Datenschutz & Sicherheit
Datenschutzfreundliche Perioden-Apps: Zyklus-Tracking ohne Tracking
In welchem Rhythmus man menstruiert, unterscheidet sich von Person zu Person. Das manuell immer wieder nachzuzählen und im Blick zu behalten, kann sehr nervig sein. Um so praktischer, dass es mittlerweile viele Apps gibt, die einem helfen den eigenen Zyklus, das heißt zum Beispiel die Menstruation, den Eisprung und die fruchtbare Phase, zu tracken. Allerdings setzten viele der bekannteren Zyklus-Apps nicht so stark auf Privatsphäre.
Mehrere Untersuchungen, zum Beispiel von Privacy International oder der Mozilla Foundation, konnten nachweisen, dass diese Apps persönliche Daten speichern und an Werbetreibende und Datenhändler verkaufen. Momentan läuft ein Gerichtsprozess gegen die bekannteste App Flo in den USA, weil deren Betreiber von 2016 bis 2019 Nutzer*innendaten an Google und Meta weitergegeben haben sollen.
Daten zu Schwangerschaft sind besonders wertvoll
Der Zugriff auf intime Gesundheitsdaten ist für viele kommerzielle Zyklus-Tracking-Apps die Grundlage ihres Geschäftsmodells. Viele dieser Apps fragen auch deutlich mehr Parameter ab als nur solche zum Zyklus, zum Beispiel genutzte Verhütungsmittel, Alkoholkonsum oder Feiergewohnheiten.
Daten über den Zyklus, besonders über eine bestehende Schwangerschaft, werden von der Branche als wertvoller eingestuft als andere. Es gibt einige Studien, die Korrelationen zwischen Schwangerschaftshormonen und dem Kaufverhalten untersuchen und Zusammenhänge zu einer Art Nestbautrieb aufstellen. Die Marketingbranche würde seit der Mitte des 20. Jahrhunderts werdende Eltern als immer lukrativeren Markt einstufen und mit Werbung anvisieren, so Lara Freidenfelds in ihrem Buch zum Mythos der perfekten Schwangerschaft.
Außerdem warnt Privacy International vor der Gefahr von Zyklus-Apps in einer „post-Roe-Welt“. Nachdem Abtreibungsrechte in den Vereinigten Staaten gekippt wurden, gäbe es Grund zur Sorge, dass Daten von Zyklus-Apps als Beweise in der Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen genutzt werden könnten.
Deswegen ist es um so wichtiger, seine Daten vor der Weitergabe zu schützen. Dazu gibt es einige Zyklus-Apps, die großen Wert auf die Privatsphäre der Nutzer*innen legen. Diese stellen wir hier vor:
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Drip
Drip ist eine Open-Source-App von feministischen Coder*innen aus Berlin. Das bedeutet, dass der Quellcode der App für alle zugänglich und einsehbar ist.
- Welche Features bietet Drip?
Mit der App lassen sich die einzelnen Phasen des Zyklus verfolgen und tägliche Symptome eintragen. Zusätzlich ermöglicht Drip das Tracken des Zyklus mit der sympto-thermalen Methode. Dabei wird zum Beispiel die fruchtbare Phase nicht allein über das Abzählen der Tage bestimmt, sondern auch Werte wie die Körpertemperatur fließen in die Berechnungen ein. Nicht alle Zyklus-Apps haben diese Funktion.
Drip erstellt Vorhersagen für die nächste Menstruation und zeigt Diagramme für eine zyklusübergreifende Übersicht. Dabei sind die Rechenmethoden transparent einsehbar. Man kann Benachrichtigungen einstellen und den Zugriff auf die App mit einem eigenen Passwort schützen. - Welche Rolle hat Privatsphäre?
Drip ist eine besonders tracking-arme App. In ihrer Datenschutzerklärung heißt es: „Drip respektiert und feiert deine Privatsphäre“. Es würden keine Nutzungsdaten oder persönliche Daten gesammelt werden und es gäbe keine Werbung. Die App speichere alle Daten lokal auf dem Handy. Keine anderen Apps sollen auf diese Daten zugreifen können. Mit Ausnahme der Benachrichtigen nutzt Drip keine anderen Handyfunktionen. Eine Anmeldung in der App mit der E-Mail-Adresse sei auch nicht nötig. Für mehr Transparenz kann man den Code der App einsehen.
Eine der Entwicklerinnen von Drip berichtete 2022 auf netzpolitik.org bereits von der App. Die Coder*innen würden keine kommerziellen Interessen verfolgen, sondern auf „Transparenz und Teilhabe“ setzen. - Wie funktioniert der Umstieg auf Drip?
