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Künstliche Intelligenz

Kinderarzt zur ePA und Co.: Warum Eltern nicht alles wissen dürfen


Elektronische Patientenakten, E-Rezepte, Apps und Künstliche Intelligenz sollen die medizinische Versorgung moderner und effizienter machen. Gleichzeitig wächst die Sorge um Datenschutz und Vertraulichkeit – auch bei sensiblen Gesundheitsdaten von Kindern und Jugendlichen.

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Nach Kritik aus der Praxis wurden inzwischen erste Verbesserungen auf den Weg gebracht: So müssen Kinderärzte besonders heikle Informationen, etwa aus psychotherapeutischen oder sexualmedizinischen Behandlungen, künftig nicht mehr verpflichtend in die elektronische Patientenakte eintragen, „sofern dem erhebliche therapeutische Gründe entgegenstehen“ oder „gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohles eines Kindes oder eines Jugendlichen vorliegen und die Befüllung der elektronischen Patientenakte den wirksamen Schutz des Kindes oder Jugendlichen in Frage stellen würde“.

Und auch die Abrechnungsdaten sollen mit Änderungen am Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege nicht mehr automatisch für alle am Behandlungsprozess Beteiligten sichtbar sein.


Michael Achenbach

Michael Achenbach

Michael Achenbach ist Kinderarzt und Vorstandsmitglied im Landesverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ) Westfalen Lippe und hat unter anderem Technik in der Medizin studiert.

(Bild: BVKJ)

Warum das so wichtig ist und über Chancen, Grenzen und offene Fragen bei der Digitalisierung spricht Dr. Achenbach mit heise online. Er ist Kinder- und Jugendarzt sowie langjährig engagierter Experte für digitale Gesundheitsanwendungen.

Besteht die Sorge zu Recht, dass sensible Daten in der elektronischen Patientenakte (ePA) zu leicht und unkontrolliert zur Verfügung stehen?

Ja, und das gilt besonders bei Jugendlichen. Viele denken, Eltern dürften alles wissen, was ihre jugendlichen Kinder betrifft. Dem ist aber nicht so. Sobald man einsichtsfähig ist – und das kann schon vor dem 15. Geburtstag sein –, gilt die ärztliche Schweigepflicht auch gegenüber den Eltern. Wenn dann sensible Daten, etwa aus psychotherapeutischen Behandlungen oder welche, die die sexuelle Gesundheit betreffen, automatisch in der ePA landen, kann das fatale Folgen haben. Dann sehen Eltern mit Zugriff Dinge, die vertraulich bleiben müssten. Ärztliche Schweigepflicht bedeutet eben auch, den Kindern Schutz gegenüber den Eltern zu ermöglichen, sobald das Kind reif genug ist, eigenständig über Behandlungen zu entscheiden.

Die Patienten sollen ihre Gesundheitsinformationen dank der ePA selbst verwalten können. Ist das Ihrer Meinung nach realistisch?

Grundsätzlich ja, aber nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Momentan fehlt die Möglichkeit, alte oder überholte Daten wirklich zu löschen. Das sogenannte Recht auf Vergessenwerden existiert für die ePA bislang nur sehr eingeschränkt. Wenn beispielsweise ein Kind wegen einer psychischen oder sozialen Auffälligkeit behandelt wurde – sagen wir, einer Störung des Sozialverhaltens – bleibt diese Diagnose in der Akte stehen, selbst wenn sie Jahre später keinerlei Relevanz mehr hat – sofern sie niemand selbst löscht oder löschen lässt. Solche Einträge können später bei Versicherungen oder Bewerbungen problematisch werden. Da braucht es klare, rechtlich abgesicherte Löschmechanismen – auch für Kinder, deren Eltern das vielleicht gar nicht bedenken. Wer sich selbst um seine Akte oder im Bedarfsfall die seiner Angehörigen kümmert, den betrifft das selbstverständlich nicht.

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Die Versicherungen können unter bestimmten Umständen aber auch Daten austauschen?

Versicherungen tauschen Daten aber nicht über die ePA untereinander aus, das ist ein Trugschluss. Die Krankenkassen haben nämlich gar keinen direkten Zugriff auf die Inhalte der ePA; sie können zwar Dokumente einstellen, sie aber nicht betrachten. Ein eventueller Datenaustausch unter den Kassen läuft an der ePA vorbei, ist also davon gar nicht betroffen.

