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KI darf weiter Bücher lesen



Um ein gut funktionierendes KI-Modell zu entwickeln, braucht diese eine große Menge an hochwertigen Daten im Training. Dass große KI-Unternehmen dabei auch urheberrechtlich geschützte Inhalte nutzen, ist nicht neu. In den letzten Jahren haben deshalb bereits einige Urheber Klage eingereicht, so auch einige Autor:innen in den USA. Ende Juni 2025 fällten US-Gerichte gleich zwei Urteile, die wegweisend für zukünftige Verfahren sein könnten. Und beide richten sich gegen Urheber.

2024 zogen drei Autor:innen, Andrea Bartz, Charles Graeber und Kirk Wallace Johnson, gegen Anthropic vor das Bundesgericht im Norden von Kalifornien. Die Firma, 2021 von ehemaligen Open AI-Mitarbeitenden gegründet, baute eine zentrale, dauerhaft bestehende Bibliothek mit allen Büchern der Welt auf. Große Teile davon lud Anthropic im Internet herunter: aus piratisierten Schattenbibliotheken wie LibGen. Ihre eigens aufgebaute Bibliothek nutzte Anthropic auch als Datenquelle zum Training ihrer Large Language Models (LLMs) wie Claude.

Vor Gericht klagten Batz, Graeber und Johnson, dass ihr Schaden nicht nur in der unerlaubten Nutzung ihrer Werke aus den Schattenbibliotheken bestünde. Es gehe auch darum, dass die KI von Anthropic nach dem Training in der Lage sei ähnliche Werke wie ihre Eigenen zu generieren. Dies würde ihren Werken Konkurrenz schaffen und ihren Profit beeinträchtigen.

Gerichtsprozess gegen Meta

Mit ähnlichen Vorwürfen zog bereits 2023 ein Zusammenschluss von Autor:innen gegen Meta vor Gericht in San Francisco. Der Konzern hat zwar nicht die Ansprüche, eine eigene Bibliothek aufzubauen, aber hat ebenfalls Bücher aus Schattenbibliotheken heruntergeladen und für das Training seiner LLMs, spezifisch Llama, verwendet.

Anthropic und Meta berufen sich zu ihrer Verteidigung in beiden Gerichtsverfahren auf Ausnahmen im US-Urheberrecht. Denn unter gewissen Umständen erlaubt dieses eine nicht-autorisierte Nutzung von geschütztem Material auf Grundlage der sogenannten Fair Use-Doktrin.

Fair Use-Doktrin schützt nicht-genehmigte Nutzung

Seit 1976 erlaubt die Fair Use-Doktrin (17 U.S.C. §107) das Nutzen von urheberrechtlich geschütztem Material zur Kritik, Stellungnahme, Berichterstattung, Bildung und Forschung. Im Einzelfall entscheiden Gerichte anhand vier Faktoren: Zweck der Nutzung und wie stark das Ursprungswerk verändert wurde, die Art des Ursprungswerkes und wie viel Kreativität in der Erstellung nötig war, der verwendete Anteil des Ursprungswerkes und die Auswirkungen auf den Verkaufsmarkt des Ursprungswerkes. Weil diese Faktoren in der Doktrin nicht breit erläutert werden, orientiert sich eine Auslegung stark an bereits gefällten, aussagekräftigen Urteilen, sogenannten Präzedenzfällen.

Im Bereich des KI-Trainings sind jedoch noch nicht so viele Urteile gefallen, welche für die Auslegung der Fair Use-Doktrin zu Rate gezogen werden können. Entsprechend können die kürzlich verkündeten Urteile in Zukunft eine solche Rolle in der Rechtsprechung einnehmen.

Wie bewerteten die Richter Fair Use

Im Fall gegen Anthropic urteilte Richter William Alsup nun am 23. Juni 2025, dass Anthropics Nutzung der Werke ein Fall von Fair Use war. Besonders eingeflossen ist in die Entscheidung, dass die Autor:innen keine konkreten Beispiele benennen konnten, dass und wo Claude ihre Texte reproduziert habe. Dies soll auch technisch sichergestellt sein durch eine einprogrammierte Sperre in den Modellen.

Obwohl die Nutzung der Bücher für den Trainingsprozess urheberrechtlich erlaubt war, entschied das Gericht, dass die Aufbewahrung der Bücher aus Schattenbibliotheken für zukünftige, undefinierte Zwecke in einer großen Bibliothek nicht rechtens war. In Zukunft könnte besonders die Einschätzung zu der Transformation zwischen den originalen Werken und dem „Werk“ von Anthropic wichtig werden. Wenn vor Gericht geprüft wird, ob es sich um einen Fall von Fair Use handelt, kann besonders diese Veränderung ausschlaggebend sein.

LLMs seien höchst transformativ, so die Einschätzung von Alsup. Zudem urteilte der Richter, dass Urheberrecht vor Replikation schütze, nicht aber vor Konkurrenz auf dem Markt. Somit hätte Anthropics Sprachmodell Claude nicht mehr Einfluss auf den Markt als andere Autor:innen.

