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Nao kooperiert mit Redstone: Jeder soll ab 1.000 Euro in VC investieren können

Nur weil etwas bisher niemand gemacht hat, heißt das nicht, dass es unmöglich ist. Mit dieser Überzeugung gründete Robin Binder 2022 sein Wealth-Tech-Startup Nao.
Die Idee: Das Brokerage-Modell aus dem Aktienmarkt auf den schwer zugänglichen Privatmarkt übertragen. Privatanleger sollen künftig genauso einfach in Private-Equity-Fonds investieren können wie in Aktien.
Wir haben Nao-Gründer Robin Binder in seinem Office in Berlin-Mitte besucht und über die Entstehung und Vision seines Startups und seine persönlichen Learnings auf seiner Gründerreise gesprochen.
Vom Banker zum Fintech-Gründer
Bevor er Gründer wurde, hatte Binder eine recht Gründer-unübliche Karriere. Er machte sein duales Studium bei der Hypo Vereinsbank in Stuttgart und betreute dort als Relationship Manager mittelständische Unternehmen in Süddeutschland. Als eines dieser Unternehmen – sein „Lieblingskunde“ – an einen Private-Equity-Investor verkauft wurde, entschied sich Binder vom Banker zum Vermögensverwalter zu wechseln.
2020 zog er nach Berlin, um das Family-Office seines ehemaligen Kunden, des Unternehmers Vincent Bodo Andrin, mit aufzubauen – Zeitgeist. Heute ist er dort operativ nicht mehr aktiv, unterstützt das Unternehmen aber weiterhin als Advisor. Zwei Stunden im Monat, sagt er.
Zeitgeist sei für Binder ein entscheidender Zwischenschritt gewesen, um von der klassischen Finanzwelt in die Startup- und Investmentwelt zu wechseln. „Ich habe relativ schnell im Family-Office Personalverantwortung und Führung übernommen. Das Thema, wie verteilst du Aufgaben, wie viel musst du verfügbar sein für dein Team, habe ich sehr früh gelernt.“
Trotz dieser Erfahrung gibt er zu, dass es ihm bis heute schwerfalle, Aufgaben abzugeben. Er sei sehr perfektionistisch und habe hohe Ansprüche – das mache es nicht leichter.
Während seiner Zeit als Investor bei Zeitgeist baute Binder zudem ein starkes Netzwerk auf. Er lernte zahlreiche Gründer kennen, analysierte Geschäftsmodelle und bekam ein gutes Gespür dafür, was funktioniert – und was eben auch nicht. Er habe gelernt, auf sein Netzwerk zu vertrauen. „Wenn einem Leute Tipps geben, denen man vertraut, sollte man dieselben Fehler nicht selbst nochmal machen.“
Vom Bond-Startup zur Multi-Asset-Plattform
Mit 2022 startet Binder dann sein eigenes Ding. Erst ein Startup für Aktienanleihen, doch dabei wollte er es nicht belassen. „Ein entscheidender Schritt war die Entscheidung für eine Multi-Asset-Plattform und weg von den Aktienanleihen“, sagt Binder.
Auch den Namen seines Startups änderte der Gründer im Nachhinein: Ursprünglich hieß es Beautiful Bonds. „Aber dann war relativ schnell klar, dass Bonds ein bisschen wenig ist und ich die Chance bei Alternative Investments gesehen habe“, so der Gründer.
Mittlerweile umfasst das Produktangebot nicht nur Private-Equity-Fonds, sondern auch Private Debt, Infrastruktur-Investments, Hedgefonds und Multi-Alternative-Fonds.
Und ganz neu im Portfolio: der Redstone Global Venture-ELTIF. Der Fonds investiert in eine Vielzahl europäischer Redstone-Fonds und Fondsgenerationen.
Als Nao-Kunden bekommen Privatanleger somit ab 1.000 Euro Zugang zu hunderten Startups aus den Bereichen Fintech, Deeptech, Künstliche Intelligenz, Bildung und Gesundheit.
Kleines Team ohne direkten Kundenkontakt
Beim technischen Aufbau von Nao unterstützte ihn zunächst sein Co-Founder Philipp Nowakowski, der das Startup jedoch im Oktober 2024 verließ und inzwischen als Interim-CTO bei Orderbird arbeitet.
Ein Jahr nach der Gründung stieg Amel Hasanovic als neuer Co-Founder ein und verantwortet seitdem als Chief Product Officer sämtliche Produktentwicklungen. Vorher war Hasanovic beim Vermögensverwalter Flossbach von Storch und als Head of Product beim Kölner Neobroker Nextmarkets.
Insgesamt beschäftigt Nao aktuell 13 feste Mitarbeiter. Ein kleines Team, aber das reiche. Denn im Gegensatz zu Wettbewerbern wie Moonfare oder Liqid, die noch auf digital unterstützte Vertriebsprozesse setzen, positioniert sich Nao als rein digitaler Broker.
