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Datenschutz & Sicherheit

Polizei überprüft 1.600 psychisch erkrankte Menschen


„Psychisch Auffällige, Vielschreiber, Gewalttäter“ lautet der Name einer Taskforce, die es seit Februar 2025 beim hessischen Landeskriminalamt gibt. „Behörden intensivieren Umgang mit psychisch Kranken“ titelte das hessische Innenministerium zum Start der mit PAVG abgekürzten Taskforce in einer Pressemitteilung.

Die Arbeitsgruppe soll alle Personen in Hessen überprüfen, die bereits im Auskunftssystem der Polizei gespeichert sind und deren Einträge einen bestimmten Zusatzhinweis haben, den sogenannten personengebundenen Hinweis. Davon gibt es bundesweit mehrere, zum Beispiel: „bewaffnet“, „gewalttätig“, „Ausbrecher“, „Ansteckungsgefahr“, „Betäubungsmittelkonsument“ oder „Explosivstoffgefahr“. Oder eben „Psychische und Verhaltensstörung“, kurz „PSYV“. Diese Hinweise sollen der Polizei bei einer Identitätsfestellung ermöglichen, sich selbst oder die Person zu schützen.

Einen PSYV-Vermerk gibt es aktuell zu rund 1.600 Menschen in Hessen, schreibt das dortige Innenministerium auf Anfrage. Diese Menschen geht die Taskforce nun systematisch durch, um sie „im Hinblick auf eine bestehende Gefahr/ein bestehendes Risiko zur Begehung einer schweren Gewalttat“ zu bewerten. Das Ministerium betont, es gehe ausschließlich um Personen, die bereits polizeilich in Erscheinung getreten sind und bei denen eine „ärztlich attestierte psychische Erkrankung“ vorliege. Das kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn die Schuldfähigkeit einer Person durch ein Gutachten überprüft wird oder ein Sachverständiger bei der zwangsweisen Unterbringung in einer Klinik konsultiert wird.

Psychisch erkrankt mit „Risikomarker“

„Aus einer Erkrankung alleine resultiert nicht zwingend eine Gefahr“, heißt es. „Im Fokus“ stünden diejenigen, die „einen Risikomarker zur Begehung einer schweren Gewalttat“ aufweisen. Das Innenministerium listet exemplarisch auf, was ein solcher Risikomarker sein kann: Gewaltaffinität oder Gewaltanwendung, Substanzmittelmissbrauch, akute Krisen wie Suizidalität, Hinweise auf Wahn oder Psychosen oder aktuell ausgesprochene Drohungen gegen andere.

Einige dieser Marker dürften auf sehr viele psychisch erkrankte Personen zutreffen. Es kommt etwa sehr häufig vor, das eine Person sowohl eine Substanzabhängigkeit als auch bestimmte psychische Erkrankungen hat.

Laut Robert-Koch-Institut erhielten im Jahr 2023 40,4 Prozent der Erwachsenen in Deutschland eine Diagnose für eine psychische Störung. Psychische Erkrankungen können sich bei Betroffenen ganz unterschiedlich auswirken und zeigen, sie haben teils so wenig miteinander zu tun wie ein Beinbruch mit einem Magengeschwür.

Ein internationales Klassifikationssystem für Krankheiten listet unter „Psychische und Verhaltensstörungen“ eine Vielzahl von Erkrankungen auf. Dazu gehören etwa Demenz bei einer Alzheimer-Erkrankung, Essstörungen, soziale Phobien als auch paranoide Schizophrenie. Manche der Erkrankungen haben organische Ursachen, andere werden von äußeren Faktoren ausgelöst. Manche verlaufen chronisch, bei anderen treten Beschwerden akut und vorübergehend auf. Über einen Kamm scheren lassen sie sich nicht.