Richter setzt Zeichen für stärkeren Schutz von Urhebern

Ganz gegenteilig sieht es Vince Chhabria, Richter im Prozess gegen Meta. Dieser widerspricht Alsups Einschätzung zur Auswirkung auf den Markt und erkennt das Potenzial von KI an, den Markt mit generierten Büchern zu überschwemmen. Dieser finanzielle Schaden sei noch größer bei kürzeren schriftlichen Werken, beispielsweise Nachrichtenartikeln.

Leider, so Richter Chhabria, hätten die Autor:innen ihre Argumente nicht stark genug belegt und konnten den Einfluss auf den Buchmarkt nicht gut genug zeigen. Deswegen fiel auch hier das Urteil am 25. Juni 2025 für Meta aus: Die Verwendung von urheberrechtlich geschützten Büchern sei erlaubt unter US-Urheberrecht.

US Urheberrechtsbehörde liefert ähnliche Einschätzung

Diskussionen rund um KI erreichen nun also auch die Legislative in den USA und erste Urteile legen die Grundsteine für kommende gängige Rechtsprechung. Eine klare Tendenz für oder gegen Autor:innen kristallisiert sich aus gefallenen Urteilen noch nicht heraus. Momentan laufen über 30 Verfahren in den Staaten, welche sich mit Urheberrechtsverletzungen durch KI-Unternehmen beschäftigen.

Im Rahmen der sich häufenden Klagen veröffentlichte das United States Copyright Office (USCO) im Mai 2025 eine vorläufige Einschätzung zur Gesetzesauslegung von Urheberrecht bei KI-Trainingsprozessen. In dieser nicht-bindenden Einschätzung wird betont, dass besonders die Faktoren der Transformation des Ursprungswerkes und der Markteinfluss ausschlaggebend für oder gegen eine Fair Use-Entscheidung seien. Es müsse aber von Fall zu Fall entschieden werden.

Eine klare Aussage trifft das USCO jedoch über das Nutzen von Schattenbibliotheken: Kreative Werke aus piratisierten Internetquellen zu nutzen, sei kein Fall von Fair Use – wenn auch die Möglichkeit besteht, eine Lizenz für diese Werke zu erwerben.

Deutschland benennt KI-Training im Urheberrecht

Ein breit auslegbares Konzept wie Fair Use gibt es im deutschen Urheberrecht nicht. Stattdessen sind konkretere Schrankenregelungen fest definiert für bestimmte Zwecke, die das Recht der Urheber beschränken.

Durch eine Umsetzung einer EU-Richtlinie wird maschinelles Lernen im deutschen Urheberrecht genauer als in den Vereinigten Staaten behandelt. Der §44b im Urheberrechtsgesetz (UrhG) beschränkt die Rechte der Urheber und erlaubt im Gegenzug, die Werke für eine automatisierte Analyse zu vervielfältigen, zum Beispiel bei KI-Trainingsprozessen.

Dabei müssen Vervielfältigungen nach Abschluss des KI-Trainings gelöscht werden. Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken für den KI-Trainingsprozess ist damit auch für den kommerziellen Gebrauch und nicht nur für die Forschung erlaubt.

Autor:innen können widersprechen

Autor:innen und andere Urheber können der Nutzung ihrer Werke im Voraus widersprechen („opt out“). Dazu sei es möglich, vor Gericht zu argumentieren, dass Schrankenregelungen wie §44b UrhG einigen Kriterien entsprechen müssen, sagt der Urheberrechtsanwalt Dr. Andreas Dustmann. Die Nutzung dürfe etwa die normale Verwertung des Werkes nicht beeinträchtigt und die berechtigten Interessen des Urhebers nicht verletzen.

Wenn eine KI also nach dem Training in der Lage sei, beispielsweise Fortsetzungen zu Büchern zu schreiben, dann entstünde eine Bedrohung für die Verwertungs- und Existenzgrundlagen der Urheber, die vor Gerichts bewertet werden muss.

Genauere Auslegungen dieser Einsprüche werden sich in kommenden Urteilen zeigen. Bis jetzt gibt es noch kein aussagekräftiges Urteil, welches eine Einschätzung der zukünftigen Auslegung der Rechtslage möglich macht.



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Doppelte Erpressung möglich: Cyberkriminelle im Clinch


Ein Revierkampf zweier krimineller Ransomware-Gruppen könnte zu mehr Cyberangriffen und größeren Schäden für betroffene Unternehmen führen. Das berichtete am Montag die britische Tageszeitung Financial Times mit Verweis auf Cyber-Sicherheitsexperten, die die Auseinandersetzungen in dem wachsenden kriminellen Ransomware-Sektor verfolgen.

Demnach sind DragonForce, eine Gruppe überwiegend russischsprachiger Cyberkrimineller, und einer ihrer größten Konkurrenten, RansomHub, aneinandergeraten. Die Sicherheitsexperten warnen, dass der Konflikt „die Risiken für Unternehmen erhöhen könnte, einschließlich der Gefahr, zweimal erpresst zu werden“, schreibt die Financial Times.

