Thoibao ist eines der reichweitenstärksten Nachrichtenportale in vietnamesischer Sprache außerhalb Vietnams. Die Redaktion besteht vor allem aus einem Raum, in dem Chefredakteur Trung Khoa Lê zwischen mehreren großen Bildschirmen, die an den Wänden montiert sind, hin und her blickt. Auf einem sieht Lê in Echtzeit, wo und wie oft seine Webseite thoibao.de weltweit aufgerufen wird. Einen anderen nutzt er, um Beiträge auf Facebook und YouTube zu posten – Plattformen, über die er seine Leser*innenschaft in Vietnam erreicht. Ein weiterer zeigt Aufnahmen von Überwachungskameras, die rund um das Büro installiert sind. Denn aufgrund seiner Berichterstattung lebt Lê in ständiger Gefahr.
Im Jahr 2018 hat die vietnamesische Armee Lê als Staatsfeind eingestuft. Er hat mehrfach Morddrohungen von mutmaßlichen Anhänger*innen des vietnamesischen Regimes erhalten. Der Journalist steht unter Personenschutz des Landeskriminalamtes Berlin, die Polizei kommt regelmäßig zu seinem Büro im Dong Xuan Center, Berlins größtem Markt für asiatische Waren.
Nun ist auch seine Plattform Thoibao gefährdet. „Wir werden gerade massiv von vielen Seiten gleichzeitig angegriffen: Cyberattacken, unsere Konten auf Facebook werden gelöscht und der größte Konzern Vietnams versucht uns einzuschüchtern“, sagt Lê. Die Angriffe seien politisch motiviert, da Thoibaos unabhängige Berichterstattung der vietnamesischen Regierung in Hanoi ein Dorn im Auge ist. Insbesondere die Löschung der Facebook-Konten bedrohe die finanzielle Grundlage der Redaktion.
Die Leser*innenschaft wächst rasant
Lê berichtet seit 2008 zu politischen Entwicklungen in Vietnam und weltweit. Thoibao hat dank eines großen Netzes an Informant*innen viele exklusive Nachrichten aus der vietnamesischen Politik. Seit der Einstellung vietnamesischsprachiger Medienangebote in Voice of Amerika und Radio Free Asia in den USA durch die Trump-Administration wächst die Leser*innenschaft rasant. Laut eigenen Angaben erhalten alle Kanäle der Redaktion zusammen rund 700.000 Zugriffe im Monat, die meisten davon aus Vietnam.
Facebook ist der wichtigste Kanal. Aufgrund der vom Staat zensierten Medien ist die Plattform die Hauptnachrichtenquelle in Vietnam. Doch nun entfernt Facebook nach und nach die Konten der Redaktion. Zwei Konten, Thoibao.eu und Thoibao.news, wurden vergangenes Jahr gelöscht. Nun ist auch das Hauptkonto Thoibao.de mit 1,2 Millionen Followern vom Löschen bedroht. Ein Beitrag im August soll laut Facebook gegen die Gemeinschaftsstandards zu Suizid, Selbstverletzung und Essstörungen verstoßen haben. Das Video enthalte möglicherweise etwas, das andere Personen zu Selbstverletzung veranlassen könnte, heißt es in der Begründung. Allerdings berühre das Video diese Themen nicht annähernd, sagt Lê, es gehe um vietnamesische Polizeigeneräle.
Auch über dem persönlichen Profil von Lê mit rund einer Viertelmillion Followern prangt ein gelbes Warn-Icon: „Für das Profil liegen einige Probleme vor“. Beiträge wurden wegen angeblicher Verletzung der Gemeinschaftsstandards entfernt. Die Redaktion erhob zwar Einspruch, doch das war bislang vergeblich. Nach erneuter Überprüfung blieben die Videos offline – bei den bereits gelöschten Konten war es genau so.
