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Künstliche Intelligenz

Frischer Wind auf alten Plattformen in der Retro Area


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It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Die Retro Area auf der Gamescom ist erneut gewachsen. Im Jahr 2025 nehmen über 70 Aussteller so viel Fläche ein, dass selbst der übergeordnete Bereich „Family & Friends“ inzwischen in „Retro & Family Area“ umgetauft wurde. Auf über 2.000 Quadratmetern gibt es mehrere hundert spielbare Konsolen, Heimcomputer, Handhelds und Automaten zu entdecken. Auch Retro-Entwickler, Musiker und Autoren präsentieren sich in Köln.

Neben alten Spielen nehmen 2025 auch neue Entwicklungen einen großen Stellenwert ein. Zu sehen gibt es etwa den Aufbaustrategie-Klassiker „Die Siedler 2“, der endlich eine Umsetzung für den Amiga erhält. Commodores alter Heimcomputer besitzt vor allem in Europa nach wie vor eine große Fangemeinde. Auch Neuauflagen klassischer Konsolen wie das Vectrex Mini oder Musik-Releases wie für den Virtual Boy gibt es zu entdecken. Wir fassen im Folgenden einige Highlights aus Köln zusammen.


Der Retro-Bereich war in diesem Jahr nicht nur ein Treffpunkt für alte Bekannte. Wie Organisator René Meyer berichtete, sind dort inzwischen auch immer mehr junge Besucher und Familien unterwegs. Zwischen den Ständen, den (oft spielbaren) Ausstellungsstücken und den Turnieren können sie sich vom Messe-Trubel erholen. Die alten Spielprinzipien sind schließlich oft leichter zugänglich als moderne Titel. (Bild:

heise online / jpw

)

Nicht nur wir stolperten beim Schlendern durch die Retro Area über ein ungewohntes Bild. Auch andere Besucher konnten ihren Augen kaum trauen, als sie in einer unscheinbaren Ecke einen Amiga 1200 sahen, auf dem „Die Siedler 2“ lief. Der PC-Klassiker erschien 1996 schließlich nicht mehr für den Amiga, der nach der Pleite seines Herstellers Commodore zum Auslaufmodell wurde. Am 18. Oktober 2025, also fast 30 Jahre später, erscheint nun endlich die Umsetzung der Aufbaustrategie für den Amiga, und zwar in der erweiterten „Die Siedler II Gold Edition“.

„Also genau da, wo das Spiel auch hingehörte“, freute sich Nico Barbat im Gespräch mit heise online. Der Publishing Director des Verlags „Look Behind You“ ärgerte sich schon seit Langem über das Fehlen einer Amiga-Version. Nach ein paar Anrufen beim Entwicklerstudio Blue Byte und seiner heutigen Mutterfirma Ubisoft habe der Verlag schnell grünes Licht dafür bekommen, die Amiga-Umsetzung in Angriff zu nehmen.

Um die seinerzeit anspruchsvolle Grafik umsetzen zu können, erscheinen lediglich Ports für sehr moderne Amiga-Modelle mit AGA-Chipsatz, 68040-Prozessor und 40 MHz – sowie für Power-PC-Amigas (zu den Systemvoraussetzungen). Viele Besitzer eines Amiga 1200 oder 4000 dürften also zusätzlich eine Turbokarte benötigen. Die Käufer der Umsetzung müssen sich auch um ein kompatibles Laufwerk für die Spiel-DVD kümmern. Alternativ können Sie auch die Daten übertragen, etwa via Netzwerk oder USB-Erweiterungskarte. Eine CD-Fassung gibt es leider nicht.



Die auf dem Amiga gestartete Aufbaustrategiereihe „Die Siedler“ erhält endlich eine Umsetzung von Teil 2 für Commodores Heimcomputer.

(Bild: heise online / jpw)

Wie gut die Umsetzung technisch laufen wird, lässt sich nach unserem kurzen Besuch des Standes noch nicht beurteilen. Die Entwickler versprechen aber eine liebevoll optimierte Version, die noch einmal zeigen soll, was im Amiga steckt. In der Rolle des römischen Hauptmanns Octavius landet der Spieler auf einer mysteriösen Insel. Von einem Notlager aus muss er eine komplexe Zivilisation mit über 30 Gebäudetypen und ebenso vielen Berufen aufbauen. „Die Siedler II Gold Edition“ ist bereits als Box Edition (49,90 Euro) oder Digital Edition (29,90 Euro) vorbestellbar. Die Collector’s Edition ist bereits ausverkauft.