“Erfahrungswissen im Umgang mit psychisch auffälligen Personen“

Doch wie genau funktioniert die Einschätzung der Taskforce und welche Mittel stehen ihr dabei zur Verfügung? Derzeit arbeiten beim Landeskriminalamt 19 Personen in der Arbeitsgruppe, schreibt das Innenministerium. Die meisten davon stammten „aus Organisationseinheiten, welche sich grundsätzlich mit der Bearbeitung von Gefährdungssachverhalten beschäftigen“. Daher würden sie auch „im Umgang mit psychisch auffälligen Personen über entsprechendes Erfahrungswissen verfügen“. Hessen arbeite bereits seit mehreren Jahren mit einem „polizeilichen Bedrohungsmanagement“, bei dem Personen betrachtet werden, „von welchen konkrete Gefahren für andere Personen oder für die Allgemeinheit ausgehen“.

Innenminister setzen Vertrauen bei der Behandlung psychischer Erkrankungen aufs Spiel

Die Mitglieder der Taskforce können sich außerdem Unterstützung und Expertise aus anderen Bereichen einholen, etwa von Psycholog:innen aus dem Zentrum für polizeipsychologische Dienste (ZPD). Die sollen die Arbeitsgruppe „in der Bewertung und Konzepterstellung“ unterstützen. Gemeinsam mit dem ZPD habe die Taskforce auch eine „Bewertungsvorlage“ entwickelt, auf Basis derer die Einschätzung von Gewalt- und Risikopotenzial „kriteriengeleitet“ erfolge, teilt das Innenministerium mit.

Zu den Aufgaben des ZPD in Hessen gehört es, die Polizei bei Einsätzen und Ermittlungen psychologisch zu unterstützen und auch Polizist:innen nach belastenden Ereignissen zu betreuen. Es ist an der hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit angesiedelt.

Gefährderansprachen bei Erkrankten

Geht die Taskforce davon aus, dass eine überprüfte Person schwere Gewalttaten begehen könnte, kann sie mehrere Maßnahmen ergreifen. Grundlage dafür ist das hessische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG), also das hessische Polizeigesetz.

Laut Innenministerium könnte die Polizei dann andere Behörden oder Institutionen informieren, damit diese aktiv werden können. Sie könnte aber auch selbst agieren und Gefährderansprachen durchführen. Kommen die Beamt:innen zum Ergebnis, dass eine konkrete Gefährdung bestehen könnte, kann sie Kontakt-, Annäherungs- oder Aufenthaltsverbote aussprechen, oder Betroffene observieren oder in Gewahrsam nehmen.

Was auch möglich wäre: Die Daten der betreffenden Personen mit Hessendata auswerten, dem Datenanalysesystem der hessischen Polizei von Palantir. Dafür müssen bestimmte Vorraussetzungen aus dem HSOG erfüllt sein, beispielsweise dass es tatsächliche Anhaltspunkte für anstehende „schwere oder besonders schwere Straftaten“ gibt. „Die Anwendung kam bisher noch nicht zum Tragen“, schreibt das Innenministerium, könne aber „nach erfolgter Einzelfallprüfung herangezogen werden“.

Mehr Daten nach Entlassung aus der Psychiatrie

Seit Beginn ihrer Arbeit im Februar hat die Taskforce PAVG schon etliche Personen überprüft. „Annähernd 80 Prozent der Gesamtpersonenzahl“ seien bereits abgearbeitet, also vermutlich mehr als 1.200 der rund 1.600 Personen mit dem personengebundenen Hinweis „PSYV“. Laut Innenministerium soll der Durchlauf im zweiten Halbjahr 2025 abgeschlossen sein. Danach wird die Taskforce aufgelöst, doch die Überprüfung psychisch erkrankter Menschen in Polizeidatenbanken dürfte nicht enden: Nach „vollständiger Bewertung“ werde die temporär eingerichtete Arbeitsgruppe „in die Regelorganisation überführt“, schreibt das Innenministerium.

Für weitere Personen, die man künftig überprüfen kann, scheint das Land unterdessen selbst sorgen zu wollen: Im Juni haben CDU und SPD in Hessen einen Gesetzentwurf zur Änderung des hessischen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes in den Landtag eingebracht. Dieses Gesetz regelt unter anderem, wie und unter welchen Voraussetzungen Menschen zwangsweise in psychiatrischen Kliniken untergebracht werden können. Künftig sollen bei deren Entlassung die Ordnungs- und Polizeibehörden am Wohnort informiert werden, wenn von ihnen „ohne ärztliche Weiterbehandlung eine Fremdgefährdung ausgehen könnte“. Das soll der „effektiven Gefahrenabwehr“ dienen.

