Datenschutz & Sicherheit
Gut für alle: Gemeinwohlorientierter Journalismus braucht Rechtssicherheit
Mit dem Werkzeug der Gemeinnützigkeit kann eine Gesellschaft fördern, was ihr wichtig ist und was sie erhalten will. Wer als Körperschaft, zum Beispiel als Verein, selbstlos und für einen gemeinnützigen Zweck tätig ist, der kann Steuervorteile genießen. Weil die Gesellschaft diese Tätigkeit als nützlich für die Allgemeinheit ansieht und deshalb honoriert.
Das ist gut, denn an vielen Orten des Landes arbeiten Menschen fürs Gemeinwohl. Die Abgabenverordnung, die in Deutschland gemeinnützige Zwecke regelt, deckt eine Spannbreite von Tätigkeiten ab, die einer vielfältigen Gesellschaft gerecht werden: Ob nun der bunte Karnevalsumzug, die Ortsverschönerung, der Schachverein, die lokale Umweltschutzinitiative oder die Kriegsgräberpflege – sie alle können vom Staat steuerlich begünstigt werden. Das bedeutet, dass zum Beispiel Spenden an diese Organisationen steuerlich absetzbar und von der Körperschafts- und Gewerbesteuer befreit sind.
Bald soll auch der E-Sport diesen Status der Gemeinnützigkeit bekommen, wie das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat. Das ist richtig so, denn warum soll Gaming weniger gut für die Allgemeinheit sein als Schach spielen oder Klettern?
Rechtsunsicherheit für gemeinwohlorientierten Journalismus
Gemeinwohlorientierter Journalismus allerdings bleibt weiter außen vor – und muss sich Hilfskonstruktionen bedienen, um gemeinnützig sein zu dürfen. Das funktioniert, aber birgt Unsicherheiten. Die Ampel-Regierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen, Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus zu schaffen. Es geht um nicht gewinnorientierte, parteipolitisch unabhängige, gemeinwohlorientierte Redaktionen. Doch das Vorhaben ist am Widerstand der Bundesländer gescheitert. Zu einem neuen Anlauf kam es nicht mehr, die Ampel zerbrach.
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Dass von der unionsgeführten Bundesregierung keine neuen Impulse kommen, um gemeinwohlorientierten Journalismus zu fördern, verwundert wiederum nicht. Stattdessen zeigt die Union Misstrauen und Drohgebärden gegenüber der Zivilgesellschaft, jüngst durch Familienminsterin Priem, die die demokratische Zivilgesellschaft praktisch unter Generalverdacht stellte, während Kulturstaatsminister Wolfram Weimer die Stimmung weiter aufheizt. Damit stimmt die Union ein in das Lied rechtsradikaler Akteure, die eine angeblich linksgrüne Dominanz propagieren.
Von der Union ist deshalb nicht viel zu erwarten. Dabei ist gerade in Zeiten des galoppierenden Rechtsrucks nicht-kommerzieller, demokratischer, unabhängiger Journalismus ein Mittel, um Lügen, Propaganda und Desinformation mit Fakten, Aufklärung und Transparenz zu begegnen. Medien, die für die Demokratie eintreten statt sie zu demolieren, brauchen gerade jetzt mehr Rechtssicherheit, damit sie für das Gemeinwohl weiter recherchieren und informieren können.
Offenlegung: netzpolitik.org ist als gemeinwohlorientiertes Medium Mitglied im „Forum gemeinnütziger Journalismus“.
Datenschutz & Sicherheit
Großbritannien: Schüler als Gefahr für die Cybersicherheit an Schulen
In Großbritannien stecken Schüler oder Schülerinnen hinter mehr als der Hälfte der von Insidern ausgeführten Cyberattacken auf Schulen. Das hat eine Analyse der britischen Datenschutzbehörde ergeben, die über 200 Vorfälle aus der Zeit zwischen Januar 2022 und August 2024 ausgewertet hat. Bei knapp einem Drittel der Vorfälle waren demnach entwendete Zugangsdaten ursächlich für eine Datenschutzverletzung, und die seien zu 97 Prozent auf Kosten von Kindern oder Jugendlichen gegangen. Das Information Commissioner’s Office (ICO) spricht von einem besorgniserregenden Trend und ergänzt, dass Nachlässigkeiten vonseiten der Schulen einen erheblichen Anteil an dem Problem hätten. Die sollten deshalb ihre Cybersicherheit verstärken.
