Datenschutz & Sicherheit
US-Gericht verbietet NSO Group die Installation von Spyware auf WhatsApp
Ein Gericht in den USA hat das Tech-Unternehmen NSO Group Technologies dazu verpflichtet, den Messengerdienst WhatsApp nicht mehr anzugreifen. Laut dem Hersteller der Überwachungssoftware „Pegasus“ gefährdet diese Entscheidung den Geschäftsbetrieb des Unternehmens.
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In dem am vergangenen Freitag verkündeten Urteil erließ US-Bezirksrichterin Phyllis Hamilton eine dauerhafte einstweilige Verfügung, die der NSO Group untersagt, WhatsApp-Nutzer ins Visier zu nehmen. Der Fall wurde vor dem Bezirksgericht der Vereinigten Staaten für den nördlichen Bezirk von Kalifornien in Oakland (Az. 19-CV-07123) verhandelt. Zugleich reduzierte das Gericht die dem WhatsApp-Mutterkonzern Meta zugesprochene Schadensersatzsumme von 167 auf „nur noch“ vier Millionen US-Dollar. Richterin Hamilton begründete die Entscheidung damit, dass das Verhalten der NSO Group nicht als „besonders schwerwiegend“ einzustufen sei und deshalb keinen so hohen Schadensersatz rechtfertige.
Trotz der Reduzierung der Strafzahlung zeigten sich Verantwortliche von WhatsApp erfreut über den Richterspruch. „Das heutige Urteil verbietet dem Spyware-Hersteller NSO, WhatsApp und unsere weltweiten Nutzer jemals wieder ins Visier zu nehmen“, erklärte WhatsApp-Chef Will Cathcart in einer Stellungnahme. „Wir begrüßen diese Entscheidung, die nach sechs Jahren Rechtsstreit gefällt wurde, um NSO für die Überwachung von Mitgliedern der Zivilgesellschaft zur Rechenschaft zu ziehen.“
Langjährige Auseinandersetzung vor Gerichten
Der Rechtsstreit beschäftigt Gerichte seit vielen Jahren. In einer im Oktober 2019 eingereichten Klage warf der WhatsApp-Mutterkonzern Meta NSO Group vor, bei der Installation der Spionagesoftware Pegasus gegen verschiedene Gesetze verstoßen zu haben. So soll NSO Group Anfang 2019 unrechtmäßig auf WhatsApp-Server zugegriffen und dadurch die Überwachung von 1.400 Personen, darunter Journalisten und Menschenrechtsaktivisten, ermöglicht haben.
Im Jahr 2020 lehnte ein Richter den Antrag von NSO Group auf eine Form der Immunität ab. Gegen diese Entscheidung legte das Unternehmen Berufung ein. Ein Berufungsgericht jedoch bestätigte im Jahr 2021 die Entscheidung. Anfang 2023 wiesen schließlich die Richter des US-Supreme Court die Berufung von NSO Group zurück. In dieser hatte das Unternehmen argumentiert, es sei immun gegen eine Klage, weil es bei der Installation der Spionagesoftware als Agent für nicht identifizierte ausländische Regierungen gehandelt habe.
Der Fall landete schließlich vor dem US-Bezirksgericht für den nördlichen Bezirk von Kalifornien. Ende Februar 2024 entschied die zuständige Richterin, dass NSO Group den Quellcode der Pegasus-Spyware herausrücken muss. Kurz vor dem Jahreswechsel gab das Gericht schließlich dem Antrag von WhatsApp statt. Anfang Mai dann sprach eine Geschworenenjury Meta schließlich mehr als 167 Millionen US-Dollar Schadenersatz zu. Dagegen legte die NSO Group Widerspruch ein und forderte eine Neuanordnung des Verfahrens oder eine Reduzierung der Schadenssumme. Zumindest die Reduzierung hat NSO Group erreicht.
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Herausforderung für NSO Group
Zufrieden dürfte das Unternehmen, das kürzlich von einer US-amerikanischen Investorengruppe übernommen wurde, dennoch nicht sein. Vielmehr dürfte die einstweilige Verfügung, nicht mehr gegen WhatsApp vorzugehen, für NSO Group eine Herausforderung darstellen, vermutet die Nachrichtenagentur Reuters. In dem Verfahren hatte das Unternehmen argumentiert, dass die beantragte einstweilige Verfügung „das gesamte Unternehmen NSO gefährden“ und „NSO aus dem Geschäft drängen“ würde, da „Pegasus das Flaggschiffprodukt von NSO ist“, heißt es in dem Urteil.
NSO Group argumentiert, dass die Pegasus-Software Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste bei der Verbrechensbekämpfung und dem Schutz der nationalen Sicherheit unterstützt und dabei helfen soll, Terroristen, Pädophile und Schwerverbrecher dingfest zu machen. Fakt ist aber auch, dass zahlreiche Regierungen weltweit die Pegasus-Spyware in den vergangenen Jahren zur politischen Überwachung genutzt haben, wie etwa in Mexiko zum Ausspähen von Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und Antikorruptionskämpfern.
Das Unternehmen kündigte an, die Entscheidung des US-Gerichts zu prüfen und „entsprechend über die nächsten Schritte zu entscheiden“.
(akn)