Digital Business & Startups

Closing in Rekordzeit: So schnell funktioniert Sales im Silicon Valley


Closing in Rekordzeit: So schnell funktioniert Sales im Silicon Valley

Der deutsche KI-Gründer Florian Scherl berichtet bei Gründerszene jede Woche aus dem Silicon Valley.
Florian Scherl / Collage: Gründerszene

Florian Scherl ist Gründer von Explaino.ai – einer KI-Plattform, die Texte in animierte Erklärvideos verwandelt. Aktuell lebt und arbeitet er im Rahmen der EWOR SF Residency zwei Monate im Silicon Valley – und berichtet bei Gründerszene über seine Zeit vor Ort.

Im Silicon Valley redet kaum jemand lange über deinen Pitch – aber alle wollen wissen: Wie verkaufst du?

Lest auch

Was deutsche Unternehmer vom Silicon Valley lernen müssen – 5 harte Wahrheiten

Denn eines war in fast allen Gesprächen der letzten zwei Wochen klar: Vertrieb ist im Valley nicht nachgelagert – sondern existenziell.

Seitdem wir Teil der EWOR SF Residency sind, haben Philipp und ich mit über 20 Investoren, Operatoren und Top-Gründern gesprochen. Und obwohl Explaino bereits zahlende Kunden hat, wurde unsere Go-to-Market-Strategie in jedem Gespräch auseinandergenommen – und neu zusammengesetzt.

Geschwindigkeit statt Funnel-Optimierung

Gleich in den ersten Meetings kam die Frage: „Wie lange dauert bei euch ein Deal?“
Ich antwortete: „Etwa zwei Monate für ein 10k-Ticket.“
Antwort: „Zu langsam.“

Im Valley erwarten Investoren Closing-Zeiten von zwei Wochen. Maximal. Nicht, weil sie unrealistisch sind – sondern weil Geschwindigkeit als Proxy für Fokus, Kundenverständnis und Produktklarheit gesehen wird.

Ein Investor sagte wörtlich: „Du brauchst kein CRM. Du brauchst Deals. Wenn du zwei Wochen nicht closen kannst, ist dein Angebot entweder unklar oder nicht dringend genug.“

Founder-led Sales: kein Übergangsmodell, sondern Pflicht

Ein Satz fiel mehrfach:
„Gründer und Gründerinnen müssen selbst verkaufen. Punkt.“

Erst ab circa 1,5 Millionen ARR sei es sinnvoll, erste Sales-Reps zu etablieren. Bis dahin gehe es nicht um Skalierung, sondern um zu verstehen, was Kunden wirklich wollen.

Nur wer selbst verkauft, kann diese Insights ins Produkt zurückführen.
Nur wer Ablehnung erlebt, kann das Messaging verbessern.
Nur wer eigene Hypothesen testet, weiß, ob die Sales-Strategie funktioniert.

Ein Valley-Operator brachte es auf den Punkt: „Sales ist Teil deines Product-Market-Fit-Prozesses. Wenn du das auslagerst, verkaufst du blind.“

Lest auch

„Vorlesungen wie TEDTalks“: So ist es, in Stanford zu studieren

Struktur: Generalisten statt klassische Vertriebler

Statt SDRs, BDRs oder AE-Silos hörte ich immer wieder: „Hire zwei Generalisten. Lass sie gegeneinander antreten. Wer liefert, bleibt.“

Die Idee: Generalisten mit Gründer-Mindset (zum Beispiel Ex-Founder, MBB-Berater, Tech-Hybride) sind flexibler, kreativer – und bereit, auch samstags Abend noch einen Call zu machen. Sie bringen Geschwindigkeit in Prozesse, weil sie nicht auf definierte Rollen warten.

Ein Investor empfahl: „Keine Prozesse, keine Playbooks am Anfang – nur Energie. Und das richtige Incentive.“

Sales-Kultur: Tempo ist die Währung

Was mich am meisten überrascht hat, war die Erwartungshaltung an Reaktionszeiten.

„30 Minuten bis zur Antwort auf einen Inbound ist kein Nice-to-have – es ist die Norm.“

In einem Gespräch wurde mir erklärt, wie Top-Startups ihre Sales-Kultur leben:

  • Einseitige Verträge für schnelle Unterschrift
  • Design-Partner auf fünf begrenzen, um FOMO zu erzeugen
  • Klar definierte Deadlines („Deal closes Friday“) – kein Offenes-Ende-Sale
  • Jede Anfrage wird sofort beantwortet – Tag und Nacht

Ein Gründer erzählte mir: „Was heute verkaufbar ist, muss heute verkauft werden. Was heute gebaut werden kann, muss heute gelauncht werden.“ Das ist nicht gesund für jedes Unternehmen – aber es zeigt den Takt.

Referrals, FOMO und Short-Term Closing

Interessant waren auch die Taktiken rund um Empfehlungsmarketing. Mehrere Investor:innen rieten:

  • Referral-Sharing einführen (zum Beispiel 10-20 Prozent des ersten Jahresvertrags für Kundinnen und Kunden, die andere mitbringen)
  • Kundinnen und Kunden zu Champions machen – ihnen Budget sparen, indem sie dich intern verkaufen
  • Knappheit kommunizieren: „Wir nehmen nur fünf Design-Partner dieses Jahr.“
  • Keine Preisangabe auf Website – um Deals flexibel zu strukturieren

Der Verkaufsprozess ist im Valley nicht linear – sondern radikal fokussiert auf Closing Windows.

Ein Deal, der länger als zwei Wochen liegt, wird als tot angesehen. Besser zehn verlorene Pitches, als einer, der nie entschieden wird.

Lest auch

Fundraising auf Linkedin: 8 Tipps, wie du mit deinem Profil die Aufmerksamkeit von Investoren gewinnst

Was bedeutet das konkret für Gründerinnen und Gründer – besonders aus Deutschland?

  • Du bist der erste und wichtigste Verkäufer: kein Delegieren, kein Zögern – Kundenkontakt ist Gründerarbeit.
  • Schnelle Closing-Zyklen schlagen große Tickets: zwei Wochen statt zwei Monate – das ist das neue Normal.
  • Vertrieb ist Kultur: Reaktionszeit, Klarheit, Verbindlichkeit – alles beginnt bei dir.
  • Verkaufen ≠ Überreden: Es geht um Klarheit, Timing und Vertrauen – nicht um PowerPoint.

Was ich gelernt habe: Sales ist kein Beruf. Sales ist ein Verhalten. Und es beginnt nicht mit einem Funnel – sondern mit deiner Haltung.



Source link

Beliebt

Die mobile Version verlassen