Die Welle neu aufgelegter Konsolen und Computer aus alten Tagen ist zwar seit 2016 abgeebbt. Ab und zu erscheinen aber nach wie vor Neuauflagen wie der Commodore 64 Ultimate. Auf der Gamescom 2025 ließ sich etwa eine Miniaturversion der exotischen Vectrex-Konsole ausprobieren. Der Prototyp des „Vectrex Mini“ von Flynn’s Generation und Neo Reetro startet in etwa einem Monat in eine Kickstarter-Kampagne. Das Original-Vectrex der US-Firma GCE sorgte ab 1982 nicht nur mit einem in das Gehäuse eingebauten, vertikalen Bildschirm für Aufsehen. Auch die Vector-Darstellung war etwas Besonderes.



Das „Vectrex Mini“ ist deutlich kleiner als das ohnehin schon kompakte Original.

(Bild: heise online / jpw)

Anders als damals üblich, tastete der Kathodenstrahl der Röhre nicht alle Zeilen horizontal ab, sondern zeichnete nur die sichtbaren Objekte einzeln auf die Mattscheibe. Dadurch leuchteten die klaren geometrischen Formen und Gegner gestochen scharf auf. Anstelle einer echten Farbdarstellung gab es jedoch lediglich Farbfolien, die man vor den Bildschirm klemmen konnte. Beim Vectrex Mini liegen ebenfalls Folien für den kleineren 2,5-Zoll-Bildschirm bei (die Original-Diagonale maß 9 Zoll). Zu klein wirken die einfachen Grafiken auf dem Prototyp nicht. Die starken Kontraste der AMOLED-Technik standen der Grafik in Köln gut zu Gesicht. Im Vergleich zum Vektorbildschirm des Originals waren die weißen Linien jedoch nicht so gestochen scharf, sondern zogen bei schnellen Bewegungen einen Schweif hinter sich her.

Zwölf emulierte Spiele sind eingebaut, mittels MicroSD-Kartenleser lassen sich weitere auf die Konsole bringen. Project Leader David Oghia hofft, auch die Lizenz für Konamis beliebten Weltraum-Shooter „Scramble“ zu erhalten. Am HDMI-Ausgang lässt sich auf Wunsch ein externer Fernseher oder Monitor anschließen. Die Kickstarter-Preise bleiben mit 99 bis 129 Euro (Early Bird) bis hin zum regulären Preis von 149 Euro relativ moderat. Wie immer bei Crowdfunding-Projekten sollten Interessierte aber Vorsicht walten lassen, etwa aufgrund möglicher Verschiebungen. Ein Joystick mit Bluetooth-Connector liegt bei, ein Zusatz-Joystick kostet 69 Euro (inklusive eines Dongles, um auch Original-Controller anschließen zu können).

Musikveröffentlichungen auf Vinyl, Kassette oder Diskette sind Ihnen nicht exotisch genug? Dann sollten Sie einen Blick auf das Album „Robonaut“ des Chiptune-Musikers Tronimal werfen. Nach einer erfolgreichen Kickstarter-Kampagne erschien es in Form einer Virtual-Boy-Cartridge. Ja, das ist kein Scherz: ein Musikalbum auf einem Spielmodul für Nintendos gescheiterte Konsole „Virtual Boy“ aus den Neunzigern. Wenn man die Cartridge ohne Regionsbeschränkung in einen japanischen oder amerikanischen Virtual Boy steckt, kann man statt zu spielen, gemütlich Musik anhören. In Deutschland erschien das Gerät mit seinem monochromen, roten 3D-Bild gar nicht erst.



Jörg Rittershaus (Tronimal) hatte leider kein Modul seines Virtual-Boy-Musikalbums „Robonaut“ zur Hand, sondern lediglich die CD.

