Digital Business & Startups
Vertrauen bekommt man nicht geschenkt
#Interview
Bei Pactos dreht sich alles um sogenanntes Fremdpersonal. „Unsere Plattform digitalisiert den gesamten Prozess – von der Ausschreibung über die Einsatzplanung bis zur Abrechnung“, sagt Gründer Philipp Eckert. Zuletzt sammelte das Team 2,7 Millionen ein.
Das Münchner Startup Pactos, 2023 von Antonio Zill und Philipp Eckert als Jobkey gegründet, entwickelt “eine KI-gestützte Plattform, die Unternehmen eine vollständige, digitale und rechtskonforme Steuerung externer Arbeitskräfte ermöglicht – von der Beschaffung über die Einsatzplanung bis hin zur Abrechnung”. Der Bonner Frühphasen-Investor High-Tech Gründerfonds (HTGF), Robin Capital, Superangels und Co. investierten zuletzt 2,7 Millionen Euro in das Unternehmen.
Im Interview mit deutsche-startups.de sprechen die Gründer einmal ausführlich über den Stand der Dinge in ihrem Unternehmen.
Wie würdet Ihr Eurer Großmutter Pactos erklären?
Eckert: Unternehmen holen sich oft Personal von außen dazu – etwa wenn es mal richtig viel zu tun gibt oder spezielles Wissen fehlt. Meist steckt dahinter ein unübersichtliches System aus E-Mails, Excel-Listen und unklaren Zuständigkeiten. Kein Wunder, dass da leicht Fehler oder sogar rechtliche Stolperfallen entstehen. Unsere Software greift da ein und zeigt Schritt für Schritt, was zu tun ist: Sie fordert Dokumente an, unterstützt bei der Kandidatenauswahl und sorgt dafür, dass Rechnungen pünktlich und korrekt bezahlt werden. Am Ende sparen Unternehmen Zeit, behalten den Überblick und erfüllen zuverlässig alle gesetzlichen Vorgaben.
Wie wollt Ihr Geld verdienen, also wie genau funktioniert Euer Geschäftsmodell?
Zill: Wir bieten unsere Lösung als Software-as-a-Service (SaaS) mit einer Lizenz an. Der Preis hängt vom Nutzungsumfang ab – also etwa der Anzahl externer Kräfte oder Lieferanten, die ein Unternehmen benötigt.
Eckert: Darüber hinaus können Kunden zusätzliche Module oder Services dazubuchen und die Software in bestehende Systeme integrieren. Der konkrete Mehrwert ist messbar: weniger manuelle Arbeit, geringere Fehlerquote, schnellere Durchläufe und erhöhte Rechtssicherheit. So lassen sich Kosten und Lieferanten über verschiedene Abteilungen hinweg besser steuern – vom Einkauf über HR bis hin zu Legal und Finance.
Wie ist die Idee zu Pactos entstanden?
Eckert: Die Idee zu Pactos ist aus persönlicher und beruflicher Erfahrung gewachsen. Vor meinem Studium sammelte ich Erfahrungen in der Pflege und Logistik und sah die Pain Points aus erster Hand: Oft fehlt es an Personal und die Abläufe sind kaum digitalisiert. Später, in der Beratung, erlebten wir beide denselben Effizienzverlust auf Unternehmensseite: Fremdpersonal wurde analog verwaltet, mit unzähligen Abstimmungen und hohem Dokumentationsaufwand. Da entstand die Idee für Pactos. Unsere Plattform digitalisiert den gesamten Prozess – von der Ausschreibung über die Einsatzplanung bis zur Abrechnung. So lassen sich bis zu 70 % des manuellen Aufwands einsparen. Erste Pilotkunden bestätigten uns früh, dass klare Verantwortlichkeiten und strukturierte Abläufe nicht nur Zeit sparen, sondern auch Risiken senken und Entscheidungen beschleunigen.
Wie oder wo habt Ihr Euch kennengelernt?
