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Little Red Dots: Galaxien – oder verkleidete Schwarze Löcher?


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Winzige, extrem helle und auffallend rote Lichtpunkte aus der Frühzeit des Kosmos haben Astronomen seit den ersten Tiefenaufnahmen des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) beschäftigt. Zunächst wirkten diese „Little Red Dots“ wie überraschend reife Galaxien in einem Universum, das dafür eigentlich zu jung ist. Inzwischen verdichtet sich eine andere Deutung: Viele dieser Objekte könnten aktive Schwarze Löcher mit dichten Gashüllen sein – ihr Spektrum gleicht eher dem eines einzelnen heißen Himmelskörpers als dem einer Galaxie aus Milliarden Sternen.

Eine im November bei arXiv veröffentlichte Analyse von 116 Little Red Dots im Rotverschiebungsbereich 2,3 < z < 9,3 liefert entscheidende Hinweise: Das UV- bis optische Kontinuum dieser Objekte lässt sich durch modifizierte Schwarzkörperstrahlung beschreiben – typischerweise mit Temperaturen um 5000 Kelvin und einem Strahlungsmaximum bei etwa 0,65 Mikrometern. Das entspricht eher einer Sternatmosphäre als dem Licht von Milliarden Einzelsternen.

Die Energiequelle sitzt im Zentrum: ein aktiv Materie verschlingendes Schwarzes Loch. Die umgebende Gashülle absorbiert die harte Strahlung und gibt sie als rötliches, thermalisiertes Leuchten wieder ab. Hauptautorin Anna de Graaff der Arbeit erklärt den Mechanismus im New Scientist: „Wenn Material in das Schwarze Loch fällt, wird viel Gravitationsenergie freigesetzt, und das könnte die gesamte Gaskugel drum herum zum Leuchten bringen wie einen Stern.“

Die Bezeichnung „Black Hole Star“ (BH*) geht auf frühere Arbeiten desselben Teams zurück. Obwohl im Inneren keine Kernfusion stattfindet, erscheint das Objekt von außen wie ein riesiger Stern – angetrieben nicht von Fusionsenergie, sondern von der Schwerkraft des zentralen Schwarzen Lochs.

De Graaff räumt ein: „Der Name ist sicherlich noch kontrovers, aber ich denke, es gibt inzwischen einen ordentlichen Konsens in der Community, dass wir auf ein akkretierendes Schwarzes Loch schauen, das in dichtes Gas eingehüllt ist.“

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Die Autoren ziehen eine Analogie zur Sternentwicklung: Die Little Red Dots liegen auf einer Sequenz im Hertzsprung-Russell-Diagramm der Sternentwicklungsphasen, die dem sogenannten Hayashi-Track entspricht – jenem Entwicklungspfad, den junge Sterne durchlaufen.

Die Studie zeigt enge lineare Beziehungen zwischen der Hα-Linienemission – eine zur Balmer-Serie gehörende Wasserstoff-Emissionslinie – und dem optischen Kontinuum sowie zwischen Hα und der sogenannten OI-8446-Linie. Heißere Little Red Dots zeigen dabei starke Balmer-Sprünge (abrupte Helligkeitsänderungen im Spektrum, die durch Wasserstoffabsorption entstehen), rote UV-Spektralindizes und hohe optische Leuchtkräften. Kühlere Objekte weisen schwächere Balmer-Sprünge und größere spektrale Vielfalt auf.

Ein weiterer Befund: Das Balmer-Dekrement – das Intensitätsverhältnis der Wasserstoff-Emissionslinien – nimmt mit Leuchtkraft und Stärke des Balmer-Sprungs zu. Das spricht für dichteabhängige Prozesse in den Gashüllen, etwa kollisionsgetriebene Anregung und Resonanzstreuung. Die [O III]-Emission stammt laut der Analyse überwiegend aus Sternentstehung in den Wirtsgalaxien, nicht vom AGN selbst.

Die BH*-Hypothese fügt sich in das Bild, das JWST seit seiner Inbetriebnahme zeichnet: Supermassereiche Schwarze Löcher scheinen von Anfang an dabei gewesen zu sein – fast wie Bausteine oder Samen für Galaxien. Auch die Entdeckung von „Monstersternen“ der Population III, die als Vorläufer besonders massereicher Schwarzer Löcher gelten, passt in dieses Szenario.

Ob Black Hole Stars tatsächlich eine eigene Objektklasse darstellen, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Autoren der Studie betonen, dass ihre Arbeit eine einheitliche empirische Beschreibung der Little Red Dots liefert und einen Referenzrahmen für künftige Modelle zu frühen, gasverhüllten aktiven Galaxienkernen setzt.

Für die Kosmologie wäre das mehr als eine Randnotiz. Es würde bedeuten, dass Schwarze Löcher nicht das späte Nebenprodukt der Galaxienentwicklung sind, sondern womöglich zu deren frühesten Architekten gehören.


(vza)



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