Künstliche Intelligenz
Warum Zahlen zum Wasserverbrauch von Rechenzentren oft irreführend sind
KI steht zunehmend in der Kritik – auch wegen möglicher Umweltfolgen. Insbesondere der Wasserverbrauch von Rechenzentren wirft viele Fragen auf. Wie Wired berichtet, tragen einerseits überzogene Angaben zur öffentlichen Aufregung bei. Andererseits ist es äußerst schwierig, den tatsächlichen Wasserbedarf von Rechenzentren zu beziffern, da dieser stark vom jeweiligen Standort abhängt.
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Wie viel Wasser brauchen KI-Rechenzentren wirklich?
Es besteht noch immer ein verworrenes Bild davon, wie Rechenzentren tatsächlich Wasser verbrauchen. So schrieb die Journalistin Karen Hao in ihrem Bestseller Empire of AI, ein geplantes Google-Rechenzentrum nahe Santiago de Chile könne „mehr als das Tausendfache des Wasserverbrauchs der gesamten Bevölkerung” benötigen. Inzwischen hat sie sich auf X entschuldigt: Aufgrund eines Missverständnisses bei der verwendeten Einheit sei ihr ein gravierender Fehler unterlaufen.
Parallel dazu kursieren zahlreiche Schätzungen zum Ressourcenverbrauch einzelner KI-Anfragen. Teilweise ist sogar von einer ganzen Flasche Wasser pro KI-generierter E-Mail die Rede. Die Berechnung sei aber deutlich komplexer, als eine einzelne Kennzahl auf eine durchschnittliche Anfrage anzuwenden. Vor Ort wird Wasser vor allem zur Kühlung eingesetzt. Durch einen höheren Wassereinsatz können Rechenzentren den Betrieb stromintensiver Kühlsysteme reduzieren. Oft wird dafür Trinkwasser verwendet, da es die Technik am wenigsten angreift. Einige große Konzerne wie Amazon, Meta und Apple setzen inzwischen aber verstärkt auf aufbereitetes Abwasser.
Der Wasserbedarf hängt von mehreren Faktoren ab
Hinzu kommen deutliche regionale Unterschiede, denn der Kühlbedarf fällt sehr unterschiedlich aus. „Wie viel Wasser Sie für die gleiche Menge an KI benötigen, hängt vom Klima, von der verwendeten Technologie und vom [Energie-]Mix ab“, sagt Fengqi You, Professor für Energiesystemtechnik an der Cornell University. In manchen Berechnungen wird auch der indirekte Wasserverbrauch einbezogen, der zum Beispiel bei der Stromerzeugung für Rechenzentren entsteht. Der Computerforscher Jonathan Koomey, der an einer Studie zu diesem Thema beteiligt war, hält diesen Ansatz für problematisch. Seiner Meinung nach sollte der Wasserverbrauch außerhalb des Standorts nicht in den Wasser-Fußabdruck von Rechenzentren einfließen, da das auch in anderen Branchen nicht üblich sei.
Aufgrund der hohen Komplexität ist es nahezu unmöglich, den Wasserverbrauch auf einzelne Nutzer oder KI-Anfragen herunterzubrechen. Aussagen über den ökologischen Fußabdruck verschiedener Sprachmodelle basieren fast ausschließlich auf den Nachhaltigkeitsangaben der großen Tech-Konzerne. Zwar sind einige Unternehmen transparenter geworden, aber viele Fragen bleiben offen. So erklärte etwa OpenAI-Chef Sam Altman, eine durchschnittliche ChatGPT-Abfrage verbrauche „etwa ein Fünfzehntel eines Teelöffels“ Wasser, ging dabei allerdings nicht auf zentrale Details ein.
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Konkrete Berechnungen brauchen mehr Transparenz
Viele Experten warnen davor, die Sorgen rund um den Wasserverbrauch von Rechenzentren pauschal abzutun. „Kurzfristig ist das kein Problem und es handelt sich nicht um eine landesweite Krise“, sagt You. „Aber es hängt vom Standort ab. An Orten, an denen bereits Wasserknappheit herrscht, wird der Bau dieser KI-Rechenzentren ein großes Problem darstellen.“ Das gilt besonders für US-Bundesstaaten wie Arizona, in denen der Ausbau der KI-Infrastruktur rasant voranschreitet.
Auch Koomey mahnt zur Differenzierung. Zwar neigten viele Menschen dazu, die Umweltauswirkungen von Technologie zu überschätzen, dennoch gelte: „Man kann nicht einfach von vornherein sagen, dass es nie ein Problem sein wird.“ Der flächendeckende Einsatz von KI gilt als unvermeidlich. Daher ist es wichtig, auch die ökologischen Kompromisse zu hinterfragen und von den Unternehmen dahinter mehr Transparenz über ihre Umweltauswirkungen einzufordern.
Dieser Beitrag ist zuerst auf t3n.de erschienen.
(jle)