Künstliche Intelligenz
Aus für offenes WLAN? Vorratsdatenspeicherung gefährdet digitale Teilhabe
Erst Anfang Oktober betonte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) erneut, zeitnah einen Gesetzentwurf für eine Neuauflage der seit Jahren umstrittenen Vorratsdatenspeicherung präsentieren zu wollen. Sie sehe „dringenden Handlungsbedarf“, erklärte sie. Das Internet werde „förmlich geflutet“ mit Darstellungen von sexualisiertem Kindesmissbrauch. IP-Adressen seien oft „der einzige Anhaltspunkt“, um die Täter zu identifizieren. Doch noch bevor Hubig ihren Referentenentwurf vorgelegt hat, wird die Kritik an dem im Koalitionsvertrag enthaltenen Vorhaben immer lauter.
Weiterlesen nach der Anzeige
So warnt etwa Freifunk München als Anbieter von Infrastruktur für zahlreiche offene WLAN-Hotspots in einer aktuellen Stellungnahme eindringlich vor den weitreichenden und negativen Folgen der wiederholt angekündigten Überwachungsmaßnahme. Eine einschlägige Gesetzesvorlage aus dem Bundesrat sehe keinerlei Ausnahmen für gemeinnützige oder nicht-kommerzielle Anbieter wie Freifunk oder kommunale WLAN-Zugänge vor, heißt es darin. Der Verein will daher die Politik frühzeitig auf die technischen, datenschutzrechtlichen und gesellschaftlichen Probleme hinweisen, die insbesondere offene und gemeinnützige WLAN-Strukturen beträfen.
Die technische Herausforderung beginnt laut der Eingabe damit, dass die geforderte Speicherung die eindeutige Zuweisung einer IP-Adresse zu einem Nutzer und die Protokollierung dieser Zuordnung voraussetzt. Bei modernen öffentlichen WLANs sei dies nur noch sehr erschwert möglich. Ein wesentliches Problem liege in der Funktionsweise von IPv6-Adressen: Moderne Endgeräte erzeugen diese Kennungen mithilfe eines Verfahrens namens SLAAC (Stateless Address Autoconfiguration) selbst. Das bedeutet, dass der Betreiber die Adressen nicht aktiv zuweist. Dazu kommen „Privacy Extensions“, die dazu führen, dass sich die IPv6-Adressen regelmäßig ändern.
Aus für Anonymität im Netz
Aber auch im älteren IPv4-Betrieb rotieren viele Endgeräte von Herstellern wie Android, Apple oder Windows heute ihre MAC-Adressen, um eine Nachverfolgbarkeit zu erschweren. Dadurch könnten selbst DHCP-Zuweisungen – also die Vergabe von Adressen durch den Netzbetreiber – keinem bestimmten Gerät mehr dauerhaft zugeordnet werden.
Die gravierende Konsequenz laut den Freifunkern: Die Umsetzung der Speicherpflicht wäre nur durch eine verpflichtende Nutzeridentifikation mit der Erhebung personenbezogener Daten realisierbar. Ein solcher Zwang zur Registrierung würde die spontane und niedrigschwellige WLAN-Nutzung erheblich erschweren.
Die Erhebung und Speicherung personenbezogener Nutzerdaten würde Betreiber öffentlicher WLANs auch mit deutlich strengeren Anforderungen im Bereich des Datenschutzes konfrontieren, moniert der Verein. Diese würden über bereits bestehende Datenschutzkonzepte, Auftragsverarbeitungsverträge und technische Schutzmaßnahmen hinausgehen. Nötig wären auch erweiterte Vorkehrungen bei der Datensicherheit und der Rechenschaftspflicht. Dies führe zu höheren laufenden Kosten für Wartung, Compliance und Sicherheitsinfrastruktur. Zudem steige das Risiko bei Datenschutzverletzungen und behördlichen Auskunftsersuchen.
Fachverbände schlagen Alarm
Weiterlesen nach der Anzeige
Dieser wirtschaftliche und organisatorische Mehraufwand sei für viele ehrenamtliche, kommunale oder kleinere gewerbliche Betreiber kaum leistbar, erläutern die Betreiber offener Netze. Das Resultat wäre ein Rückgang freier WLAN-Angebote und damit eine empfindliche Einschränkung der digitalen Teilhabe im öffentlichen Raum.
Auch die Auswirkungen auf Barrierefreiheit und digitale Inklusion wären fatal, gibt der Verein zu bedenken. Offene WLANs seien insbesondere für Menschen ohne teure mobile Datenverträge, für sozial schwächere Gruppen oder für Gäste aus dem Ausland unerlässlich. Eine verpflichtende Nutzeridentifikation oder komplexe Anmeldeverfahren würden den barrierefreien Zugang zum Internet im öffentlichen Raum massiv erschweren.