(Bild: heise online / jpw)

Besitzer eines Virtual Boy wissen, dass sein Soundchip einen durchaus interessanten, charakteristischen Klang bietet. „Anders als bei meinen Game-Boy-Veröffentlichungen konnte ich endlich Akkorde einsetzen“, freute sich Jörg Ritterhaus im Gespräch mit heise online. Auf dem Game Boy hingegen ist das nur mithilfe von „Arpeggios“ möglich, die viele auch vom C64 kennen dürften. Dabei wechseln zwei Töne so schnell, dass es fast wie ein „zirpender“ Akkord klingt. Passend zu den melodischen Möglichkeiten konzentriert sich das Virtual-Boy-Album auf „spacige“, aber ruhige Melodien. Es bildet einen entspannten, teils hypnotischen Kontrast zu den schnellen, euphorischen Musikstücken von Virtual-Boy-Klassikern wie „Vertical Zone“ oder „Mario’s Tennis“.

Komponiert wurden die Stücke zunächst im S3M-Format mit der Tracker-Software OpenMPT. Wer die Musik auf einfacherem Wege genießen möchte, findet das Album „Robonaut“ von Tronimal stark reduziert als Download auf Bandcamp: Tronimals komplette Diskographie ist dort derzeit auf 2 Euro reduziert. Alternativ gibt es auch eine Veröffentlichung auf CD und diverse Bundles.

Ein besonderes Schauspiel mit trommelnden Handschuhen bot sich uns am Stand des „2025 Classic Tetris World Championship“. Hier bereitete sich der kompetitive Tetris-Spieler „Shuichi“ mit der „Rolling“-Technik auf das „Gamescom Regional“-Turnier vor. Er hielt das Gamepad entspannt im Schoß, legte einen Finger auf das Steuerkreuz und ließ die Finger der anderen Hand auf die glatte Unterseite prasseln. Durch diese Vibration wird das Steuerkreuz praktisch im Stakkato auf den darauf liegenden Finger gedrückt. Bei geübter Ausführung registriert das Spiel rund 20 Eingaben pro Sekunde, sodass die Tetris-Teilchen blitzschnell zur Seite huschen. Eine wichtige Taktik also, um bei hohen Geschwindigkeiten zu siegen.



Tetris-Spieler „Shuichi“ führte uns in Köln die fortgeschrittene „Rolling“-Technik vor.

(Bild: heise online / jpw)

Stand-Organisator Maurice Hein vom Game History Museum in Hongkong erklärte uns, dass auch deutsche E-Sportler die US-Version von Tetris (NES) nutzen. In der europäischen PAL-Fassung hingegen könnten unter Umständen Bugs auftreten.

Bis 2017 gewannen bei den Turnieren mit dem alten NES-Tetris meist ältere Teilnehmer. Nachdem 2018 jedoch erstmals ein 18-Jähriger gewonnen hatte, übernahmen auch in dieser Disziplin junge E-Sportler.



Maurice Hein erläuterte uns die allerlei Feinheiten im kompetitiven Tetris. Auch Anfänger nahmen am Stand Platz, um ein paar Runden NES zu spielen.

(Bild: heise online / jpw)

Laut Hein gewännen inzwischen vor allem zwölf- bis 15-jährige Spieler, da die aktuellen Techniken schnelle Reflexe erfordern. Die 500 Euro Preisgeld sollten dem Sieger dabei helfen, die Kosten für den Flug zum Finale in Los Angeles zumindest teilweise zu decken.

Neben diversen Umsetzungen neuer Spiele für NES, Dreamcast oder Mega Drive wird auch der C64-Titel „Evil Dungeon III“ auf der Messe gezeigt. Dieses neue Spiel für eine alte Plattform erschien am 21. Februar 2025 als physische Box-Edition mit einer Floppydisk, neben einer Download-Fassung auf itch.io. Bei unserem Besuch der Retro Area haben wir den Entwickler Gregor Schillinger leider nicht mehr erwischt. Weglassen wollten wir den klassischen Dungeon Crawler aber nicht.



Der urige neue Dungeon-Crawler „Evil Dungeon 3“ für den C64 ist neben einem Download auf itch.io auch als physische „Collector’s Edition“ erhältlich.

