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Überwachen statt Löschen: Innenminister wollen Missbrauchsbilder online lassen


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Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs sollen aus dem Netz verschwinden – das ist seit Langem politischer Konsens. Polizeipraxis ist aber „Überwachen statt Löschen“. Daran wird auch die Innenministerkonferenz (IMK) in Bremerhaven voraussichtlich nichts ändern.

Schon vor drei Jahren kündigte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) nach der IMK eine Kehrtwende bei der Strafverfolgung von Darstellungen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder an. „So haben wir uns darauf geeinigt, dass die Löschung dieser schrecklichen Inhalte nicht allein von den individuellen Verfahren der ermittlungsführenden Polizeidienststellen und Staatsanwaltschaften abhängen darf“, betonte er damals an. „Wir müssen diese Verbrechen sofort aus dem Netz tilgen, losgelöst von konkreten Ermittlungsmaßnahmen.“

Doch von einem echten Kurswechsel schrecken die Innenminister von Bund und Ländern wohl immer noch zurück. Sie unterstreichen zwar „die Notwendigkeit der Verfügbarkeitsreduzierung von Missbrauchsabbildungen im Internet“, zitiert die ARD aus der Beschlussvorlage für das am Mittwoch startende Frühjahrstreffen der IMK. Die Polizeibehörden sollen demnach aber nach wie vor nicht verpflichtet werden, in Darknet-Foren systematisch nach einschlägigen Bildern und Videos zu suchen, um diese zu löschen. Damit bleibe es bei einem umstrittenen Beschluss von 2023, wonach die vielfach monierte Polizeipraxis des „Überwachen statt Löschen“ prinzipiell beibehalten werde.

Grundsätzlich lautet die politische Maxime hierzulande beim Vorgehen gegen Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs seit Langem „Löschen statt Sperren“. Schon 2021 war aber bekannt geworden, dass Ermittler solche Bilder und Videos entgegen dieser Ansage oft online lassen. Das soll unter anderem mit knappen personellen Ressourcen zusammenhängen. Das Bundeskriminalamt (BKA) etwa teilte mit, keine Links einzusammeln, sondern „täterorientiert“ vorzugehen. Online verbliebenes Missbrauchsmaterial soll bei dieser Strategie potenzielle Nachfrager anlocken und verfolgbar machen.

Betroffene fordern schon lange, dass die Ermittler Missbrauchsaufnahmen im Darknet aktiv und systematisch entfernen lassen. Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, unterstützt diesen Kurs und verlangte von der IMK eine verbindliche Vorgabe. Sie bezeichnete es gegenüber der ARD zwar als Schritt in die richtige Richtung, dass die Innenminister einschlägiges Material reduzieren helfen wollten. Das reiche aber nicht: „Um Betroffene besser vor dieser Form der fortgesetzten sexuellen Ausbeutung zu schützen, müssen wir proaktiv systematisch Missbrauchsdarstellungen identifizieren.“

Sabine Andresen, Präsidentin des Kinderschutzbundes, argumentiert ähnlich: „Das Wissen darum, dass Abbildungen ihres Leids nach wie vor im Netz kursieren, erschwert den Prozess der Aufarbeitung erheblich.“

Dem Bericht zufolge will die IMK an die Bundesregierung appellieren, sich auf EU-Ebene für den Beschluss einer Verordnung zum besseren Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet einzusetzen. Der Entwurf sieht etwa die Einrichtung eines EU-Zentrums zum Kampf gegen Missbrauchsdarstellungen vor. Er enthält aber auch die seit Jahren umkämpfte Initiative zum Ausbau der Internet- und Messenger-Überwachung per Chatkontrolle und liegt daher aktuell mehr oder weniger auf Eis, weil sich die EU-Staaten nicht auf eine Linie einigen können.


(wpl)



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