„Sollte auch thoibao.de von Facebook gelöscht werden, sind wir als Medium tot“, sagt der Chefredakteur. Denn dieses Konto ist Thoibaos wichtigste Einnahmequelle. Mit den Werbeeinnahmen bezahlt Lê die Technik und seine 20 Mitarbeiter*innen weltweit. Schon jetzt haben die Einschränkungen zur Folge, dass die Inhalte weniger Menschen ausgespielt werden. Die Einnahmen sind drastisch eingebrochen. Sie betragen nicht mehr rund 17.000 Euro im Monat sondern unter 500 Euro. Lê musste seine Mitarbeiter*innen bereits darum bitten, weniger Inhalte zu produzieren.
Facebook in Vietnam: eine Geschichte der Unterdrückung
Die jüngsten Einschränkungen durch Facebook treffen Thoibao zwar besonders hart, sind aber nicht die ersten. 2018 machten Unbekannte Lê ohne sein Wissen zum Administrator einer Facebookseite, die massiv gegen Gemeinschaftsstandards verstieß. Daraufhin sperrte Facebook zeitweise alle von ihm administrierten Seiten inklusive Thoibao. 2021 erschien eine gefälschte Todesanzeige auf Lês Profil. Weil er angeblich tot war, konnte er keine Beiträge mehr posten.
„Vietnams Zensurbehörden ordnen an – Facebook führt aus. Anders kann man die Störmanöver nicht beschreiben, denen das Medienunternehmen Thoibao.de ausgesetzt ist“, sagt die Journalistin und Mitarbeiterin von Thoibao Marina Mai. „Als globales Soziales Netzwerk muss sich Facebook solchen Angriffen widersetzen und Pressefreiheit garantieren“, fügt sie hinzu.
Die vietnamesische Abteilung von Facebook löscht immer wieder regimekritische Posts auf Wunsch der Regierung. Auf Grundlage des sogenannten Cybersicherheitsgesetzes kann Hanoi die Entfernung „schädlicher“ Inhalte – ein weit gefasster Begriff, der oft Kritik am Staat umfasst – innerhalb von 24 Stunden verlangen. So hat Facebook allein im Zeitraum von Juli bis Dezember 2024 4.520 Inhalte gesperrt.
Um weiterhin im bevölkerungsreichen Land seine Dienste anbieten zu können, macht die Plattform bereitwillig Zugeständnisse an den Einparteienstaat. Mark Zuckerberg, Chef von Meta, dem Konzern dem Facebook gehört, hat Mitarbeiter*innen persönlich angewiesen, sich den Zensurwünschen der Regierung zu beugen, wie die Whistleblowerin Frances Haugen vor dem US-Senatsausschuss berichtete. Das Land mit den siebtmeisten Facebook-Nutzer*innen weltweit ist für den Konzern ein lukrativer Markt. Etwa 75 Prozent der 100 Millionen Einwohner*innen nutzen die Plattform.
So erging es auch den Konten Thoibao.eu und Thoibao.news, bevor sie endgültig gelöscht wurden. – CC-BY-NC 4.0 Timur Vorkul / netzpolitik.org
Facebook bestreitet nicht, eng mit der vietnamesischen Regierung zusammenzuarbeiten. „Sollten wir feststellen, dass wir zur Einschränkung von Inhalten verpflichtet sind, beschränken wir dies ausschließlich auf das Land, in dem sie illegal sind“, schreibt Meta auf unsere Anfrage. „So stellen wir sicher, dass der Eingriff so gering wie möglich bleibt und diese Regierungsanfragen keine unverhältnismäßigen Auswirkungen auf das Recht auf freie Meinungsäußerung unserer globalen Community haben“. Unsere Frage, wieso Beiträge und sogar ganze Konten von Thoibao gelöscht und somit auch nicht mehr in Deutschland verfügbar sind, ließ Meta unbeantwortet.
