Künstliche Intelligenz
Schadenersatz für Datenschutzskandal? Zuckerberg vor Gericht
Mark Zuckerberg und zehn weitere Prominente müssen sich jetzt vor einem Gericht des US-Staates Delaware verantworten. Die Beklagten waren Topmanager oder Verwaltungsräte Facebooks zu der Zeit, als die Firma Cambridge Analytica Daten von Facebook-Nutzern erntete und versilberte, beispielsweise durch Unterstützung der ersten erfolgreichen Wahlkampagne Donald Trumps. Kläger sind Aktionäre des Facebook-Konzerns Meta Platforms. Sie sagen, die Beklagten seien dafür verantwortlich, dass Facebook relevante Datenschutzverpflichtungen ignoriert hat, was dem Konzern finanziellen Schaden zugefügt habe.
Dafür sollen die Beklagten geradestehen und insgesamt acht Milliarden US-Dollar Schadenersatz zahlen – nicht an die klagenden Aktionäre direkt, sondern an den geschädigten Konzern Facebook (heute Meta Platforms). Dieser ist nach dem Recht Delawares eingerichtet und am Gerichtsprozess nicht direkt beteiligt. Beklagt sind neben Meta-CEO Zuckerberg noch Ex-COO Sheryl Sandberg, Peggy Alford, Marc Andreessen, Erskine Bowles, Kenneth Chenault, Susan Desmond-Hellmann, Reed Hastings, Kostantinos Papamiltiadis, Peter Thiel und Jeffrey Zients.
Die verfahrensbegründende Klage wurde 2018 erhoben, doch es gab viel zu klären. Beispiel: Da mehrere Klagen zusammengefasst wurden, musste einer der Klägergruppen die Führungsrolle zugesprochen werden. Zudem wurden Sanktionen über Sheryl Sandberg für das gezielte Vernichten von Beweisen verhängt.
Am Mittwoch hat die Gerichtssaalphase am Delaware Court of Chancery begonnen. Im Zuge dessen werden Aussagen unter anderem von Zuckerberg, Sandberg, Andreessen, Thiel und Netflix-Mitgründer Hastings erwartet.
Wer ist das Opfer?
Der im Jahr 2018 bekannt gewordene Datenmissbrauch durch Cambridge Analytica gehört zu den größten Skandalen in der Geschichte Facebooks. Das inzwischen insolvente britische Unternehmen Cambridge Analytica war auf regelwidrige Weise an Daten von 87 Millionen Facebook-Nutzern gelangt: Es hatte eine „Umfrage“-App unter dem Namen thisisyourdigitallife (TYDL) veröffentlicht, an der einige Facebook-Nutzer teilnahmen. Doch dank der damaligen Privatsphäre-Einstellungen des Datenkonzerns bekam Cambridge Analytica auch Zugang zu Informationen deren Facebook-Freunde. Diese Daten wurden in der Folge für manipulative Polit-Kampagnen missbraucht.
Als das bekannt wurde, geriet Facebook massiv unter Kritik und gelobte Besserung beim Datenschutz. Es folgten verschiedene Verfahren; in den USA musste Facebook fünf Milliarden US-Dollar Strafe an die Handelsaufsicht FTC (Federal Trade Commission) zahlen, die höchste Strafe in der Geschichte der Behörde. Eine Sammelklage in dem Land mündete in eine Vergleichszahlung Metas von 725 Millionen Dollar. Vergleichsweise bescheidene 90 Millionen Dollar Strafe kassierte die Börsenaufsicht SEC. In Großbritannien fasste der Konzern die mickrige Höchststrafe von einer halben Millionen Pfund aus, in Italien setzte es 1,1 Millionen Euro.
Die Beklagten wollen den Schaden nicht ersetzen und sehen sich selbst als Opfer Cambridge Analyticas. Dass die FTC die Strafe verhängen konnte, liegt übrigens daran, dass sich Facebook schon früher Vergehen gegen den laschen US-Datenschutz geleistet hat. 2012 einigte sich der Datenkonzern mit der FTC auf bestimmte Auflagen, die er dann aber nicht einhielt. Erst das ermöglichte die Milliardenstrafe.
Beweise vernichtet
Für Aufsehen sorgte, dass Sheryl Sandberg im Vorfeld bei der Vernichtung relevanter Beweise erwischt worden ist. Sie hat für geschäftliche Aufgaben nicht nur ihr Firmenemail-Konto genutzt, sondern auch ihr privates Gmail-Konto. Nach Verfahrenseröffnung und der gezielten Anweisung, alle Beweise zu sichern, hat Sandberg dennoch gezielt E-Mails in ihrem Gmail-Konto gelöscht, die für den Prozess relevant gewesen wären.
Vergleichbares hat sich Zients zu Schulden kommen lassen. Die Kläger beantragten daher Sanktionen gegen beide. Bei Zients konnten sie zwar zeigen, dass möglicherweise relevante E-Mails gelöscht wurden, aber nicht, dass diese E-Mails tatsächlich im Verfahren als Beweis gedient hätten. Daher sanktionierte Richterin Kathaleen St. Jude McCormick den Mann nicht.
Anders bei Sandberg: Die Frau musste bestimmte Anwalts- und Gerichtskosten ersetzen, und trägt im laufenden Prozess eine höhere Beweislast für Fakten, auf die sie sich zur Verteidigung berufen möchte. Zusätzlich könnte sich die Beweisvernichtung im Kreuzverhör sowie bei etwaigen Anträgen auf (Teil-)Urteile durch ein abgekürztes Verfahren abträglich auswirken.
Das Verfahren heißt In Re Facebook Derivative Legislation und trägt das Az. 2018-0307-JTL. Das Urteil dürfte erst in einigen Monaten fallen.
(ds)