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Urteil im Abgas-Skandal: Thermofenster bei Volkswagen rechtswidrig


Der Betrug von Volkswagen ist auch zehn Jahre nach der Offenlegung juristisch nicht vollständig abgearbeitet. In einem Fall geht es darum, wie ein Thermofenster zu bewerten ist. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und Volkswagen halten das grundsätzlich für zulässig, um den Motor vor Schäden zu bewahren. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht darin eine rechtswidrige Abschalteinrichtung. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein entschied nun im Sinne der DUH. Doch damit ist die Angelegenheit nicht abgeschlossen.

Das Gericht argumentierte im aktuellen Berufungsverfahren, dass das KBA keine Freigabe für ein Thermofenster erteilen durfte. Dabei ging es um die Genehmigung eines bestimmten Software-Updates in der Motorsteuerung, das VW nach dem Betrug durchgeführt hatte. Eine Funktion dieser Aktualisierung für den VW Golf Plus 2.0 TDI (Motortyp EA 189, Abgasnorm Euro 5) war das sogenannte Thermofenster, wie ein Gerichtssprecher sagte. Die Software verringert die Wirkung der Abgasnachbehandlung, etwa bei niedrigeren Temperaturen. Da diese Maschine in zahlreichen Modellen des Konzerns verbaut wurde, dürfte ein abschließendes Urteil weitreichende Folgen haben.

DUH und Volkswagen streiten seit Jahren darüber, ob ein Thermofenster zulässig ist. Das OVG in Schleswig wies nun die Berufungen des in Flensburg ansässigen Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) und der Volkswagen AG gegen eine Verwaltungsgericht-Entscheidung zurück, wie aus einer Mitteilung hervorgeht. Das Verwaltungsgericht hatte 2023 entschieden, dass die Freigabe rechtswidrig war. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe, und sie hatte vom Verwaltungsgericht weitgehend recht bekommen.

Das Urteil ist laut Gericht noch nicht rechtskräftig. Zwar wurde die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen. Das KBA und die Volkswagen AG können jedoch Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision erheben. Über diese hätte dann das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden. Volkswagen kündigte nach dem Urteil an, sich weiterhin juristisch wehren zu wollen. „Volkswagen wird Rechtsmittel beim Bundesverwaltungsgericht einlegen“, teilte der Konzern auf Anfrage der dpa mit. „Das nicht rechtskräftige Urteil hat keine Maßnahmen des KBA, wie z.B. behördliche Stilllegungen von Fahrzeugen oder Hardware-Nachrüstungen wegen des Thermofensters, zur Folge.“ Die Entscheidung betreffe „eine niedrige fünfstellige Zahl“ von Fahrzeugen.

In dem Urteil des OVG geht es konkret um den Freigabebescheid aus dem Jahr 2016. „Das Software-Update für die Motorsteuerung dieses Fahrzeugtyps enthielt zwei unzulässige Abschalteinrichtungen der Abgasrückführung“, so das Gericht. „Das KBA ist daher verpflichtet, die Volkswagen AG umgehend aufzufordern, innerhalb eines angemessenen Zeitraums alle geeigneten Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um die Übereinstimmung der betroffenen Fahrzeuge mit dem geltenden Recht herzustellen.“

KBA und Volkswagen sehen das Thermofenster als zulässig an. Es schütze vor unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigungen oder Unfall. Die Risiken wiegen demnach so schwer, dass sie eine konkrete Gefahr beim Betrieb des Fahrzeugs darstellen können. Das Thermofenster ist nach Auffassung von Volkswagen auch nach den Maßstäben der Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2022 unverändert zulässig. Der EuGH hatte klargestellt, dass eine Software, die „einen überwiegenden Teil des Jahres“ einen höheren Ausstoß von Schadstoffen zulasse, grundsätzlich unzulässig sei. Thermofenster zum Schutz des Motors seien nur dann rechtens, wenn keine andere Lösung Risiken abwenden könne. Die DUH führt weitere Verfahren gegen Diesel-Fahrzeuge verschiedener Hersteller, die mit den Abgasnormen Euro 5 bis Euro 6c auf den Markt kamen.

Autos mit der Abgasnorm Euro 5 konnten in der EU bis zum 31. August 2015 erstmals zugelassen werden. Für Neuzulassungen mit der Abgasnorm Euro 6c war Ende August 2019 in der EU Schluss. Seit dem ersten September 2024 ist für alle Erstzulassungen in der EU die Euro 6e verbindlich. Sie wird am 1. Januar 2028 von der Abgasnorm Euro 7 abgelöst. Sie wird aller Voraussicht nach die letzte Verschärfung für Autos mit Verbrennungsmotor sein.

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(mfz)



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