Laut Anja Osterhaus, Geschäftsführerin von Reporter ohne Grenzen in Deutschland, komme Meta dem eigenen Anspruch, Meinungsfreiheit zu garantieren, nicht nach. „Facebook kennt den Fall von Thoibao seit Jahren und weiß, dass die Nachrichtenseite im Visier des vietnamesischen Regimes steht.“ Facebook müsse den Fall gründlich untersuchen und prüfen, ob Hanoi eine mögliche Sicherheitslücke ausnutzt. Osterhaus fordert, „Meta muss seiner Verantwortung endlich nachkommen und die Einschränkungen beenden.“
Lê und Mai setzen sich dafür ein, dass die Inhalte von Thoibao auf Facebook gemäß deutscher Gesetze moderiert werden. Da die Redaktion in Berlin ansässig ist, sind ihre Inhalte durch die im Grundgesetz verankerte Pressefreiheit geschützt. „Thoibao ist ein deutsches Medienunternehmen. Deutschland muss unsere Pressefreiheit schützen“, sagt Lê. Die beiden Journalist*innen haben Bundestagsabgeordnete kontaktiert, damit diese auf Meta einwirken und das Recht auf Pressefreiheit für Thoibao verteidigen. „Wenn Deutschland nicht aufpasst, werden die für unsere Demokratie wertvollen Rechte wie Meinungsfreiheit und Pressefreiheit durch Facebook langsam sterben“, warnt Lê vor möglichen Entwicklungen, die auch andere deutsche Medien in Zukunft treffen könnten.
Alte und neue Cyberangriffe
Die Website thoibao.de wird regelmäßig Opfer von Ddos-Angriffen. Dabei überlasten Hunderttausende gleichzeitige Aufrufe den Server der Seite und legen sie absichtlich lahm. Kürzlich hat ein Cyberangriff es so aussehen lassen, als ob Thoibao selbst einen Ddos-Angriff vorgenommen hätte, und zwar gegen eine Webseite einer Schweizer Universität. Dabei wurde die IP-Adresse des eigentlichen Ddos-Angreifers manipuliert und mit der von Thoibao ersetzt. Ganz so, als ob jemand ein Paket mit einer falschen Absenderadresse sendet. Dass nun auch derartiges IP-Spoofing gegen Thoibao eingesetzt wird, ist laut Lê neu.
Eine weitere Taktik, mit der Thoibao bekämpft wird, sind Beschwerden wegen Urheberrechtsverletzungen. Eine Seite namens Song Ngam News, die sich als vietnamesisches Nachrichtenportal präsentiert, hat mehrfach eine solche Beschwerde gegen Thoibao eingereicht. In diesen Beschwerden wird verlangt, dass der angeblich kopierte Inhalt aus dem Internet entfernt wird. Doch Lê betont, dass genau das Gegenteil der Fall ist: Inhalte von Thoibao werden kopiert und mit einem älteren Datum versehen, damit diese Version wie das Original aussieht.
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Unklar ist, ob es sich bei Song Ngam News um eine seriöse und echte Nachrichtenseite handelt. Eine Analyse des Unternehmens EvenInsight, das auf Cybersicherheit und Website-Analyse spezialisiert ist, zeigt, dass die Seite weitgehend unbekannt ist und kaum Besucher*innen verzeichnet. Die Domain songngam.com wurde vor weniger als zwei Jahren in den Niederlanden registriert. Die Identität des Eigentümers ist nicht öffentlich zugänglich. Als Chefredakteur ist ein gewisser Lê Toàn Khánh genannt, jedoch bleibt unklar, ob es sich hierbei um eine tatsächlich existierende Person handelt.
Besonders problematisch bei solchen Angriffen: Nach jedem Vorfall hat Lê lediglich ein Zeitfenster von 24 Stunden um zu reagieren. Verstreicht die Frist, droht die Abschaltung von Thoibaos Server. Lê vermutet, dass hinter diesen Angriffen die Cyberarmee Vietnams steht, die laut offiziellen vietnamesischen Angaben 10.000 Personen umfasst und unter dem Kommando des Ministeriums für öffentliche Sicherheit agiert. Diese versuche alles, um Thoibao zum Schweigen zu bringen, sagt Lê.
