbyverband die Arbeitsmöglichkeiten seiner Mitglieder schützen will, sondern vielmehr um den bisher schon rechtlich eindeutigen Schutz von Urheber- und Nutzungsrechten. Daher sind die beiden obigen Links zum ersten Positionspapier und den neu formulierten acht Kernpunkten des Fotorats auch unsere Empfehlungen für einen Long Read zum Wochenende. Sie bilden eine gute Diskussionsgrundlage über die Rolle von tatsächlichen Fotos gegenüber KI-Fakes.
(nie)
Künstliche Intelligenz
Vom Moped zum Identitätsanker: Die Simson wird zum Politikum
Auf dem Moped im November, das ist nicht immer eine Freude. Aber den beiden SPD-Abgeordneten Nadine Graßmel und Wolfgang Roick ging es auch eher nicht ums Fahrvergnügen, als sie diese Woche mit ihren Simsons am Potsdamer Landtag vorfuhren. Sie wollen Schutz und Anerkennung für die zu DDR-Zeiten millionenfach gebauten Mopeds. Und das ist inzwischen ein politisch ziemlich heißes Thema.
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Thüringen hatte es schon im September auf dem Tisch, als Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) sagte: „Simson ist Thüringen, Simson ist Freiheit auf zwei Rädern, Simson ist ein Lebensgefühl.“ Den Landtag in Sachsen beschäftigte das Kultobjekt im Oktober, das Kabinett in Mecklenburg-Vorpommern Anfang November. In Sachsen-Anhalt legte die CDU vor wenigen Tagen einen „wegweisenden Antrag“ dazu vor.
Tempo 60 statt 45 auch für Reimporte
Konkret geht es überall in etwa um dasselbe: Die Simsons dürfen wegen einer Sonderklausel im Einigungsvertrag von 1990 offiziell Tempo 60 fahren, sofern sie vor Ende Februar 1992 auf deutschen Straßen unterwegs waren. Für Mopeds anderer Marken gilt in derselben Klasse Tempo 45. Die ostdeutschen Länder wollen die Sonderregelung nun auch für Simsons, die zu DDR-Zeiten ins – meist sozialistische – Ausland exportiert wurden und nun zurück nach Deutschland geholt, also re-importiert werden. Klingt speziell? Nicht für viele Ostdeutsche.
„Die Simson ist mehr als ein Moped“, sagt die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Elisabeth Kaiser (SPD). „Sie ist vor allem für junge Menschen ein Versprechen von Mobilität und Freiheit im ländlichen Raum. Das ist heute genauso wichtig wie früher.“ Schwalbe, Star oder S51 – die Maschinen seien robust und einfach zu reparieren und sie rollten seit den 1960ern bis heute. „Kein Wunder, dass die ‚Simme‘ Kult ist“, meint die SPD-Politikerin.
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Historiker nennt Simson „Identitätsanker“
Für viele Ostdeutsche sei die Simson ein „Identitätsanker“, sagt Sören Marotz, Ausstellungsleiter des DDR-Museums in Berlin. „Dass wir Identitätsanker brauchen, liegt in der Natur des Menschen.“ Marotz selbst kaufte sich als Jugendlicher in Ostberlin 1988 eine Simson S51. Auf Autos musste man in der DDR zehn Jahre oder mehr warten, die Mopeds waren neu oder gebraucht ab etwa 1000 Mark der DDR schnell zu haben, so erinnert sich der Historiker. Von allen Simson-Modellen wurden über die Jahrzehnte etwa sechs Millionen Stück gebaut. Simsons waren Alltag. Jugendliche knatterten damit zu zweit über Land, Polizisten fuhren sie, Pastoren, die Gemeindeschwester Agnes war auf der Schwalbe unterwegs. „Es war ein praktisches Nutzmoped“, sagt Marotz.
