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Datenschutz & Sicherheit

KI darf weiter Bücher lesen



Um ein gut funktionierendes KI-Modell zu entwickeln, braucht diese eine große Menge an hochwertigen Daten im Training. Dass große KI-Unternehmen dabei auch urheberrechtlich geschützte Inhalte nutzen, ist nicht neu. In den letzten Jahren haben deshalb bereits einige Urheber Klage eingereicht, so auch einige Autor:innen in den USA. Ende Juni 2025 fällten US-Gerichte gleich zwei Urteile, die wegweisend für zukünftige Verfahren sein könnten. Und beide richten sich gegen Urheber.

2024 zogen drei Autor:innen, Andrea Bartz, Charles Graeber und Kirk Wallace Johnson, gegen Anthropic vor das Bundesgericht im Norden von Kalifornien. Die Firma, 2021 von ehemaligen Open AI-Mitarbeitenden gegründet, baute eine zentrale, dauerhaft bestehende Bibliothek mit allen Büchern der Welt auf. Große Teile davon lud Anthropic im Internet herunter: aus piratisierten Schattenbibliotheken wie LibGen. Ihre eigens aufgebaute Bibliothek nutzte Anthropic auch als Datenquelle zum Training ihrer Large Language Models (LLMs) wie Claude.

Vor Gericht klagten Batz, Graeber und Johnson, dass ihr Schaden nicht nur in der unerlaubten Nutzung ihrer Werke aus den Schattenbibliotheken bestünde. Es gehe auch darum, dass die KI von Anthropic nach dem Training in der Lage sei ähnliche Werke wie ihre Eigenen zu generieren. Dies würde ihren Werken Konkurrenz schaffen und ihren Profit beeinträchtigen.

Gerichtsprozess gegen Meta

Mit ähnlichen Vorwürfen zog bereits 2023 ein Zusammenschluss von Autor:innen gegen Meta vor Gericht in San Francisco. Der Konzern hat zwar nicht die Ansprüche, eine eigene Bibliothek aufzubauen, aber hat ebenfalls Bücher aus Schattenbibliotheken heruntergeladen und für das Training seiner LLMs, spezifisch Llama, verwendet.

Anthropic und Meta berufen sich zu ihrer Verteidigung in beiden Gerichtsverfahren auf Ausnahmen im US-Urheberrecht. Denn unter gewissen Umständen erlaubt dieses eine nicht-autorisierte Nutzung von geschütztem Material auf Grundlage der sogenannten Fair Use-Doktrin.

Fair Use-Doktrin schützt nicht-genehmigte Nutzung

Seit 1976 erlaubt die Fair Use-Doktrin (17 U.S.C. §107) das Nutzen von urheberrechtlich geschütztem Material zur Kritik, Stellungnahme, Berichterstattung, Bildung und Forschung. Im Einzelfall entscheiden Gerichte anhand vier Faktoren: Zweck der Nutzung und wie stark das Ursprungswerk verändert wurde, die Art des Ursprungswerkes und wie viel Kreativität in der Erstellung nötig war, der verwendete Anteil des Ursprungswerkes und die Auswirkungen auf den Verkaufsmarkt des Ursprungswerkes. Weil diese Faktoren in der Doktrin nicht breit erläutert werden, orientiert sich eine Auslegung stark an bereits gefällten, aussagekräftigen Urteilen, sogenannten Präzedenzfällen.

Im Bereich des KI-Trainings sind jedoch noch nicht so viele Urteile gefallen, welche für die Auslegung der Fair Use-Doktrin zu Rate gezogen werden können. Entsprechend können die kürzlich verkündeten Urteile in Zukunft eine solche Rolle in der Rechtsprechung einnehmen.

Wie bewerteten die Richter Fair Use

Im Fall gegen Anthropic urteilte Richter William Alsup nun am 23. Juni 2025, dass Anthropics Nutzung der Werke ein Fall von Fair Use war. Besonders eingeflossen ist in die Entscheidung, dass die Autor:innen keine konkreten Beispiele benennen konnten, dass und wo Claude ihre Texte reproduziert habe. Dies soll auch technisch sichergestellt sein durch eine einprogrammierte Sperre in den Modellen.

