Datenschutz & Sicherheit

Neue Aufsicht über digitale Dienste hat vier Verfahren eingeleitet


Insgesamt 824 Beschwerden über mögliche Verstöße gegen das Gesetz über digitale Dienste (DSA) gingen im Jahr 2024 beim deutschen Digital Services Coordinator (DSC) ein. 87 Beschwerden leitete diese Koordinierungsstelle an den DSC des EU-Landes weiter, wo der betreffende Online-Dienst seinen Sitz hat. In fast allen Fällen war das Irland, wo viele US-Dienste, darunter Meta und Google, angesiedelt sind. Selbst eröffnete der deutsche DSC lediglich vier Verwaltungsverfahren gegen Anbieter, für deren Aufsicht er verantwortlich ist. Das geht aus dem ersten Tätigkeitsbericht der Behörde über das Vorjahr hervor, der gestern veröffentlicht wurde.

Vollständig in Betrieb ist der bei der Bundesnetzagentur angedockte DSC seit Mai 2024. Die Leitungsstelle ist mit Johannes Heidelberger erst seit Juli besetzt. Die Behörde ist für die Durchsetzung des DSA zuständig. Das europäische Digitalgesetz ist nach einer Übergangszeit Anfang des Vorjahres in Kraft getreten und soll unter anderem die Rechte von Nutzer:innen gegenüber Online-Diensten sichern. Betroffene Dienste müssen etwa zumindest grob offenlegen, wie sie Inhalte moderieren und sich dabei an bestimmte Regeln halten.

Ein Großteil der Beschwerden drehte sich laut dem Tätigkeitsbericht um mögliche Verstöße gegen die Impressumspflicht oder den Datenschutz. Hinzu kamen Beschwerden über betrügerische Webseiten, Geschäftsmodelle oder Dienstleister sowie Abo-Fallen oder Probleme bei Online-Einkäufen. Berücksichtigt wurden in der Statistik lediglich gültige Eingaben nach Artikel 53 des DSA, der Nutzer:innen ein Beschwerderecht einräumt.

Ein Verfahren abgeschlossen

In drei der vier eingeleiteten Verfahren ging es um DSA-Anforderungen an die Einrichtung von Melde- und Abhilfeverfahren (Artikel 16), die Begründung von Maßnahmen gegenüber Nutzer:innen (Artikel 17) und die Ausgestaltung des internen Beschwerdemanagementsystems der Plattformen (Artikel 20). Eines der Verfahren wurde bereits im Vorjahr abgeschlossen, da der Anbieter die Mängel rasch beseitigt hat. In zwei der Verfahren sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Im vierten noch offenen Verfahren geht es um einen Anbieter aus dem EU-Ausland, der bislang keinen vom DSA vorgeschriebenen gesetzlichen Vertreter benannt hat.

Neben dem DSC übernehmen weitere Behörden gesonderte Aufsichtspflichten. Für besonders große Online-Dienste, sogenannte VLOPs (Very Large Online Platforms), obliegt die Kontrolle der EU-Kommission. Darüber hinaus ist für die Durchsetzung des Jugendmedienschutzes in Deutschland die bei der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) angesiedelte unabhängige Stelle zur Durchsetzung von Kinderrechten in digitalen Diensten (KidD) zuständig. Zudem übernehmen die Landesmedienanstalten sowie die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) weitere Aufgaben. Von den Beschwerden nach Artikel 53 wurden zwei an die anderen zuständigen Behörden weitergeleitet, in diesen Fällen an die Landesmedienanstalten.


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Vor allem letztere Behörden waren recht umtriebig. So haben die Landesmedienanstalten im Vorjahr 4.225 nicht mit Rechtswirkung versehene Hinweise auf potenziell rechtswidrige Inhalte an Online-Dienste versendet, sogenannte „Referrals“. Dabei grasen sie teils automatisiert das Netz nach potenziellen Rechtsverstößen ab. Die Schwelle zu einer Entfernung von rechtswidrigen Inhalten auf Basis des DSA haben die Hinweise in den meisten Fällen bislang nicht überschritten. Erreicht haben den DSC lediglich 51 Anordnungen der Landesmedienanstalten, die sich auf rechtswidrige Fälle bezogen hatten.

Vollständig ist die Statistik über Entfernungs- und Auskunftsanordnungen jedoch nicht, betont der Bericht. So steht das Portal für solche Anordnungen erst seit November 2024 den Justiz- und Verwaltungsbehörden zur Verfügung und wurde erst seit dem ersten Quartal 2025 sukzessive bekannt gemacht. Insbesondere im strafrechtlichen Kontext soll es eine „Vielzahl von Ermittlungsanordnungen“ gegeben haben, die nicht an den DSC übermittelt werden konnten, heißt es im Bericht.

Erste Zertifizierungen

Neben der Bearbeitung von Beschwerden von Nutzer:innen oder Behörden hat der DSC erstmals sogenannte vertrauenswürdige Hinweisgeber zertifiziert. Dabei kann es sich beispielsweise um zivilgesellschaftliche Organisationen mit besonderer Expertise handeln, deren rechtlich nicht bindende Hinweise auf mutmaßlich rechtswidrige Inhalte von den Online-Diensten mit Priorität behandelt werden sollen. Insgesamt wurden im Vorjahr 22 Anträge gestellt, davon abgesegnet wurde bloß jener der „Meldestelle REspect!“ bei der Jugendstiftung Baden-Württemberg.

Zugelassen wurde mit der User Rights GmbH auch erstmals eine außergerichtliche Streitbeilegungsstelle. In einem noch früheren Stadium befindet sich der Forschungsdatenzugang, dessen Rahmenbedingungen die EU-Kommission erst jüngst festgelegt hat. Am entsprechenden delegierten Rechtsakt habe sich der DSC beteiligt; mit Zertifizierungen ist im Laufe des Jahres zu rechnen.

Auch an anderer Stelle zeigt sich, wie jung der DSA noch ist. So ist der DSC personell weiterhin unterbesetzt. Geschätzt wurden im Vorfeld rund 70 benötigte Planstellen für Fachaufgaben und 20 für querschnittliche Aufgaben wie IT-Technik oder Personalbearbeitung. Zum Stichtag 31.12.2024 waren jedoch nur insgesamt 20 Personen beim DSC beschäftigt. Zudem sind im Entwurf des Haushaltes 2025 insgesamt nur knapp 50 Planstellen vorgesehen. Das monierte schon der Beirat des DSC in seinem jüngst veröffentlichten ersten Bericht. Zwar sei die Zusammenarbeit „positiv und konstruktiv“. Allerdings stellte das Gremium fest, dass die DSC-Koordinierungsstelle „nach wie vor durch ihre begrenzte personelle Ausstattung limitiert ist“.



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