Die DragonForce-Gruppe trat erstmals im August 2023 in Erscheinung. Nach Angaben des Cybersicherheitsunternehmens Group-IB verzeichnete sie in den darauffolgenden zwölf Monaten insgesamt 82 Opfer auf ihrer Dark-Web-Seite. RansomHub wurde ebenfalls 2023 bekannt. Diese Gruppe wird für einige spektakuläre Cyberattacken verantwortlich gemacht, wie jene auf den US-amerikanischen Gas- und Öl-Dienstleister Halliburton, einen der weltweit größten Öl-Dienstleister, auf das renommierte britische Auktionshaus Christie’s oder die Non-Profit-Organisation Planned Parenthood, die unter anderem medizinische Dienste zu Schwangerschaftsabbrüchen anbietet.

Nun scheinen DragonForce und RansomHub untereinander in Konflikt geraten zu sein. „Die meisten Cyber-Kriminalitätsgruppen haben ein tief verwurzeltes Bedürfnis nach Ruhm und Überlegenheit, das sie dazu bringen könnte, zu versuchen, einander zu übertreffen, indem sie versuchen, dasselbe Ziel anzugreifen und zu erpressen“, zitiert Financial Times Toby Lewis, globaler Leiter der Bedrohungsanalyse bei der britischen Cybersicherheitsfirma Darktrace. Gruppen wie die beiden genannten verkaufen laut dem Blatt die Werkzeuge und die Infrastruktur, die erforderlich sind, um auf die internen Systeme von Unternehmen zuzugreifen und diese gegen Geld zu erpressen. Sie operieren vornehmlich im Dark Web. Ihre Kunden sind sogenannte „Affiliates“ wie Scattered Spider, also Gruppen, die Cyberangriffe begehen wollen.

Die Beziehung zwischen DragonForce und RansomHub habe sich verschlechtert, so Financial Times weiter, nachdem sich DragonForce im März in ein „Kartell“ umbenannt und sein Angebot an „Dienstleistungen“ und seine Reichweite erweitert hat, um mehr Affiliate-Partner zu gewinnen.

Experten bei Sophos, einem britischen Hersteller von Sicherheitssoftware, vermuten, dass DragonForce die Webseite von RansomHub „gehackt“ haben könnte. Als Vergeltung drang ein Mitglied von RansomHub in die Webseite von DragonForce ein und bezeichnete die Gruppe als „Verräter“. Ähnlich wie Lewis glaubt Rafe Pilling, Director of Threat Intelligence bei Sophos, dass der Konflikt zwischen den beiden Cybercrime-Gangs im schlimmsten Fall dazu führen könnte, dass beide im Kampf ums Geschäft dieselben Opfer angreifen. Cyber-Kriminelle seien eine skrupellose Bande, so Pilling. „Ein Verrat zwischen Partnern kann dazu führen, dass das Opfer zweimal erpresst wird.“


(akn)



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Frontex schickte jahrelang unrechtmäßig Daten an Europol


„Mein ganzes Leben war in dieser Polizeiakte: meine Verwandten, meine Anrufe bei meiner Mutter, sogar falsche Angaben über mein Sexualleben. Sie wollten mich als sexuell freizügige Lesbe darstellen und mich über Moralvorstellungen diskreditieren“, sagt Helena Maleno, eine prominente Menschenrechtsverteidigerin. Wenn Migrant:innen auf dem Weg nach Europa in Seenot geraten, informiert sie die Behörden. Durch ihre Arbeit ist sie ins Visier von Strafverfolgungsbehörden geraten. Aber ausgerechnet eine strafrechtliche Ermittlung, die vor mehr als einem Jahrzehnt begann, enthüllte das Netz, das um sie gespannt worden war.

Ihre Akte bei der spanischen Polizei enthielt drei Berichte der EU-Grenzschutzagentur Frontex über Befragungen von Migrant:innen, die 2015 und 2016 mit Booten in Spanien angekommen waren. In den Berichten, die das Recherche-Team eingesehen hat, trugen Frontex-Beamt:innen Informationen auch von ihrem Facebook-Account zusammen und rückten sie in die Nähe von Schleusernetzwerken. Die spanische Polizei erhielt diese Frontex-Berichte Ende 2016 aus der Strafverfolgungsdatenbank von Europol, der EU-Polizeibehörde.

Ein spanischer Staatsanwalt stellte das Verfahren im April 2017 ein, da er an Malenos Handlungen nichts Strafbares feststellen konnte. Dennoch gab die Polizei die Akte ohne ordnungsgemäßes Verfahren an marokkanische Behörden weiter. Dort wurden neue Ermittlungen gegen Maleno eingeleitet, wegen Schleusung und Beihilfe zur irregulären Migration.

Als Maleno später im selben Jahr vor Gericht in Tanger aussagen musste und sich der Richter direkt auf die Frontex-Berichte bezog, war sie fassungslos. „Ich war völlig perplex“, sagt Maleno. „Der Richter befragte mich gezielt zu den Informationen in den Dokumenten der spanischen Polizei und von Frontex. Es war surreal.“ 2019 sprach das marokkanische Gericht sie von allen Vorwürfen frei.