Zu einer besseren Versorgung und Begleitung psychisch Erkrankter nach ihrer Entlassung findet sich in dem Entwurf, zu dem im September eine Anhörung im Landtag stattfinden wird, nichts. Genau dieses Defizit wird immer wieder von Betroffenenvertretungen von psychiatrieerfahrenen Menschen oder ärtzlichen und pflegerischen Verbänden kritisiert. So bemängelte etwa die Deutsche Fachgesellschaft Psychiatrische Pflege, dass Maßnahmen wie die Taskforce zu Stigmatisierung statt wirksamer Hilfe führen könnten. Die DFPP betonte die Bedeutung, die „niedrigschwellige, bedarfsgerechte und interdisziplinäre Unterstützungsangebote“ haben und appelierte an den hessischen Ministerpräsidenten, präventive Angebote zu stärken.



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Die Woche, als ein Zombie auf die große Bühne trat


Liebe Leser*innen,

gelegentlich beschreiben wir jahrelang vorgebrachte staatliche Überwachungsvorhaben als Zombies. Wie untote Fantasiewesen kehren sie immer wieder auf die Bildfläche zurück. Egal, wie oft man ihnen den Garaus macht.

Einer der ältesten netzpolitischen Zombies ist die Vorratsdatenspeicherung. Sie wurde schon argumentativ erledigt, als ich noch zur Schule gegangen bin und für irgendwelche Vokabeltests lernen musste. Entlarvt als grundrechtlich fragliche Scheinlösung; als unter fadenscheinigen Vorwänden vorgebrachte Überwachungsfantasie. Aber egal, wie oft sie scheinbar erledigt wurde, die Forderung kehrt immer wieder zurück. (Siehe Donnerstag.)

Ein anderer Zombie sind Alterskontrollen. Ich war gerade drauf und dran zu behaupten, dieser Zombie sei noch recht jung. Dann habe ich gesehen: Der älteste Artikel mit dem Begriff „Altersverifikation“ in unserem Archiv stammt aus dem Jahr 2007. Also halte ich mich lieber zurück mit der Zombie-Altersbestimmung.

Frappierende Ähnlichkeiten

14 Jahre später, 2021, habe ich erstmals über Alterskontrollen geschrieben. Damals fühlte mich recht allein mit dem Thema. 2023 dann rumorte es in meinem netzpolitischen Umfeld, dass Alterskontrollen bald das nächste große Ding werden. Jetzt ist es so weit. Das Thema ist auf höchster politischer Bühne angekommen, etwa bei der EU-Kommission und Bundesregierung, aber auch im Ausland wie in Großbritannien und Australien.

Die Ähnlichkeiten zwischen Alterskontrollen und der Vorratsdatenspeicherung sind frappierend: Wieder haben wir es zu tun mit einer grundrechtlich fraglichen Scheinlösung, einer unter fadenscheinigen Vorwänden vorgebrachten Überwachungsfantasie. Dieses Bild zeichnet sich zunehmend ab, je mehr ich darüber lese und berichte. Zuletzt etwa diese Woche, als ich mich in ein Diskussionspapier der Leopoldina vertieft habe.

Ein Zitat, bei dem mich jede Aussage stört

Wie es sich für einen Zombie gehört, wird auch die Forderung nach Alterskontrollen immer wieder ans Tageslicht zurückkehren. Jüngst diese Woche durch Kerstin Claus, Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Anlass war das neue Lagebild mit Zahlen zu erfassten Sexualdelikten gegen Minderjährige. Claus sagte auf der dazugehörigen Pressekonferenz:

Wir brauchen eine umfassende Altersverifikation, weil wir nur so Safe Spaces, sichere Räume, für Kinder und Jugendliche auch digital schaffen können. Und dafür brauchen wir rechtliche Vorgaben und eine verlässliche technische Umsetzung.

An diesem Zitat stört mich jede einzelne Aussage.

