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Warum der Traum von Highspeed-Zügen in der EU scheitert
Die EU träumt von einem Hochgeschwindigkeitsnetz der Bahn quer durch die EU. Doch das wird schon an der Planung scheitern.
Die Vision klingt großartig: Berlin–Kopenhagen in vier Stunden, Paris–Warschau in acht. Die EU will bis 2040 ein durchgehendes Hochgeschwindigkeitsnetz aufbauen, das den Kontinent klimafreundlich, effizient und bequem verbunden macht. Ein Europa, das nicht mehr im Flieger, sondern im Zug zusammenwächst. Nur leider steht dieser Traum auf maroden Schienen.
Es scheitert schon an der Technik
Denn die Ankündigung ist leichter als die Umsetzung. Ein paneuropäisches Netz bedeutet vor allem viel Arbeit. Denn in der EU gibt es unterschiedliche Signaltechnik, verschiedene Spurweiten, unzählige nationale Behörden, Genehmigungsverfahren und Interessen. Dazu kommt, dass die Renovierung bestehender Trassen den Zugverkehr in Europa über fast ein Jahrzehnt stark einschränken würde. Es wäre einfacher, neue Schienensysteme zu bauen, doch das scheitert dann am Platzbedarf und an ökologischen Fragen.
Die meisten Länder haben ihre Bahn in den vergangenen Jahrzehnten verrotten lassen. Deutschland ist das beste Beispiel dafür. Die momentan laufende Renovierung der Bahn ist das beste Beispiel für die Schwierigkeiten, die ein europäisches Projekt überwinden muss. Projekte wie „Stuttgart 21“ zeigen, dass die Kosten explodieren und die Eröffnung sich um Jahre verschiebt. Der gesamte Renovierungsplan der Bahn im Bund hat sich mittlerweile um fast zehn Jahre nach hinten bewegt.
Kein Geld für den Ausbau
Dann ist da die Frage, wer das alles bezahlt. Die EU stellt Milliarden bereit, aber das reicht nicht ansatzweise für ein Netz, das von Lissabon bis Warschau reichen soll. Die Mitgliedstaaten selbst sind finanziell überfordert.
Frankreich kämpft mit seiner Staatsbahn SNCF, deren gute Umsätze von Alt-Schulden belastet werden. In Italien werden zurzeit die Autobahnen priorisiert und im Osten Europas fehlt das Geld für große Investitionen. Private Investoren winken bisher ab, weil die Rendite unklar ist und die Planung Jahrzehnte dauert. So droht das Hochgeschwindigkeitsnetz zum teuersten PowerPoint-Projekt der EU zu werden.
Dabei gäbe es Chancen, wenn man den Mut hätte, die Bahn neu zu denken. Startups wie Flixtrain zeigen, dass Wettbewerb funktioniert. Sie beweisen, dass man günstigere und schnellere Verbindungen schaffen kann. Doch Flixtrain finanzierte seine Expansion mit Einnahmen aus dem Busverkehr. Neue Startups, die sich auf die Schiene trauen wollen, würden einen enormen Kapitalbedarf haben. Dazu kommt, dass nationale Monopole wie DB, SNCF oder Trenitalia den Zugang zu Strecken, Daten und Buchungssystemen blockieren.
Die Bürokratie siegt über Träume
Denn noch immer gibt es keine einheitliche Plattform, um in Europa Bahntickets zu kaufen. Wer von Hamburg nach Barcelona fahren will, klickt sich durch fünf Websites und drei Sprachen. Der viel beschworene „digitale Binnenmarkt“ existiert für Bahnkunden nicht und die Angst, dass der Betreiber, dass digitale Buchungsplattformen die Ticketpreise unter Druck setzen würden, sitzt tief bei den etablierten Unternehmen.
Die EU spricht davon, das Fliegen durch Bahnreisen zu ersetzen. Aber wer heute zwischen Paris und Madrid reist, fliegt – weil es schneller, günstiger und einfacher ist. Der Klimavorteil der Bahn bleibt theoretisch, solange sie zu teuer, zu unzuverlässig und zu kompliziert ist. Und während Europa von Visionen redet, bauen China und Japan längst die Realität: funktionierende Netze, pünktliche Züge, digitale Buchungssysteme.
Europas Hochgeschwindigkeitsnetz ist damit mehr als ein Infrastrukturprojekt – es ist ein Lackmustest für die Handlungsfähigkeit des Kontinents. Schafft Europa es, grenzübergreifend zu investieren, zu planen und umzusetzen? Oder bleibt es bei Absichtserklärungen, Strategiepapieren und feierlichen Pressefotos?
Ein funktionierendes Bahnnetz könnte Europa wirklich verbinden. Doch dafür müsste man endlich das tun, was Europa am schlechtesten kann: koordiniert handeln. Solange nationale Egos, veraltete Strukturen und digitale Kurzsichtigkeit den Takt bestimmen, wird das Hochgeschwindigkeitsnetz ein Traum auf Papier bleiben.