Mit Kindern über ihre Aktivitäten reden
Dabei nennt die Behörde einige Beispiele. So hätten sich drei 11-Jährige unrechtmäßig Zugang zu einem System ihrer weiterführenden Schule verschafft, in dem Daten zu mehr als 1400 Schülern vorgehalten wurden. Im Nachhinein hätten sie erklärt, sich für IT und Cybersicherheit zu interessieren. Sie hätten ihre Fähigkeiten testen wollen und Werkzeuge aus dem Internet benutzt, um Passwörter zu knacken. In einem anderen Fall habe ein Schüler genauso einen Zugang benutzt, Informationen in einer Datenbank zu 9000 Beschäftigten, Bewerbern und Schülern nicht nur einzusehen, sondern zu ergänzen und abzuändern. Der Fall landete demnach bei der Polizei.
Die Behörde fordert Schulen jetzt auf, „Teil der Lösung zu sein“ und mehr für Datenschutz und Cybersicherheit zu tun. Aber auch Eltern sollten ihre Rolle wahrnehmen und regelmäßig mit ihren Kindern darüber sprechen, was diese online tun. Was spaßig wirke, könne sich schnell in „illegale und schädliche Aktivität“ mit weitreichenden Konsequenzen ausarten. Das kann offenbar auch früher anfangen, als man denken sollte. So habe die britische Kriminalpolizei NCA ermittelt, dass jedes fünfte Kind zwischen 10 und 16 Jahren online illegal aktiv sei. Zu einem Programm, das auf die schiefe Bahn geratenen Menschen mit weitreichenden IT-Kenntnissen helfen soll, sei erst vor einem Jahr sogar ein gerade einmal sieben Jahre altes Kind vermittelt worden.
(mho)
Datenschutz & Sicherheit
Mehr als zwei Drittel lehnen Palantir ab
Die Bevölkerung in Deutschland sieht mit deutlicher Mehrheit die bundesweite Einführung einer Überwachungs- und Datenauswertungssoftware des US-Unternehmens Palantir kritisch. Das hat eine repräsentative Umfrage (PDF) des Meinungsforschungsinstituts Verian im Auftrag von Campact ergeben.
Palantir bietet Software an, die eine automatisierte Datenanalyse bei den Polizeien des Bundes ermöglichen soll. Hierfür muss Palantir Zugang zu vielen Datensätzen bei den Polizeien erhalten, darunter jede Menge personenbezogene Datensätze über Menschen. Das ist auch unter Gesichtspunkten der Digitalen Unabhängigkeit ein Problem.
Dass ausgerechnet der Konzern rund um den US-Milliardär und Trump-Freund Peter Thiel den Zuschlag bekommen soll, bereitet vielen Menschen Sorge: 68 Prozent der Befragten antworteten, sie fänden eine Einführung der umstrittenen Software „eher falsch“, nur 27 empfinden dies als „eher richtig“. Im Osten war die Ablehnung noch größer, hier lehnten fast drei Viertel Palantir ab, nur 18 Prozent befürworteten die Einführung.
Die Einführung von Palantir wird laut der Umfrage über Parteigrenzen hinweg mehrheitlich kritisch gesehen. Während Anhänger der Union sich mit 54 Prozent gegen Palantir aussprachen, ist die Ablehnung bei SPD, Grünen und Linken mit Werten zwischen 79 und 89 Prozent besonders hoch. Auch die Anhängerschaft der rechtsradikalen AfD lehnt Palantir mehrheitlich ab.