  • Erstens: Es gibt doch längst rechtliche Vorgaben. Zum Beispiel, frisch verhandelt und Kraft getreten, das Gesetz über digitale Dienste auf EU-Ebene. Die Vorgaben sehen nach grundrechtlicher Abwägung keine „umfassende“ Altersverifikation vor, lassen aber Raum für Alterskontrollen je nach Risiko.
  • Zweitens: Es gibt keine „verlässliche technische Umsetzung“ für Alterskontrollen. Das ist reines Wunschdenken.
  • Drittens: Altersverifikation allein schafft keine sicheren Räume für Kinder. Das betonen Fachleute durch die Bank weg. Zur Diskussion steht allenfalls, in welcher Form sie ein Baustein sein kann.

Ich weiß ja nicht, wie es euch geht mit diesem Zitat, aber mich hat das wütend gemacht. Eine Weile lang wusste ich nicht, wie ich diesen Wochenrückblick jetzt beenden soll. Vielleicht mit einem Tableflip-Emoticon?

(╯°□°)╯︵ ┻━┻

Das hat jedenfalls gutgetan.

Mich würde es freuen, mehr Zeit mit seriösen Lösungsideen verbringen zu können, als mit dem stumpfen Kampf gegen Überwachungszombies.

Bis die Tage und schönes Wochenende
Sebastian

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BSI: Etwas mehr E-Mail-Sicherheit – und weiter Luft nach oben


Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und Anbieter von E-Mail-Diensten melden erste Erfolge bei einer gemeinsamen Aktion für mehr E-Mail-Sicherheit. Vor allem zwei technische Richtlinien des BSI sollen für eine bessere Absicherung sorgen, ohne dass die Endnutzer selbst etwas tun müssten.

Auch über 40 Jahre nach der ersten E-Mail in Deutschland ist Mail „nach wie vor der wichtigste Kanal“, sagte BSI-Chefin Claudia Plattner am Freitag in Berlin. „Es ist aber leider auch das wichtigste Einfallstor für Cyberangriffe.“

Von Phishing über Fake News bis hin zu Sabotageaktionen spiele E-Mail eine wichtige Rolle, sagte die BSI-Präsidentin. Die in vielen Organisationen gelebte Sensibilisierung der Nutzer sei zwar wichtig, allein aber nicht ausreichend. Genau da setze die Kampagne des BSI zur Erhöhung der E-Mail-Sicherheit an.

Deren Zwischenstand präsentierte Plattner am Freitag zusammen mit den Branchenverbänden und Bitkom. Für den Eco betont Norbert Pohlmann die Relevanz von E-Mail. Trotz aller Alternativen von Slack über Teams und Messenger sei Mail nach wie vor das Mittel der Wahl, da sie ein globaler Akteur ohne dominierende Akteure sei.

Doch bei der Sicherheit sieht Pohlmann viel Luft nach oben: „Wir haben ein echtes Problem mit unserer E-Mail-Infrastruktur.“ Pohlmann, der auch Inhaber einer Professur für IT-Sicherheit ist, sieht dabei auch die Unternehmen in der Pflicht, deutlich mehr zu tun.

Ähnlich sieht es auch Susanne Dehmel, Vorstandsmitglied beim Bitkom: Die Verantwortung dürfe nicht länger ausschließlich bei Empfängerinnen und Empfängern der E-Mails gesehen werden. Korrekt implementierte Standards würden dabei helfen, die Risiken etwa durch Phishing und Spoofing deutlich zu reduzieren.

150 Unternehmen, vor allem E-Mail-Anbieter, aber auch Hoster, hätten sich freiwillig bereit erklärt, hieran mitzuwirken, sagte Plattner. Auch ohne gesetzliche Regelung sei es also möglich, Wirkung in der Praxis zu erzielen.

Das BSI hat ab Februar 2025 eine Bestandsaufnahme durchgeführt, inwiefern Anbieter die empfohlenen Maßnahmen der technischen Richtlinien 03108 und 03182 umsetzen.