Obwohl die Nutzung der Bücher für den Trainingsprozess urheberrechtlich erlaubt war, entschied das Gericht, dass die Aufbewahrung der Bücher aus Schattenbibliotheken für zukünftige, undefinierte Zwecke in einer großen Bibliothek nicht rechtens war. In Zukunft könnte besonders die Einschätzung zu der Transformation zwischen den originalen Werken und dem „Werk“ von Anthropic wichtig werden. Wenn vor Gericht geprüft wird, ob es sich um einen Fall von Fair Use handelt, kann besonders diese Veränderung ausschlaggebend sein.

LLMs seien höchst transformativ, so die Einschätzung von Alsup. Zudem urteilte der Richter, dass Urheberrecht vor Replikation schütze, nicht aber vor Konkurrenz auf dem Markt. Somit hätte Anthropics Sprachmodell Claude nicht mehr Einfluss auf den Markt als andere Autor:innen.

Richter setzt Zeichen für stärkeren Schutz von Urhebern

Ganz gegenteilig sieht es Vince Chhabria, Richter im Prozess gegen Meta. Dieser widerspricht Alsups Einschätzung zur Auswirkung auf den Markt und erkennt das Potenzial von KI an, den Markt mit generierten Büchern zu überschwemmen. Dieser finanzielle Schaden sei noch größer bei kürzeren schriftlichen Werken, beispielsweise Nachrichtenartikeln.

Leider, so Richter Chhabria, hätten die Autor:innen ihre Argumente nicht stark genug belegt und konnten den Einfluss auf den Buchmarkt nicht gut genug zeigen. Deswegen fiel auch hier das Urteil am 25. Juni 2025 für Meta aus: Die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Büchern sei erlaubt unter US-Urheberrecht.

US Urheberrechtsbehörde liefert ähnliche Einschätzung

Diskussionen rund um KI erreichen nun also auch die Legislative in den USA und erste Urteile legen die Grundsteine für kommende gängige Rechtsprechung. Eine klare Tendenz für oder gegen Autor:innen kristallisiert sich aus gefallenen Urteilen noch nicht heraus. Momentan laufen über 30 Verfahren in den Staaten, welche sich mit Urheberrechtsverletzungen durch KI-Unternehmen beschäftigen.

Im Rahmen der sich häufenden Klagen veröffentlichte das United States Copyright Office (USCO) im Mai 2025 eine vorläufige Einschätzung zur Gesetzesauslegung von Urheberrecht bei KI-Trainingsprozessen. In dieser nicht-bindenden Einschätzung wird betont, dass besonders die Faktoren der Transformation des Ursprungswerkes und der Markteinfluss ausschlaggebend für oder gegen eine Fair Use-Entscheidung seien. Es müsse aber von Fall zu Fall entschieden werden.

Eine klare Aussage trifft das USCO jedoch über das Nutzen von Schattenbibliotheken: Kreative Werke aus piratisierten Internetquellen zu nutzen, sei kein Fall von Fair Use – wenn auch die Möglichkeit besteht, eine Lizenz für diese Werke zu erwerben.

Deutschland benennt KI-Training im Urheberrecht

Ein breit auslegbares Konzept wie Fair Use gibt es im deutschen Urheberrecht nicht. Stattdessen sind konkretere Schrankenregelungen fest definiert für bestimmte Zwecke, die das Recht der Urheber beschränken.

Durch eine Umsetzung einer EU-Richtlinie wird maschinelles Lernen im deutschen Urheberrecht genauer als in den Vereinigten Staaten behandelt. Der §44b im Urheberrechtsgesetz (UrhG) beschränkt die Rechte der Urheber und erlaubt im Gegenzug, die Werke für eine automatisierte Analyse zu vervielfältigen, zum Beispiel bei KI-Trainingsprozessen.

Dabei müssen Vervielfältigungen nach Abschluss des KI-Trainings gelöscht werden. Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken für den KI-Trainingsprozess ist damit auch für den kommerziellen Gebrauch und nicht nur für die Forschung erlaubt.