(Bild: RetroArts)

In dem storylastigen Fantasy-Spiel absolviert die junge Zauberin Valeria Kämpfe gegen Dämonen, gigantische Fledermäuse und andere finstere Kreaturen. Ihr Weg zur Akademie magischer Künste wurde von einem grausamen Nekromanten versperrt. Als Sprachen stehen Deutsch und Englisch zur Verfügung. Auf Wunsch können sich Käufer das Intro und Outro in Form eines enthaltenen mp3-Hörbuchs anhören. Hier geht es übrigens zur kompletten Übersicht aller Aussteller der Retro Area.


(jpw)



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Künstliche Intelligenz

KI als Katalysator für Softwarearchitektur: Praxisbeispiel aus dem ÖPNV


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Künstliche Intelligenz (KI) bringt neue Anforderungen, Paradigmen und Wechselwirkungen mit sich, die klassische Ansätze der Softwarearchitektur an vielen Stellen erweitern oder herausfordern. Für Softwarearchitektinnen und -architekten bedeutet das: Sie müssen ihre Rolle, ihre Methoden und ihre Denkweisen weiterentwickeln, um den komplexen Rahmenbedingungen datengetriebener Systeme gerecht zu werden.


Mahbouba Gharbi

Mahbouba Gharbi

(Bild: 

Mahbouba Gharbi

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Mahbouba ist Geschäftsführerin, Softwarearchitektin und Trainerin bei der ITech Progress GmbH, einem Beratungsunternehmen und akkreditierten Schulungsanbieter des iSAQB mit über zwanzig Jahren Erfahrung. Als Kuratorin des iSAQB-Advanced-Level-Moduls SWARC4AI vermittelt sie methodische und technische Konzepte für den Entwurf und die Entwicklung skalierbarer KI-Systeme. Dabei legt sie besonderen Wert auf praxisnahe, nachhaltige und anwendungsorientierte Lösungen.


Dimitri Blatner

Dimitri Blatner

(Bild: 

Dimitri Blatner

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Dimitri ist Softwarearchitekt und Trainer bei der ITech Progress GmbH. Als zertifizierter Trainer für das iSAQB-Advanced-Level-Modul SWARC4AI vermittelt er praxisnahes Wissen zum Entwurf und zur Entwicklung skalierbarer KI-Systeme. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Cloud-Technologien, DevSecOps, hybride Architekturen und KI-basierte Lösungen. Dimitri unterstützt Unternehmen dabei, innovative und zugleich sichere Systeme erfolgreich zu realisieren.

Dieser Artikel beleuchtet, wie sich der Architektur-Entstehungsprozess durch den Einsatz von KI verändert – und was dies konkret für die Praxis der Softwarearchitektur bedeutet. Zum Veranschaulichen zeigen wir Beispiele eines Projekts aus dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), an dem wir als Softwarearchitekten beteiligt waren.

Im Architekturkontext tritt künstliche Intelligenz in zwei unterschiedlichen Rollen auf – als Unterstützung im Entstehungsprozess und als aktive Systemkomponente. Diese Unterscheidung ist essenziell für die Einordnung technischer, methodischer und organisatorischer Anforderungen. In ihrer Rolle als Werkzeug unterstützt KI die Architekten entlang verschiedener Prozessphasen. In frühen Phasen können KI-Tools bei der Konsolidierung und Analyse von Anforderungen helfen. Natural Language Processing (NLP) ermöglicht zum Beispiel das Extrahieren funktionaler und nichtfunktionaler Anforderungen aus Textquellen oder Gesprächsprotokollen.

Später im Prozess lassen sich mithilfe graphbasierter Modelle Architekturvarianten generieren, die die KI hinsichtlich vordefinierter Qualitätsmerkmale bewertet. In Review-Phasen unterstützt die KI bei der Analyse bestehender Systeme, etwa durch das Erkennen von Architekturerosion oder von zyklischen Abhängigkeiten.

Diese Unterscheidung zwischen den beiden Rollen von KI gilt auch im ÖPNV und sie bringt jeweils andere Qualitätsanforderungen, Betriebsrisiken und Verantwortlichkeiten mit sich. Während KI als Analyse-Tool im Hintergrund arbeitet und prozessorientierte Verbesserungen unterstützt, beeinflusst sie als Bestandteil produktiver Systeme unmittelbar das Verhalten, die Resilienz und Weiterentwicklung des digitalen Fahrgastangebots und des Betriebsmanagements.

