UX/UI & Webdesign
VfB Stuttgart entwickelt Marken- und Designsprache weiter
Der VfB Stuttgart präsentiert sich mit neuem Markenauftritt. Die neue visuelle Sprache spiegele die Werte und die Ambition des Vereins wider. Ganz bewusst bezeichnet der Verein die Änderungen als evolutionäre Weiterentwicklung. Die offiziellen Vereinssymbole (Wappen, Vereinsfarben Weiß, roter Brustring) bleiben unverändert.
Der VfB Stuttgart wurde 1893 gegründet. Der traditionsreiche Fußballverein wurde fünfmal deutscher Meister (1950, 1952, 1984, 1992, 2007) und gewann viermal den DFB-Pokal (1954, 1958, 1997, 2025). Der VfB zählt zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga und ist Baden-Württembergs größter Sportverein.
Nun hat der Verein seine Marke in Bewegung gesetzt, wie es in der offiziellen Meldung heißt. Die neue Markenpositionierung wahre die Beständigkeit der Symbole und die Geschichte des Vereins und schreibe diese auf eine kreative und moderne Art und Weise fort, so VfB-Präsident Dietmar Allgaier. Anstelle des seit 2014 verwendeten Mottos „Furchtlos und treu“ setzt der VfB fortan zudem auf den Claim „Zusammen voran”.
Auszug der Pressemeldung
Statt einer Revolution setzt der VfB auf eine bewusste Evolution, die den erfolgreichen Brückenschlag zwischen Tradition und Zukunft visualisiert und herausstreicht. 132 Jahre Vereinsgeschichte, Erfolge wie auch Rückschläge, Identität, Emotionen und Werte verbinden sich gekonnt mit den vielfältigen Anforderungen an eine ambitionierte Sport- und Kulturmarke. Das Ergebnis ist eine visuelle Sprache, die all das würdigt, was den VfB so einzigartig macht. Sie spiegelt die Werte des Vereins wider und betont das Selbstbewusstsein sowie die Ambition des Clubs aus Cannstatt.
Im Rahmen der Weiterentwicklung wurde die „VfB Stuttgart“-Wortmarke neu gestaltet. Mit der Schrift namens „Concordia“ erhält der Verein einen eigenen Corporate Font. Zahlreiche Profi-Clubs haben sich in den letzten Jahren eine eigens für den Verein gestaltete Schrift zugelegt, darunter Fortuna Düsseldorf (FortunaSans), FSV Mainz 05 (M05), Hertha BSC (Hertha), FC Augsburg (FCA), Eintracht Frankfurt (Eintracht Display Headline) und zuletzt der FC St. Pauli (FC Sans Pauli).
Die Concordia, eine Schrift mit ausgeprägten Strichstärkenkontrast und Serifen, die sich in ihrer betont eckigen Form von üblichen Serifenformen unterscheidet, sei vom Hotel Concordia in Bad Cannstatt inspiriert – hier schlossen sich die beiden VfB-Vorgängervereine zum „Verein für Bewegungsspiele“ 1893 zusammen.
Eine Neuinterpretation des Stuttgarter Wappentieres (Pferd, „Rössle“) wird als zusätzliches Brand Asset eingeführt, und soll die Markenwahrnehmung des VfB ab sofort „dynamisieren“ (siehe Darstellung). Fans des VfB nutzten das Rössle seit Jahrzehnten, um die Verbundenheit zwischen Verein und Stadt zu demonstrieren, ebenso verkörpere das Pferd das Thema Bewegung an sich wie kaum ein anderes Tier, so der Verein.
Entwickelt wurde die neue Marken- und Designsprache in Zusammenarbeit mit der Agentur Societas (München). Der neue Markenauftritt soll stufenweise eingeführt werden. Erste Anwendungen werden im Umfeld der digitalen Medien, in der MHP Arena und im Rahmen VfB-eigener Events zu sehen sein, so der Verein.
Kommentar
„Blödsinn“, „Schwachsinn“, „Kack“, „Versager“ „ins Hirn gesch.“ sind die allseits üblichen, erwartbaren Reaktionen auf Facebook, so auch in diesem Fall, wie Einträge auf der Facebook-Fanpage des VfB Stuttgart zeigen. Konstruktive Kritik ist bei derlei Ankündigungen im Umfeld von Social Media kaum zu erwarten. Sobald Traditionalisten im Verein davon Wind bekommen, dass die Weiterentwicklung des Markenauftritts gar in Zusammenarbeit mit einer Agentur aus München erfolgt ist, dürfte das Urteil ohnehin besiegelt sein. Kein Mensch braucht diesen Marketing-Scheiß.
