Künstliche Intelligenz
Mittwoch: Windows 11 25H2 verfügbar, Googles Einblicke gegen Wettbewerbskritik
Microsoft hat das jährliche Herbst-Update für alle Nutzer von Windows 11 freigegeben. Die neuen Funktionen sind überschaubar, aber der Download ist nicht aufwendig. Denn etliche Teile des 25H2-Updates hat der Konzern bereits vorab auf die einzelnen Systeme geladen, die nun bloß noch aktiviert werden müssen. Derweil fragen sich viele Website-Betreiber und Werbetreibende, wie Google entscheidet, welches Gebot für einen Online-Werbeplatz gewinnt? Mit Einblick darin möchte der Konzern Wettbewerbsbedenken ausräumen und größeren Auflagen entgehen, die ein Gericht momentan in einem Kartellprozess erörtert. Bereits am Montag hat Apple seine Betriebssysteme aktualisiert. Doch das vermeintlich kleine Update ist wichtig, betont das BSI. Denn durch manipulierte Schriftarten lassen sich iPhones, iPads und Macs zum Absturz bringen und vielleicht missbrauchen. Deshalb sollten die Updates dringend aufgespielt werden – die wichtigsten Meldungen im kurzen Überblick.
Windows 11 kann ab sofort auf die Versionsstufe 25H2 aktualisiert werden. Microsoft hat das jährliche Herbst-Update seines aktuellen PC-Betriebssystems jetzt freigegeben. Neu ist die Unterstützung von Wi-Fi 7 im Unternehmensumfeld sowie einige KI-Funktionen, etwa im Datei-Explorer. Gleichzeitig werden das Administratorwerkzeug PowerShell 2.0 und das als veraltet eingestufte WMIC-Tool (Windows Management Instrumentation Command-Line) entfernt. Windows 11 25H2 steht als komplette ISO-Version zum Download zur Verfügung, aber das 25H2-Update bekommen Anwender auch über das herkömmliche Windows-Update. Durch die Aktivierung kleiner, bisher auf dem PC ungenutzter Programmteile wird das große Herbst-Update zum kleinen Download: Microsoft gibt Windows 11 25H2 frei.
In absichtlich rechtswidriger Weise hat sich Google zwei Monopole im Werbegeschäft gesichert, nämlich für Werbeserver sowie für Werbebörsen für Reklame auf Webseiten. Das hat ein US-Bundesbezirksgericht im April entschieden. Auch die Verknüpfung der Reklamebörse Google AdX mit dem Adserver DFP (Doubleclick for Publishers) war illegal. Derzeit wird vor Gericht erörtert, welche Abhilfemaßnahmen gesetzt werden müssen. Ein Google-Zeuge hat nun einen Vorschlag gemacht. Demnach wäre Google bereit, Webseitenbetreibern mehr Einblick darin zu gewähren, wie Googles Werbebörse entscheidet, welche Reklame gezeigt wird und welche nicht. Details müssten noch untersucht werden, aber bislang ist dieser Vorgang intransparent, wohl zum Schutz vor Wettbewerb: Google winkt Gericht mit mehr Werbedaten.
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Apple-User sollen ein Sicherheitsupdate flugs einspielen, um sich gegen Abstürze und/oder korrumpierten Arbeitsspeicher zu schützen. Nicht korrekter Arbeitsspeicher kann Sprungbrett für weitere Angriffe sein. Betroffen sind sowohl iPhones als auch iPads und diverse Apple-Computer. Daher drängt das BürgerCERT des deutschen Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik auf das am Montagabend aufgelegte Update von Apples iOS, iPadOS und macOS. Die Facheinrichtung warnt vor möglichen Denial-of-Service-Angriffen, hier in der Form wiederholter Abstürze. Der mit den Updates korrigierte Fehler liegt im Font Parser der Betriebssysteme. Angreifer könnten die Schwachstelle ausnutzen, um das Gerät zum Absturz zu bringen: Apple-Geräten droht Ungemach wegen Schriftarten-Bug, Update hilft.