Das Verkehrsunternehmen mit über 10 Millionen Fahrgästen pro Monat hat künstliche Intelligenz systematisch in seine Softwarearchitektur integriert, mit dem Ziel, die Qualität, Wartbarkeit und Serviceorientierung zu verbessern – sowohl in der betrieblichen IT als auch in den digitalen Produkten für die Fahrgäste. Bereits im Architekturprozess kommt ein generatives KI-Analysemodul auf Basis eines großen Sprachmodells (LLM) zum Einsatz: Es wertet Architekturdokumentationen automatisiert aus, extrahiert zentrale Designentscheidungen, etwa zur Anbindung von Fahrgastinformationssystemen oder zur Datenhaltung von Echtzeitfahrplänen – und gleicht diese mit den implementierten Services und Schnittstellen ab. So können die Architekten Inkonsistenzen und technische Schulden frühzeitig erkennen und dokumentieren.

Ein weiteres datengetriebenes Assistenzsystem identifiziert mithilfe von Unsupervised Learning Ausfallmuster in historischen Fahrzeugdaten. Diese Erkenntnisse fließen direkt in Anforderungen an Sensorik und Datenlatenz ein – und stärken somit Architekturentscheidungen.

Im Betrieb analysiert ein prädiktives Machine-Learning-Modell (ML-Modell) kontinuierlich Diagnosedaten der Busflotte. Es erkennt frühzeitig Anzeichen technischer Defekte (Predictive Maintenance) und ermöglicht gezielte Wartungsmaßnahmen. Zugleich generiert es automatisch passende Fahrgastinformationen, sobald Abweichungen vom Fahrplan auftreten – abgestimmt auf die Prognosegüte. Die Systemarchitektur bildet hierfür nicht nur das ML-Modell selbst ab, sondern auch die erforderlichen Datenpipelines, MLOps-Infrastruktur sowie Prozesse für Validierung, Monitoring und kontinuierliches Training. Die Modellpipeline wird so zu einem kritischen, wartbaren und transparenten Bestandteil der Gesamtarchitektur.

Traditionelle Softwarearchitektur ist in erster Linie funktionsorientiert: Sie konzentriert sich auf technische Komponenten, klare Schnittstellen und wohldefinierte Abläufe. In KI-basierten Systemen verschiebt sich der Fokus erheblich. Hier prägen Datenflüsse, Machine-Learning-Modelle und Trainingsprozesse den Aufbau des Systems. Dadurch gewinnen Datenquellen, deren Qualität und deren Verfügbarkeit eine entscheidende Bedeutung. Die Auswahl und Vorbereitung der Daten haben unmittelbaren Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Korrektheit der später eingesetzten Modelle.

Darüber hinaus müssen Architekten sich mit Konzepten wie Modellversionierung, kontinuierlicher Modellverbesserung (Continuous Learning) und passenden Monitoring-Mechanismen beschäftigen. Klassische Erwartungen an Systemstabilität weichen neuen Anforderungen an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, da sich Modelle durch Nachtrainieren oder den Austausch gegen verbesserte Varianten verändern. Die Architekturarbeit wird dadurch dynamischer und datengetriebener.

Die Qualitätskriterien für Softwaresysteme erweitern sich durch KI um neue Dimensionen. Neben etablierten Anforderungen wie Performance, Wartbarkeit oder Sicherheit treten Aspekte wie Erklärbarkeit, Fairness und Vertrauenswürdigkeit auf. Entscheidungen, die durch ML-Modelle getroffen werden, müssen für technische und nicht-technische Stakeholder nachvollziehbar sein – insbesondere dann, wenn sie Auswirkungen auf Menschen oder gesellschaftliche Prozesse haben.

Zusätzlich steigt die Bedeutung von Robustheit gegenüber veränderten Datenlagen und von Mechanismen zur Absicherung gegen fehlerhafte Modellvorhersagen. Architekten sind gefordert, Unsicherheiten explizit zu behandeln: durch Confidence Scores, Abstufungen in der Entscheidungssicherheit oder Fallback-basierte Systempfade. Damit wird deutlich: Architektur im KI-Zeitalter muss über rein technische Kriterien hinausgehen und systemische Resilienz und ethische Verantwortung mitdenken.