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„Der ganze Kult, der jetzt gemacht wird, die politischen Debatten, die sind sozusagen nachvollziehende Erfindungen“, ergänzt sein Historikerkollege Stefan Wolle. Es sei ein Phänomen, dass vieles, was in der DDR geschmäht und bespöttelt wurde, im Nachhinein hohes Ansehen genieße. Viele hätten gesagt: „Wir lassen jetzt nicht auf uns herabschauen von Westlern, die natürlich schon immer die schickeren Autos hatten und die schickeren Motorräder und alles schicker und mehr Geld, sondern wir identifizieren uns mit dem, was wir haben.“ Mit dem Trabbi sei es ähnlich gewesen wie mit der Simson. „Es ist ein Unterphänomen des Ostkults“, sagt Wolle.
Das wiederum scheint in die Zeit zu passen 35 Jahre nach der Vereinigung – eine Zeit mit Unsicherheit und Missverständnissen und Abgrenzung zwischen Ost und West. Und es scheint als Thema zu passen für die AfD. Thüringens Landesparteichef Björn Höcke, gebürtiger Westfale, berichtete schon im Wahlkampf 2024 schwärmerisch von Simson-Ausflügen mit jungen Anhängern. Für seine „Simson-Touren“ wirbt der 53-Jährige gerne mit Fotos, auf denen er auf dem Moped keinen Helm trägt.
Die AfD legte mit Antrag auf „Immaterielles Kulturerbe“ vor
Hinter vielen der Landtagsdebatten im Osten steckten zunächst Anträge der AfD, die auch dafür wirbt, die Simson als „Immaterielles Kulturerbe“ schützen zu lassen. Die Simson stehe „für Freiheit, Unabhängigkeit und Individualität“, heißt es in einem Antrag der AfD in Brandenburg. Die übrigen Parteien sahen sich genötigt, das Thema von der Rechtsaußenpartei zurückzuerobern. Es ärgere sie, „wenn die Simson von westdeutschen Populisten und Extremisten vereinnahmt wird, die dann damit plakativ unterwegs sind, sich aber sonst für die besonderen Erfahrungen der Ostdeutschen überhaupt nicht interessieren“, sagt die Ostbeauftragte Kaiser. „Für mich steht die Simson nicht für Ostalgie, sondern dafür, dass ostdeutsche Ingenieurskunst immer noch das gesamte Land bereichert, inzwischen sogar als E-Schwalbe mit Elektromotor.“
Von der AfD oder irgendwelchen politischen Zielen grenzt sich auch Stefan Drönner von den Simson-Freunden Kassel ab, einer Gruppe von derzeit sieben passionierten Schraubern. „Uns geht es um die Mopeds“, sagt der 57-jährige Westdeutsche. Seine erste Simson kaufte er kurz nach dem Mauerfall, weil ihm die Ersatzteile für seine Vespa zu teuer wurden. Es war eine Zeit, in der viele im Osten ihre Simson loswerden wollten. Von 1989 bis in die 2000er Jahre seien „die Dinger für eine Kiste Bier am Anfang und dann vielleicht mal für 150 Euro verschenkt worden“, sagt Drönner. Er ist überzeugt: „Wenn wir Westdeutschen nicht gewesen wären, würden nicht mehr so viele Simsons auf der Straße sein. Wir haben es eigentlich gerettet. Das sage ich auch jedem Ostdeutschen. Da bin ich auch stolz drauf.“
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(fpi)
Künstliche Intelligenz
Gigantische Kollision vor 4,5 Milliarden Jahren: Theia und Erde waren Nachbarn
Der gigantische Protoplanet Theia, der vor 4,5 Milliarden Jahren mit der Erde kollidiert ist, stammte aus dem inneren Sonnensystem und ist wahrscheinlich näher an der Sonne entstanden als die Erde. Das hat eine Forschungsgruppe unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung anhand einer umfangreichen Isotopenanalyse herausgefunden. Für die wurde auch mit bisher unerreichter Genauigkeit die Herkunft des Eisens auf der Erde untersucht. Dabei kam heraus, dass dieses heute allgegenwärtige Metall hauptsächlich von Theia stammen könnte, also erst nachträglich auf die bereits entstandene Erde gebracht wurde.