Ein großes Update gibt es auch für Alexa. Mit dem Erfolg von ChatGPT & Co war es nur eine Frage der Zeit, bis Amazon sein „klassisches“ Sprachassistenzsystem mit einem neuen KI-Modell pimpt, um natürliche Konversationen zu ermöglichen. Und tatsächlich kündigte Amazon.com Ende 2023 eine überarbeitete Fassung an, die in der Lage sein sollte, längere Gespräche mit dem Nutzer zu führen und nicht nur einzelne Kommandozeilen abzuarbeiten. Derzeit ist die „Alexa+“ genannte verbesserte Sprachassistentin nur im Rahmen eines Betatests innerhalb der USA verfügbar. Doch jetzt betonte Amazon bei einem Hardware-Event noch einmal, dass Deutschland und Österreich folgen. Keine Angaben macht Amazon aber zum Termin für Alexa+: Amazon zeigt mehr von seiner neuen KI-Assistentin.
Das erste ausführliche Gameplay-Video zu „Thief VR: Legacy of Shadow“ haben Vertigo Games, Maze Theory und Eidos-Montréal veröffentlicht. Der Titel soll noch 2025 für PlayStation VR2, Meta Quest und PC VR erscheinen und bringt das Stealth-Genre zurück in die düsteren Gassen von „The City“ – erstmals vollständig in Virtual Reality. Die Handlung setzt nicht direkt an einem der früheren Teile an, sondern erzählt eine eigene Geschichte mit neuen Figuren. Die VR-Umsetzung setzt auf klassische Thief-Elemente: Heimlichkeit, Geräuschkontrolle und alternative Lösungswege. Da jede Mission mehrere Zugänge zum Ziel bieten soll, dürfen sich Stealth-Fans auf kreative Lösungswege freuen. Der Gameplay-Trailer zeigt immersives Schleichen: „Thief VR“ bringt Stealth-Gameplay in die Virtual Reality.
Auch noch wichtig:
- BMW macht das erste Angebot in Deutschland für V2G. Mit dem iX3 und einer bidirektionalen Wallbox lässt sich Geld mit dem Elektroauto verdienen durch bidirektionales Laden: Wie ein Elektroauto (endlich) Geld verdient.
- „Neon – Money Talks“ wurde schlagartig populär, weil es Geld für aufgezeichnete Telefonate versprach. Doch die landeten frei im Netz. Jetzt ist das Angebot offline: Abhör-App Neon verriet alles.
- Tage nachdem in Afghanistan viele Glasfaserverbindungen gekappt wurden, ist das Land jetzt offenbar komplett offline gegangen. Die Hintergründe sind unklar für diese „totale Internetblockade“: Ganz Afghanistan seit Montag komplett offline.
- Apple hat Montagabend Betriebssysteme aktualisiert. iOS 26.0.1, macOS 26.0.1 und Co beheben Fehler und stopfen Lücken. Updates gibt’s auch für ältere Systeme: Apples erste Bugfix-Welle für 26er-Betriebssysteme ist da.
- Statt in den Flieger muss ein Mann in die Notaufnahme, weil er bei der Sicherheitskontrolle am Flughafen seinen Galaxy-Ring nicht vom Finger bekommt: Träger von Galaxy-Ring verpasst Flug und muss in die Notaufnahme.
- Was heute Fundament der meisten PC-Spiele ist, begann vor fast 30 Jahren als verzweifelter Akt der Notwehr. Ein Blick auf Technik, Triumphe, Pannen von DirectX: 30 Jahre Windows-Gaming von DOOM95 bis Raytracing.
- Daniel Ek gründete 2006 Spotify und revolutionierte das Musikgeschäft. Nun tritt er als CEO zurück. An seine Stelle rückt eine Doppelspitze: Daniel Ek tritt als Spotify-CEO zurück.
- Hyundai sortiert das Motorenangebot im Tucson teilweise neu. Der Hybridantrieb bekommt mehr Leistung, die Mildhybride und den Diesel gibt es nicht mehr: Hyundai Tucson mit neuen Motoren, höherem Verbrauch.
- Linux 6.17 friert bcachefs ein und bereitet seine Entfernung vor. Active Vector Control (AVC) vereinfacht das „Mitigieren“ von CPU-Bugs: Linux 6.17 mit AVC erschienen.
- Durch Smartphones ohne SIM-Kartenslot verschaffen sich Hersteller wie Apple eine Machtposition, fürchten Mobilfunkanbieter hinter vorgehaltener Hand: iPhone Air mit eSIM bereitet europäischen Netzbetreibern Sorgen.