Einschüchterung durch reichsten Mann Vietnams
Anfang des Monats ist außerdem eine Abmahnung vom reichsten Mann Vietnams, Phạm Nhật Vượng, eingetroffen. Dieser ist Vorsitzender des größten vietnamesischen Konzerns VinGroup und gilt als der erste Milliardär Vietnams. Er wirft Lê sowie weiteren 67 Organisationen und Einzelpersonen vor, Falschinformationen über seine Unternehmensgruppe und seine Person verbreitet zu haben. Nachdem Lê über die Abmahnung in seinen Videos berichtet hatte, kam vergangenen Donnerstag gleich die zweite an.
Journalist*innen und Blogger*innen hatten auf TikTok, Facebook und YouTube berichtet, dass VinGroups Immobilien-Tochter VinHomes mit enorm hohen Schulden wirtschaftet und das Unternehmen VinFast, das Elektroautos herstellt, Verluste macht. Diese Wirtschaftsdaten stützen sich auf öffentliche Angaben des Konzerns sowie auf Einschätzungen von Finanzanalyst*innen.
Lês Presserechtsanwalt Raphael Thomas schätzt die Abmahnungen als einen recht hilflosen Versuch ein, Lê einzuschüchtern und kritische Berichterstattung über die Vingroup und Phạm Nhật Vượng zu unterdrücken. „Herrn Phạm Nhật Vượng oder der Vingroup fehlt offenbar das Verständnis dafür, dass auch scharfe Kritik an einem großen Unternehmen im Rahmen der Berichterstattung zulässig ist“, so Thomas. Die Abmahnungen muten dilettantisch an, die Erfolgsaussichten einer Klage gegen Thoibao seien nicht besonders hoch.
Auch der Menschenrechtsanwalt und Vietnams prominentester Dissident Nguyễn Văn Đài, der in Hessen lebt, ist von der internationalen Abmahnungs- und Klagewelle durch VinGroup betroffen. Seine Anwältin Loan Truong kommt zu der ähnlichen Einschätzung, dass die Abmahnung mangelhaft und die Zuständigkeit deutscher Gerichte äußerst zweifelhaft sind. Đài hat mehrere Gefängnisstrafen in Vietnam abgesessen. 2017 hat er den Menschenrechtspreis des Deutschen Richterbundes verliehen bekommen.
Laut Lê ist die Kampagne ein Versuch von VinGroup, die Justiz demokratischer Staaten für die Behinderung von Pressefreiheit in Vietnam zu missbrauchen. Neben dem Kampf gegen diese Angriffe bleibt dem Journalisten kaum mehr Zeit für die eigentliche Aufgabe: die Menschen in Vietnam mit Nachrichten jenseits staatlicher Propaganda zu versorgen.
Cyberangriff: Bundestagspolizei warnt Fraktionen vor gefährlichen USB-Sticks
Der Bundestag sieht sich erneut mit einem sicherheitsrelevanten Vorfall konfrontiert: Im Laufe der Woche gingen bei Abgeordnetenbüros mehrerer Fraktionen Postsendungen mit einem englischsprachigen Anschreiben und einem USB-Stick ein. Die Bundestagspolizei reagierte umgehend und warnte die Parlamentsfraktionen nachdrücklich davor, diese Geräte an Computer anzuschließen. Dies geht aus einer internen Mail der CDU-Geschäftsführung hervor, über den die Welt berichtet. Andere Fraktionen haben den Erhalt solcher Datenträger ebenfalls bestätigt.
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Die Polizei bat der Meldung zufolge um die Übersendung der Sticks in einem „gesonderten Umschlag“. Ein Sprecher der CDU-Fraktion erklärte gegenüber der Welt, es sei nicht bekannt, dass Volksvertreter oder Mitarbeiter aus den eigenen Reihen den Datenträger in ihre Rechner gesteckt hätten. Die Rückmeldung sei vielmehr, „dass er entsprechend der Anweisung vernichtet oder eben übersendet wurde.“ Auch die AfD-Fraktion meldete, dass „mehrere Abgeordnete der AfD-Fraktion einen Brief mit einem entsprechenden USB-Stick erhalten“ hätten und diese in den „bekannten Fällen“ der Bundestagspolizei übergeben worden seien.