Portrait von Helena Maleno
Die Menschenrechtsverteidigerin Helena Maleno – Alle Rechte vorbehalten Fuente Caminando Fronteras

Doch Fragen bleiben.“Wie ist es möglich, dass Frontex Migrant:innen über mich befragt hat?“, fragt Maleno. „Ist es wirklich ihre Aufgabe, Menschenrechtsaktivist:innen auszuspionieren?“

Die juristischen Qualen für Maleno mögen beendet sein, aber ihr Fall zeigt erstmals, wie Frontex und Europol durch undurchsichtigen und rechtlich fragwürdigen Umgang mit Daten zur Kriminalisierung von Aktivist:innen beitragen können.

Tatsächlich ist Maleno ist nur eine von Tausenden Personen, deren personenbezogene Daten von Frontex durch „Debriefing Interviews“ gesammelt wurden. Das sind Befragungen von Geflüchteten nach ihrer Ankunft in Europa. Sie werden von Fachleuten als „verdeckte Verhöre“ bezeichnet und bieten keine grundlegenden rechtlichen Garantien. Auch die EU-Bürgerbeauftragte beschäftigte sich bereits mit dem Thema. 2023 forderte sie Frontex nach Beschwerden dazu auf, mehr zu tun, um die Grundrechte von Geflüchteten bei den Befragungen zu sichern.

Im Laufe von acht Jahren, zwischen 2016 und 2023, hat Frontex die Daten von mehr als 13.000 Menschen unrechtmäßig an Europol weitergeleitet, wo sie in Ermittlungsakten gespeichert und für Ermittlungen der Polizeibehörden der EU-Mitgliedstaaten verwendet wurden.

Seit Jahren warnen Menschenrechtsaktivisten vor einem beunruhigenden Trend: der Kriminalisierung von Geflüchteten sowie von EU-Bürgern, die an den europäischen Außengrenzen humanitäre Hilfe leisten. Die Kriminalisierung findet häufig auf wackeliger rechtlicher Grundlage und mit dürftigen Beweisen statt. Die undurchsichtige Rolle von Europol und Frontex – Behörden, die an vorderster Front der EU-Maßnahmen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität stehen – ist jedoch weitgehend der Überprüfung durch die Öffentlichkeit entzogen.

Diese Recherche wird veröffentlicht von Le Monde, El País und Solomon. Sie basiert auf hunderten von Seiten interner Dokumente und Interviews mit Datenschutzfachleuten, Anwält:innen, Insidern und wichtigen Akteuren. Die Ergebnisse werfen ernsthafte Fragen über die Rolle von Frontex und Europol auf.

Im Netz

Einer, der nicht wusste, dass sowohl Frontex als auch Europol Informationen über seine Aktivitäten haben, ist Tommy Olsen. Der 52-jährige Erzieher aus Norwegen unterstützt seit vielen Jahren Menschen, die über die gefährliche Route von der Türkei nach Griechenland einreisen. Er dokumentiert gewaltsame Pushbacks von Schlauchbooten durch die griechische Küstenwache. Seit 2019 ermittelten griechische Behörden gegen Olsen. Sie werfen ihm vor, an der Schleusung von Geflüchteten beteiligt zu sein. Diesen Vorwurf weist er entschieden zurück.

Ganzkörperfoto von Tommy Olsen
Tommy Olsen von Aegean Boat Report

Informationsfreiheitsanfragen für diese Recherche haben gezeigt, dass Europols „Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung“ über mindestens drei „Erkenntnisberichte“ verfügt, in denen Aegean Boat Report erwähnt wird – Olsens Ein-Mann-Organisation. Europol weigerte sich, den „hochsensiblen“ Inhalt offenzulegen, der über die Netzanwendung für sicheren Datenaustausch (SIENA) von Europol verbreitet wurde, da er angeblich „unmittelbar relevant für vergangene und laufende Ermittlungen“ der Strafverfolgungsbehörden sei.

Nur wenige Tage nach den beiden SIENA-Übertragungen von Europol im Mai 2024 erließ ein griechischer Staatsanwalt auf der Insel Kos einen neuen Haftbefehl gegen Olsen. Während sieben frühere Ermittlungen gegen Olsen eingestellt wurden, droht ihm nun eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren.

„Ich hatte keine Ahnung, dass Europol Akten über mich hat. Warum sammeln und teilen sie Daten über meine Aktivitäten und meine Organisation, die lediglich versucht, die Rechte von Geflüchteten zu verteidigen?“

Auch Frontex hat sich geweigert, zwei Debriefing-Berichte freizugeben, die wahrscheinlich an Europol weitergeleitet wurden und in denen Olsens Organisation erwähnt wird. Als Begründung nannte Frontex die Vertraulichkeit des Vorgangs. Außerdem enthielten die Berichte Informationen über „Routen, Vorgehensweisen und die Beteiligung von Schleusern und Menschenhändlern“.

Olsen ist nicht der einzige bekannte Menschenrechtsverteidiger, von dem Informationen über seine Aktivitäten in der Datenbank von Europol gelandet sind.

Im Mai 2022 erfuhr die österreichische Aktivistin Natalie Gruber, dass Europol auch eine Akte über sie führt, nachdem sie einen Antrag auf Datenauskunft über sich gestellt hatte – eines der wenigen rechtlichen Mittel, mit denen Einzelpersonen überprüfen können, welche Daten EU-Behörden über sie gespeichert haben.