- EA wird von Private Equity gekauft. Schlimm! Fans der liebenswürdigen US-Spieleschmiede müssen sich auf so einige Veränderungen gefasst machen. Eine Glosse zum bevorstehenden Buyout von Electronic Arts: Sind die goldenen EA-Jahre jetzt plötzlich vorbei?
- Amazon hat neue Echo-Lautsprecher vorgestellt, die die aufgebohrte KI-Sprachassistentin Alexa+ unterstützen. Doch wann sie nach Europa kommt, ist offen: Echo Dot Max, Echo Studio und Echo Show vorgestellt.
(fds)
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Minds Mastering Machines 2026: Jetzt noch Vortrag für die Konferenz einreichen
Am 22. und 23. April 2026 findet die Minds Mastering Machines in Karlsruhe statt. Bis zum 23. November 2025 suchen die Veranstalter iX und dpunkt.verlag Vorträge für die Fachkonferenz zu Machine Learning und KI.
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Praxis jenseits des Hypes
Im Mittelpunkt der Minds Mastering Machines stehen weniger die KI-Hype-Themen, sondern Machine Learning in der Praxis. KI im Unternehmen bedeutet nach wie vor zum Großteil das Training Neuronaler Netze und den Einsatz klassischer ML-Methoden.
Vorträge zu aktuellen KI-Themen wie GenAI, LLMs, A2A oder MCP werden ebenfalls behandelt und dabei auf ihren praktischen Nutzen bewertet.
Die Konferenz wendet sich mit ihrem technischen Schwerpunkt an Fachleute, die ML-Projekte in die technische Realität umsetzen, darunter Data Scientists, Data Engineers, Softwareentwickler und Softwarearchitektinnen. Am Vortag der Konferenz sind am 21. April ganztägige Workshops geplant.
Themenspektrum von ML-Frameworks über GenAI und Data Engineering bis zu Datenschutz und Security
Im Call for Proposals suchen die Veranstalter bis zum 23. November Vorträge mit einer Länge von 40 Minuten und ganztägige Workshops unter anderem zu folgenden Themen:
- Deep Learning
- GenAI in der Praxis
- Validierung von ML-Anwendungen
- LLMs und multimodale Modelle
- Agentic AI, MCP und A2A
- Data Engineering: Vom Training zur Produktion
- Datenschutz, Ethik und Recht
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Besonders gerne gesehen sind Erfahrungsberichte. Das Programm wird Mitte Dezember veröffentlicht. Wer über den Verlauf der Konferenz informiert werden möchte, kann sich für den Newsletter eintragen.
Bis zur Veröffentlichung des Programms sind die Tickets zum besonders günstigen Blind-Bird-Tarif von 999 Euro (alle Preise zzgl. 19 % MwSt.) verfügbar.
(rme)
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Deutsche Bahn: 2026 viel mehr Baustellen als erwartet
Bahnfahrgäste müssen sich im nächsten Jahr auf mehr Baustellen und dadurch verursachte Verspätungen einstellen. Zahlreiche Bahnanlagen müssten früher erneuert werden als bisher gedacht, sagte Bahnchefin Evelyn Palla der „Süddeutschen Zeitung“. „Das hatten wir in unseren Prognosen in dieser Dramatik bislang nicht abgebildet“, fügte die Vorstandsvorsitzende des Konzerns hinzu.
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„Seit dem Sommer sehen wir, dass die Bahnanlagen noch schneller altern als bisher angenommen. Das betrifft Stellwerke, Schienen, Weichen und Oberleitungen. Diesen Abwärtstrend müssen wir jetzt stoppen“, führte Palla in dem Interview aus.
In diesem Jahr werde die durchschnittliche Pünktlichkeit im Fernverkehr unter 60 Prozent liegen. Für das kommende Jahr wären laut Palla 55 Prozent „vom Anspruchsniveau tatsächlich deutlich zu niedrig“. Eine konkret angestrebte Pünktlichkeitsquote nannte sie nicht.
Anlagen müssen früher ersetzt werden – mehr ungeplante Baustellen
Wegen der schnelleren Alterung der Anlagen habe die Bahn „deutlich mehr Langsamfahrstellen und deutlich mehr ungeplante Baustellen im Netz. 2025 werden wir insgesamt 26.000 Baustellen haben, das sind 5.000 mehr als im letzten Jahr. Im kommenden Jahr werden es voraussichtlich über 28.000 sein“, sagte Palla.