Autor:innen können widersprechen

Autor:innen und andere Urheber können der Nutzung ihrer Werke im Voraus widersprechen („opt out“). Dazu sei es möglich, vor Gericht zu argumentieren, dass Schrankenregelungen wie §44b UrhG einigen Kriterien entsprechen müssen, sagt der Urheberrechtsanwalt Dr. Andreas Dustmann. Die Nutzung dürfe etwa die normale Verwertung des Werkes nicht beeinträchtigt und die berechtigten Interessen des Urhebers nicht verletzen.

Wenn eine KI also nach dem Training in der Lage sei, beispielsweise Fortsetzungen zu Büchern zu schreiben, dann entstünde eine Bedrohung für die Verwertungs- und Existenzgrundlagen der Urheber, die vor Gerichts bewertet werden muss.

Genauere Auslegungen dieser Einsprüche werden sich in kommenden Urteilen zeigen. Bis jetzt gibt es noch kein aussagekräftiges Urteil, welches eine Einschätzung der zukünftigen Auslegung der Rechtslage möglich macht.



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Die Woche, als ein Zombie auf die große Bühne trat


Liebe Leser*innen,

gelegentlich beschreiben wir jahrelang vorgebrachte staatliche Überwachungsvorhaben als Zombies. Wie untote Fantasiewesen kehren sie immer wieder auf die Bildfläche zurück. Egal, wie oft man ihnen den Garaus macht.

Einer der ältesten netzpolitischen Zombies ist die Vorratsdatenspeicherung. Sie wurde schon argumentativ erledigt, als ich noch zur Schule gegangen bin und für irgendwelche Vokabeltests lernen musste. Entlarvt als grundrechtlich fragliche Scheinlösung; als unter fadenscheinigen Vorwänden vorgebrachte Überwachungsfantasie. Aber egal, wie oft sie scheinbar erledigt wurde, die Forderung kehrt immer wieder zurück. (Siehe Donnerstag.)

Ein anderer Zombie sind Alterskontrollen. Ich war gerade drauf und dran zu behaupten, dieser Zombie sei noch recht jung. Dann habe ich gesehen: Der älteste Artikel mit dem Begriff „Altersverifikation“ in unserem Archiv stammt aus dem Jahr 2007. Also halte ich mich lieber zurück mit der Zombie-Altersbestimmung.

Frappierende Ähnlichkeiten

14 Jahre später, 2021, habe ich erstmals über Alterskontrollen geschrieben. Damals fühlte mich recht allein mit dem Thema. 2023 dann rumorte es in meinem netzpolitischen Umfeld, dass Alterskontrollen bald das nächste große Ding werden. Jetzt ist es so weit. Das Thema ist auf höchster politischer Bühne angekommen, etwa bei der EU-Kommission und Bundesregierung, aber auch im Ausland wie in Großbritannien und Australien.

Die Ähnlichkeiten zwischen Alterskontrollen und der Vorratsdatenspeicherung sind frappierend: Wieder haben wir es zu tun mit einer grundrechtlich fraglichen Scheinlösung, einer unter fadenscheinigen Vorwänden vorgebrachten Überwachungsfantasie. Dieses Bild zeichnet sich zunehmend ab, je mehr ich darüber lese und berichte. Zuletzt etwa diese Woche, als ich mich in ein Diskussionspapier der Leopoldina vertieft habe.

Ein Zitat, bei dem mich jede Aussage stört

Wie es sich für einen Zombie gehört, wird auch die Forderung nach Alterskontrollen immer wieder ans Tageslicht zurückkehren. Jüngst diese Woche durch Kerstin Claus, Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Anlass war das neue Lagebild mit Zahlen zu erfassten Sexualdelikten gegen Minderjährige. Claus sagte auf der dazugehörigen Pressekonferenz:

Wir brauchen eine umfassende Altersverifikation, weil wir nur so Safe Spaces, sichere Räume, für Kinder und Jugendliche auch digital schaffen können. Und dafür brauchen wir rechtliche Vorgaben und eine verlässliche technische Umsetzung.