Gruber ist Mitbegründerin von Josoor, einer kleinen NGO, die Überlebende von Pushbacks aus Bulgarien und Griechenland in die Türkei unterstützt und diese dokumentiert. Sie geriet ins Visier der Europol-Ermittler, nachdem griechische Staatsanwälte mehrere Anklagen gegen sie erhoben hatten, darunter wegen Beihilfe zur illegalen Einreise von Migrant:innen. Ein Verfahren gegen sie auf Lesbos wurde letztes Jahr eingestellt, ein zweites läuft noch.

Foto von Gruber vor einem See
Natalie Gruber von der NGO josoor – Alle Rechte vorbehalten Fund for Global Human Rights

Europol hat sich geweigert, den Inhalt ihrer Akte offenzulegen, mit der Begründung, dies könne „Ermittlungen gefährden“ und seine Arbeit behindern. Gruber hat gegen diese Ablehnung schon 2022 Beschwerde beim Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) eingereicht, bisher ohne Ergebnis.

„Man steht diesem Bürokratiemonster gegenüber, das einem nie antwortet. Jedes Mal kann man nur einen neuen Antrag stellen und warten. Jahre vergehen. Das ist anstrengend – und es hat tiefgreifende Auswirkungen auf das eigene Leben“, sagt Gruber.

Wie genau Europol an Informationen über Gruber und Olsen gelangt ist und ob diese zur Einleitung der Strafverfahren gegen sie beigetragen haben, bleibt unklar. Olsen hat im April einen eigenen Antrag auf Datenauskunft bei Europol eingereicht.

Er hat große Sorgen, welche Folgen es für ihn haben könnte, dass er in der Datenbank von Europol gelandet ist. „Ich finde es sehr beunruhigend, wenn solche Informationen von EU-Behörden weitergegeben werden. Könnte das in Zukunft zu Problemen führen, wenn ich ein Visum beantrage? Es macht mir auf jeden Fall noch mehr Angst zu reisen“, sagte er.

Menschen werden zu „Verdächtigen“

Im Dezember letzten Jahres schickte Nayra Perez, die damalige Leiterin der Datenschutzabteilung von Frontex, eine E-Mail an den Exekutivdirektor Hans Leijtens, seinen Stellvertreter Uku Särekanno und den Vorsitzenden des Verwaltungsrats – dem wichtigsten Entscheidungsgremium von Frontex.

„Der Europäische Datenschutzbeauftragte hat festgestellt, dass Frontex vier Jahre lang unrechtmäßig personenbezogene Daten an Europol übermittelt hat“, schrieb Perez.

Im Mittelpunkt der Untersuchung des EDSB standen die Debriefing-Befragungen von Frontex an den Außengrenzen Europas. Von den Anlegestellen in Lampedusa und Spanien bis zu den Lagern auf den griechischen Inseln haben die „Debriefer“ von Frontex zusammen mit den nationalen Polizeibehörden jedes Jahr Tausende solcher Befragungen durchgeführt.

Die Frontex-Beamt:innen wurden von der Agentur angewiesen, Migrant:innen trotz ihrer prekären Lage so schnell wie möglich nach ihrem Aufgreifen oder ihrer Ankunft zu befragen. Die Fragen der Frontex-Beamt:innen beziehen sich auf die Gründe für die Flucht aus ihrem Heimatland, ihre Reisewege sowie die Vorgehensweise von Schleusernetzwerken.

Während Frontex die Befragungen als völlig freiwillig darstellt und nicht aktiv personenbezogene Daten der Befragten erfasst, argumentieren Rechtsfachleute, dass die für polizeiliche Vernehmungen üblichen rechtlichen Garantien fehlen, wodurch laut EDSB „die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf Schweigen“ der Befragten gefährdet sind.

Frontex hat keinen gesetzlichen Auftrag, proaktiv Straftaten zu untersuchen. Die Einschätzung des EDSB ist eindeutig: „Frontex darf nicht systematisch, proaktiv und eigenständig Informationen über Verdächtige grenzüberschreitender Straftaten sammeln.“

Genau das hat Frontex jedoch getan. Ein vorläufiger Bericht der Untersuchung des EDSB vom Mai 2023 ergab, dass Frontex routinemäßig alle Personen, die während einer Nachbesprechung erwähnt wurden, als „Verdächtige“ einstufte und diese Informationen an Europol weiterleitete.

Darunter befanden sich auch „Daten von Personen, von denen die befragte Person gehört oder die sie gesehen hat, deren Namen sie jedoch nicht überprüfen konnte, sowie Daten von Personen, die sie aus Angst oder in der Hoffnung auf Vorteile erwähnt hat“.