Während die genauen Inhalte der aktuellen Päckchen zunächst unklar blieben und die Bundestagsverwaltung sich bislang nicht dazu äußerte, scheint die Fraktion Die Linke nach Angaben ihrer Parlamentarischen Geschäftsführerin, Ina Latendorf, bisher verschont geblieben zu sein. Zumindest lagen in ihrem Büro bis Freitagnachmittag keine Hinweise darauf vor, dass die Fraktion betroffen wäre. Auch von den Grünen gab es vorerst Entwarnung.
Erinnerungen an den „Bundestagshack“
Unabhängig davon signalisiert die Vorsichtsmaßnahme der Bundestagspolizei und die sofortige Sensibilisierung der Parlamentarier die gesteigerte Aufmerksamkeit und die Lehren, die aus der Vergangenheit gezogen wurden. Social Engineering und Phishing-Versuche, bei denen physische Medien wie USB-Sticks als Einfallstor für Schadsoftware dienen können, gelten als klassische IT-Angriffsarten.
Der Vorgang erinnert an frühere, schwerwiegende Cyberattacken, die das deutsche Parlament und hochrangige Politiker trafen und die anhaltende Bedrohung durch staatlich gesteuerte oder kriminelle Akteure verdeutlichen. Der wohl bekannteste Angriff war der sogenannte Bundestagshack von 2015, bei dem mutmaßlich russische Cybergangster der Gruppe APT28 („Fancy Bear“) über 16 Gigabyte an Daten inklusive E-Mails von Abgeordneten entwendeten und die IT-Systeme des Bundestags massiv kompromittierten. Sogar das Abgeordnetenbüro der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war betroffen.
Ein weiterer, symbolträchtiger Vorfall war die Cyberattacke auf Merkels Handy 2013, die die Verwundbarkeit selbst der höchsten politischen Ebenen aufzeigte. Solche Vorkommnisse zeigten, dass der Bundestag weiterhin ein „begehrtes Ziel“ für Angriffe bleibe, wie es die Sicherheitsbeauftragte der SPD-Fraktion, Marja-Lisa Völlers, indirekt zum Ausdruck brachte. Sie teilte der Welt mit: „Sicherlich besorgt uns der Vorgang, alle Abgeordneten sowie Mitarbeitenden der Fraktion wurden informiert sowie sensibilisiert. Alles Weitere werden die Ermittlungen zeigen, die durch die Bundestagsverwaltung eingeleitet wurden.“ Völlers ließ offen, ob Sozialdemokraten diesmal betroffen waren.
Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski
Liebe Leser:innen,
mit Omnibussen assoziiere ich eigentlich gute Dinge. Sie sind für alle da, wie ihr lateinischer Namensursprung klarmacht. Omnibusse gibt es aber nicht nur im öffentlichen Nahverkehr, sondern auch in der Gesetzgebung. Und da ist der Omnibus diese Woche in meiner Gunst deutlich gesunken.
Genauer gesagt der „digitale Omnibus“, den die EU-Kommission bald offiziell präsentieren will. Vor rund einer Woche haben wir vorläufige Entwürfe zu dem Digitalgesetzespaket veröffentlicht. Es geht dabei um grundlegende Änderungen, etwa an der Datenschutzgrundverordnung und der KI-Verordnung der EU. Aber das sind keine Änderungen zum Guten für Nutzer:innen – mit dem Paket werden wichtige Grundsätze der Gesetze geschliffen.
Die Reaktionen waren deutlich: 120 zivilgesellschaftliche Organisationen nannten die Pläne den „größten Rückschritt für digitale Grundrechte in der Geschichte der EU“. Fraktionen aus dem EU-Parlament von Liberalen bis zu den Grünen sehen die Vorreiterrolle Europas in der Digitalpolitik bedroht.
Es ist aber nicht der einzige Omnibus, der wie ein Räumpanzer grundrechtliche Garantien mit der Schaufel aus dem Weg schafft. Das EU-Parlament stimmte am Donnerstag für das „Omnibus-I“-Paket – und schwächte damit das Lieferkettengesetz der EU extrem ab. Das torpediert nicht nur menschenrechtliche Standards, sondern die Europäische Volkspartei hat dafür auch eine Mehrheit mit den Rechtsaußen-Fraktionen erreicht und eine Brandmauer abgerissen.