Drip bietet eine detaillierte Anleitung zum Umstieg auf ihre App. Weil viele Apps unterschiedliche Formate nutzen, ihre Daten zu speichern, ist es meist schwierig, die Daten zu exportieren. Drip empfiehlt, sie manuell zu überschreiben. Dafür stellen die Macher*innen eine Dateivorlage zur Verfügung, in die man die relevanten Daten eintragen kann, etwa zum Eisprung oder der Periode. Das kann eine Weile dauern. Die ausgefüllte Datei kann man anschließend über die Einstellungen in die App importieren.
Für den Umstieg von den weit verbreiteten Apps Flo und Clue empfiehlt Drip sogenannte „Converter“, die andere Menschen programmiert haben und über Plattformen wie GitHub zur Verfügung stellen. Damit werden die Daten aus den alten Apps so umgestellt, dass sie für Drip lesbar sind.
Drip ist verfügbar im Google PlayStore, im App Store und bei F-Droid.
Euki
Euki ist eine App der Women help Women Foundation, die sich als internationale gemeinnützige Organisation für reproduktive Rechte und den Zugang zu sicheren Abreibungen einsetzt.
- Welche Features bietet Euki?
In der App können Nutzer*innen ihre Symptome eintragen. Es werden Vorhersagen für die nächste Menstruation gemacht. Dazu errechnet Euki den Durchschnitt einiger Werte wie der Zykluslänge oder der Menstruationslänge. Außerdem kann man in der Kalenderfunktion Termine eintragen sowie Erinnerungen einstellen, wann man Medikamente nehmen muss. Die Körpertemperatur könne noch nicht mit Euki getrackt werden, so Euki in seinen FAQs.
Dafür bietet Euki weitere Gesundheitsangebote, wie medizinische Informationen zu Verhütungsmitteln. - Welche Rolle hat Privatsphäre?
Die Analyse der Mozilla Foundation hat die App als sicher eingestuft. Euki selbst verpflichtet sich der Privatsphäre. Auf der Website heißt es: „Wir glauben Privatsphäre ist ein Grundrecht, kein kostenpflichtiges Feature.“
Alle Daten, die in der App eingegeben werden, würden lokal auf dem Gerät anstatt in einer Cloud gespeichert. Beim Löschen der App würden auch alle eingegebenen Daten gelöscht, so Euki. Auch Cookies und Nutzeraktivität tracke Euki nicht. In der Datenschutzerklärung heißt es: „Die App sammelt keine persönlich identifizierbaren Informationen oder anonyme Informationen automatisch“.
Eine Anmeldung in der App mit der E-Mail-Adresse sei auch nicht nötig. Für einen zusätzlichen Schutz der Daten lasse sich eine PIN einrichten. Im Falle einer Handydurchsuchung lasse sich die PIN „0000“ eingeben, um in der App falsche Daten anzeigen zu lassen. - Wie funktioniert der Umstieg auf Euki?
Gegenüber netzpolitik.org erklärt Euki, dass es bis jetzt keine automatisierte Möglichkeit gäbe, von anderen Zyklus-Apps auf Euki zu wechseln. Man müsse alles manuell übertragen. Euki arbeite gerade an einer Funktion für den Datenimport.
Euki ist im Google PlayStore und App Store verfügbar.
Periodical
Periodical ist eine quelloffene Zyklus-App von Softwareentwickler Arno Welzel.
- Welche Features bietet Periodical?
Periodical sei für die Bestimmung der fruchtbaren Tage gedacht, so die Beschreibung im Google PlayStore. Dies berechnet die App mit der Knaus-Onigo-Rechenmethode. Wer den Zyklus trackt, um eine Schwangerschaft zu vermeiden, solle lieber Apps nutzen, die mit der basalen Körpertemperatur arbeiten, da dies genauer sei.
Man kann Symptome täglich eintragen, die in einem Listenformat einsehbar sind. Backups können auf eine externe Speicherkarte gespeichert werden. - Welche Rolle hat Privatsphäre?
Nach Angaben im Google PlayStore sammle Periodical keine Nutzer*innendaten und gebe die Daten nicht an Dritte weiter. Für mehr Transparenz kann man den Code der App einsehen. - Wie funktioniert der Umstieg auf Periodical?
Bei einem Wechsel zu Periodical müssen Daten manuell übertragen werden. Auf Anfrage von netzpolitik.org bestätigt Arno Welzel, dass es keine andere Möglichkeit gäbe umzusteigen.
Periodical ist verfügbar im Google PlayStore und bei F-Droid.