An diesem Zitat stört mich jede einzelne Aussage.

  • Erstens: Es gibt doch längst rechtliche Vorgaben. Zum Beispiel, frisch verhandelt und Kraft getreten, das Gesetz über digitale Dienste auf EU-Ebene. Die Vorgaben sehen nach grundrechtlicher Abwägung keine „umfassende“ Altersverifikation vor, lassen aber Raum für Alterskontrollen je nach Risiko.
  • Zweitens: Es gibt keine „verlässliche technische Umsetzung“ für Alterskontrollen. Das ist reines Wunschdenken.
  • Drittens: Altersverifikation allein schafft keine sicheren Räume für Kinder. Das betonen Fachleute durch die Bank weg. Zur Diskussion steht allenfalls, in welcher Form sie ein Baustein sein kann.

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht mit diesem Zitat, aber mich hat das wütend gemacht. Eine Weile lang wusste ich nicht, wie ich diesen Wochenrückblick jetzt beenden soll. Vielleicht mit einem Tableflip-Emoticon?

(╯°□°)╯︵ ┻━┻

Das hat jedenfalls gutgetan.

Mich würde es freuen, mehr Zeit mit seriösen Lösungsideen verbringen zu können, als mit dem stumpfen Kampf gegen Überwachungszombies.

Bis die Tage und schönes Wochenende
Sebastian

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BSI: Etwas mehr E-Mail-Sicherheit – und weiter Luft nach oben


Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und Anbieter von E-Mail-Diensten melden erste Erfolge bei einer gemeinsamen Aktion für mehr E-Mail-Sicherheit. Vor allem zwei technische Richtlinien des BSI sollen für eine bessere Absicherung sorgen, ohne dass die Endnutzer selbst etwas tun müssten.

Auch über 40 Jahre nach der ersten E-Mail in Deutschland ist Mail „nach wie vor der wichtigste Kanal“, sagte BSI-Chefin Claudia Plattner am Freitag in Berlin. „Es ist aber leider auch das wichtigste Einfallstor für Cyberangriffe.“

Von Phishing über Fake News bis hin zu Sabotageaktionen spiele E-Mail eine wichtige Rolle, sagte die BSI-Präsidentin. Die in vielen Organisationen gelebte Sensibilisierung der Nutzer sei zwar wichtig, allein aber nicht ausreichend. Genau da setze die Kampagne des BSI zur Erhöhung der E-Mail-Sicherheit an.

Deren Zwischenstand präsentierte Plattner am Freitag zusammen mit den Branchenverbänden und Bitkom. Für den Eco betont Norbert Pohlmann die Relevanz von E-Mail. Trotz aller Alternativen von Slack über Teams und Messenger sei Mail nach wie vor das Mittel der Wahl, da sie ein globaler Akteur ohne dominierende Akteure sei.

Doch bei der Sicherheit sieht Pohlmann viel Luft nach oben: „Wir haben ein echtes Problem mit unserer E-Mail-Infrastruktur.“ Pohlmann, der auch Inhaber einer Professur für IT-Sicherheit ist, sieht dabei auch die Unternehmen in der Pflicht, deutlich mehr zu tun.

Ähnlich sieht es auch Susanne Dehmel, Vorstandsmitglied beim Bitkom: Die Verantwortung dürfe nicht länger ausschließlich bei Empfängerinnen und Empfängern der E-Mails gesehen werden. Korrekt implementierte Standards würden dabei helfen, die Risiken etwa durch Phishing und Spoofing deutlich zu reduzieren.

150 Unternehmen, vor allem E-Mail-Anbieter, aber auch Hoster, hätten sich freiwillig bereit erklärt, hieran mitzuwirken, sagte Plattner. Auch ohne gesetzliche Regelung sei es also möglich, Wirkung in der Praxis zu erzielen.

Das BSI hat ab Februar 2025 eine Bestandsaufnahme durchgeführt, inwiefern Anbieter die empfohlenen Maßnahmen der technischen Richtlinien 03108 und 03182 umsetzen.