Im Unterschied zu klassischen Projekten, bei denen die Architektur zu Beginn weitgehend festgelegt wird, besteht der Architekturprozess in KI-Projekten von Anfang an aus einem iterativen Vorgehen (Abbildung 1). Wesentliche Erkenntnisse über Datenverteilung, Modellverhalten oder Anwendungsfälle ergeben sich oft erst während explorativer Experimente. Entsprechend muss die Architektur flexibel genug sein, um nachträglich anpassbar oder sogar grundlegend überholbar zu sein und einen hohen Grad an Automatisierung zu ermöglichen.


Infografik Architekturentwicklung

Infografik Architekturentwicklung

Die Architekturentwicklung erfolgt iterativ (Abb. 1).

(Bild: Gharbi/Blatner)

Dies erfordert nicht nur technische Modularität, sondern auch eine veränderte Herangehensweise: Architekturarbeit wird zu einem kontinuierlichen Lernprozess. Entscheidungen unter Unsicherheit, das Einführen temporärer Lösungen (Safeguards) und die Bereitschaft, bestehende Ideen bei neuen Erkenntnissen zu verwerfen, gehören zum Alltag. Der Architekturprozess entwickelt sich so zu einem evolutionären Dialog mit der Realität der Daten und des Anwendungsbereichs.

Mit der Einführung von KI-Technologien verändert sich auch die Zusammensetzung der Teams. Rollen wie Data Scientist, ML Engineer oder MLOps-Spezialist bringen neue Perspektiven und Arbeitsweisen ein, die sich grundlegend von traditionellen Entwickler- oder Quality-Assurance-Profilen unterscheiden (Abbildung 2). Für Architekten bedeutet das, sich nicht nur technisch, sondern auch kommunikativ und methodisch anzupassen. Sie müssen die Konzepte, Arbeitsweisen und Erwartungen dieser neuen Rollen verstehen und als Brückenbauer agieren: zwischen Fachbereichen, Datenverantwortlichen und technischen Implementierungsteams. Architekturentscheidungen betreffen zunehmend nicht nur Code und Komponenten, sondern auch Datenstrukturen, Modelle, Trainingseinheiten und Betriebsprozesse. Das führt zu komplexeren Verantwortungsschnittstellen, die klare Absprachen und transparente Prozesse erfordern.


Infografik Verantwortungsschnittstellen

Infografik Verantwortungsschnittstellen

Neue Rollen und Verantwortungsschnittstellen (Abb. 2)

(Bild: Gharbi/Blatner)

Erfolgreiche Architektur im KI-Umfeld setzt ein tiefes Verständnis für die jeweilige Anwendungsdomäne voraus. Ob im Gesundheitswesen, im öffentlichen Verkehr oder in der Finanzbranche – Daten und Modelle müssen mit fachlichem Kontext angereichert und an die Bedürfnisse der Stakeholder angepasst werden. Architekten suchen daher aktiv den Austausch mit Experten aus der Domäne, verstehen deren Sprache und integrieren deren Sichtweisen in architektonische Überlegungen.

Methodisch helfen dabei Verfahren wie Domain Storytelling, Event Storming oder Design Thinking. Diese Ansätze ermöglichen es, komplexe Anforderungen frühzeitig zu erkennen, blinde Flecken in der Modellierung zu vermeiden und die Akzeptanz für KI-basierte Systeme zu erhöhen. Besonders wichtig ist es, nicht nur Entscheidungsträger, sondern auch spätere Nutzerinnen und Nutzer in die Architekturarbeit einzubinden, beispielsweise durch Co-Creation-Workshops oder Szenarienentwicklung.



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Private Chats mit Grok via Google öffentlich auffindbar


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Gespräche mit Grok, dem KI-Chatbot von xAI, sind laut einem Medienbericht teilweise in Suchmaschinen gelandet und damit öffentlich geworden. Möglich macht das die „Teilen“-Funktion des Chatbots. Sobald jemand einen Chat mit Dritten teilt, könnten auch Suchmaschinen darauf zugreifen, berichtet das US-Magazin Forbes.