Ärzte sind gesetzlich zur Befüllung der ePA, aber auch zur Dokumentation verpflichtet. Gibt es da Herausforderungen?

Die ePA ersetzt die herkömmlichen Patientenakten nicht, sondern ist lediglich aus Informationen aus den herkömmlichen Patientenakten, die Ärztinnen führen müssen, gespeist. Daher eignet sich die ePA nicht, um gesetzliche Aufbewahrungserfordernisse der Ärzte zu erfüllen. Diese haben gesetzliche Aufbewahrungspflichten, Patienten dagegen ein Löschrecht in ihrer ePA – das passt schlicht nicht zusammen. Wenn Behandlungsunterlagen vom Patienten gelöscht werden können, kann die Ärztin ihre Dokumentationspflicht nicht mehr erfüllen. Die ePA ist daher nur ein zusätzliches Instrument, um Informationen abzubilden, nicht aber dazu geeignet, die originäre ärztliche Dokumentation zu ersetzen oder aufzubewahren.

Die Aufbewahrungspflichten sind umfangreich: Sie betragen meist zehn, teils bis zu 30 Jahre, bei Minderjährigen oft noch länger. Die Archive dürfen zwar elektronisch geführt werden, doch wer garantiert, dass Daten auch nach Jahrzehnten noch zugänglich sind? Die sichere elektronische Langzeitarchivierung ist bisher kaum etabliert. Eine Herausforderung dabei ist auch die Findbarkeit der Daten, die entsprechend – je nach Archivierungszeitraum – gekennzeichnet sein müssen, damit diese auch ordnungsgemäß gelöscht werden können.

Die ärztliche Dokumentation ist ein rechtsverbindlicher Teil des Behandlungsvertrags und dient im Streitfall auch der Beweissicherung – etwa wenn Jahre später Behandlungsfehler behauptet werden. Patientinnen und Patienten hingegen sollen in ihrer ePA frei entscheiden dürfen, welche Daten sie behalten oder löschen. Deshalb brauchen wir zwei getrennte Systeme: eines für die rechtssichere medizinische Dokumentation und ein zweites, flexibles für den patientengesteuerten Informationsaustausch.

Hinzu kommen gesetzliche Regelungen wie im Gendiagnostikgesetz, das nach zehn Jahren sogar eine Vernichtungspflicht vorsieht. Das zeigt, wie widersprüchlich und komplex der Umgang mit medizinischen Daten in der Praxis geworden ist. Wie man Daten aus Backups tatsächlich löscht oder durch Schlüsselvernichtung unzugänglich macht, ist technisch und organisatorisch noch wenig durchdacht – sowohl in vielen Praxen als auch bei den Softwareanbietern.

Besonders diskutiert werden regelmäßig die sogenannten F-Diagnosen, also Diagnosen aus dem psychiatrischen ICD-Kapitel. Dies betrifft uns Kinder- und Jugendärzte ebenfalls, denn in diesem Kapitel finden sich auch die kindlichen Entwicklungsstörungen. Also nicht nur die eben schon genannte Störung des Sozialverhaltens, sondern zum Beispiel auch die Entwicklungsstörung der Fein- und Graphomotorik, die Artikulationsstörung und so weiter. Diagnosen, die also bei Kindern oft über Jahre – korrekterweise – in der arztgeführten Patientenakte dokumentiert sind, somit klassische Dauerdiagnosen. Wenn aber Patienten die Problematik überwunden haben, bleiben die Diagnosen dennoch in der Akte – denn sie wirken sich oftmals auf die weitere Betreuung aus. Viele Studien zu Entwicklungsstörungen zeigen longitudinale Zusammenhänge zwischen Problemen im frühen Kindesalter und späteren Problemstellungen, zum Beispiel im Jugendalter.

Ist die ePA rechtlich genauso geschützt wie die klassische Patientenakte?