Nur 20 Prozent der Unternehmen haben demnach etwa DNSSEC korrekt eingesetzt; die DNS-basierte Authentisierung von Namen (DANE) sogar nur 11 Prozent. Das BSI habe daraufhin die Unternehmen aktiv angesprochen – und im Juni seien die Zahlen bereits deutlich besser gewesen. Hinzugekommen seien zudem zahlreiche Unternehmen, die sich von sich aus gemeldet hätten.

Während das BSI auf der einen Seite Unternehmen öffentlich lobt, die sich der Initiative angeschlossen haben, nutzt es an anderer Stelle seine gesetzlichen Befugnisse: eine öffentliche Liste von E-Mail-Anbietern und ihrer Entsprechung der BSI-Kriterien. Apples mac.com und me.com etwa erfüllen nur fünf der derzeit sieben BSI-Kriterien – etwa weil alte TLS-Versionen weiter zugelassen würden. Auf gleichem Niveau sieht die Bonner IT-Sicherheitsbehörde auch gmail.com, outlook.com und msn.com.

Was E-Mail auch nach über 40 Jahren nicht flächendeckend leisten kann, ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Geht es nach Pohlmann, sollte sich das jedoch ändern. Derzeit aber sind hier Messenger wie Signal, Threema oder Wire gängig – und zugleich politisch unter Beschuss. Unklar ist derzeit, wie sich künftig Bundesinnenminister Alexander Dobrindt bei den Debatten um ein mögliches Brechen von Verschlüsselung positionieren wird.

„Wir sollten erstmal schauen, dass wir uns absichern, Prozesse absichern, Unternehmen absichern“, sagte Pohlmann. „Wir können nicht auf die Wahrscheinlichkeit, dass wir ein Prozent der Kriminellen identifizieren können, unsere ganze Gesellschaft unsicherer machen.“ Auch für den Bitkom gelte, dass Verschlüsselung das wichtigste Instrument für sichere Kommunikation sei, und das solle auch nicht angetastet werden, betonte Susanne Dehmel.

Für BSI-Präsidentin Plattner, deren Behörde in weiten Teilen dem Bundesinnenministerium unterstellt ist, gibt es technologisch hierbei eine klare Sicht: „Wir müssen immer dafür sorgen, dass wir sichere Infrastrukturen haben.“ Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sei dafür ein wichtiges Mittel. Plattner warnte vor den möglichen Folgen künstlich eingebauter Abhörschnittstellen: Salt Typhoon habe gezeigt, welche Risiken mit solchen Herangehensweisen verbunden seien.


(vbr)



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Dobrindt kündigt Gesetzentwurf „in den nächsten Wochen“ an


Das aktuelle „Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen 2024“ (PDF) ist nun öffentlich. Teil der Pressekonferenz waren neben BKA-Präsident Holger Münch auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) und die Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Kerstin Claus.

Laut dem Bericht ging die Zahl der Betroffenen im Zusammenhang mit Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen für das Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück.

Dobrindt und Münch nutzten die gestrige Pressekonferenz dazu, einmal mehr die rasche Einführung der sogenannten Vorratsdatenspeicherung zu fordern. Die Verständigung auf einen Gesetzestext zwischen dem Justiz- und Innenministerium erfolge laut Dobrindt bereits „in den nächsten Wochen“.

Zahl der Betroffenen leicht rückläufig

Dem Bundeslagebild zufolge ist die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen 2024 im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant geblieben. Die Zahl der registrierten Opfer beim Verdacht des sexuellen Kindesmissbrauchs sank dagegen im gleichen Zeitraum um 2,2 Prozent. Beim sexuellen Missbrauch von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren ging sie um 1,4 Prozent zurück.

Auch wenn damit ein Rückgang zu verzeichnen ist, liegen diese Zahlen über dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre, betont das BKA.

Die Bundeslagebilder des BKA basieren auf einer Auswertung der Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Sie erfasst alle Fälle, die der Polizei bekannt sind und von ihr bearbeitet werden. Die Zahlen sind daher auch vom Anzeigeverhalten beeinflusst.