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Isotopen erhellen die Erdgeschichte
Die Kollision mit Theia war das wohl folgenreichste Ereignis in der Geschichte unseres Heimatplaneten, aus dem wurde dabei auch jenes Material herausgeschlagen, aus dem sich der Mond geformt hat. Das hat die jetzt vorgelegte Analyse noch einmal bestätigt, in Bezug auf das Isotopenverhältnis sind die untersuchten 15 Proben aus typischem Erdgestein und sechs vom Mond „nicht unterscheidbar“. Damit wurde die gemeinsame Herkunft einmal mehr belegt, gleichzeitig ließen der Befund aber keine Rückschlüsse auf Theia zu, schreibt die Forschungseinrichtung. Dafür habe das Team aufwendig durchspielen müssen, welche Zusammensetzungen und Größen von Theia und der frühen Erde zu dem heute existierenden System aus Erde und Mond habe führen können.
Laut dem Max-Planck-Institut hat sich die Forschungsgruppe aber nicht nur den Eisenisotopen sondern auch solchen von Chrom, Molybdän und Zirkonium gewidmet. Alle liefern Informationen über unterschiedliche Epochen der Erdgeschichte. Die Isotopenverhältnisse des Materials von Theia unterscheiden sich demnach deutlich von denen auf der Erde und sind deshalb auch heute noch identifizierbar. Die Analyse habe mehrere mögliche Szenarien ergeben, aber auf Basis unseres Wissens über die Planetenentstehung und die Zusammensetzung von Meteoriten habe man konkret schlussfolgern können, „dass Theia aus dem inneren Teil des frühen Sonnensystems stammen musste, näher an der Sonne als die heutige Erdbahn“.
In den vergangenen Jahren war die Erforschung der Folgen der gigantischen Kollision deutlich vorangekommen, immer wieder war daran auch Thorsten Kleine beteiligt, er ist jetzt Direktor des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung. So hat er mit einer Forschungsgruppe schon vor sechs Jahren ermittelt, dass bei der Kollision ein Großteil unseres vergleichsweise üppigen Wasserreservoirs auf die Erde gekommen sein könnte. Später hat ein anderes Team ermittelt, dass zwei gigantische Strukturen tief im Erdinneren Überreste von Theia sein könnten. Erst vor wenigen Monaten wurde der Einschlag noch merklich nach hinten datiert. Die neue Arbeit ist jetzt im Wissenschaftsmagazin Science erschienen.
(mho)
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Sparkassenchef: Digitaler Euro ist Türöffner für Big-Tech-Player
Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Ulrich Reuter, übt scharfe Kritik am geplanten digitalen Euro. Für den Funktionär ist das Vorhaben in der von der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) geplanten Form eine Art trojanisches Pferd für Big-Tech-Konzerne wie Apple oder Google. Das teure Prestigeprojekt könnte ihm zufolge die digitale Souveränität Europas im Zahlungsverkehr massiv gefährden.
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Entgegen dem Ziel, Unabhängigkeit von US-amerikanischen Payment-Giganten zu schaffen, öffne der digitale Euro in seiner bisherigen Konzeption außereuropäischen Anbietern bequemen Zugang zu europäischen Kunden, ihren Daten und der Zahlungsinfrastruktur, warnt Reuter in einem Meinungsbeitrag für Table.Media. Dies führe dazu, dass Kundeninformationen weiterhin ausgeforscht werden könnten, die Abhängigkeit von internationalen Zahlungsdienstleistern und Big-Tech-Akteure für Händler nicht ende und Europa keine ausreichende Kontrolle über seine Zahlungsströme gewinne.
Damit würde das Gegenteil der erklärten Ziele erreicht, meint Reuter. Bildhaft spricht er vom „Mitsitzen“ von US-Präsident Donald Trump am Kaffeetisch zwischen Bundeskanzler Friedrich Merz und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, weil US-Unternehmen den innereuropäischen Zahlungsverkehr beherrschten.
