Künstliche Intelligenz
15 Jahre OpenStack: Wie ein Mars-Satellit das Rechenzentrum revolutionierte
Am 21. Oktober 2010 veröffentlichten die US-Raumfahrtbehörde NASA und der Cloud-Provider Rackspace die erste Version von OpenStack unter dem Namen „Austin“. Das Projekt wurde ursprünglich im Juli 2010 auf der Open Source Convention (OSCON) in Portland angekündigt und scharrte innerhalb kurzer Zeit eine Reihe prominenter Unterstützer um sich. Zum Start der quelloffenen Cloud-Computing-Infrastruktur waren jedoch lediglich zwei Services an Bord: Der Compute-Service „Nova“ und der Object-Storage-Dienst „Swift“. Die aktuelle OpenStack-Version „Flamingo“ beinhaltet derweil mehr als 30 verschiedene Komponenten.
Weiterlesen nach der Anzeige
Bilder vom Mars
Am 12. August 2005 startete die NASA den „Mars-Reconnaissance-Orbiter“ mit dem Ziel, Landeplätze für künftige Mars-Missionen zu erkunden. Das Raumfahrzeug hatte die bis dahin modernste Teleskopkamera an Bord. Die Kamera nahm riesige Datenmengen auf, die das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen sollten. Die Größe einer Datei belief sich dem damaligen NASA-CTO Chris C. Kemp zufolge auf 600 Megabyte.
Das stellte die Raumfahrtbehörde vor ein Problem: Im Rahmen des Forschungsauftrags sollten die Daten möglichst effizient mit der Welt geteilt werden. Bei der Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen stieß das Team am Ames Research Laboratory aber auf ein Hindernis, denn nicht jeder Kooperationspartner konnte auf die benötigte Compute-Infrastruktur zurückgreifen. Um die Daten also nicht nur in „Google Earth“ bereitstellen zu können, musste eine Lösung gefunden werden.
Letztlich griff das Team auf die Nebula-Compute-Infrastruktur zurück, die seit einigen Jahren bei der NASA entwickelt wurde. Anstelle kostspieliger Anmietungen von Datenzentren kaufte die Behörde Server ein und installierte diese in Schiffscontainern. Dieser erweiterte Einsatz der Nebula-Infrastruktur hatte zur Folge, dass einige Komponenten neu entwickelt werden mussten. Die Raumfahrtbehörde traf die Entscheidung, ihren in Python geschriebenen Cloud-Computing-Controller unter der Apache-2-Lizenz zu veröffentlichen.
Dank Open Source zu OpenStack
Die Nebula-Plattform stieß bei dem amerikanischen Cloud-Provider-Rackspace auf großes Interesse, nicht zuletzt aufgrund der freien Software-Lizenz. Das Unternehmen entschloss sich, die Entwicklung eines eigenen Computing-Controllers auf Eis zu legen und stattdessen zusammen mit der NASA unter dem Namen „OpenStack“ eine quelloffene Compute-Infrastruktur ins Leben zu rufen. Dabei steuerte die Firma ihren Object-Storage-Dienst zu dem Projekt bei. Das erste Release „Austin“ erblickte dann am 21. Oktober 2010 das Licht der Welt.
Schon vor der Veröffentlichung sammelte das Projekt einige große Unterstützer um sich, die in den folgenden Jahren ihre eigenen Distributionen anboten. Zu den Bekanntesten dürften dabei HP, IBM, Red Hat, Mirantis und Canonical zählen. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass sich die NASA 2012 aus der Entwicklung zurückzog und stattdessen die Plattform künftig als Anwender nutzte. Im September 2012 wurde die „OpenStack Foundation“ gegründet, um das Projekt und die Gemeinschaft zu fördern. Im Jahr 2020 kündigte die Stiftung an, sich in „OpenInfra Foundation“ umzubenennen. Anfang 2025 erfolgte der Zusammenschluss mit der Linux-Foundation.
Weiterlesen nach der Anzeige
Lebendiger als sein Ruf
Einer Umfrage aus dem Jahr 2022 zufolge nutzen über 300 Public-Cloud-Datenzentren OpenStack. Insgesamt verwalten die Anwender mehr als 40 Millionen Rechenkerne. Der Kommunikationsdienst „Line“ betreibt dabei allein eine Installation mit vier Millionen Kernen. Auch bei großen europäischen Cloud-Anbietern wie der Deutschen Telekom, StackIT oder OHVCloud erfreut sich die Infrastruktur-Plattform wachsender Beliebtheit. Zudem spielt OpenStack für den Betrieb von Telekommunikationsnetzwerken eine entscheidende Rolle. So setzen beispielsweise AT&T, China Telecom oder auch die Telefonica die Plattform zum Betrieb und der Virtualisierung ihrer Netzwerke ein.
Dabei kommt die Infrastruktur nicht nur in verschiedenen Bereichen der Privatwirtschaft zum Einsatz, sondern auch in vielen Forschungseinrichtungen. Im Jahr 2013 brachte etwa das CERN seinen Cloud-Dienst online. Mit über dreihunderttausend Kernen gehört dieser zu einem der größten innerhalb Europas. Auch das Forschungszentrum Jülich betreibt mit der JSC Cloud eine große Installation.
Doch ist das Projekt in Zeiten von Orchestrierungsplattformen wie Kubernetes überhaupt noch relevant? Eine Antwort liefert der Open Infrastructure Blueprint der OpenInfra Foundation. Darin beschreibt die Stiftung die beiden Plattformen als ergänzende Technologien. Während OpenStack selbst Komponenten für den Betrieb von Kubernetes-Clustern bereitstellt, könnten auch die Kernservices von OpenStack auf Kubernetes verwaltet werden und so in den Genuss der Vorteile wie einer erhöhten Resilienz kommen.
(nie)