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Warum es falsch ist, alle Menschen gleich zu behandeln
Alle reden über Gleichbehandlung, alle wollen sie. Doch wann ist sie im Job richtig?
Alle reden über Gleichbehandlung, alle wollen sie. Jason Modemann, Gründer von Mawave, darüber, warum sie im Arbeitsalltag mehr schadet als hilft – und was stattdessen wirklich fair ist.
In Bewerbungsgesprächen, bei Gehaltserhöhungen, bei Leistungsbewertungen – überall wird von Gleichbehandlung gesprochen. Aber je länger ich Unternehmen führe, desto klarer wird mir: Gleichbehandlung ist nicht fair. Gleichberechtigung dagegen schon – aber das ist nicht dasselbe. Denn Gleichberechtigung bedeutet: Alle haben dieselben Chancen. Gleichbehandlung heißt, alle werden identisch behandelt – egal, welche Lebensumstände sie haben. Und genau da beginnt in meinen Augen die Ungerechtigkeit.
Das hat mir vor Kurzem wieder eine Situation gezeigt, die mich ehrlich gesagt ziemlich beschäftigt hat: Eine Kollegin war in den letzten Monaten ungewöhnlich oft krank. So oft, dass man – wenn man streng nach Regelwerk oder „Gleichbehandlung“ geht – eigentlich eine Attestpflicht aussprechen müsste. Aber das wäre absurd. Und unfair. Denn diese Kollegin hat ein Kleinkind. Als Papa weiß ich aus eigener Erfahrung, dass Kita-Kinder ungefähr fünfmal pro Monat irgendein Virus mit nach Hause bringen und die ganze Familie anstecken. Die Kollegin kann also nichts für ihre Fehltage…außer, dass sie sich dafür entschieden hat, ein Kind großzuziehen. Und genau diese Entscheidung bringt nun mal Lebensumstände mit sich, die man nicht „wegregeln“ kann.
Das gilt übrigens nicht nur für Eltern. Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse und unterschiedliche Struggles. Manche kämpfen gerade privat mit Themen, über die sie nicht sprechen wollen. Andere befinden sich in mental anspruchsvollen Phasen, die man ihnen nicht ansieht. Auch dafür kann niemand etwas – und trotzdem beeinflusst es, wie leistungsfähig jemand in einer bestimmten Phase ist.
Das hat mir wieder vor Augen geführt, woran ich glaube: Wir sollten Menschen nicht alle gleich behandeln – sondern gerecht. Und Gerechtigkeit bedeutet, ihre Realität mitzudenken.
Kultur entsteht durch Vertrauen
Die meisten Mitarbeitenden reden nicht über private Belastungen oder mentale Herausforderungen. Meistens, weil sie sich nicht trauen. Weil sie Angst haben, schwach zu wirken oder Konsequenzen zu riskieren. Als Führungskraft kannst du natürlich niemanden zwingen, sich zu öffnen. Aber du kannst ein Umfeld schaffen, in dem sie es gerne tun. Denn erst wenn Menschen spüren, dass sie supported werden, sprechen sie über das, was wirklich los ist. Und erst dann lässt sich überhaupt fair beurteilen, was jemand braucht, um wieder leistungsfähig zu werden.
Flexibilität braucht Ownership
Individuelle Fairness heißt nicht: alles durchgehen lassen. Es heißt, unterschiedliche Wege zu ermöglichen, um zum Ergebnis zu kommen. Wenn jemand private, gesundheitliche oder mentale Challenges hat, ist Flexibilität oft der beste Hebel, um alles unter einen Hut zu bekommen. Aber im Gegenzug braucht es eine klare Kommunikation und ein echtes Verantwortungsgefühl. Denn Flexibilität funktioniert nur, wenn beide Seiten ihren Teil beitragen.
Wenn wir alle gleich behandeln, bleiben Mitarbeitende am Ende nur Zahlen im System – eine weitere Einheit im Business. Schaut man hingegen individuell hin, was sie im Einzelnen wirklich brauchen, und echte Chancengleichheit schafft,, entstehen nicht nur zufriedenere Teams, sondern auch deutlich stärkere und loyalere Mitarbeitende.