Die Palantir-Konkurrenz schläft nicht
„Kein Vertrauen in Palantir“
Dr. Astrid Deilmann, geschäftsführende Vorständin von Campact e.V. schreibt in der Pressemitteilung: „Die Deutschen wollen keine Trump-Software, die Zugriff auf sensibelste Polizeidaten bekommt. Die Umfrage macht deutlich, dass es schlicht kein Vertrauen in Palantir gibt.“ Bürgerinnen und Bürger wollten das Risiko des Datenabflusses in die USA nicht eingehen und sich nicht noch mehr von Trump abhängig machen, so Deilmann weiter.
„Wer diese Warnung in den Wind schlägt, riskiert nicht nur die Verletzung von Grundrechten, sondern missachtet auch den klaren Willen der Bevölkerung. Innenminister Dobrindt brüstet sich gerne mit dem Mehrheitswillen – jetzt wäre eine gute Gelegenheit, den Bürgerwillen ernst zu nehmen. Dobrindt muss sich endlich gegen den bundesweiten Einsatz von Palantir aussprechen!” so Deilmann.
Campact ruft gemeinsam mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte die Bundesregierung auf, den Einsatz von Palantir-Software zu stoppen. Mehr als 425.000 Menschen haben laut Campact bereits den Appell „Trump-Software Palantir: Überwachungspläne stoppen“ unterzeichnet. Der Protest richtet sich allerdings nicht nur gegen Palantir, sondern gegen die Datenauswertung generell, zivilgesellschaftliche Gruppen wehren sich seit Monaten gegen die Pläne.
Datenschutz & Sicherheit
Pakistan überwacht Bevölkerung mit deutscher Technologie
Pakistan überwacht Millionen seiner Einwohner*innen auch mit in Deutschland entwickelten Technologien, das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Bericht von Amnesty International hervor. Auch andere europäische und ausländische Unternehmen versorgen die pakistanischen Behörden mit hochentwickelten Werkzeugen zur Massenüberwachung und Internetzensur.
Mit dem Telefonüberwachungssystem Lawful Intercept Management System (LIMS) erfassen die pakistanischen Sicherheitsbehörden Standort, Anrufe, Textnachrichten sowie den Browserverlauf von mindestens vier Millionen Mobiltelefonen gleichzeitig. LIMS erlaubt zu sehen, welche Webseiten Nutzer*innen aufrufen, selbst wenn diese oder ihre Teile verschlüsselt sind. Das System gewährt dem pakistanischen Militär und den Geheimdiensten direkten Zugriff auf die Daten von Telekommunikationskunden, da es in die Telekommunikationsnetze der privaten Anbieter direkt eingebaut ist. zur Identifikation bedarf es lediglich der Handynummer.
Kontrolle von Handys und Internet
Zudem blockieren Geheimdienste mit einer in China entwickelten Firewall-Technologie (WMS 2.0) Virtual Private Networks (VPN), die zur Umgehung von Zensur genutzt werden können, sowie unliebsame Webseiten. Die Behörden können mit der Technologie auch den Internetverkehr drosseln.
Amnesty beschreibt diese Kombination an Technologien als Wachtürme, die ständig das Leben gewöhnlicher Menschen ausspionieren. Sie machen es laut der Menschenrechtsorganisation der Regierung möglich, Dissident*innen zu überwachen, zum Schweigen zu bringen und grundlegende Menschenrechte systematisch zu verletzten.
„Weil es in Pakistan an technischen und rechtlichen Schutzmaßnahmen mangelt, ist LIMS in der Praxis ein Instrument rechtswidriger und unterschiedsloser Überwachung“, heißt es in dem Bericht. Die Geheimdienste nutzen LIMS, ohne dafür einen richterlichen Beschluss eingeholt zu haben – eine gesetzlich vorgeschriebene Mindestanforderung, die von den pakistanischen Behörden jedoch in gewohnter Manier ignoriert wird.