Zill: Wir haben uns bei der Auswahltagung an der WHU in einer Gruppendiskussion kennengelernt. Aus dieser ersten Begegnung entwickelte sich schnell eine Freundschaft – und viele gemeinsame Projekte. So haben wir zusammen an einer studentischen Initiative für finanzielle Bildung gearbeitet, später auch an Arbeitsprojekten. Neben der Arbeit haben wir auch privat viel unternommen, zum Beispiel eine gemeinsame Reise nach Indien. Über die Zeit haben wir gemerkt, dass wir ähnliche Interessen teilen – privat und beruflich. Diese Mischung aus enger Zusammenarbeit und gemeinsamen Werten hat unser Vertrauen ineinander gefestigt und bildet bis heute die Grundlage für unseren gemeinsamen Weg.
Was waren die größten Herausforderungen, die Ihr bisher überwinden musstet?
Zill: Das Thema Fremdpersonal ist extrem breit und berührt viele Fachbereiche innerhalb eines Unternehmens. Gerade am Anfang mussten wir uns immer wieder fragen: Wo schaffen wir den größten Mehrwert und womit starten wir konkret? Gleichzeitig mussten wir Enterprise-Anforderungen erfüllen, etwa bei Sicherheit, Skalierbarkeit oder Systemintegrationen.
Eckert: Als junge Gründer standen wir zudem vor der Herausforderung, mit einer neuen Lösung bei großen Unternehmen gehört zu werden. Vertrauen bekommt man da nicht geschenkt. Wir mussten es uns erarbeiten – mit Pilotprojekten, Referenzkunden und einer Lösung, die wir konsequent entlang der konkreten Anforderungen unserer Nutzer weiterentwickelt haben.
Welches Projekt steht demnächst ganz oben auf Eurer Agenda?
Eckert: Zum Jahresende bringen wir eine neue Produktversion an den Start, die den Nutzer noch stärker in den Vordergrund stellt. Hierbei werden viele weitere Arbeitsabläufe automatisiert und mit Künstlicher Intelligenz unterstützt. Auch die Kandidatenauswahl und -bewertung wird durch KI unterstützt, wodurch wir bis zur Hälfte des Aufwandes im Recruiting reduzieren können. Gleichzeitig vertiefen wir unsere Integrationen in bestehende Kundensysteme und stellen vorkonfigurierte Best-Practice-Workflows bereit, um den bereits bestehenden Mehrwert für unsere Kunden weiter auszubauen.
Ihr konntet bereits Investorengelder einsammeln. Wie seid Ihr mit Euren Geldgebern in Kontakt gekommen?
Zill: Vor rund zwei Jahren haben wir unseren Lead-Investor über einen gemeinsamen Kontakt kennengelernt und ihn gezielt zur Finanzierungsrunde wieder angesprochen. Der sichtbare Fortschritt überzeugte hier. Parallel dazu haben wir unser Netzwerk kontinuierlich gepflegt – unter anderem über die WHU, durch den Austausch mit anderen Gründern und durch viele Gespräche mit Investoren. Vieles davon war zunächst ein lockerer Austausch über Ideen, aus dem wir wertvolles Feedback gewonnen haben. Uns hat geholfen, die Investorenseite wirklich zu verstehen und mit vielen verschiedenen Investoren zu sprechen – denn am Ende funktioniert die Auswahl in beide Richtungen. Der Investor muss zur Idee, zum Team und auch zur Industrie passen. Am Ende überzeugten vor allem die belegbaren Use Cases, der nachweisliche Bedarf bei unseren Kunden und der persönliche Fit.
Wo steht Pactos in einem Jahr?
Eckert: In einem Jahr ist unsere Plattform noch intelligenter, stärker integriert in existierende Systeme und breiter im Einsatz. Wir werden zusätzliche KI-Funktionen einsetzen – zum Beispiel in der optimierten Rechnungs- und Dokumentenprüfung.
Zill: Bis dahin haben wir weitere führende Kunden in der DACH-Region und der EU gewonnen. Und kommen unserem Ziel Schritt für Schritt näher: ein europäisches Powerhouse für das Management von Fremdpersonal aufzubauen und neue Standards dafür zu setzen, wie Unternehmen externe Arbeitskräfte verwalten.
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