Weshalb kann man nicht einfach alles so belassen wie es ist!? Eine Haltung, die im Fußballsport weit verbreitet ist. Denn der Fußball ist für viele Menschen gleichermaßen Sehnsuchts- und Zufluchtsort. Ein Ort der Zugehörigkeit und Identität stiftet. Eine McKinsey-Studie aus dem Jahr 2025 (PDF) stellte fest, dass die Bundesliga für 41 % der Deutschen einen bedeutenden Lebensinhalt darstellt und ein Rückzugsort aus dem Alltag ist (gerade einmal 12 % der Befragten sagen dies über die Kirche). Diesen Ort gilt es zu schützen, mit aller Kraft.
Will eine Marke nicht nur relevant sein, sondern auch relevant bleiben, muss sie sich verändern. Eine Marke muss wandelfähig sein. Denn alles verändert sich mit der Zeit, so auch unsere Wahrnehmung, unsere Sprache. Festhalten am Alten und Bewährten ist ein Schutzreflex, könnte man sagen. Wir möchten das, was wir kennen, schätzen und lieben gelernt haben, erhalten, dass es fortbesteht. Letztlich bedeutet dieses Festhalten nichts anderes als Abschottung, was weder für Marken noch für uns Menschen hilfreich und sinnvoll ist.
Tatsächlich ähneln sich Marken und Menschen in vielerlei Hinsicht. Eine Verbindung, die sich auch in unserer Sprache widerspiegelt („der Typ ist vielleicht ne Marke“). Schutz bedeutet in beiden Kontexten vor allem eines: Pflege. Nicht Abschottung. Pflege wiederum heißt nicht, um den Bezug zu Corporate Design wieder herzustellen, dass ein visuelles Erscheinungsbild stets grundlegend verändert werden müsste. Doch es bedeutet, Veränderungen als solche anzuerkennen und die Bewegungen, die innerhalb einer Gesellschaft stattfinden, ein Stück weit mitzugehen. Statt stehen zu bleiben. Die Teams selbst verändern sich ohnehin fortwährend. Spieler und Trainer gehen, andere kommen. Stadien werden erweitert, abgerissen und neu gebaut, selbst in England, dem Mutterland des Fußballs. Manchester United plant, dort wo heute „Old Trafford“ steht, das größte Stadion der Welt zu bauen.
Gerade für eine Sportmarke oder einen Sportverein, das müssten auch jene erkennen, die sich ihrem Verein mit Leib und Seele verschrieben haben, kann stillstehen keine Option sein. Wer als Fan die Fortentwicklung des Vereins (abseits des Platzes) aus Prinzip ablehnt, stellt letztlich das eigene Wohl über das des Vereins. Wachsen kann nur, wer sich verändert. Soweit allgemein zum Thema Markentransformation, und zur Gemeinsamkeit zwischen Marken und Menschen.
Die Richtung, in die sich der VfB Stuttgart bewegt, stimmt. Auch, man kann sagen selbst Fußballclubs haben längst erkannt, dass die Entwicklung einer eigenen Corporate-Schrift eine sehr gute Möglichkeit bietet, der Marke Leben einzuhauchen, und dieser die notwendige Relevanz und Attraktivität zu verleihen. Wenn schon Vereinsfarben und -Emblem unangetastet bleiben sollen. Typographie kann Identität stiften, und Zugehörigkeit erzeugen. Dies hat man auch beim VfB erkannt. Man muss nicht alles schick finden – beispielsweise ist im frisch relaunchten Webauftritt unter vfb.de der rosafarbene Layer, in Anlehnung an den roten Trikot-Brustring, doch eher ein Störfaktor und eine Barriere – doch man sollte die Fähigkeit des Vereins, sich verändern zu können, wertschätzen, wie ich meine. Ich bin gespannt wie dt-Leser die Evolution bewerten.
Noch eine typographische Randnotiz: „ZUSAMMEN VORAN“ ist zweizeilig und mittig gesetzt ein wirklich tückisches Ding. Denn wirklich mittig wirkt die zweite Zeile aufgrund der Schrägen im „V“ nicht, so jedenfalls meine Wahrnehmung. Mehr zum Thema Optische Mitte.
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