Ich finde: Omnibusse, egal ob im Verkehr oder in der Gesetzgebung, sollten für alle da sein und nicht nur ein Geschenk an Unternehmen. Omnibusse, die allein im Zeichen des Bürokratieabbaus durch Grundrechte rasen, müssen wir stoppen.
Ein gutes Wochenende wünscht euch
anna
Menschen sind irgendwie auch Herdentiere, die kopflos in eine Richtung mitlaufen. Im KI-Enthusiasmus müssen wir aber nicht blind aufgescheuchten Innovationsherdentieren folgen. Dafür brauchen wir vielleicht nur ein besseres Wappentier, das mehr Bewusstsein hat als jede sogenannte künstliche Intelligenz.
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Die grün-schwarze Regierung in Stuttgart winkt die automatisierte polizeiliche Datenanalyse und damit den Einsatz von Software von Palantir durch. Die Grünen machten das nach einem politischen Kuhhandel zu einem Nationalpark möglich. Eine „Experimentierklausel“ im Gesetz gibt außerdem polizeiliche Datenschätze für kommerzielle Unternehmen frei.
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Passwort-Manager Bitwarden: Update stellt Biometrie-Log-in wieder her
Der Passwort-Manager Bitwarden ist in Version 2025.11 erschienen. Das Changelog weist lediglich „Bug fixes“ ohne weitere Erläuterungen aus, tatsächlich reaktiviert die Fassung jedoch die Möglichkeit, sich mittels Biometrie durch Windows Hello in Bitwarden unter Windows anzumelden.
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Den Bitwarden-Passwort-Vault kann man wieder biometrisch mit Windows Hello öffnen.
(Bild: heise medien)
Die Funktion, den Passwort-Manager nach dem Windows-Start mit Windows Hello – also PIN, Fingerabdruck oder Gesichtsscan – freizugeben, hatte Bitwarden im August ersatzlos gestrichen. In einem längeren Threat in der Bitwarden-Community brach sich der Unmut darüber die Bahn. Für viele ist die nötige Eingabe des Master-Kennworts nach Rechnerstart ein unerwünschter Aufwand. Bitwarden hat es nicht kommuniziert, aber die Funktion wurde aufgrund von Sicherheitsbedenken deaktiviert – laut einem Github-Issue wird deutlich, dass das Windows-Hello-Fenster nicht verlässlich im Vordergrund erschien.
Reaktivierung des Biometrie-Log-ins
Bitwarden 2025.11 vom Donnerstag dieser Woche reaktiviert die Funktion wieder. Betroffene müssen jedoch dazu aktiv werden.
Die Option ist zurück, mit der Nutzerinnen und Nutzer die Erzwingung der Eingabe des Master-Kennworts oder PIN zum Entsperren nach Neustart deaktivieren können.
(Bild: heise medien)
Allerdings reichte im Versuch der einfache Neustart nach Aktualisierung von Bitwarden nicht dafür aus. Zunächst muss unter „Datei“ – „Einstellungen“ in Bitwarden-Desktop die Option „Mit Windows Hello entsperren“ deaktiviert, der Einstellungsdialog mit „Schließen“ bestätigt und Bitwarden dann beendet werden. Erst dann taucht nach Neustart (und Eingabe des Master-Kennworts) nach Aktivierung von „Mit Windows Hello entsperren“ die Option „Master-Passwort oder PIN beim App-Neustart anfordern“ auf – hier ist der Haken zu entfernen. Der Klick auf die Schaltfläche „Schließen“ übernimmt die geänderte Konfiguration.
Bitwarden stellt eine kurze Anleitung zur Verfügung, die grundsätzlich die Aktivierung der biometrischen Freigabe erläutert. Mit der Aktualisierung auf den neuen Stand lässt sich Bitwarden wieder mit deutlich höherem Komfort nutzen.