Sollte das Gesetz ähnlich wie der Bundesratsentwurf aussehen, könnte das dazu führen, „dass Freifunk in der heutigen Form nicht mehr existieren“ werde, sagte Dieter Winkler, Vorstandsmitglied bei Freifunk Rheinland, heise online. Schon die Kontrolle und Erfassung stünden entgegen der Grundidee eines freien Netzes. Letztlich wäre der Aufwand „weder zeitlich noch finanziell zu stemmen“.
Fachverbände teilen die Einwände. Auch die Bundesanwaltskammer (BRAK) bezeichnet die anlasslose Vorratsspeicherung von IP-Adressen als rechtlich und technisch problematisch und weist auf erhebliche Risiken für Datenschutz und Grundrechte hin. Der eco-Verband der Internetwirtschaft schlug vor Kurzem Alarm, dass eine pauschale Speicherpflicht „einen Rückschritt in der Digitalpolitik“ darstellen würde. Er unterstreicht ebenfalls die wirtschaftlichen Belastungen für Infrastruktur- und Netzbetreiber sowie die Risiken für Datenschutz und Rechtssicherheit.
(afl)
Künstliche Intelligenz
Verfassungsrechtler und Politiker fordern Klarnamenpflicht im Internet
Der Verfassungsrechtler Andreas Voßkuhle hat eine Debatte über eine Klarnamenpflicht im Internet angestoßen. Voßkuhle, von 2010 bis 2020 auch Präsident des Bundesverfassungsgerichts, hatte der Berliner Tageszeitung „Tagesspiegel“ am Donnerstag gesagt, die Umsetzung einer Klarnamenpflicht sei zwar nicht ganz einfach, aber „verfassungsrechtlich zulässig“. So könnten öffentliche Diskussionen im Netz entgiftet werden, erklärte Voßkuhle in dem Interview, das am Samstag (27.12.) erscheint. Die „Verrohung im Netz“ halte die Gesellschaft „auf Dauer nicht aus“.
Weiterlesen nach der Anzeige
Am heutigen Freitag legte der Tagesspiegel mit weiteren Stimmen nach: Eine Klarnamenpflicht in den sozialen Medien könne die Diskurskultur im Netz zivilisieren, sagte der Zeitung zufolge der bayerische Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler). „Das Recht auf freie Meinungsäußerung beinhaltet schließlich keinen Anspruch auf Anonymität – man muss schon zu seinen Äußerungen stehen; analog wie digital“, so Mehring.
„Öffentliche Debatten entgiften“
Was am Stammtisch kriminell sei, müsse auch im Netz sanktioniert werden können, betonte Mehring. „Wer beleidigt, bedroht oder Volksverhetzung betreibt, muss auch im Digitalen dingfest gemacht werden können.“ Und wer wisse, dass sein Handeln nicht folgenlos bleibe, verhalte sich verantwortungsvoller. Dies könne öffentliche Debatten spürbar entgiften. Dabei gehe es Mehring zufolge nicht um das Einschränken von Meinungen, sondern um einen wehrhaften Rechtsstaat, der auch im digitalen Raum funktioniere.
Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) verlange eine „ergebnisoffene, aber zielgerichtete Debatte über eine Klarnamenpflicht im digitalen Raum“, berichtet der Tagesspiegel. Der Staat müsse befähigt werden, „seiner Schutzfunktion besser gerecht zu werden“, verlangte Badenberg demnach. Ermittlungsbehörden bräuchten laut Badenberg in klar definierten Fällen „eine verlässliche und praktikable Möglichkeit, Tatverdächtige schnell zu identifizieren. Zugleich sind die Plattformen stärker in die Verantwortung zu nehmen, ihren Beitrag zur Durchsetzung unserer Rechtsordnung zu leisten.“
(hob)
Künstliche Intelligenz
Letterboxd: Datenverwertung bedroht den Hort der digitalen Filmkultur
Samstagabend, 20:30 auf der Couch. Süßigkeiten wurden schon bereitgestellt und für den perfekten Heimkinoabend fehlt nur noch eines: der Film. Lieber Blockbuster, Arthouse oder Klassiker? Politthriller, Drama oder Komödie? Netflix, Disney+ oder doch Mubi? Eine gefühlte halbe Stunde zerrinnt im ziellosen Blättern durch das Filmangebot der Streaminganbieter. Die Entscheidung für einen Film rückt dabei immer weiter außer Sichtweite. Zu groß ist das Filmbuffet, zu unterschiedlich sind die Optionen – und dann noch die Meinungsflut im Netz.
