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Mieten statt kaufen – Das Auto wird zum Wegwerfprodukt
Immer mehr Autos werden nicht gekauft, sondern geleast. Das freut die Hersteller, die mehr Gewinn aus einem Fahrzeug herausholen.
Immer weniger Menschen zahlen den vollen Preis für ein neues Auto. Stattdessen boomen Leasing- und Kreditangebote. Rund 60 Prozent aller Deutschen plant, den nächsten Wagen per Leasing zu bezahlen. Was im Gewerbe seit Jahren Standard ist, erreicht nun also auch private Konsumenten.
Der Vorteil: Anstatt auf einen Schlag 30.000 Euro oder mehr zu investieren, genügt eine monatliche Rate – planbar, kalkulierbar, ohne langfristige Bindung. Inzwischen wird rund jeder zweite privat zugelassene Neuwagen in Deutschland geleast. Der Besitzanspruch weicht dem Nutzungsanspruch.
Der Hauptgrund dafür liegt in den explodierenden Kosten. Der VW Golf, lange Zeit der Maßstab für erschwingliche Kompaktwagen, kostete vor fünf Jahren rund 20.000 Euro. Heute startet das Modell bei etwa 28.500 Euro. Noch drastischer fällt der Preissprung bei Elektroautos aus: Im Jahr 2025 liegt der durchschnittliche Neupreis eines batterieelektrischen Fahrzeugs in Deutschland bei rund 50.060 Euro – 4.000 Euro mehr als im Vorjahr. Die Anschaffung eines Autos ist damit für viele schlicht nicht mehr aus eigener Tasche zu stemmen.
Leasing ist Alltag
Die Hersteller haben darauf längst reagiert. Leasingangebote und aggressiv beworbene Finanzierungen sollen die Verkäufe stabilisieren. Möglich wird das durch die hauseigenen Banken der Autobauer, die nicht nur die Fahrzeuge refinanzieren, sondern auch Wartungspakete, Versicherungen und Serviceverträge bündeln. Die monatliche Rate erscheint günstig, die Einstiegshürde sinkt. Gleichzeitig behalten die Hersteller die volle Kontrolle über Fahrzeugflotte und Restwert. Für viele Kunden ist das verlockend – besonders bei E-Autos, deren Wiederverkaufswert schwer kalkulierbar ist.
Noch flexibler agieren Startups wie Finn oder ViveLaCar. Sie bieten Fahrzeuge im Abomodell an. Zwar sind diese Angebote teurer als klassisches Leasing, doch dafür entfällt jede Form der langfristigen Verpflichtung. Der Nutzer entscheidet monatlich, ob das Auto noch passt. Das trifft besonders bei jungen Zielgruppen auf Zuspruch, die ohnehin keine emotionale Bindung mehr zu Marke oder Modell haben. Der Besitz des Fahrzeugs tritt in den Hintergrund, entscheidend ist, dass es funktioniert, verfügbar ist und sich bei Bedarf austauschen lässt.
Das Auto als Modeprodukt
Das Auto wird zunehmend zum Wegwerfprodukt. Wie bei Kleidung aus der Fast-Fashion-Industrie zählt weniger die Langlebigkeit, sondern die schnelle Verfügbarkeit und das „immer up to date“-Gefühl. Die Mobilität folgt so dem Takt der Konsumgesellschaft. Nachhaltig ist das nicht unbedingt, aber marktwirtschaftlich effizient.
Denn die Autobranche profitiert mehrfach von diesem Wandel. Erstens an der Leasingrate selbst, zweitens durch die Wiederverwertung der Fahrzeuge: Nach zwei oder drei Jahren Laufzeit landen die Autos erneut im Leasing oder als Kaufangebot auf dem Gebrauchtwagenmarkt. Und drittens am finalen Verkauf des Fahrzeugs, etwa nach dem zweiten Leasingzyklus. Hersteller schöpfen aus einem einzigen Fahrzeug mehrfachen Ertrag. Durch die gestiegene Kontrolle über Lebenszyklen und Wiederverwertung sinkt die Restwertunsicherheit und die Margen steigen.
Doch bei aller Kritik am Konsumverhalten: Für die Verbraucher bringt diese Entwicklung auch Vorteile. Wer alle zwei oder drei Jahre das Auto wechselt, fährt immer ein Fahrzeug mit aktueller Sicherheits- und Antriebstechnologie. Auch die Reparatur- und Wartungsrisiken minimieren sich, weil die Fahrzeuge jung sind und viele Services bereits in der Rate enthalten sind.
Der Besitz verliert an Bedeutung, die Funktion gewinnt. Und was bei Streamingdiensten, Smartphones oder Kleidung längst selbstverständlich ist, gilt nun auch für die Mobilität: Alles ist temporär, alles ist ein Abo.