Künstliche Intelligenz

Komet oder künstlicher Ursprung? Neue Daten zu 3I/ATLAS befeuern Debatte


Ein im Juli 2025 entdecktes Objekt mit dem Namen 3I/ATLAS sorgt für Aufsehen in der Astronomie. Als erst drittes interstellares Objekt, das je in unserem Sonnensystem beobachtet wurde, bietet es eine seltene Gelegenheit, Materie aus einem fremden Sternensystem zu untersuchen. Eine neue Studie wirft jetzt allerdings mehr Fragen auf, als sie beantwortet.

Ein internationales Team von Astronomen hat das Objekt mit mehreren erdgebundenen Teleskopen, darunter das Südafrikanische Große Teleskop (SALT) in Sutherland, genau analysiert. Ihre Ergebnisse, die Anfang August 2025 in einer wissenschaftlichen Veröffentlichung auf dem Preprint-Server Arxiv geteilt wurden, bestätigen, was erste Beobachtungen andeuteten: Das Objekt ist aktiv und von einer Staub- und Gaswolke, einer sogenannten Koma, umgeben – ein typisches Merkmal für einen Kometen. Doch eine entscheidende Eigenschaft fehlt: ein sichtbarer Schweif.

Das Team um den Astronomen Toni Santana-Ros von der Universität von Alicante im spanischen San Vicente del Raspeig liefert eine plausible Erklärung für diese Anomalie. Ihrer Analyse nach sei der fehlende Schweif wahrscheinlich eine Kombination aus einer ungünstigen Beobachtungsgeometrie und einer geringen Staubproduktion.

So könnte etwa der Schweif von der Sonne vom Objekt weggedrückt werden und sich aus unserer Perspektive genau hinter dem Kometenkern befinden. Zusätzlich scheint 3I/ATLAS nur wenige der feinen Staubpartikel freizusetzen, die für einen ausgeprägten Schweif nötig wären. Die gemessene Staubproduktionsrate und die Rotationsperiode von rund 16 Stunden passen demnach ins Bild eines „schwach aktiven Kometen“, wie man ihn auch aus unserem Sonnensystem kennt.

Diese nüchterne Erklärung teilt nicht jeder. Insbesondere der Astronom Avi Loeb von der Harvard-Universität im US-amerikanischen Cambridge sieht darin ein weiteres Indiz für seine bereits zuvor geäußerte, weitaus spekulativere These. Loeb wurde einer breiteren Öffentlichkeit durch seine Überlegungen zum ersten interstellaren Besucher Oumuamua bekannt, bei dem er ebenfalls einen künstlichen Ursprung für möglich hält.

Wie das Magazin Futurism berichtet, betrachtet Loeb die Abwesenheit des Schweifes als signifikante Anomalie. Für ihn reiht sich diese Beobachtung in eine Kette von Ungewöhnlichkeiten ein. Dazu zähle er auch die extrem unwahrscheinliche Flugbahn des Objekts, die es für nahe Vorbeiflüge an mehreren Planeten positioniert.

Um seine Einschätzung zu untermauern, hat Loeb eine eigene Metrik entwickelt. Auf seiner „Loeb-Skala“, die von eins („wahrscheinlich natürlich“) bis zehn („bestätigte außerirdische Technologie“) reicht, gibt er 3I/ATLAS derzeit eine sechs. In seinem Blog schreibt er: „Es ist anti-wissenschaftlich, von Neugier getriebene Fragen über Anomalien zu unterdrücken, bevor schlüssige Daten gesammelt wurden, um sie zu erklären.“

Die Debatte um 3I/ATLAS ist ein Lehrstück dafür, wie Wissenschaft funktioniert. Beobachtungen werfen Fragen auf, Daten werden gesammelt und Hypothesen gebildet – von konservativ bis spekulativ. Während die meisten Astronomen die einfachste Erklärung bevorzugen, sorgt Loebs medienwirksamer Ansatz dafür, dass auch unkonventionelle Ideen diskutiert werden.

Die Schattenseite dieses Vorgehens ist die Gefahr, dass die geduldige, datenbasierte Arbeit dutzender Forscherinnen und Forscher von einer spektakulären Einzelmeinung überlagert wird. Dies rückt die seriöse Astronomie in die Nähe von Science-Fiction, was der Disziplin nicht immer zuträglich ist.

Mehr Klarheit werden weitere Beobachtungen bringen, insbesondere wenn 3I/ATLAS Ende Oktober 2025 seinen sonnennächsten Punkt, das Perihel, erreicht. Die Astronomen hoffen, dann endgültig klären zu können, ob es sich bei dem Besucher um einen gewöhnlichen, wenn auch interstellaren Kometen handelt oder ob seine Eigenschaften doch auf etwas anderes hindeuten.

Dieser Beitrag ist zuerst auf t3n.de erschienen.


(jle)



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