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Abschlussbericht: Regulierer entlastet Telekom beim Glasfaser-Überbau
Mit dem Verdacht, dass sie sich beim Glasfaserausbau die Rosinen herauspickt, wird die Deutsche Telekom zwar weiter leben müssen. Doch der am Mittwoch veröffentlichte Abschlussbericht, der von der Bundesnetzagentur und dem Bundesdigitalministerium eingerichteten Stelle zur Beobachtung eines potenziellen doppelten Glasfaserausbaus, fällt für den Magenta-Konzern deutlich freundlicher aus als das Zwischenfazit vor über einem Jahr.
Zu den Ergebnissen des vorläufigen Berichts aus dem Frühjahr 2024 gehörte, dass die Telekom − verglichen mit anderen doppelt ausbauenden Netzbetreibern – häufiger nur gewinnbringende Gegenden erschließt und kurzfristig auf den Vertriebsstart eines zuerst aktiven Konkurrenten reagiert. Dabei waren den Regulierungsexperten „in der Tendenz“ Muster aufgefallen, die ein teils aggressives Verhalten attestierten.
Die Prüfer setzten ihre Tätigkeiten nach dem April 2024 fort und nahmen Meldungen von Marktbeteiligten bis Anfang Juli 2025 entgegen. Dem Abschlussbericht liegen so 539 verwertbare Fälle von Doppelausbau zugrunde. Die Monitoringstelle habe daraus „ein Gesamtbild des Ausbauwettbewerbs inklusive möglicher Beeinträchtigungen generiert“, erläutert die Bundesnetzagentur. Die zusätzliche Beobachtung habe aber „zu keinen weiteren Erkenntnissen“ geführt.
Telekom-Fokus auf lukrative Kerngebiete
Das gilt laut der Regulierungsbehörde vor allem für Fälle möglicher „leerer“ Ausbauankündigungen. Die Ergebnisse seien hier auch unter Berücksichtigung der um gut ein Jahr erweiterten zeitlichen Perspektive „stabil“ geblieben: Dass ein zweitausbauendes Unternehmen sein angekündigtes Vorhaben nicht umsetzte – also zunächst nur ein Revier zu markieren und Konkurrenten abzuhalten suchte –, sei letztlich sehr selten zu beobachten gewesen. Dabei habe es keine Rolle gespielt, ob die zweite Firma „die Telekom oder einer ihrer Wettbewerber war“.
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Gemäß den eingegangenen Meldungen startete die Telekom − verglichen mit anderen doppelt ausbauenden Netzbetreibern – ihren Ausbau öfter in zeitlicher Nähe zum Vertriebsstart eines zuerst aktiven Wettbewerbers. Zudem bleibt es bei der Erkenntnis, dass die Telekom „häufiger nur lukrative Kerngebiete“ erschlossen habe. Die Bundesnetzagentur schränkt dabei ein: Die Untersuchungen der Stelle beruhten „ausschließlich auf den Angaben der sich am Monitoring beteiligenden Akteure“. Belastbare Rückschlüsse seien allein daraus nicht möglich gewesen.
In 47 Prozent der Fälle, in denen die Telekom das später hinzukommende Unternehmen war, fanden die Kontrolleure Hinweise auf eine kurzfristige Reaktion. Der Magenta-Konzern kündigte in diesen innerhalb von etwa zehn Monaten nach Vertriebsstart des Wettbewerbers eigene Vertriebs- oder Marketingaktivitäten an. Es gab aber kaum Anhaltspunkte dafür, dass die Telekom einen Ausbau ankündigte, den sie anschließend nicht weiterverfolgte oder umsetzte.
Beschlusskammer: Kein systematisches Fehlverhalten
Mehrere Fälle übergab die Monitoringstelle an die für einschlägige Fragen zuständige Beschlusskammer 3 der Regulierungsbehörde. Diese prüfte die Eingaben laut dem Bericht detailliert. In keiner der untersuchten Fallstudien, einschließlich einer zum Nachbau und mehreren zum Parallelausbau, identifizierte die Kammer hinreichende Anhaltspunkte für die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens, die belastbar auf ein „systematisch wettbewerbswidriges Verhalten“ der Telekom hindeuteten.
In einem Fall gab es Hinweise auf eine gezielte Reaktion des Konzerns durch das Vorziehen der eigenen Endkundenvermarktung und die Erweckung des Eindrucks eines zeitnahen Ausbaustarts. Allerdings hat die Telekom diese kritische Endkundeninformation zwischenzeitlich korrigiert, sodass keine gegenwärtige Beeinträchtigung mehr vorliegt.
Auch der Deutschen Telekom stehe es grundsätzlich zu, im Rahmen des durch das Telekommunikationsgesetz (TKG) ausdrücklich gewünschten Infrastrukturwettbewerbs auf Entwicklungen im Wettbewerb zu reagieren, hebt die Kammer hervor. Der Ausbau der Telekom sei „nicht per se bedenklich“. Vielmehr „sind vielfältige Ausbauaktivitäten – auch von einem marktmächtigen Unternehmen – grundsätzlich erwünscht“.
Telekom freut sich, Konkurrenten sind enttäuscht
„Infrastrukturwettbewerb kann in Gebieten, in denen nur ein Ausbau eines einzigen Glasfasernetzes wirtschaftlich ist, zu ineffizienten Marktergebnissen führen“, zieht die Bundesnetzagentur als Fazit. Für stärkere Markteingriffe sehe sie aber aktuell keine Grundlage. Der Präsident der Regulierungsbehörde, Klaus Müller, kündigte zugleich an, die Monitoringstelle nun zu schließen. Das Amt gehe „konkret vorgetragenen Wettbewerbsproblemen bei Doppelausbau aber auch in Zukunft nach“. Für weitere Prüfungen bedürfte es dann „eines schlüssigen Vortrags aus der Branche, hinreichend belegt durch Tatsachen“.
„Jetzt ist es amtlich“, feiert die Telekom das Ergebnis. Die Vorwürfe einiger Wettbewerber zum angeblichen „strategischen Überbau“ hätten der Überprüfung nicht standgehalten. Wolfgang Kopf, Regulierungschef des Bonner Konzerns, will die von Konkurrenten losgetretene, grob fahrlässige „Schein-Debatte“ daher beendet wissen: „Jetzt sollten wir uns auf die wichtigen Themen des Glasfaserausbaus konzentrieren: Das sind schnellere Genehmigungsverfahren“ und das Erschließen von Wohnungen.
Die Wettbewerberverbände Breko und VATM monieren indes, die Bundesnetzagentur habe nicht die richtigen Schlussfolgerungen aus ihrer Erkenntnis klarer Auffälligkeiten im Ausbauverhalten der Telekom gezogen. Die Behörde müsse ihrer Verantwortung gerecht werden, besonders kritische Fälle unter die Lupe nehmen und notwendige Informationen anfordern. Dass der Regulierer selbst nicht längst ein formelles Auskunftsersuchen gegenüber der Telekom gestellt habe, sei „angesichts des weiterhin akuten Problems unverständlich“. Eine Verpflichtung der Telekom zur vertraulichen Hinterlegung seiner Ausbauplanung wäre ein wichtiger Schritt. Das Digitalministerium müsse zudem dringend faire Rahmenbedingungen schaffen, damit eine schnelle Digitalisierung mit einer leistungsfähigen Infrastruktur gelingen könne.
(afl)