Der Anwalt Daniel Arencibia vertritt Migrant:innen, gegen die auf den Kanarischen Inseln wegen Schleusung ermittelt wird. Dutzende Geflüchtete wurden dort gerichtlich verurteilt, weil sie Boote gesteuert hatten. „Was Frontex während dieser Befragungen tut, findet in einer Black Box statt, ohne reguläre Strafverfahren oder rechtliche Garantien, die schutzbedürftige Migrant:innen vor Kriminalisierung schützen könnten.“

Es ist keineswegs harmlos, wenn Frontex-Beamt:innen Geflüchtete nach Personen fragen, die ihnen die Reise ermöglicht haben – also mutmaßliche Schleuser:innen. 2024 setzte Frontex mehr als 800 Beamt:innen für die Befragungen ein, sie sind die „größte operative Erhebung personenbezogener Daten bei Frontex“ der fast eine Milliarde Euro schweren EU-Agentur mit Sitz in Warschau.

„Diese Befragungen sind Teil eines Systems, das Menschen ins Gefängnis bringt. Aber es ist extrem schwierig zu überprüfen, wie genau Frontex Daten mit anderen Akteuren austauscht, weil wir Anwält:innen im Unklaren gelassen werden“, sagt Arencibia.

Diese Intransparenz behindert nicht nur die rechtliche Kontrolle, sondern verstärkt auch eine zutiefst problematische Sichtweise auf Schleusung, die die Art und Weise prägt, wie Daten erhoben und verwendet werden.

Gabriella Sanchez, Wissenschaftlerin an der Georgetown University und ehemalige Ermittlerin mit Schwerpunkt auf Schleusung, erklärt: „Die Vorstellung von Schleuserkriminalität, von der Frontex und Europol ausgehen, ist unglaublich simpel, aber mächtig. Sie geht davon aus, dass alle Schleuser Männer sind, die in Netzwerken organisiert sind, und basiert auf zutiefst rassistischen Vorstellungen. Tatsächlich werden Migrant:innen systematisch beschuldigt, ihre eigene Schleusung durchzuführen, was die Kriminalisierung verstärkt. In anderen Worten: Tausende von Menschen in der EU – insbesondere junge Männer und Kinder, die aufgrund ihres Aussehens diskriminiert werden – geraten in die Fänge der Datenerfassung.“

Auszug aus dem Bericht des Europäischen Datenschutzbeauftragten
Auszug aus dem Bericht des Europäischen Datenschutzbeauftragten – Screenshot

Unrechtmäßige Übermittlungen an Europol

Nach dem aktuellen gesetzlichen Auftrag von Frontex aus dem Jahr 2019 darf die Agentur Daten nur nach einer strengen Einzelfallprüfung an Europol weitergeben. Der abschließende Untersuchungsbericht des EDSB, der sich auf Datenübermittlungen zwischen 2019 und Mitte 2023 konzentriert, bestätigte jedoch, dass Frontex „automatisch“ jeden einzelnen Bericht an seine Kolleg:innen in Den Haag weiterleitete.

Eine Kopie dieses Untersuchungsberichts, der durch eine Informationsfreiheitsanfrage bekannt wurde, offenbart das Ausmaß der rechtswidrigen Datenübermittlungen von Frontex. Allein zwischen 2020 und 2022 übermittelte Frontex 4.397 Debriefing-Berichte inklusive Namen, Telefonnummern und Facebook-IDs an das Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung von Europol.

Auf der Grundlage dieser Berichte verarbeitete Europol die personenbezogenen Daten von 937 Verdächtigen und gab 875 „Erkenntnisberichte“ heraus, die die nationalen Polizeibehörden für ihre Ermittlungen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität informierten.

Dies ist nur ein Bruchteil der Tausenden Personen und Hunderten Organisationen, die seit Beginn der groß angelegten Datenübermittlungen durch Frontex im Jahr 2016 im Rahmen des sogenannten „PeDRA“-Programms in die Datenbanken von Europol gelangt sind, wie aus Zahlen von Frontex hervorgeht.

Der Rechenschaft entzogen

Im November 2022 führte der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten des EU-Parlaments seine erste Anhörung zu PeDRA durch – dem wenig bekannten Programm von Frontex zur Übermittlung personenbezogener Daten an Europol.

Der stellvertretende Exekutivdirektor von Frontex, Uku Särekanno, teilte den Abgeordneten mit, dass Frontex bis zu diesem Zeitpunkt Daten zu etwa 13.000 „möglichen Verdächtigen“ an Europol weitergegeben habe. Särekanno erschien bei der Anhörung zusammen mit zwei weiteren hochrangigen Beamten, die an PeDRA beteiligt sind: Jürgen Ebner, stellvertretender Direktor von Europol, und Mathias Oel, damals leitender Beamter in der Generaldirektion Migration und Inneres der Europäischen Kommission.

Screenshot von Mails vor der Anhörung im LIBE-Ausschuss
Mails zur Abstimmung vor der Anhörung im LIBE-Ausschuss – Screenshot

In sorgfältig abgestimmten Erklärungen versicherten alle drei Beamte den Abgeordneten, dass die Datenübermittlung nicht automatisch erfolge und auf einer soliden Rechtsgrundlage basiere.

„Wir sprechen hier nicht von einer massenhaften Datenübermittlung, sondern von einer Einzelfallprüfung“, erklärte Särekanno dem LIBE-Ausschuss. „Wir erhalten keine Massendaten von Frontex; dies geschieht auf Einzelfallbasis“, bekräftigte Ebner von Europol. Die Übermittlung personenbezogener Daten erfolge ausschließlich „auf Ad-hoc-Basis“; PeDRA sei „kein systematischer Datenaustausch“, sagte Oel und fügte hinzu, dass die „über Verdächtige grenzüberschreitender Straftaten gesammelten Informationen für strafrechtliche Ermittlungen von großem Wert“ seien.