Nur 20 Prozent der Unternehmen haben demnach etwa DNSSEC korrekt eingesetzt; die DNS-basierte Authentisierung von Namen (DANE) sogar nur 11 Prozent. Das BSI habe daraufhin die Unternehmen aktiv angesprochen – und im Juni seien die Zahlen bereits deutlich besser gewesen. Hinzugekommen seien zudem zahlreiche Unternehmen, die sich von sich aus gemeldet hätten.

Während das BSI auf der einen Seite Unternehmen öffentlich lobt, die sich der Initiative angeschlossen haben, nutzt es an anderer Stelle seine gesetzlichen Befugnisse: eine öffentliche Liste von E-Mail-Anbietern und ihrer Entsprechung der BSI-Kriterien. Apples mac.com und me.com etwa erfüllen nur fünf der derzeit sieben BSI-Kriterien – etwa weil alte TLS-Versionen weiter zugelassen würden. Auf gleichem Niveau sieht die Bonner IT-Sicherheitsbehörde auch gmail.com, outlook.com und msn.com.

Was E-Mail auch nach über 40 Jahren nicht flächendeckend leisten kann, ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Geht es nach Pohlmann, sollte sich das jedoch ändern. Derzeit aber sind hier Messenger wie Signal, Threema oder Wire gängig – und zugleich politisch unter Beschuss. Unklar ist derzeit, wie sich künftig Bundesinnenminister Alexander Dobrindt bei den Debatten um ein mögliches Brechen von Verschlüsselung positionieren wird.

„Wir sollten erstmal schauen, dass wir uns absichern, Prozesse absichern, Unternehmen absichern“, sagte Pohlmann. „Wir können nicht auf die Wahrscheinlichkeit, dass wir ein Prozent der Kriminellen identifizieren können, unsere ganze Gesellschaft unsicherer machen.“ Auch für den Bitkom gelte, dass Verschlüsselung das wichtigste Instrument für sichere Kommunikation sei, und das solle auch nicht angetastet werden, betonte Susanne Dehmel.

Für BSI-Präsidentin Plattner, deren Behörde in weiten Teilen dem Bundesinnenministerium unterstellt ist, gibt es technologisch hierbei eine klare Sicht: „Wir müssen immer dafür sorgen, dass wir sichere Infrastrukturen haben.“ Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sei dafür ein wichtiges Mittel. Plattner warnte vor den möglichen Folgen künstlich eingebauter Abhörschnittstellen: Salt Typhoon habe gezeigt, welche Risiken mit solchen Herangehensweisen verbunden seien.


(vbr)



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Dobrindt kündigt Gesetzentwurf „in den nächsten Wochen“ an


Das aktuelle „Bundeslagebild Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen 2024“ (PDF) ist nun öffentlich. Teil der Pressekonferenz waren neben BKA-Präsident Holger Münch auch Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) und die Bundesbeauftragte gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Kerstin Claus.

Laut dem Bericht ging die Zahl der Betroffenen im Zusammenhang mit Sexualdelikten zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen für das Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr leicht zurück.

Dobrindt und Münch nutzten die gestrige Pressekonferenz dazu, einmal mehr die rasche Einführung der sogenannten Vorratsdatenspeicherung zu fordern. Die Verständigung auf einen Gesetzestext zwischen dem Justiz- und Innenministerium erfolge laut Dobrindt bereits „in den nächsten Wochen“.

Zahl der Betroffenen leicht rückläufig

Dem Bundeslagebild zufolge ist die Zahl der polizeilich registrierten Straftaten des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen 2024 im Vergleich zum Vorjahr nahezu konstant geblieben. Die Zahl der registrierten Opfer beim Verdacht des sexuellen Kindesmissbrauchs sank dagegen im gleichen Zeitraum um 2,2 Prozent. Beim sexuellen Missbrauch von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren ging sie um 1,4 Prozent zurück.

Auch wenn damit ein Rückgang zu verzeichnen ist, liegen diese Zahlen über dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre, betont das BKA.

Die Bundeslagebilder des BKA basieren auf einer Auswertung der Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Sie erfasst alle Fälle, die der Polizei bekannt sind und von ihr bearbeitet werden. Die Zahlen sind daher auch vom Anzeigeverhalten beeinflusst.