Überwachung made in Aachen
Pakistan hat in den letzten Jahren eine tiefgreifende Überwachungsinfrastruktur aufgebaut und dabei auf eine globale Lieferkette von Überwachungstechnologien zurückgegriffen. Den Großteil der Technologie, die LIMS in Pakistan ermöglicht, kommt von zwei Unternehmen: dem deutschen Utimaco mit Sitz in Aachen und dem emiratischen Datafusion mit Niederlassung in Deutschland. Mit LIMS von Utimaco durchsuchen die Behörden die Daten der Telekommunikationskunden, die dann über Überwachungszentren von Datafusion zugänglich gemacht werden. Mit Hilfe von Handelsdaten konnte Amnesty nachweisen, dass LIMS über das Unternehmen aus den Arabischen Emiraten an Pakistan geliefert wurde. Das System wird in Pakistan schon seit 2007 eingesetzt.
Die Internet-Firewall wurde erstmals in 2018 in Betrieb genommen und stammte von einem kanadischen Unternehmen namens Sandvine (jetzt AppLogic Networks). Fünf Jahre später wurde sie durch eine fortgeschrittene Technologie vom chinesischen Unternehmen Geedge Networks ersetzt, das Verbindungen zu chinesischen Staatsunternehmen unterhält. Die US-amerikanische Firma Niagara Networks und die französische Firma Thales lieferten die unterstützende Infrastruktur.
Laut Amnesty handelt es sich bei der von Geedge Networks entwickelten Technologie um eine kommerzielle Version von Chinas „Großer Firewall“, die nun auch außerhalb des Landes zum Einsatz kommt. Die Große Firewall ist ein umfangreiches staatliches Zensur- und Überwachungssystem, mit dem die chinesische Regierung unerwünschte ausländische Seiten sperrt und die gesamten Aktivitäten der Bevölkerung im Internet kontrolliert.
Verantwortung der Unternehmen und Exportländer
Datafusion erklärte gegenüber Amnesty, dass die Überwachungszentren ausschließlich an gesetzlich legitimierte Behörden verkauft werden und man selbst LIMS nicht herstelle. Utimaco weigerte sich seinerseits, seine Verbindungen zu Datafusion offenzulegen und berief sich auf Geschäftsgeheimnisse. Beide vermieden es, auf die Enthüllungen der Menschenrechtsorganisation einzugehen.
Unklar bleibt, welche Ausfuhrgenehmigungen für den Export von LIMS durch Utimaco beantragt oder erteilt wurden. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle äußerte sich nicht zu dem Fall. Die deutsche Regierung lehnte es ebenfalls ab, Auskunft über Ausfuhrgenehmigungen zu geben.
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Amnesty hält fest, dass der Handel mit Überwachungstechnologien in Deutschland, der EU und weltweit weiterhin unzureichend kontrolliert ist.
Überwachung als politische Waffe
Pakistan gilt seit langem als Land mit massiver Internetüberwachung und Informationskontrolle. Laut der Menschenrechtsorganisation hat sich die politische Lage im Land, in dem Meinungsfreiheit stark eingeschränkt, Oppositionelle willkürlich verhaftet und verschleppt werden, mit dem ungebremsten Export von Überwachungstechnologien weiter verschärft.
Seit dem Sturz des ehemaligen Premierministers Imran Khan im Jahr 2022 sind Oppositionelle und Aktivist*innen von Massenverhaftungen betroffen. Am Obersten Gerichtshof in Islamabad wird aktuell der Fall von Khans Frau Bushra Bibi verhandelt, nachdem private Telefongespräche von ihr online geleakt worden waren.
Lokale Mobilfunk- und Internetabschaltungen sind besonders häufig in den Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa. In lokalen Bezirken ist das Internet teilweise über Jahre gesperrt. Aktivist*innen in beiden Provinzen berichten, dass diese Abschaltungen oft dazu genutzt werden, Proteste und politische Kundgebungen zu stören und Verschleppungen zu verdecken. Das Militär weist diese Vorwürfe zurück.
Die einjährige Untersuchung hat Amnesty in Zusammenarbeit mit Paper Trail Media, DER STANDARD, Follow the Money, The Globe and Mail, Justice For Myanmar, InterSecLab und dem Tor Project durchgeführt. Die Ergebnisse beruhen einerseits auf öffentlich zugänglichen Handelsdaten internationaler Unternehmen und andererseits auf einem 600 GB großen Datenleak des chinesischen Unternehmens Geedge Networks.
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