Nicht nur der EDSB-Bericht ein paar Monate später offenbarte, dass das nicht stimmt. Das Recherche-Team konnte durch Informationsfreiheitsanfragen interne Kommunikation einsehen. Die zeigt, dass die drei Behörden ihre Positionen abgesprochen und Briefings sowie Sprechzettel ausgetauscht hatten. In einer der Korrespondenzen sprechen Vertreter:innen von Frontex und der Kommission davon, dass man sich koordinieren müsse, um die Botschaften an die Parlamentarier:innen „abzustimmen“, bei einem „Treffen, das nicht einfach wird“.

Frontex-Sprecher Chris Borowski erklärte, dass die Aussage von Särekanno „in gutem Glauben und auf der Grundlage der damals geltenden internen Vereinbarungen und Rahmenbedingungen“ gemacht worden sei. Matthias Oel erklärte gegenüber dem Recherche-Team, dass „die Angaben auf den von Frontex bereitgestellten Informationen beruhten“. Ebner reagierte nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.

Obwohl dies im Parlament aufgedeckt wurde, wurden die automatischen Übermittlungen weitere sieben Monate lang unvermindert fortgesetzt, bis der EDSB im Mai 2023 intervenierte.

Die grüne Europaabgeordnete Saskia Bricmont, die die Sitzung damals verfolgt hatte, sagte, die Enthüllungen über die Datenübermittlungen seien sehr besorgniserregend: „Die wahllose und massive Übermittlung von Daten von Frontex an Europol ist nach EU-Recht verboten, und jede Übermittlung muss sehr strenge Bedingungen erfüllen. Die Kriminalisierung von Migranten ist ein besorgniserregender Trend, dem die EU-Behörden nicht folgen sollten. EU-Behörden müssen sich an die Grundsätze der Transparenz und Rechenschaftspflicht halten. Wenn Vertreter von Frontex und Europol das Europäische Parlament belogen oder Informationen vor ihm verschwiegen haben, würde dies das gegenseitige Vertrauen stark beeinträchtigen und die Vorfälle müssen schnell aufgeklärt werden.“

Niovi Vavoula, Expertin für Datenschutzrecht an der Universität Luxemburg, weist darauf hin, dass „automatische Datenübermittlungen von Anfang an nicht rechtmäßig waren“, worauf auch der EDSB vor Beginn der Übermittlungen hingewiesen hatte.

Es steht viel auf dem Spiel. Der EDSB warnt vor „tiefgreifenden Folgen“ für unschuldige Menschen, die von diesen Datenübermittlungen betroffen sind. Sie laufen „Gefahr, zu Unrecht EU-weit mit einer Straftat in Verbindung gebracht zu werden – mit allen daraus folgenden möglichen Schäden für ihr Privat- und Familienleben, ihre Bewegungsfreiheit und ihren Beruf“.

Im Januar hat Frontex-Direktor Hans Leijtens seine Europol-Amtskollegin Catherine De Bolle offiziell über die rechtswidrigen Übermittlungen informiert. Laut dem Europäischen Datenschutzbeauftragten Wiewiórowski ist Europol durch diese Mitteilung verpflichtet, „zu prüfen, welche personenbezogenen Daten von der Übermittlung betroffen sind, und diese zu löschen oder zu beschränken“.

Auf Nachfrage distanzierte sich Europol-Sprecher Jan Op Gen Oorth von den Ergebnissen des EDSB. Die sorgfältig formulierte Antwort umgeht die Kernfrage: Wird Europol die von Frontex unrechtmäßig übermittelten Daten löschen? Die Tatsache, dass der EDSB Frontex wegen Nichteinhaltung des EU-Rechts gerügt habe, „bedeutet nicht, dass die Datenverarbeitung der von Frontex erhaltenen Informationen durch Europol nicht rechtmäßig war“, so Oorth.

Niovi Vavoula sagt jedoch, dass vermeintliche Vorteile Europol nicht davon entbinden, Vorschriften einhalten zu müssen. „Die Verantwortung von Europol, die von Frontex unrechtmäßig erhaltenen Daten zu löschen, darf nicht vergessen werden. Europols Weiterverarbeitung der Daten kann den ‚Makel‘ der Daten als ‚Samen verbotener Früchte‘ nicht beseitigen.“

Beide Behörden beharren darauf, dass die Sammlung großer Datenmengen bei der Analyse der Vorgehensweise von Schleusernetzwerken helfen und zur Strafverfolgung von Schleusern beitragen kann.

Die Annahme hinter diesen groß angelegten Datenerfassungen ist jedoch fehlerhaft, argumentiert die Expertin Gabriella Sanchez: „EU-Behörden rechtfertigen die Erhebung von Daten von Migranten damit, dass sie notwendig sei, um komplexe, länderübergreifende Schleusernetzwerke zu bekämpfen. Dadurch entsteht der Eindruck, dass die Daten tatsächlich verlässlich oder nützlich sind. Wir wissen aber, dass dies nicht der Fall ist.“

Probleme bleiben

Nur wenige Tage nachdem der EDSB im Mai 2023 erstmals auf schwerwiegende Probleme hingewiesen hatte, setzte Frontex die automatische Datenübermittlung an Europol aus.

