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BGH: Mobilfunker darf Kundendaten der Schufa geben
Deutsche Mobilfunkanbieter dürfen sogenannte Positivdaten über ihre Kunden an Bonitätsbewerter wie die Schufa weitergeben. Im Gegensatz zur Rechtsansicht der deutschen Datenschutzkonferenz ist die ausdrückliche Zustimmung der Kunden nicht erforderlich. Denn die Datenweitergabe erfolgt zum Zweck der Betrugsvorbeugung, was von der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gedeckt ist. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen Vodafone angestrengten Verfahren entschieden. Auch parallele Verfahren gegen die Deutsche Telekom und Telefónica Germany sind mit gleichem Ergebnis erledigt.
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Positivdaten informieren primär darüber, welches Unternehmen mit wem wie viele Verträge geschlossen hat. Sie sind von Negativdaten zu unterscheiden, die über Vertragsbrüche, insbesondere unbezahlte Rechnungen, Auskunft geben. Die Verbraucherzentrale NRW hielt es für rechtswidrig, dass Positivdaten von Kunden, die alles richtig und korrekt machen, ungefragt an die Schufa wandern. Unverbindliche Stellungnahmen der Datenschutzkonferenz (Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder, DSK) aus dem Jahr 2021 stützten diese Auslegung der DSGVO.
Die Gerichte haben an der Weitergabe der Positivdaten jedoch nichts auszusetzen. Nach Landgericht und Oberlandesgericht hat auch der Bundesgerichtshof (BGH) für Vodafone entschieden (Az. VI ZR 431/24). „Die Übermittlung personenbezogener Positivdaten (hier: zum Identitätsabgleich erforderliche Stammdaten der Verbraucher sowie die Information, dass ein Vertragsverhältnis mit diesen begründet oder beendet wurde) seitens eines Mobilfunkdiensteanbieters an eine Wirtschaftsauskunftei kann gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO durch das Interesse an einer Betrugsprävention gerechtfertigt sein“, lautet der Tenor des BGH.
Betrugsrisiko beeinflusst Interessenabwägung
Die genannte DSGVO-Passage verlangt eine Abwägung der Interessen zwischen Datenverarbeiter und Betroffenem. Daher gilt die BGH-Entscheidung auch nicht generell für alle Branchen oder Vertragsarten. Vodafone hat im Verfahren darlegen können, dass es Betrüger gibt, die binnen kürzester Zeit zahlreiche Mobilfunkverträge abschließen, um an die Smartphones zu gelangen; dann verschwinden diese „Kunden“.
Gegen diese Betrugsmasche hilft die Datenweitergabe an die Schufa tatsächlich, weil die Schufa die Daten von allen namhaften Anbietern sammelt und im Zuge des Datenschutzaustausches auch verrät, wie viele solche Verträge für den selben Kunden bereits registriert sind. Daher überwiegt das Interesse der Betroffenen an Geheimhaltung ihrer Vertragsabschlüsse nicht dem Interesse der Mobilfunker, sich vor teurem Betrug zu schützen. Zudem weist der BGH darauf hin, dass die Betrugsprävention auch im Interesse der Kunden sei: Mehr Betrug bedeutete höhere Preise.
Gilt nicht allgemein
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Gleichzeitig widerspricht der BGH der Rechtsansicht der DSK nicht grundsätzlich. So wie die DSK verlangt auch der BGH die Abwägung der Interessen. Die DSK habe allerdings „den besonderen Zweck der Betrugsprävention nicht (einbezogen), jedenfalls nicht ausdrücklich“.
Schon das Oberlandesgericht hat den Fall der Mobilfunker, die teure Hardware vorfinanzieren, von Energieversorgern unterschieden, die lediglich keine sparefrohen Kunden wollen, die häufig den Anbieter wechseln. In letzterem Fall gibt es kein hohes Schadensrisiko, das die Datenweitergabe rechtfertigt, bei den Handyfinanzierern aber schon. Das beeinflusst die Interessenabwägung maßgeblich. Das BGH-Erkenntnis öffnet also keinesfalls alle Datenschleusen Richtung Bontitätsbewertern.
Was die Schufa mit den Daten sonst macht, steht auf einem anderen Blatt. Damit hatte sich der BGH ausdrücklich nicht zu befassen. Im konkreten Verfahren ging es um den Antrag der Verbraucherzentrale NRW auf eine Unterlassungsverfügung gegen Vodafone, nicht um eine Prüfung der Gebarung der Schufa.
(ds)