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Afrinic: Abwicklung der IP-Adressverwaltung für Afrika in Mauritius beantragt


Das Unternehmen Cloud Innovation hat beim Obersten Gericht in Mauritius die zwangsweise Abwicklung der Afrinic beantragt – der IP-Adressverwalterin für Afrika. Bis zum 23. Juli hat die unter Zwangsverwaltung stehende Afrinic Zeit zur Stellungnahme. Der jüngste Schlag durch den Hongkonger IP-Adresshändler Lu Heng, dem Cloud Innovation gehört, folgt der Annullierung der Wahl für einen neuen Vorstand wegen erheblicher Manipulationsvorwürfe.

Seit 2021 hat Lu Afrinic mit einer Welle von Klagen überzogen. Die Organisation stand vor der Auseinandersetzung mit Lu wegen der Veruntreuung von Adressen in der Kritik. Lus Streit mit der Organisation drehte sich um IPv4-Adressen aus Afrinics Pool, die er außerhalb der Region vermietete. 2023 sorgt der streitlustige Unternehmer dafür, dass ein Zwangsverwalter statt eines regulären Vorstands aus gewählten Mitgliedern eingesetzt wird.

Mit dem am Freitag vom Supreme Court in Mauritius veröffentlichten Antrag vollzieht Cloud Innovation jetzt einen Strategiewechsel. Statt der bislang geforderten Anerkennung der Wahl strebt Cloud Innovation nun offenbar die vollständige Auflösung von Afrinic an. Einige Wahlberechtigte hatten bei den Vorstandswahlen im Juni quasi beim Gang zur Urne erfahren, dass ihre Stimme schon abgegeben worden war. Sie hegen den Verdacht, dass das durch unbefugte Dritte passiert sei. Gleichzeitig hatten Vertreter der Number Resource Limited, ein weiteres Unternehmen Lus, für Aufsehen gesorgt: Sie gaben teilweise mit dutzenden Vollmachten Stimmen für Wahlberechtigte ab.

Bei Cloud Innovation glaubt man mittlerweile, dass nur eine ordnungsgemäße Abwicklung der Afrinic Afrikas Internet-Community schützen könne. Man tue dies „mit schwerem Herzen“ wegen „der durch interne Kämpfe und Rechtsstreitigkeiten herrschenden Lähmung“, zu der jetzt noch ein Vertrauensverlust der globalen Community hinzutrete, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens.

Cloud Innovation stimme der Sicht der ICANN auf die Probleme zu, heißt es weiter. Neue Wahlen, die Zwangsverwalter Gowtamsingh Dabee bis zum 30. September organisieren will, hält das Unternehmen für vergebliche Mühe. Allerdings wolle man einer möglichen formellen Prüfung und eventuellen „überstürzten De-Akkreditierung“ der afrikanischen Registry durch die ICANN doch lieber durch ein Urteil in Mauritius zuvorkommen.

Bereits zuvor hatte die ICANN Lus Zorn auf sich gezogen – wegen ihrer Beschwerden vor und während der Wahl bezüglich potenzieller Unfairness. Zum Ausdruck kam dieser Zorn primär auf dem Portal Blue Tech Wave Media (BTW Media), das laut dessen Chefredakteur von Lu selbst finanziert wird.

BTW Media attackierte in einer Mitteilung jüngst die ICANN, weil sie die Darstellung des von Lu gesponserten Blattes zur Annullierung der Vorstandswahlen hinterfragte. BTW Media hatte behauptet – so legt es der ICANN-Präsident in einem Brief an Dabee dar – Afrinics Wahl sei nur wegen einer einzigen falschen oder „betrügerischen“ Vollmacht annulliert worden. Die ICANN verlangt vom Zwangsverwalter nun Aufklärung darüber, woher BTW Media, übrigens als einziges Medienorgan, diese Information erhalten habe. Eine Analyse der versuchten Wahlmanipulation am 23. Juni sei bislang aber weder den Afrinic Mitgliedern noch der Öffentlichkeit bekannt gemacht worden. Tatsächlich hatten sowohl der Zwangsverwalter Dabee als auch der Vorsitzende des Nominierungskommittees bislang Anfragen, auch von heise online, unbeantwortet gelassen.

Dies entbehrt nicht einer gewissen Ironie, da Cloud Innovation und Lu Heng Abmahnschreiben und einzelne Gerichtsverfahren gegen Veröffentlichungen verschiedener Publikationen angestrengt hatten, die sein Vorgehen kritisch bewerten.

Seit Monaten wird in BTW Media für die Grundidee Lus geworben: Es wäre besser, wenn mit der Vergabe von IP-Adressen diese zum Eigentum der jeweiligen Nutzer würden. Für Cloud Innovation wäre das lukrativ: Da Unternehmen könnte dann über 6 Millionen IPv4 Adressen aus dem Afrinic Pool sein Eigen nennen und diese weltweit vermieten.

ICANN-CTO John Crain teilte auf Anfrage von heise zu den nächsten Schritten vorsichtig mit: „Afrinic verwaltet öffentliche Ressourcen als Treuhänder für die von ihr betreute Region und muss sich an die ICP-2 Regeln halten. Wir werden alles Notwendige tun, Afrikas Adressinhaber dabei zu unterstützen, die Sicherheit und Stabilität dieser eindeutigen Kennungen für das globale Netz, die der afrikanischen Region dienen sollen, zu gewährleisten.“

Der Supreme Court in Mauritius hatte ICANN eine Klagebefugnis vor Ort abgesprochen. Sollte das Gericht Cloud Innovations jüngstem Antrag stattgeben, könnte die ICANN versuchen, bisher nicht vergebene Adressen aus Afrinics Pool an sich zu ziehen und das Management der vergebenen anderen RIRs zu übertragen.


(nen)



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