Das sei „eine sehr große Belastung für das Schienennetz. Und es wird erst mal nicht besser, so ehrlich müssen wir sein“, machte die Bahnchefin deutlich. „2026 geht es vor allem darum, die Pünktlichkeit zu stabilisieren und den Abwärtstrend zu stoppen.“
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Palla ist seit 1. Oktober im Amt. Sie löste Richard Lutz ab, der den bundeseigenen Konzern fast acht Jahre lang geführt hatte.
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(nen)
Künstliche Intelligenz
Wie der BGH mit einem 70er-Jahre-Gesetz die digitale Weiterbildung lahmlegt
Nicht erst seit der Pandemie sind Webinare und Online-Kurse ein elementarer Teil der beruflichen Weiterbildung. Rechtlich fallen derartige Angebote unter das Fernunterrichtsgesetz. Nachdem dessen Regelungen über Jahre kaum praktische Relevanz hatten, führen nun mehrere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) zu einem regelrechten Flächenbrand für die deutsche Digital- und Weiterbildungslandschaft.
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Ausgangspunkt für die Entscheidungen des BGH sind allerdings keine seriösen Fortbildungsangebote, sondern eher halbseidene Coaching-Anbieter. Ob ein „Business-Mentoring-Programm“ für 47.600 Euro oder der „E-Commerce Master Clubs“ für rund 7100 Euro – der BGH verneinte in beiden Fällen einen Zahlungsanspruch der Anbieter (BGH III ZR 109/24, III ZR 173/24).
Joerg Heidrich auf dem Mount Everest – mithilfe von Midjourney
Joerg Heidrich ist Justiziar und Datenschutzbeauftragter bei Heise Medien und als Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht in Hannover tätig. In seiner Freizeit besucht er mithilfe von Midjourney den Mount Everest.
Was als notwendige Regulierung des boomenden, aber in Teilen unseriösen Marktes für Online-Coaching gedacht war, hat allerdings ausgesprochen unangenehme Folgen für Anbieter von Online-Fortbildungen. Denn das Gericht entschied, dass nahezu alle derartigen Angebote unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) fallen. Dabei handelt es sich um ein Gesetz aus dem analogen Zeitalter von 1976, in dem Unterlagen für die Weiterbildung noch per Post übersandt wurden.
Die Kernaussage des BGH in beiden Fällen ist identisch und von brachialer Klarheit: Die Verträge sind nach § 7 Abs. 1 FernUSG von Anfang an nichtig. Der Grund: Die Anbieter besaßen für ihre Online-Kurse nicht die erforderliche staatliche Zulassung der zuständigen Behörde, der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) mit Sitz in Köln. Das ist ein Paukenschlag: Eine massive Rückforderungswelle droht, die nicht nur schwarze Schafe, sondern auch die Existenz seriöser Seminaranbieter gefährdet.
Verlust jeglicher Ansprüche
Die Konsequenzen sind für die Anbieter brutal und gehen weit über ein Bußgeld oder eine Kündigungsmöglichkeit hinaus: Der Anbieter verliert jeden Anspruch auf die vereinbarte Vergütung, da der Vertrag rechtlich nie existiert hat. Zudem können Teilnehmer alle bereits gezahlten Gebühren vollständig zurückfordern. Sie müssen sich dabei nicht einmal bereits erbrachte Leistungen anrechnen lassen. Die Rückforderung gilt also selbst dann, wenn der Teilnehmer die Leistung – etwa ein Seminar, Coaching oder einen Videokurs – bereits vollständig erhalten und genutzt hat.
In der Praxis bedeutet das, dass ein Teilnehmer beispielsweise eine 12-monatige IT-Fortbildung absolviert, in der er nachweislich wertvolle Fähigkeiten erwirbt und durch die er möglicherweise einen guten Job findet. Trotzdem kann er anschließend unter Berufung auf die fehlende ZFU-Nummer den Anbieter auf Rückzahlung der vollen Kursgebühr verklagen. Er erhält die Leistung quasi kostenlos.