Nein. Die ePA ist eine patientengeführte Akte und fällt damit nicht unter den ärztlichen Beschlagnahmeschutz. Man kann sie sich wie einen privaten Ordner vorstellen – auch der darf von Ermittlungsbehörden beschlagnahmt werden. Eine arztgeführte Fallakte dagegen wäre vor dem Zugriff durch Behörden geschützt. Das ist ein gravierender Unterschied, über den viele gar nicht Bescheid wissen.

Wie erleben Sie die Technik im Alltag?

Das E-Rezept funktioniert inzwischen halbwegs zuverlässig. Die Einlösung über die Versichertenkarte hat sich durchgesetzt. Aber die dazugehörige App spielt in der Praxis kaum eine Rolle. Die meisten nutzen sie gar nicht – sie gehen einfach mit der Karte in die Apotheke. Das bedeutet aber auch, dass sie oft nicht wissen, was auf dem Rezept steht, zum Beispiel oder wie das Medikament dosiert werden soll. Der Informationsvorteil für die Patientinnen und Patienten, den man sich mit der Einführung des E-Rezepts erhofft hatte, ist also ausgeblieben.

Die Systeme, sowohl für das E-Rezept als auch für die ePA, sind allerdings immer noch nicht stabil. Wenn man sieht, wie selten Kartenterminals im Supermarkt ausfallen, ist der Unterschied frappierend. In der Medizin tragen die Praxen die finanziellen Auswirkungen der durch Dritte ausgelösten Ausfälle selbst, obwohl sie die Technik nicht einmal frei wählen konnten. Das ist teuer, frustrierend und innovationsfeindlich. Ein konkretes Beispiel ist unser Kartenlesegerät in der Praxis. Ich habe noch keine einzige Arbeitswoche erlebt, in der es ohne Absturz durchgelaufen wäre.

Dabei haben Sie sich in der Vergangenheit immer sehr begeistert für die Digitalisierung gezeigt, beispielsweise für die App „Meine pädiatrische Praxis“. Was macht diese Anwendung anders?

Diese App ist tatsächlich ein gutes Beispiel dafür, wie Digitalisierung im Arzt-Patienten-Alltag funktionieren kann, wenn sie sinnvoll umgesetzt wird. Sie wurde vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. herausgegeben und dient als direkter Kommunikationskanal zwischen Praxis und Familien. Eltern können darüber Termine buchen, Erinnerungen an Vorsorgeuntersuchungen oder Impfungen erhalten und sogar Videosprechstunden starten. Ich kann Push-Nachrichten an bestimmte Altersgruppen oder Patientinnen und Patienten schicken, zum Beispiel, um über Grippeimpfungen zu informieren oder geänderte Sprechzeiten weiterzugeben.

Das System ist bewusst geschlossen und datensparsam aufgebaut – keine Cloud, keine unnötigen Drittanbieter. Die Nutzenden entscheiden selbst, welche Funktionen sie nutzen. So habe ich ein digitales Werkzeug, das zur Versorgung beiträgt, ohne den Datenschutz zu gefährden. Für mich ist das ein Schritt in die richtige Richtung: Digitalisierung nahe am praktischen Nutzen, nicht als bürokratische Pflichtübung.

Sie experimentieren außerdem mit KI-Modellen. Was genau testen Sie da?

Ich probiere zurzeit an Dummy-Daten aus, ob eine KI Dokumenttypen automatisch erkennen kann – also ob sie unterscheiden kann, ob ein Schreiben ein Arztbrief, ein Therapiebericht oder etwa ein Versicherungsnachweis ist. Das alles geschieht lokal, auf eigenen Servern, ohne Patientendaten im Netz. Ich nutze aktuelle Modelle, wie zum Beispiel „Qwen 3“ von Alibaba oder „gpt-oss“ von OpenAI. Sie arbeiten verhältnismäßig effizient und kommen mit wenig Rechenleistung aus, also ideal für den lokalen Einsatz. Wichtig ist mir dabei nämlich vor allem, dass ich die volle Kontrolle über die Daten habe und sie nicht an unbekannte Dritte weitergebe. Deshalb kommt Cloud-Computing für medizinische Informationen aktuell für mich nicht infrage.

Ist KI Ihrer Einschätzung nach reif für den Einsatz in Praxen?