Wero als Alternative
Der Zahlungssektor sei von einem Hochleistungswettbewerb geprägt, der Marktteilnehmer mit Kundenerfahrung und Innovationskraft erfordere, führt der Sparkassen-Lobbyist aus. Die EZB hingegen sei allenfalls eine außenstehende Schiedsrichterin ohne eigene Kundenerfahrung. Indem sie bei der milliardenschweren Initiative selbst „mitspielen“ wolle, blockiere sie über Jahre hinweg sämtliche Entwicklungskapazitäten europäischer Payment-Anbieter. Damit belaste die Zentralbank diese im globalen Wettbewerb, anstatt ihnen beim Bündeln ihrer Kräfte zu helfen. Für die bessere, marktorientierte Alternative hält Reuter die gemeinsame Payment-Antwort der europäischen Finanzwirtschaft namens Wero, die auch Paypal Konkurrenz machen soll.
Ein dritter Punkt des Funktionärs behandelt das Fundament des Geldes: das Vertrauen. Dieses entstehe durch Verlässlichkeit und Stabilität, die durch den Digitaleuro untergraben würden. Reuter befürchtet, dass die EZB dem Geldkreislauf Bankeinlagen entziehen und dadurch die Kreditvergabe schwächen sowie das Finanzsystem destabilisieren könnte. Da der Euro bereits heute in digitaler Form auf jedem Bankkonto existiere, das als „Haustür“ zum Zahlungsverkehr fungiere, riskiere ein digitaler Euro ohne Anbindung an die gewohnten Kundenkonten eine geringe Akzeptanz.
Reuter betont, dass digitale Souveränität nur durch starke, wettbewerbsfähige europäische Anbieter entstehe. Ein Digitaleuro müsse daher den europäischen Zahlungsverkehr im internationalen Wettbewerb stärken, sich im Markt bewähren, von Marktteilnehmern getragen werden und sich nur über das Konto in die Lebenswelt der Menschen integrieren lassen. Das EU-Parlament streitet aktuell darüber, ob der digitale Euro nur offline oder auch online – also kontobasiert – nutzbar sein soll. Klassische Geschäftsbanken fühlen sich seit Jahren angesichts der EZB-Pläne ausgebootet, da Einlagen flöten gingen und viele Kunden gar kein Girokonto mehr benötigten.
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EZB will US-Dominanz verhindern
Die Befürchtung, der digitale Euro könnte als Türöffner für Big Tech fungieren, ergibt sich aus der Art und Weise, wie die EZB die zugehörigen Zahlungsdienste gestalten will. Es soll sich um ein gesetzliches Zahlungsmittel handeln, das von der Zentralbank ausgegeben wird. Für die Zahlungsabwicklung etwa über Apps, Wallets und Point-of-Sale-Lösungen ist die Beteiligung von Vermittlern nötig. Durch die Schaffung einer neuen, standardisierten digitalen Währungsinfrastruktur könnte es für große, technologisch agile Big-Tech- oder US-Payment-Konzerne einfacher werden, ihre Dienste direkt in dieses System einzuklinken.
Wenn diese großen globalen Player benutzerfreundlichere und innovativere Wallets oder Apps anbieten als europäische Banken, dürften sie schnell die Schnittstelle zum Kunden besetzen. Sie würden zwar das Geld selbst nicht ausgeben, aber die Kontrolle über die Kundenerfahrung und die Transaktionsdaten an sich ziehen. Die EZB will daher vorschreiben, dass Händler in der Eurozone das Digitalgeld annehmen müssen. Das soll die Abhängigkeit von einzelnen dominanten Anbietern verringern. Die Zentralbank könnte zudem die Big-Tech-Beteiligung durch strikte Auflagen etwa zur zulässigen Datennutzung einschränken, um eine marktbeherrschende Stellung zu verhindern.
(nie)
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