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Diese Rechtsprechung schützt nicht nur Verbraucher vor unseriösen Angeboten, sondern lädt unzufriedene oder gar arglistige Kunden regelrecht dazu ein, die Zahlung für eine vollständig und seriös erbrachte Leistung zu verweigern – und das völlig legal. Es trifft jene seriösen Anbieter am härtesten, die in Unkenntnis der extensiven Auslegung des Gesetzes, aber in gutem Glauben gehandelt haben.
Ein analoges Gesetz für eine digitale Welt
Um die Tragweite des Problems zu verstehen, muss man sich den Ursprung des FernUSG ansehen. Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1976, also einer vordigitalen Zeit. Sein legitimer Schutzzweck war, Verbraucher vor überteuerten, minderwertigen Fernkursen zu schützen, die per Post versandt wurden. Herrin über die Zulassung solcher Angebote war von jeher die ZFU.
Eine Zulassungspflicht besteht, wenn drei Merkmale erfüllt sind:
- entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten
- eine „überwiegend räumliche Trennung“
- eine „Überwachung des Lernerfolgs“
Das Problem: Die Richter in Karlsruhe und die ZFU in Köln legen die Merkmale derart weit aus, dass fast jedes moderne E-Learning-Angebot unter die Zulassungspflicht fällt. So ist der BGH der Ansicht, dass die Anforderungen gleichfalls für private wie für gewerbliche Teilnehmer gelten, was nicht der ursprünglichen Intention des Verbraucherschutzes entspricht. Immerhin ist den FAQ der ZFU zu entnehmen, dass Live-Seminare, an denen alle Teilnehmer etwa über Zoom oder Teams teilnehmen, als „präsenzäquivalent“ gelten. Damit sind sie zulassungsfrei und fallen nicht unter das FernUSG.
Doch die digitale Realität ist eine andere. Denn sobald Live-Webinare aufgezeichnet und den Teilnehmern zum späteren, zeitversetzten Abruf zur Verfügung gestellt werden, ändert sich die Einordnung. Laut ZFU-Definition wird dies als „asynchrone Selbstlernphase“ gewertet. Der BGH argumentiert, dass durch die Aufzeichnung die synchrone Teilnahme „entbehrlich“ gemacht wird, was den Charakter des Fernunterrichts begründet.
Die Absurdität von Gesetz und Rechtsprechung zeigt sich allerdings vor allem im Bereich der Überwachung des Lernerfolgs. Im analogen Zeitalter wurde dazu ein Test verschickt, den der Teilnehmer dann zurückgesandt oder vor Ort ausgefüllt hat; es gab also benotete Prüfungen oder verpflichtende Tests. Nach der Definition des BGH liegt eine Lernerfolgskontrolle allerdings bereits dann vor, wenn dem Teilnehmer „die bloße Möglichkeit eröffnet wird, inhaltliche Fragen zu stellen“. Die Begründung: Wenn Teilnehmer eine Frage stellen, sei es in einem Chat, einem Forum oder einem Live-Q&A, könne der Dozent daraus Rückschlüsse auf den Lernstand ziehen, was eine „Überwachung des Lernstands“ darstelle.
ZFU-Zulassung als Alternative?
Der vermeintlich einfache Ausweg aus dem Dilemma ist, eine ZFU-Zulassung zu beantragen. Allerdings ist dieser Zulassungsprozess für moderne E-Learning-Angebote völlig ungeeignet und wird von Branchenkennern als massiver „Bremsklotz für Innovation“ bezeichnet. Denn der Prozess ist nicht nur teuer, sondern auch überaus bürokratisch.
So kann man nicht etwa das Unternehmen zertifizieren, sondern es muss vielmehr jeder einzelne Kurs angemeldet und genehmigt werden. Und dieser Prozess ist prohibitiv teuer, insbesondere für kleine Anbieter, Soloselbstständige oder Kurse in Nischenbereichen. Bereits die Mindestgebühr liegt bei 1050 Euro pro Kurs, die Regelgebühr bei 150 Prozent des Netto-Kurspreises. Bei einem B2B-Workshop für 2500 Euro netto beträgt die Gebühr der Behörde also stolze 3750 Euro.
Die ZFU-Zulassung bestätigt dann, dass ein Lehrgang den Anforderungen des FernUSG entspricht, und die Lehrgänge fachlich und didaktisch geeignet sind, das Lehrgangsziel zu erreichen. Auch die Einhaltung der Rechtsvorschriften, etwa hinsichtlich des Fernunterrichtsvertrags und der Informationsmaterialien, wird geprüft. Ob dieser Overhead aber beispielsweise für ein einstündiges Webinar über aktuelle Malware-Bedrohungen notwendig ist, darf bezweifelt werden.