Seitdem hat Frontex seine Verfahren überarbeitet: Personenbezogene Daten werden nun nur noch auf „konkrete und begründete“ Anfrage hin an Europol weitergegeben. Von 18 solcher Anfragen, die bis Mai 2025 eingereicht wurden, genehmigte Frontex’ Datenschutzbeauftragter nur vier. „Frontex hat aus dieser Erfahrung klare Lehren gezogen und entwickelt seine internen Praktiken entsprechend weiter“, erklärte Frontex-Sprecher Chris Borowski gegenüber dem Rechercheteam.

Zwar hat Frontex noch nicht alle Vorgaben des EDSB zur Angleichung seiner Debriefing-Praktiken an die Grundrechtsverpflichtungen vollständig umgesetzt, doch sollen die Menschenrechtsbeobachter von Frontex nun Zugang zu einigen der Befragungen erhalten haben, und im vergangenen Jahr hat Leijtens neue – wenn auch nicht verbindliche – Richtlinien zur Stärkung der Schutzmaßnahmen verabschiedet.

Diese Bemühungen stoßen in einigen EU-Mitgliedstaaten auf Widerstand. Im März 2025 alarmierte die Grundrechteabteilung von Frontex den Verwaltungsrat der Agentur über Fälle, in denen Informationen aus Debriefings „für strafrechtliche Ermittlungen gegen die befragten Migranten und andere Personen verwendet wurden“. Die Abteilung äußerte auch Bedenken „hinsichtlich des Zugriffs und Sammlung von Informationen auf den Mobiltelefonen der Geflüchteten während der Debriefings“.

Internen Berichten zufolge sind die Probleme in Spanien am akutesten. Dort setzen die Behörden Frontex-Beamt:innen unter Druck, so viele Informationen wie möglich von neu angekommenen Migrant:innen zu erhalten. Das widerspricht genau den Schutzmaßnahmen, die die Agentur angeblich eingeführt hat. Unterdessen besteht Europol darauf, einen umfassenderen Zugang zu den Debriefing-Daten von Frontex zu behalten.

Diese Recherche wurde durch den IJ4EU-Fund gefördert. Luděk Stavinoha ist Dozent für Medien und globale Entwicklung an der University of East Anglia. Er forscht zu EU-Transparenz und Migrationsmanagement. Apostolis Fotiadis ist Journalist und recherchiert zu EU-Politik in den Bereichen Technologie, Überwachung und digitale Rechte. Lola Hierro ist Journalistin in der Auslandsredaktion von El País und beschäftigt sich mit Migration, Menschenrechten und nachhaltiger Entwicklung.



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IT-Vorfall bei Distributor Ingram Micro


Der global agierende IT-Distributor Ingram Micro ist Opfer eines Cyberangriffs geworden. Die Webseite ist für deutsche Kunden im Wartungsmodus. Das Unternehmen hat einen andauernden Systemausfall gemeldet.

Als börsennotiertes Unternehmen hat Ingram Micro am Samstag eine Ad-hoc-Meldung dazu veröffentlicht. „Ingram Micro hat jüngst Ransomware auf bestimmten internen Systemen entdeckt. Umgehend nach Erkennung des Problems hat das Unternehmen Schritte unternommen, um die relevante Umgebung abzusichern. Dazu gehört das proaktive Offline-Nehmen bestimmter Systeme und die Implementierung weiterer Gegenmaßnahmen“, schreibt das Unternehmen dort.

„Das Unternehmen hat zudem eine Untersuchung angestoßen, mit der Unterstützung führender Cybersecurity-Experten, und die Strafverfolger informiert.“ Ingram Micro arbeite fleißig daran, die betroffenen Systeme wiederherzustellen, sodass es Aufträge verarbeiten und versenden kann. „Das Unternehmen entschuldigt sich für die Störungen, die der Vorfall bei den Kunden, Verkaufspartnern und anderen auslöst“, schließt die kurze Börsennotiz ab. Auf den Börsenkurs hat der Vorfall bislang keinen signifikanten Einfluss.

Weitere Details sind derzeit noch unklar. Ingram Micro schreibt von Ransomware, aber bislang hat die dahinterstehende Cybergruppe sich noch nicht öffentlich geäußert. Es ist sehr wahrscheinlich, dass eine Lösegeldforderung vorliegt, aber auch da erwähnt das Unternehmen nichts zur Höhe. Einen Zeitplan, wann die Systeme wieder normal einsatzfähig sind, hat Ingram Micro ebenfalls nicht vorgelegt.

Zuletzt wurde vergangene Woche bekannt, dass Cyberkriminelle in Norwegen die Kontrolle über einen Staudamm am Risevatnet-Stausee erhalten hatten. Über Stunden konnten sie dessen Ventile steuern und hatten diese voll geöffnet.


(dmk)



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