Ja, mit Einschränkungen. In kritischen Bereichen – etwa bei Diagnosen oder Therapieentscheidungen – darf sie keine autonome Rolle spielen. Aber sie kann Prozesse erleichtern: zum Beispiel Arztbriefe vorsortieren oder Gesprächsnotizen zusammenfassen. Wichtig ist, dass ich als Arzt jederzeit kontrollieren kann, was die KI macht. Wenn ich selbst im Gespräch dabei bin, erkenne ich sofort, ob eine Zusammenfassung richtig ist. Wenn die KI dagegen fremde Texte auswertet, verliere ich diese Kontrolle. Dann wird’s riskant.

Ein anderes Thema, das beschäftigt, sind medizinische Register, wozu ein Registergesetz geplant ist. Warum ist das in Deutschland eine Herausforderung?

Wir haben über 400 verschiedene Register, aber alle sind freiwillig und voneinander isoliert. Länder wie Dänemark oder Schweden machen das besser – dort gibt es eine einheitliche Identifikationsnummer, über die Gesundheitsdaten pseudonymisiert zusammengeführt werden können. So konnten sie – die Dänen, nicht die Deutschen – zum Beispiel nachweisen, dass die Masernimpfung kein Autismusrisiko verursacht. Solche Erkenntnisse sind bei uns in Deutschland kaum möglich, weil die Datenbasis fehlt.

Würden Sie also sagen, ein zentrales Gesundheitsregister wäre der ePA vorzuziehen?

Für Forschungszwecke: ja, sofern der Datenschutz stimmt. Für die individuelle Versorgung: nein, da sollte alles freiwillig sein. Ich halte nichts von einer automatischen Befüllung der Patientenakte. Gesundheitsdaten sind persönlichstes Eigentum. Wenn jemand sie speichern will – gerne. Wenn nicht, dann eben nicht.

Sehen Sie bei seltenen Krankheiten Chancen in der Mustererkennung?

Ja, absolut. Wir Ärztinnen und Ärzte erkennen im besten Fall ein paar Hundert Krankheitsmuster, vielleicht 500. Es gibt aber mehrere Tausende seltener Erkrankungen. Eine gut trainierte KI kann helfen, Muster zu finden, die wir übersehen würden. Das erweitert unseren Blick. Ich habe das in meiner eigenen Familie erlebt. Eine nahe Verwandte litt jahrelang an Schmerzen, bis ich – durch Zufall – erkannte, dass sie an einer seltenen Bindegewebsschwäche erkrankt ist. Eine KI mit entsprechender Datenbasis hätte diesen Zusammenhang vielleicht früher erkannt.

Wie sehen Sie persönlich die digitale Zukunft der Medizin?

Ich finde die Zeit unglaublich spannend. Wir haben gewaltige Chancen – etwa durch offene KI-Modelle oder smarte Praxislösungen. Aber wir müssen sie sicher und verantwortungsvoll nutzen. Die ärztliche Schweigepflicht muss auch im digitalen Zeitalter gelten und die Daten der Patientinnen und Patienten dürfen nie heimlich zum Rohstoff für Dritte werden. Heimlichkeit umgeht das Recht auf selbstbestimmte Entscheidungen. Wenn Digitalisierung den Alltag wirklich erleichtert und die Versorgung verbessert, bin ich sofort dabei. Aber sie darf kein Selbstzweck sein.


(mack)



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Länder wollen Urheberpauschale für KI


Die Rundfunkkommission der Länder hat ein Diskussionspapier für einen „Digitale-Medien-Staatsvertrag“ (DMStV) vorgelegt, das umfassende Maßnahmen zur Sicherung der kommunikativen Grundlagen einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft vorsieht. Im Zentrum der Initiative, auf die sich die Rundfunkreferenten am Donnerstag verständigt haben, steht die Bewältigung der Herausforderungen des KI-Zeitalters.

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Ein zentrales in den Eckpunkten skizziertes Vorhaben ist die Einführung eines eigenständigen, gesetzlichen Vergütungsanspruchs für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke beim Training und Einsatz von Systemen für generative KI wie ChatGPT, Gemini oder Claude. Ziel ist ein Lizenzmodell, das durch kollektive Wahrnehmung über Verwertungsgesellschaften einen fairen Ausgleich zwischen Innovation und den Interessen der Rechteinhaber, insbesondere aus dem journalistisch-redaktionellen Bereich, schafft.