Aufgehelltes Dunkelfeld durch mehr Personal

Dass die Zahl der erfassten Straftaten insgesamt weiterhin hoch ausfällt, hängt laut BKA auch mit einem wachsenden Fahndungs- und Ermittlungsdruck zusammen. So sei „die Anzahl der Mitarbeitenden, die sich in den Polizeibehörden von Bund und Ländern mit Fällen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen befassen, in den vergangenen Jahren merklich erhöht worden“.

Die zusätzlichen Kapazitäten hätten dazu beigetragen, die polizeiliche Arbeit zu intensivieren und das sogenannte Dunkelfeld etwa im familiären Umfeld aufzuhellen. „Der weiterhin starke Fokus der Strafverfolgungsbehörden in diesem Bereich kann daher mit ein Grund für die nach wie vor hohen Fallzahlen sein“, schreibt das BKA. Laut Bundeskriminalamt bestand in knapp 57 Prozent der Fälle zwischen der betroffenen Person und den jeweiligen Tatverdächtigen nachweislich eine Vorbeziehung.

Hinzu kommt, dass 14- bis 17-Jährige bei sogenannten jugend­pornografischen Inhalten fast die Hälfte der Tatverdächtigen ausmachen. In diesen Fällen dürfte es sich vornehmlich um selbsterstellte Aufnahmen handeln, die sich Minderjährige untereinander zuschicken. „Straffällige Kinder und Jugendliche sind häufig dem Phänomen der ‚Selbst­filmenden‘ zuzurechnen“, schreibt das BKA und ergänzt: „Solche Motive können Teil einer normalen jugendlichen Entwicklung sein.“

Forderung nach Vorratsdatenspeicherung

Ungeachtet dessen forderte Dobrindt gestern erneut, die Speicherung für IP-Adressen einzuführen – „als zentrales Werkzeug, um Kinder besser zu schützen und Täter vor Gericht zu bringen“.

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Bereits in ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD vereinbart, eine Vorratsdatenspeicherung für Telekommunikationsdaten einzuführen. Demnach sollen Internetanbieter für einen Zeitraum von drei Monaten protokollieren, welche IP-Adresse und Portnummer zu einem bestimmten Zeitpunkt einzelnen Kund:innen zugewiesen war. Die Kombination aus IP-Adresse und Portnummer ermöglicht es, Internetzugriffe individuellen Anschlussnutzer:innen zuzuordnen, auch wenn mehrere Kund:innen über sogenannte „Shared IPs“ (geteilte IP-Adressen) eine gemeinsame öffentliche Adresse nutzen.

Die allgemeine und wahllose Speicherung von Verkehrsdaten ist juristisch hoch umstritten. Das Bundesverfassungsgericht erklärte sie erstmals im Jahr 2010 für verfassungswidrig; hohe europäische Gerichte haben ihr enge Grenzen gesetzt. Auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2024 hält im Grundsatz an der Position fest, dass eine allgemeine, anlasslose Vorratsdatenspeicherung europarechtswidrig ist.

Lagebild stützt Forderung nach Massenüberwachung nicht

Die Zahlen des aktuellen Bundeslagebildes rechtfertigen die Einführung der Vorratsdatenspeicherung nicht. So gibt es beim „sexuellen Missbrauch zum Nachteil von Kindern“ in mehr als drei Viertel aller Fälle einen Tatverdächtigen. Bei anderen Deliktfeldern liegt die Zahl sogar weit über 80 Prozent. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Aufklärungsquote aller Straftaten in Deutschland liegt laut PKS bei etwa 58 Prozent.

Auf Nachfrage zeigte sich der Bundesinnenminister gestern optimistisch, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Vorratsdatenspeicherung bald umgesetzt werde. Federführend für das Thema ist hier das Bundesjustizministerium, die Gespräche zwischen Innen- und Justizministerium verliefen „sehr positiv“, so Dobrindt.

Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) äußert sich derweil zurückhaltender als ihr Kabinettskollege. Laut Medienberichten ist sie zuversichtlich, „dass wir beim Schutz von Kindern und Jugendlichen in dieser Wahlperiode Wichtiges erreichen können“.



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