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Olaf Lies: Erster SPD-Landeschef hält Verbrenner-Aus 2035 für unrealistisch


Mit Olaf Lies fordert erstmals ein SPD-Ministerpräsident, dass in der EU kein generelles Verbrennerverbot ab 2035 gelten soll. Das Ziel, in zehn Jahren ausschließlich reine E- Autos zu verkaufen, „ist leider unrealistisch“, schreibt der niedersächsische Landesvater in einem Papier zur Kursbestimmung auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität. Stattdessen sollten Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren – insbesondere Plug-in-Hybride und E-Autos mit Range-Extender – weiter zugelassen werden dürfen, wenn sie zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Das ähnelt dem derzeit geltenden kanadischen Modell, wo ab 2035 eine emissionsfreie Mindestreichweite von 80 Kilometern vorgeschrieben ist.

Um die Klimaneutralität zu gewährleisten, sollen dem von Politico Pro veröffentlichten Lies-Vorschlag zufolge mehr „klimaneutrale Kraftstoffe“ wie die unter hohem Energieeinsatz hergestellten E-Fuels und Biokraftstoffe beigemischt werden. Entsprechende Quoten müssten von Jahr zu Jahr steigen. Um die Verfügbarkeit dieser Kraftstoffe zu sichern, sei frühzeitig ein regulatorischer Rahmen zu schaffen und Infrastruktur für Wasserstoff sicherzustellen. Auch „E-Fuel-only“-Fahrzeuge sollten vorangebracht werden.

Lies hat seinen Ansatz laut Politico eng mit der saarländischen Regierungschefin Anke Rehlinger (SPD) abgestimmt. Er hält demnach an der Zielmarke 2035 für eine emissionsfreie Neuwagen-Flotte grundsätzlich fest. Der Sozialdemokrat erachtet es aber für nötig, den Weg dorthin an die Realitäten anzupassen, da der Absatz sowohl bei Elektro- als auch bei Verbrennerfahrzeugen schwächele. Er schlägt daher einen Pakt der Mitte vor, der Deutschland wieder in eine internationale Spitzenposition bringen soll.

Die Elektromobilität erachtet der Ministerpräsident als Leittechnik der Zukunft und den akkuelektrischen Antrieb als das effizienteste, günstigste und am schnellsten skalierbare Instrument für den Massenmarkt. Um den Erfolg der E-Mobilität zu sichern, müssten die Rahmenbedingungen aber fundamental verbessert werden. Es gehe etwa um Senkung der Energiepreise, Ausbau der Ladeinfrastruktur und erneute Kaufanreize.

Als konkrete Maßnahmen nennt Lies verpflichtende Schnellladesäulen bei größeren Tankstellenketten, Förderung des bidirektionalen Ladens mithilfe von E-Autos durch Steuer- und Abgabenbefreiung sowie eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf Fahrzeuge mit Akkumulatorantrieb von 19 auf 7 Prozent. Zudem sollen „Super-Credits“ kleine, kostengünstige E-Autos attraktiver machen, um sie in der Breite zu etablieren.

Ein weiteres zentrales Element der Position ist eine Flexibilisierung der Flottengrenzwerte. Statt starrer Stufensprünge soll ein gleitender, an Indikatoren wie Lade- und Netzkapazitäten, Stromkosten und Akkuzellenverfügbarkeit gekoppelter Gleitpfad eingeführt werden. Damit soll Investitionsplanungssicherheit geschaffen werde. Die europäische Autoindustrie ruft seit Längerem nach mehr „Flexibilitäten“. Das Land Niedersachsen ist mit 20 Prozent am VW-Konzern beteiligt und somit zweitgrößter Einzelaktionär Volkswagens.

Die aktuelle, auch auf EU-Ebene hitzig geführte Debatte über ein Aus vom Verbrenner-Aus hat Lies in der ARD als „unglaublich“ bezeichnet. Letztlich seien sich doch alle klar darüber, dass die „Zukunft die Elektromobilität sein“ wede. Das sage er nicht nur als Ministerpräsident, sondern auch als Ingenieur. Der Begriff „Verbrennerverbot“ sei irreführend, da es nicht um bereits zugelassene Fahrzeuge gehe, sondern um Neuzulassungen.


(ds)



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