Gleichzeitig sollen die Transparenzpflichten für KI-Anbieter verschärft werden. Diese müssten detailliert offenlegen, welche Werke konkret für das Training großer Sprachmodelle zum Einsatz kamen, sobald die Nutzung über eine bloße Zusammenfassung hinausgeht. Eine klare Kennzeichnungspflicht soll auch für Crawler und Bots gelten.

Im Rahmen der jüngsten großen Urheberrechtsnovelle hat die EU Ausnahmen vom exklusiven Verwertungsrecht für Text- und Data-Mining (TDM) festgelegt. Der Bundestag hat diese Vorgaben im Urheberrechtsgesetz umgesetzt. Demnach ist die Vervielfältigung von rechtmäßig zugänglichen digitalen Werken etwa zum Training von Algorithmen erlaubt, um „daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen“.

Diese Berechtigung gilt für Forschungseinrichtungen, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen: Diese dürfen keine kommerziellen Zwecke verfolgen, müssen sämtliche Gewinne in die Wissenschaft reinvestieren oder im Rahmen eines staatlich anerkannten Auftrags im öffentlichen Interesse tätig sein. Das soll verhindern, dass Institute umfangreich Daten im Dienste von Unternehmen schürfen.

Angesichts der zunehmenden Verbreitung von generativen KI-Systemen wollen die Länder prüfen lassen, ob die bestehenden TDM-Regeln angemessen sind. Ein wichtiger Punkt ist der Nutzungsvorbehalt der Rechteinhaber: Ihnen ist es sowohl nach nationalem als auch nach europäischem Recht gestattet, die Nutzung ihrer Werke für TDM ausdrücklich auszuschließen.

Damit diese Sperre wirksam und rechtssicher funktioniert, braucht es laut dem Papier klare formelle Vorgaben zur Erklärung und Wirkung des Vorbehalts. Letztlich müsse ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Urheberschutz und der Innovationsförderung gewährleistet werden, um ein stabiles Medienumfeld und verlässliche Vergütungsstrukturen zu sichern. Zuvor forderte schon der Deutsche Kulturrat eine angemessene Vergütung für die KI-Nutzung geschützter Werke. Er verweist auf deutliche Stimmen, wonach die TDM-Schranke hier nicht greife.

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Die Länder drängen zudem darauf, Chatbot-Betreiber in die medienrechtliche Verantwortung zu nehmen, insbesondere wenn ihre Systeme einem eigenen Inhalteangebot gleichkommen. Dafür sollen verpflichtende Quellenangaben und Verlinkungen sowie Plausibilitätschecks anhand verlässlicher Berichte eingeführt werden.

Um Inhalteanbieter zu stärken und ihre Refinanzierung zu sichern, strebt die Rundfunkkommission ein ausgeglichenes Regulierungsumfeld an. Dies erfordere eine Überprüfung von Werbevorschriften, um zusätzliche Reklameverbote vor allem im Fernsehen zu vermeiden und ein Gleichgewicht beim Zugang zu Werbeerlösen zwischen traditionellem Rundfunk, rundfunkähnlichen Telemedien und konkurrierenden Vermittlungsdiensten (Plattformen) herzustellen.

Anbieter, die nach journalistischen Standards arbeiten und in diese investieren, sollen im Online-Umfeld besonders geschützt werden. Die Länder erwägen hier, Diskriminierungsverbote zu konkretisieren, etwa indem die Auffindbarkeit nicht wegen Paywalls oder externer Links benachteiligt werden darf. Es soll mindestens ein gleichberechtigtes Ausspielen eigenständig recherchierter und redaktionell verantworteter Inhalte gegenüber ausschließlich KI-generierten Inhalten auf Plattformen gewährleistet werden.