Aufgehelltes Dunkelfeld durch mehr Personal

Dass die Zahl der erfassten Straftaten insgesamt weiterhin hoch ausfällt, hängt laut BKA auch mit einem wachsenden Fahndungs- und Ermittlungsdruck zusammen. So sei „die Anzahl der Mitarbeitenden, die sich in den Polizeibehörden von Bund und Ländern mit Fällen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen befassen, in den vergangenen Jahren merklich erhöht worden“.

Die zusätzlichen Kapazitäten hätten dazu beigetragen, die polizeiliche Arbeit zu intensivieren und das sogenannte Dunkelfeld etwa im familiären Umfeld aufzuhellen. „Der weiterhin starke Fokus der Strafverfolgungsbehörden in diesem Bereich kann daher mit ein Grund für die nach wie vor hohen Fallzahlen sein“, schreibt das BKA. Laut Bundeskriminalamt bestand in knapp 57 Prozent der Fälle zwischen der betroffenen Person und den jeweiligen Tatverdächtigen nachweislich eine Vorbeziehung.

Hinzu kommt, dass 14- bis 17-Jährige bei sogenannten jugend­pornografischen Inhalten fast die Hälfte der Tatverdächtigen ausmachen. In diesen Fällen dürfte es sich vornehmlich um selbsterstellte Aufnahmen handeln, die sich Minderjährige untereinander zuschicken. „Straffällige Kinder und Jugendliche sind häufig dem Phänomen der ‚Selbst­filmenden‘ zuzurechnen“, schreibt das BKA und ergänzt: „Solche Motive können Teil einer normalen jugendlichen Entwicklung sein.“

Forderung nach Vorratsdatenspeicherung

Ungeachtet dessen forderte Dobrindt gestern erneut, die Speicherung für IP-Adressen einzuführen – „als zentrales Werkzeug, um Kinder besser zu schützen und Täter vor Gericht zu bringen“.

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Bereits in ihrem Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD vereinbart, eine Vorratsdatenspeicherung für Telekommunikationsdaten einzuführen. Demnach sollen Internetanbieter für einen Zeitraum von drei Monaten protokollieren, welche IP-Adresse und Portnummer zu einem bestimmten Zeitpunkt einzelnen Kund:innen zugewiesen war. Die Kombination aus IP-Adresse und Portnummer ermöglicht es, Internetzugriffe individuellen Anschlussnutzer:innen zuzuordnen, auch wenn mehrere Kund:innen über sogenannte „Shared IPs“ (geteilte IP-Adressen) eine gemeinsame öffentliche Adresse nutzen.

Die allgemeine und wahllose Speicherung von Verkehrsdaten ist juristisch hoch umstritten. Das Bundesverfassungsgericht erklärte sie erstmals im Jahr 2010 für verfassungswidrig; hohe europäische Gerichte haben ihr enge Grenzen gesetzt. Auch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2024 hält im Grundsatz an der Position fest, dass eine allgemeine, anlasslose Vorratsdatenspeicherung europarechtswidrig ist.

Lagebild stützt Forderung nach Massenüberwachung nicht

Die Zahlen des aktuellen Bundeslagebildes rechtfertigen die Einführung der Vorratsdatenspeicherung nicht. So gibt es beim „sexuellen Missbrauch zum Nachteil von Kindern“ in mehr als drei Viertel aller Fälle einen Tatverdächtigen. Bei anderen Deliktfeldern liegt die Zahl sogar weit über 80 Prozent. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Aufklärungsquote aller Straftaten in Deutschland liegt laut PKS bei etwa 58 Prozent.

Auf Nachfrage zeigte sich der Bundesinnenminister gestern optimistisch, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Vorratsdatenspeicherung bald umgesetzt werde. Federführend für das Thema ist hier das Bundesjustizministerium, die Gespräche zwischen Innen- und Justizministerium verliefen „sehr positiv“, so Dobrindt.

Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) äußert sich derweil zurückhaltender als ihr Kabinettskollege. Laut Medienberichten ist sie zuversichtlich, „dass wir beim Schutz von Kindern und Jugendlichen in dieser Wahlperiode Wichtiges erreichen können“.



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