Wie schön wäre eine Online-Gemeinschaft, an die man sich vertrauensvoll wenden könnte? Ein Ort, an dem Filmbewertungen noch sinnhaft erscheinen, weil Anerkennung nicht allzu großzügig verteilt wird. Ein Ort des gepflegten Austauschs über Filme, weit weg von der Polemik, die in den Kommentarbereichen etlicher sozialer Netzwerke schon lange zum netzkulturellen Alltag gehört. Was wie ein Traum ewig-gestriger Internetidealisten klingt, das ist Letterboxd für etliche Millionen vor allem junger Filmbegeisterter.
Wieso die Filmplattform gerade die Gen Z so anzieht, was die Pandemie damit zu tun hat und weshalb Letterboxd Gefahr läuft, die eigens geschaffene Filmkultur zu untergraben, erklären wir auf den folgenden Seiten.
Das war die Leseprobe unseres heise-Plus-Artikels „Letterboxd: Datenverwertung bedroht den Hort der digitalen Filmkultur“.
Mit einem heise-Plus-Abo können Sie den ganzen Artikel lesen.
Künstliche Intelligenz
Bundesdigitalminister ist für Social-Media-Sperre für Kinder
Bundesdigitalminister Karsten Wildberger (CDU) zeigt sich offen für ein Social-Media-Verbot für Kinder, wie in Australien. „Ich kann dem eine Menge abgewinnen. Ich halte die Frage nach einer Altersbeschränkung für mehr als berechtigt“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Weiterlesen nach der Anzeige
Aus Studien, Schilderungen und Beobachtungen wisse man, wie tiefgreifend soziale Medien in die Entwicklung junger Menschen eingriffen. „Da ist jetzt mal die Frage zu stellen: Wie ermöglichen wir ihnen eine gesunde Entwicklung, so wie sie frühere Generationen ohne soziale Medien auch hatten. Was das richtige Alter ist, muss gut diskutiert werden“, fügte er hinzu und verwies auf eine von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission für „Kinder- und Jugendschutz in der digitalen Welt“.
Das Gremium aus Wissenschaftlern und Praktikern etwa aus Medizin und Jugendschutz hatte im Herbst seine Arbeit aufgenommen und soll bis zum Sommer Empfehlungen erarbeiten. Dabei geht es unter anderem um mögliche Altersgrenzen und auch um das viel diskutierte Thema Handyverbot an Schulen.
„Wir schulden das den Kindern“

Bundesdigitalminister Karsten Wildberger: „Ich halte die Frage nach einer Altersbeschränkung für mehr als berechtigt.“
(Bild: BMDS / Woithe)
Auch hier ist der Bundesdigitalminister für einen eher strikten Kurs: „Dass man sich mal ein, zwei Stunden hinsetzt, aufmerksam ist und nicht durch Dinge abgelenkt ist, ist eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung. Insofern finde ich, ist das nicht nur zumutbar, sondern wir schulden das den Kindern auch, dass sie diese Möglichkeit haben“, so Wildberger. Auszeit gehöre dazu. Bei solchen Debatten sei es wichtig, auf diejenigen zu hören, die damit täglich zu tun hätten, und das seien die Lehrer.
Mit seinen Äußerungen gegenüber dpa geht der Bundesdigitalminister nun weiter, als er es noch im September im Interview mit c’t formuliert hatte. Er persönlich befürworte zwar prinzipiell eine Altersgrenze, hatte Wildberger damals betont. Das Thema sei jedoch zu wichtig und betreffe zu viele Menschen, um damit verbundene Grundsatzfragen außer Acht zu lassen. Für ihn gehe es „mehr um Schutz als um Verbote“.
(hob)
-
UX/UI & Webdesignvor 2 MonatenIllustrierte Reise nach New York City › PAGE online
-
Künstliche Intelligenzvor 3 MonatenAus Softwarefehlern lernen – Teil 3: Eine Marssonde gerät außer Kontrolle
-
Künstliche Intelligenzvor 2 Monaten
Top 10: Die beste kabellose Überwachungskamera im Test
-
UX/UI & Webdesignvor 2 MonatenSK Rapid Wien erneuert visuelle Identität
-
Künstliche Intelligenzvor 2 MonatenNeue PC-Spiele im November 2025: „Anno 117: Pax Romana“
-
Entwicklung & Codevor 1 MonatKommandozeile adé: Praktische, grafische Git-Verwaltung für den Mac
-
Künstliche Intelligenzvor 2 MonatenDonnerstag: Deutsches Flugtaxi-Start-up am Ende, KI-Rechenzentren mit ARM-Chips
-
UX/UI & Webdesignvor 2 MonatenArndt Benedikt rebranded GreatVita › PAGE online
