Künstliche Intelligenz
Gravitationswellen: Schwarzes Loch nach Kollision auf 180.000 km/h beschleunigt
Ein internationales Forschungsteam hat zum ersten Mal Geschwindigkeit und Richtung des Rückstoßes ermittelt, mit dem ein Schwarzes Loch nach der Kollision zweier Vorläufer aus seiner Umgebung geschleudert wurde. Das hat die Universität Santiago de Compostela öffentlich gemacht, wo die Arbeit geleitet wurde. Gelungen ist das auf Basis der Gravitationswellen, die wir überhaupt erst seit 10 Jahren vermessen können. Das 2019 mit den Detektoren Advanced LIGO und Virgo beobachtete Signal GW190412 stammt demnach von der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher, deren Endprodukt auf 180.000 km/h katapultiert wurde. Das habe gereicht, um es aus seinem Kugelsternhaufen zu schleudern.
Hilfreich für die klassischere Astronomie
Gravitationswellen sind geringfügige Verformungen des Raum-Zeit-Gefüges, vorhergesagt wurden sie von Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie. Der Physiker war aber davon ausgegangen, dass sie nie nachweisbar sein würden. Dank hochsensibler Messinstrumente ist das aber nun doch möglich – am 14. September 2015 wurden mit dem Gravitationswellen-Observatorium Ligo (Laser Interferometer Gravitation Wave Observatory) in den USA erstmals Gravitationswellen nachgewiesen. Schon zwei Jahre später gab es für diesen experimentellen Nachweis den Physik-Nobelpreis. Die spanische Universität erklärt jetzt, dass der Rückstoß zweier kollidierender Schwarzer Löcher zu den dramatischsten Elementen der zugrundeliegenden Ereignisse gehört, den habe man bislang aber nicht beobachten können.
Die jetzt eingesetzte Methode hat die Gruppe um den Physiker Juan Calderon-Bustillo demnach schon 2018 entwickelt. Sie beruht darauf, dass Gravitationswellen aus unterschiedlichen Richtungen unterschiedlich aussehen. Vor allem bei Kollisionen zweier besonders ungleicher Objekte könnte man deshalb den Rückstoß ermitteln, war sich die Gruppe sicher. Genau das wurde dann Mitte April 2019 beobachtet, die Gravitationswellen stammten vom Zusammenstoß zweier Schwarzer Löcher mit sehr unterschiedlicher Masse. Eines hatte etwa die achtfache Masse unserer Sonne, das andere kam auf die 30-fache Sonnenmasse. In akribischer Darstellung habe man eine dreidimensionale Darstellung des Ereignisses ermitteln können. Vorgestellt wird das im Fachmagazin Nature Astronomy.
Wenn man den Rückstoß und dessen Richtung künftig schneller ermitteln kann, könne das dabei helfen, auch andere Signale solcher Ereignisse zu finden, erklärt das Forschungsteam noch. Denn wenn ein so entstandenes Schwarzes Loch mit hoher Geschwindigkeit durch eine vergleichsweise dichte Umgebung wie einen Galaxienkern rast, könne es zu Signalblitzen kommen. Ob man die von der Erde aus nachweisen kann, hänge aber von der Richtung ab, in die das Schwarze Loch rast. Wenn man die kennt, könne man also echte Signale solch eines Ereignisses von zufälligen unterscheiden, die aus der gleichen Gegend am Nachthimmel kommen. Die Gravitationswellenastronomie wird damit also potenziell noch leistungsfähiger.
(mho)