Und der Vorgang kann dauern! Antragsteller berichten von Wartezeiten zwischen drei und neun Monaten, bis eine Zulassung erteilt wird. Dazu müssen didaktische Konzepte, Lernmaterialien, Videos, Aufgaben und Vertragsunterlagen zur Prüfung eingereicht werden. Derzeit scheint die ZFU mit einer Flut an Neuanträgen seit den BGH-Urteilen so überlastet zu sein, dass man „aufgrund aktueller Entwicklungen“ telefonisch nicht erreichbar ist.
Service verschlechtern?
Und noch ein Punkt: Das ZFU-System basiert auf dem 1970er-Jahre-Modell eines statischen, gedruckten Lehrbuchs. „Wesentliche Änderungen“ am Kurs, etwa neue Module, geänderte Lernziele, eine neue Rechtslage oder Updates, erfordern daher eine erneute, kostenpflichtige Prüfung und Genehmigung. Für die meisten Anbieter, insbesondere im schnelllebigen IT-Bereich, ist es aber strukturell unmöglich, einen agilen IT-Kurs ZFU-konform zu betreiben. Der Anbieter müsste für jedes wichtige Update monatelang auf eine Neuzulassung warten.
Ein Anbieter, der der wenig praktikablen Zulassungspflicht entgehen will, muss sein Angebot im Endeffekt aktiv verschlechtern. Denn er hat zwei Möglichkeiten: Entweder er verzichtet auf die Aufzeichnung des Kurses und verwehrt es so den Teilnehmern, sich nach Ende der Live-Session noch einmal in Ruhe mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Oder er verzichtet grundsätzlich auf Feedback-Möglichkeiten und lässt keinerlei Rückfragen in der Veranstaltung zu.
Es ist offensichtlich, dass diese Einschränkungen wenig sinnvoll und nicht im Interesse der Veranstalter und der Kunden sind. Die BGH-Rechtsprechung und das vollkommen veraltete Gesetz schützen Teilnehmer also nur bedingt vor schlechten Kursen. Faktisch fördert diese Rechtslage schlechtere, weil unbetreute Kurse, wenn Anbieter die Bürokratie der ZFU vermeiden wollen. Seriöse Anbieter, die auf Interaktion, Community und Betreuung als didaktischen Mehrwert setzen, werden bestraft.
Ein Appell an den Gesetzgeber
Festzuhalten ist, dass das FernUSG ein völlig veraltetes Gesetz ist, das zu allem Überfluss vom BGH auch noch extensiv ausgelegt wird. Das trifft zwar einige schwarze Schafe aus einer nicht immer seriösen Coaching-Branche. Betroffen ist aber auch die gesamte Branche beruflicher Weiterbildung, was letztlich fatal für den Bildungsstandort Deutschland ist. Nicht zuletzt droht eine Klagewelle von Teilnehmern, die nun sogar nach Abschluss ihres Kurses das Entgelt zurückfordern können. Dieser Zustand wird einige Anbieter sogar in ihrer Substanz gefährden.
Dringend gefordert ist hier der Gesetzgeber, der diese zutiefst unbefriedigende Rechtslage dringend überarbeiten muss. So findet sich bereits im Koalitionsvertrag ein Passus, wonach man eine Modernisierung des Fernunterrichtsschutzgesetzes anstrebt, um Qualität und Transparenz im Bereich der digitalen Weiterbildung zu verbessern. Dies fordert die gesamte Bildungsbranche und in einer Stellungnahme sogar der Deutsche Normenkontrollrat, der eine vollständige Abschaffung des Gesetzes anregt.
Passiert ist bislang allerdings wenig. Dies liegt auch daran, dass man eine groß angelegte Modernisierung digitaler Weiterbildungsangebote plant. Das ist ein wichtiges Ziel, dauert aber zu lange. Notwendig ist aber eine zeitnahe legislative Notbremsung, um den aktuellen Zustand erst einmal den Realitäten anzupassen.
Hinweis: Die heise group betreibt mit der heise academy selbst eine Plattform für digitale Bildung.
(vbr)
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