Datenschutz & Sicherheit
Neues Bündnis fordert mehr Engagement für offene Netzwerke
Das neue Bündnis „Offene Netzwerke und demokratische Öffentlichkeit. Dezentral, souverän und fürs Gemeinwohl!” hat heute auf einer Pressekonferenz seine Forderungen für offene Netzwerke vorgestellt. Das zivilgesellschaftliche Bündnis, dem unter anderem die Digitale Gesellschaft, Wikimedia Deutschland und die Mastodon gGmbH angehören, richtet sich mit seinen Forderungen an den „Gipfel zur Europäischen Digitalen Souveränität“, der am 18. November in Berlin stattfindet.
Auf dem Gipfel wollen sich die deutsche Bundesregierung und die französische Staatsregierung gemeinsam mit den anderen EU-Mitgliedstaaten dafür einsetzen, „die digitale Souveränität Europas zu festigen“.
Es sei ein grundsätzliches Problem, dass derzeit nur einige wenige Tech-Konzerne darüber entscheiden, wie wir uns informieren, worüber wir diskutieren und damit auch, wie sich ein großer Teil der Öffentlichkeit konstituiere. „Das ist eine Gefahr für die Demokratie“, sagte Michael Kolain vom Zentrum für Digitalrechte und Demokratie. Es brauche echte Alternativen, nämlich digitale Plattformen, die dem Gemeinwohl statt Profitinteressen dienen.
Nicht nur Großprojekte und Künstliche Intelligenz
Auf der Pressekonferenz äußerten die Bündnisvertreter:innen die Sorge, dass der geplante Gipfel sich auf Großprojekte und sogenannte Künstliche Intelligenz fokussiere, während wirksame Maßnahmen schon mit deutlich weniger Ressourcen möglich wären.
Was es nicht brauche, seien europäische Nachbildungen der Plattformen durch große Industrieanbieter, die mit Milliarden an öffentlichen Steuergeldern finanziert werden. „Wer den europäischen Wirtschaftsstandort absichern möchte, sollte nachhaltige öffentliche Investitionen in digitale Infrastrukturen umsetzen, die von allen europäischen Bürger:innen genutzt werden können“, so Sandra Barthel, die für die Digitale Gesellschaft das Bündnis mit ins Leben gerufen hat.
Wir sind ein spendenfinanziertes Medium
Unterstütze auch Du unsere Arbeit mit einer Spende.
30 Millionen jährlich fürs Fediverse
Eine Forderung des Bündnisses ist eine jährliche Förderung in Höhe von 30 Millionen Euro für das Fediverse. Unter dem Fediverse versteht man das Netzwerk aller sozialen Netzwerke, die mit dem technischen Protokoll ActivityPub miteinander kommunizieren können. Im Fediverse ist es möglich, unterschiedliche Plattformen zu betreiben, die ähnliche Funktionen haben wie Instagram, Twitter, YouTube, Facebook oder TikTok. Schon heute gibt es Millionen Accounts im Fediverse und eine aktive Community. Mit etwas Wissen und Technik können sich alle mit eigenen Instanzen am Fediverse beteiligen und selbstbestimmt mitmachen.
Für das Fediverse brauche es allerdings staatliche Subventionen. „Offene, dezentrale Netze für diese Gesellschaft können wir nur zusammen mit der Gesellschaft weiterentwickeln“, sagte Björn Staschen von Save Social – Networks For Democracy. Es gebe gute technische Grundlagen, um die vorhandenen Netze zu beleben und zu verbessern, so Staschen weiter. Zusätzlich brauche es einen politischen Rahmen und umfassende Investitionen.
Zu Beginn wolle sich das Bündnis auf die Förderung des Fediverse konzentrieren, weil dies – etwa im Gegensatz zu Bluesky – ein funktionierendes dezentrales Netzwerk sei, das von vielen unterschiedlichen Playern und Communities getragen wird.
Öffentliche Institutionen sollen offene Netzwerke nutzen
Eine weitere Forderung des Bündnisses trägt den Namen „+1-Prinzip“. Es zielt auf die Bundesregierung sowie öffentliche Institutionen ab, die öffentliche Mittel nutzen, um auf kommerziellen Plattformen zu kommunizieren. Sie sollen dazu verpflichtet werden, „mindestens eine freie, digital souveräne Alternative gleichwertig“ mitzudenken und aktiv zu bespielen, beschreibt Ralf Stockmann von Save Social das Anliegen.
Nutzer:innen, die auf dem Laufenden bleiben möchten, wären damit nicht gezwungen, Accounts bei kommerziellen Plattformen zu betreiben. Gleichzeitig würde das „+1-Prinzip“ dezentrale Netzwerke zusätzlich beleben und stärken.
Gemeinnützigkeit für offene Software
Um offene Netzwerke zu fördern, müsse freie und offene Software ohne Gewinnerzielungsabsicht gemeinnützig werden. Software werde häufig ehrenamtlich entwickelt und bilde heute zugleich die Grundlage digitaler Infrastruktur, die Staat, Wirtschaft und Gesellschaft tagtäglich nutzen. „Um dieses digitale Ehrenamt zu würdigen, Rechtssicherheit zu schaffen und die dauerhafte Pflege rechtlich wie finanziell abzusichern, braucht es endlich einen neuen Zweck der Gemeinnützigkeit“, sagt Sabine Grützmacher, ehemalige Abgeordnete der Grünen im Deutschen Bundestag.
Darüber hinaus fordert das Bündnis den Aufbau einer „pan-europäischen, multilingualen Medienplattformen“ im Rahmen der „Apply AI Strategy“ der EU-Kommission. Und hier schließt sich der Kreis: Denn diese Medienplattform müsse dem Bündnis zufolge, auf Grundlage offener Protokolle wie Mastodons ActivityPub errichtet werden. Außerdem sollten dabei zivilgesellschaftliche Akteure sowie bestehende Initiativen wie Display Europe einbezogen werden.
Dokumentation
Das Bündnis “Offene Netzwerke und demokratische Öffentlichkeit. Dezentral, souverän und fürs Gemeinwohl!” wird derzeit getragen von:
- Digitale Gesellschaft e.V.
- Save Social – Networks For Democracy
- Zentrum für Digitalrechte und Demokratie
- D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt
- Mastodon gGmbH
- Innovationsverbund Öffentliche Gesundheit
- Cultural Broadcasting Archive – cba.media
- DisplayEurope.eu
- Newsmast Foundation
- IFTAS – federated trust and safety
- Verband Freier Rundfunk Österreich
- Free Software Foundation Europe
- Krytyka Polityczna
- Fairkom
- Wikimedia Deutschland
- Wikimedia Österreich
- Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e. V. (FIfF)