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Der stille Tracker in Eurer Hosentasche


Bargeld ist in Deutschland fast schon Kulturgut. Viele greifen lieber zum Schein als zur Karte, und nicht wenige tragen beachtliche Summen ständig mit sich herum. Doch neue Enthüllungen zeigen: Der Klassiker unter den Zahlungsmitteln hat ein handfestes Problem – und das blieb bislang weitgehend unter dem Radar.

Deutschland liebt Bargeld. Trotz NFC-Pay, Wallet-Apps und Kartenzahlung am Kiosk wird über die Hälfte aller Alltagskäufe noch immer mit Scheinen und Münzen beglichen. Laut Bundesbank bunkern die Menschen hierzulande rund 395 Milliarden Euro in bar – zu Hause, unter Matratzen, in Umschlägen, im Bücherregal. Datenschutz, sagen viele. Anonymität. Kontrolle über die eigenen Finanzen. Aber ganz so anonym ist das Ganze nicht.

Bargeld als Datenquelle – geht das überhaupt?

Was viele nicht wissen: Auch Bargeld ist verfolgbar. Jeder Schein trägt eine Seriennummer – einzigartig, maschinenlesbar, systematisch erfassbar. Vom Moment der Abhebung am Automaten bis zur Einzahlung in der Supermarktkasse – die Bewegung des Geldes ist technisch nachvollziehbar. Automaten registrieren, welche Seriennummer an welchen Kunden ausgezahlt wird. Kassensysteme können bei Bargeldeinzahlungen Seriennummern lesen. Und spätestens im Geldtransporter oder bei der Bank wird maschinell gezählt, sortiert, gespeichert. Der Weg des Geldes? Eine lückenlose Spur im System – wenn man sie denn lesen will.

Bargeld am Automaten / © Vlad Ispas / shutterstock.com

Privatsache? Nur solange niemand genauer hinschaut.

Solange niemand nachfragt, bleibt die Geldspur meist unbeachtet. Aber: Wenn’s drauf ankommt – zum Beispiel bei Entführungen, Überfällen oder bei der Fahndung nach Schwarzgeld – wird diese Spur aktiv ausgewertet. Die Polizei nutzt das System schon seit den 70ern, wie Netzpolitik berichtet. Seriennummern werden bei Ermittlungen gezielt erfasst und abgeglichen. Datenbanken existieren, Tools ebenso. Das Problem beginnt dort, wo Routine zur Massenüberwachung wird.

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Ein Schein, den man gestern am Automaten gezogen hat, taucht morgen in einem sensiblen Kontext auf – etwa einer Spende an eine queere Organisation in einem repressiven Umfeld, einer Klinik für Schwangerschaftsabbrüche oder schlicht einem Ort, den man privat halten will. Wer das Bargeld-Tracking beherrscht, kann rekonstruieren, was nicht für fremde Augen gedacht war. Und plötzlich ist die vermeintlich sichere Alternative zur digitalen Zahlung gar nicht mehr so diskret.

Und jetzt? Tracker abschaffen oder akzeptieren?

Datenschützer sehen die Gefahr einer stillen Massenüberwachung – ohne Zustimmung, ohne Debatte. Während sich die Bundesbank offiziell auf den Datenschutz als Argument für Bargeld beruft, nutzt sie in bestimmten Fällen selbst das Tracking – etwa zur Falschgeldbekämpfung oder zur Analyse von Bargeldströmen. Die Infrastruktur für lückenlose Verfolgung ist vorhanden. Die Frage ist nicht mehr, ob Bargeld getrackt werden kann, sondern wie oft, von wem und zu welchem Zweck.

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Für alle, die es wissen wollen: Wer selbst mal die Reise eines Geldscheins nachvollziehen will – die Internetseite Eurobilltracker bietet genau das. Seriennummer eintippen, Herkunft prüfen, Tracking erleben. Nur eben ausnahmsweise freiwillig.



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