Um die Auffindbarkeit journalistischer Inhalte zu fördern, sollen die bestehenden Regeln für Benutzeroberflächen evaluiert und fortentwickelt werden. Die Kriterien für einen öffentlichen Mehrwert der Berichterstattung sollen geschärft werden, um den Zugang zu verlässlichen Inhalten zu sichern und Anreize für entsprechende Investitionen zu bieten. Die Sichtbarkeit von Medieninhalten in Suchergebnissen, Feeds und Timelines soll steigen. Dafür könnten Anbieter verlässliche Inhalte mit Labels kennzeichnen, um eine bevorzugte Auswahl durch Algorithmen zu ermöglichen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Schutz freier Kommunikationsräume. Dazu zählt der Schutz vor manipulativen Verbreitungstechniken. Praktiken wie Fake Accounts, Social Bots und intransparente Bezahlung von Posts oder Klicks müssten unterbunden werden, heißt es. Ferner soll die Sicherung der redaktionellen Unabhängigkeit und Transparenz verbessert werden.

Die Länder erwägen auch, die Medienaufsicht beim Löschen unzulässiger Inhalte zu verschärfen und weitere Straftatbestände etwa zu Doxxing, Belohnung und Billigung von Rechtsverstößen oder das Beleidigen von Personen des politischen Lebens in den Medien-Staatsvertrag und den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag aufzunehmen. Das soll einen Gleichlauf zwischen Medienregulierung und Strafverfolgung gewährleisten. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) betonte als Kommissionsvorsitzender: „Wir wollen in Europa und in Deutschland die Regeln unserer gesellschaftlichen Debatten auch im digitalen Zeitalter selbst erarbeiten und nicht von Tech-Giganten bestimmen lassen.“ Erste Vorschläge für einen DMStV, bei denen es vor allem ums Umsetzen europäischer Rechtsakte geht, machten die Länder schon im Sommer.


(nen)



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Analyse mit unerwartetem Resultat: Artensterben hat sich wieder verlangsamt


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This article is also available in
English.

It was translated with technical assistance and editorially reviewed before publication.

Anders als vielfach angenommen, sterben gegenwärtig wohl überhaupt nicht mehr Tier- und Pflanzenarten aus, als in der jüngeren Vergangenheit. Der bisherige Höhepunkt beim Artensterben könnte sogar schon vor 100 Jahren erreicht worden sein. Das jedenfalls meinen eine Biologin und Biologe von der University of Arizona, die Daten zum Aussterben von mehr als 900 Tier- und Pflanzenarten in den vergangenen 500 Jahren analysiert haben. Als zentrales Ergebnis ihrer Studie sehen die beiden die Erkenntnis, dass Arten in der Vergangenheit zumeist aus anderen Gründen ausgestorben sind als heute und man historische Daten nicht einfach in die Zukunft extrapolieren könne. Ihre Arbeit wollen sie nicht als Entwarnung verstanden wissen, sondern als Grundlage für eine akkurate Einschätzung des Problems.

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Kristen Saban und John Wiens rufen jetzt in Erinnerung, dass in prominenten Studien immer wieder darauf hingewiesen worden sei, dass sich auf der Erde gerade ein Massensterben ereignet, bei dem Geschwindigkeit und Ausmaß des Artensterbens stark steigen. Diese Annahme stehe aber auf wackligen Füßen und ihre eigene Analyse komme zu einem anderen Ergebnis. Demnach hat die Geschwindigkeit des Artensterbens von Pflanzen, Gliederfüßern und Landwirbeltieren vor 100 Jahren einen Höhepunkt erreicht und sinkt seitdem. Verantwortlich seien damals primär invasive Arten auf Inseln gewesen, während die größte Gefahr aktuell von der Zerstörung natürlicher Lebensräume ausgeht.

Man könne aber nicht nur deshalb nicht aus den historischen Entwicklungen in die Gegenwart und Zukunft extrapolieren, weil sich die größten Gefahren für die Tier- und Pflanzenwelt geändert haben, schreiben die beiden weiter. Als weiteren Grund für die zurückgehende Geschwindigkeit beim Artensterben sei die harte Arbeit zum Artenschutz. Andere Studien hätten schon Hinweise erbracht, dass diesbezügliche Investitionen tatsächlich etwas bringen. Gleichzeitig weisen die beiden darauf hin, dass vor allem Weichtiere wie Schnecken und Muscheln sowie Wirbeltiere aussterben, Pflanzen und Gliederfüßer seien dagegen weniger stark betroffen. Überraschend sei noch gewesen, dass es aus den vergangenen 200 Jahren keinen Beweis für ein beschleunigtes Artensterben wegen des Klimawandels gibt.