Beim Teilen eines Chats erstellt Grok eine URL, die man anderen Personen schicken kann. Doch was Grok nicht direkt kommuniziert hat: Diese URLs waren auch für Suchmaschinen beziehungsweise deren Crawler sichtbar. Damit landen die Inhalte gegebenenfalls in den Suchergebnissen. Laut Forbes sollen rund 370.000 Gespräche mit dem Bot öffentlich bei Google zu finden sein. Darunter seien Anleitungen zum Bau von Bomben, aber auch Pläne, Elon Musk umzubringen. Zudem gäbe es Chats, bei denen es um sensible Themen wie Gesundheit und Sexualität geht.

Dabei verstoßen manche der Inhalte sogar gegen die Nutzungsrichtlinien von Grok. Pläne zum Bau von Waffen etwa gehören dazu. Das scheint den Chatbot aber nicht davon abgehalten zu haben, bei der Erstellung solcher Pläne zumindest zu helfen. xAI hat sich dazu gegenüber Forbes nicht geäußert.

Ungewollt veröffentlichte Chats haben auch kürzlich bei OpenAI dazu geführt, dass das Unternehmen eine Teilen-Funktion zurückgenommen hat. Zwar blieben die Chats privat, auch wenn man die Teilen-Funktion nutzte. Es gab aber eine zusätzliche Auswahl, die viele Menschen offenbar falsch verstanden. „Mache diesen Chat auffindbar“ stand da. Wer den Haken gesetzt hat, sorgte ebenfalls dafür, dass die Gespräche in Suchmaschinen auftauchten.

Google hat für Gemini keine Möglichkeit eingerichtet, die KI-Chats derart öffentlich zu machen, bei Meta AI gibt es widerum die konkrete Veröffentlichung von Gesprächen. Problematisch bei Grok und ChatGPT war vor allem das fehlende Verständnis darüber, dass die Chats bei Google auftauchen.


(emw)



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Windows-10-Ende: taugen macOS, Chrome OS und Linux als Alternative? | c’t uplink


Das Ende von Windows 10 naht: Ab Herbst gibt es Sicherheitsupdates nur noch gegen Bezahlung. Ein Umstieg auf Windows 11 ist aber nicht immer möglich, da Microsoft teils sehr hohe Hardware-Anforderungen stellt. Selbst recht gute Rechner werden so als Elektroschrott deklariert. Doch es muss nicht zwangsläufig Windows sein: Alternativen wie macOS, ChromeOS oder Linux sind mittlerweile auf Desktop-PCs und Notebooks so stark verbreitet wie lange nicht mehr.


Logo mit dem Schriftzug "c't uplink – der Podcast aus Nerdistan"

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Den wöchentlichen c’t-Podcast c’t uplink gibt es …

Apple hat etwa über den Umweg von iPhone und iPad geschafft, neue Kundschaft für macOS zu finden. Google lockt mit ChromeOS nicht nur die Android-Anwender. Und benutzerfreundliche Linux-Distributionen gewinnen auch abseits von Konsolenfreunden immer mehr Nutzer.

Im c’t uplink erklärt c’t-Redakteur Peter Siering, wie man auch günstig an einen Apple-Rechner kommt und was bei macOS anders ist. Welche Linux-Distributionen sich für Einsteiger eignen und wie man den Umstieg vorbereitet, erläutert sein Kollege Niklas Dierking. Gemeinsam mit Moderator Keywan Tonekaboni diskutieren sie die Vor- und Nachteile von ChromeOS, macOS und Linux und geben Tipps, wie man seine Daten von Windows auf die Alternativen umzieht und wie man in fremden Gefilden passende Apps findet.

Zu Gast im Studio: Peter Siering und Niklas Dierking
Host: Keywan Tonekaboni
Produktion: Gordon Hof

Die im c’t uplink besprochenen Artikel zu Windows-Alternativen. (€)

In unserem WhatsApp-Kanal sortieren Torsten und Jan aus der Chefredaktion das Geschehen in der IT-Welt, fassen das Wichtigste zusammen und werfen einen Blick auf das, was unsere Kollegen gerade so vorbereiten.

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(ktn)





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