Das Startup hat keinen klassischen Vertrieb, erklärt der Gründer. „Wir haben den krassen technologischen Vorsprung“, sagt Binder selbstbewusst. „Über ein Jahr, bevor irgendjemand an solche Produkte gedacht hat für Retail, haben wir die technologische Infrastruktur schon geschaffen.“
Dank dieser Basis könne Nao beliebig skalieren – egal ob jemand 1.000 oder eine Million Euro investiere, für die Plattform mache das operativ keinen Unterschied.
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Wie funktioniert das Nao-Angebot?
Nachdem Nutzer die App heruntergeladen haben, verifizieren sie sich online und eröffnen ein Depot bei der Baader Bank, mit der Nao kooperiert. Anschließend können sie aus verschiedenen Anlageprodukten wählen – aktuell etwa dem Muzinich Private Debt, dem FERI Opto Flex oder dem Geldmarktfonds von Goldman Sachs. Die Mindestanlage liegt bei 1.000 Euro.
Nao bündelt die Einzelorders seiner Nutzer, investiert die Gesamtsumme in den jeweiligen Fonds und teilt die Anteile anschließend digital auf die einzelnen Anleger auf.
Dafür nutzt das Startup eine sogenannte Nominee-Struktur, die ein separates Sammelvehikel überflüssig macht. Das spart Kosten, wie Binder betont: „Wir haben keine Double-Fee-Layer. Durch die Struktur können wir sehr günstig sein, weil wir keine Feederkosten haben.“
Das Geschäftsmodell basiert primär auf einer einmaligen Gebühr von 1 bis 2 Prozent, abhängig davon, wie liquide der gewählte Fonds ist. Zusätzlich fällt eine Verkaufsgebühr zwischen 0,5 und 0,79 Prozent an. Bei einigen Fonds erhält Nao außerdem eine laufende Provision vom Anbieter, ähnlich wie ETF-Plattformen.
Qualität statt Masse: Das kuratierte Portfolio
Nao will seinen Nutzern ein kuratiertes Produktportfolio bieten. Binder übernimmt die Prüfung und Auswahl der Fonds persönlich, erzählt er.
Dabei orientiere er sich an klar definierten Kriterien: Neben Liquidität, erwarteter Rendite, Gebührenstruktur und Track-Record spielen auch die Fondsstruktur sowie das Eigeninvestment der Fondsmanager eine zentrale Rolle.
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„Ich investiere auch selbst privat in alle Produkte, die wir anbieten. Ich stehe voll und ganz hinter den Fonds und Partnern, die wir haben“, betont Binder.
Kunden sollen „super happy“ sein
Gerade bei alternativen Anlageklassen wie Private Equity fehle vielen Privatinvestoren noch das nötige Hintergrundwissen, meint Binder. Deshalb bietet Nao über die App Erklärtexte, Tutorials und ausführliche FAQs, die den Einstieg erleichtern sollen.
Da Nao vollständig digital arbeitet und der direkte Kundenkontakt im Alltag eher gering ist, legt Binder auch besonderen Wert auf den Community-Aspekt. Um Nähe aufzubauen und Vertrauen zu fördern, setzt das Team auf Offline-Events, bei denen auch die Fondsmanager persönlich anwesend sind.
„Ich möchte lieber, dass unsere Kunden super happy sind und wir stetig und nachhaltig wachsen, als übermäßig viele Kunden zu haben, die unzufrieden sind“, sagt Binder.
Keine All-in-One-Plattform
Binder hat ein klares Ziel: „In fünf Jahren möchten wir die führende Plattform für Private Alternatives sein. Wenn du, egal wo in Europa, über Private Equity oder Private Debt redest, soll der Name Nao fallen.“
Trotz dieser Wachstumsambitionen wolle sich Nao bewusst spezialisieren – und nicht zu einem Fintech-Allrounder entwickeln. Der Fokus liegt auf alternativen Anlageklassen. Binder sagt: „Ich glaube fest daran, dass ein Pure Player, ein echter Spezialist, sich durchsetzen wird.“
Mit dieser Haltung steht er im Fintech-Sektor eher allein da. Viele große Anbieter wie Trade Republic, N26 oder Scalable verfolgen den Ansatz einer All-in-One-Plattform für alle Bereiche der persönlichen Finanzen.
Wenig Kapital eingesammelt
Im Vergleich zu vielen anderen Fintechs hat Nao bislang nur wenig externes Kapital aufgenommen. Insgesamt flossen in einer Seed-Runde bislang 4,5 Millionen Euro in das Berliner Startup.
Zum damaligen Zeitpunkt, erinnert sich Binder, sei B2C-Fintech bei Investoren nicht besonders gefragt gewesen. Das habe das Team gezwungen, besonders effizient zu wirtschaften.
Sparsamkeit liegt ihm ohnehin im Blut, sagt Binder, schließlich komme er aus dem Schwabenland.
Eine Series-A-Runde ist derzeit zwar nicht offiziell in Planung, doch Binder meint, dass man als Gründer sowieso dauerhaft im Fundraising sei.