Dass historisches Artensterben für die Vorhersage aktueller und künftiger Risiken kein zuverlässiger Faktor sei, nennt die Forschungsgruppe überraschend. Gleichzeitig weisen sie explizit darauf hin, dass ihre Studie nicht bedeute, dass der Klimawandel keine Gefahr darstelle: „Sie zeigt nur, dass vergangene Aussterbeereignisse keine Rückschlüsse auf gegenwärtige und zukünftige Bedrohungen zulassen“, sagt Wiens. Der Verlust von Biodiversität sei ein großes Problem und wahrscheinlich sehen wir dessen Folgen noch gar nicht, ergänzt Saban. Es sei aber wichtig, dass wir mit Präzision darüber sprechen, um gegenwärtige Verluste detailliert darzustellen und künftige zu verhindern. Ihre Arbeit hat die Gruppe in den Proceedings of the Royal Society of London veröffentlicht.


(mho)



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Anstieg schwerer Mängel bei der Hauptuntersuchung von Pkw


Bei den vorgeschriebenen regelmäßigen Hauptuntersuchungen haben die Ingenieure der berechtigten Prüforganisationen 2024 insgesamt 144.074 Pkw gefährliche Mängel bescheinigt oder sie gar für verkehrsunsicher erklärt. Das meldet das Kraftfahrtbundesamt. Obwohl sogar etwas weniger Autos untersucht wurden, waren es 3,2 Prozent Beanstandungen mehr als im Vorjahr. Ganz ohne Reklamation endeten 65,1 Prozent der Hauptuntersuchungen, das waren 0,6 Prozentpunkte weniger als 2023. Insgesamt begutachteten die Prüfer der berechtigten Organisationen vergangenes Jahr gut 22 Millionen Autos.

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  • 11.700-mal erklärten sie den Pkw dabei für „verkehrsunsicher“, das bedeutet, dass der Wagen nicht mal mehr aus eigener Kraft vom Hof fahren darf. Diese Zahl sank sogar etwas.
  • 132.374-mal diagnostizieren sie „gefährliche Mängel“. Diese Fahrzeuge dürfen nach der Prüfung auf direktem Weg nach Hause oder in die Werkstatt gebracht werden und müssen nach der Reparatur zur Nachuntersuchung.
  • 4,6-Millionen-mal fanden die Prüfer „erhebliche Mängel“. Solche Fahrzeuge dürfen noch gefahren werden, müssen aber „unverzüglich“ repariert und danach ebenfalls erneut vorgeführt werden. Geringe Mängel gab es 2,0 Millionen Mal, keine Mängel wurden 14,4 Millionen Mal festgestellt.

Ein wichtiger Grund für die gestiegene Zahl schwerer Mängel könnte sein, dass weniger relativ neue und mehr alte Fahrzeuge zur Hauptuntersuchung vorgeführt wurden. Hier dürfte sich bemerkbar machen, dass in den vergangenen Jahren deutlich weniger Neuwagen gekauft wurden als in der Zeit davor. Zudem gibt es schon lange den Trend, dass das durchschnittliche Fahrzeugalter steigt. Jüngere Fahrzeuge werden sehr viel seltener beanstandet als alte. Autos im Alter von null bis drei Jahren kommen zu 90 Prozent ohne Beanstandung durch die HU, im Alter von acht bis neun Jahren sind es noch 71 Prozent und bei den Autos, die zehn Jahre oder älter sind, nicht einmal mehr die Hälfte.

Nimmt man alle Fahrzeugarten, also auch Motorräder, Lkw, Fahrzeuganhänger und Ähnliches, stellten die Prüfer vergangenes Jahr bei 31 Millionen Untersuchungen insgesamt 25,5 Millionen Mängel fest, einige hunderttausend mehr als vor einem Jahr und oft mehrere am selben Fahrzeug. Am häufigsten beanstandeten sie Licht und Elektrik mit 6,6 Millionen Mängeln, gefolgt von der Bremsanlage mit 4,6 Millionen sowie dem Bereich Achsen, Räder, Reifen, Aufhängungen mit 4,3 Millionen Mängeln.

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(fpi)



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