Künstliche Intelligenz
Angespielt: Das ARTE-Adventure „Gloomy Eyes“ ist ein spielbarer Tim-Burton-Film
Mit „Gloomy Eyes“ veröffentlicht ARTE ein stilistisch markantes Adventure für PC und Konsolen, an dessen Produktion gleich sieben europäische Studios beteiligt waren. Die schaurig schöne Geschichte um eine verbotene Freundschaft zeichnet sich vor allem durch eine einprägsame Bildsprache, ein ungewöhnliches Setting und ein erzählerisches Konzept aus, das weniger auf Rätseltiefe als auf Stimmung setzt.
Zwei Figuren, ein Ziel
In einer Welt, die von ewiger Nacht heimgesucht wird, stehen sich Lebende und Untote feindlich gegenüber. Zwei einsame Kinder hindert das aber nicht daran, beste Freunde zu werden: Der Zombie-Junge Gloomy und das Menschenmädchen Nena arbeiten entgegen aller Regeln zusammen, um die Sonne wieder in ihre dunkle Heimat zu bringen.
Nach einer kurzen Einführung steuern Spieler beide Figuren abwechselnd und profitieren dadurch beim Rätselknacken von deren jeweiligen Fähigkeiten. Der fließende Wechsel funktioniert jederzeit per Tastendruck, sorgt für Abwechslung, verändert aber selten das an Little Nightmares erinnernde grundlegende Spielprinzip: Umgebungsrätsel lösen und nicht dabei erwischt werden.
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Gloomy Eyes – Launch Trailer
Gloomy bewegt etwa schwere Container oder nutzt seine Wurfkraft, um Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Nena kann hingegen klettern oder mechanische Vorrichtungen bedienen. Während elektrisches Licht das Kryptonit des untoten Jungen ist, tänzelt Nena mühelos durch jede Lichtquelle. Treffen die beiden auf lebende Tote, muss das gewiefte Mädchen auf Abstand bleiben, um nicht gefressen zu werden.
Um die meisten Umgebungsrätsel zu lösen, braucht es eine Kombination aus Gloomys Kraft und Nenas Geschick – nur wirklich viel Hirnschmalz fordert das Adventure nie. Die Rätsel sind jederzeit nachvollziehbar, jedoch selten fordernd, und bleiben eher narrative Übergänge als spielerische Höhepunkte. Wer auf komplexe Mechaniken oder kreative Rätsellösungen hofft, wird hier selten fündig. Auch die Kameraführung innerhalb der Dioramen ist nicht immer ideal, was die Orientierung in bestimmten Winkeln erschwert.
Dioramen mit morbidem Charme
Besonders auffällig ist die visuelle Gestaltung: Jede Szene spielt sich innerhalb eines rotierbaren Dioramas ab, das liebevoll mit kleinen Details und schaurig-schönen Elementen ausgestattet ist. Die Ästhetik erinnert stark an Werke von Tim Burton und setzt auf eine Mischung aus kindlicher Gruselfantasie und melancholischer Poesie. Bewegungen, Objekte und Umgebungen wirken wie aus einem Stop-Motion-Film entnommen, was dem Spiel eine eigenständige Identität verleiht.
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Die Geschichte wird wie ein düsteres Märchen erzählt, begleitet von einem sprechenden Totengräber, der als Erzähler fungiert und hin und wieder in der Spielwelt auftaucht. Musik und Sounddesign unterstreichen die Atmosphäre mit mysteriösen Melodien und dezent eingesetzten Umgebungsgeräuschen. Auf Schockeffekte oder Gewaltdarstellung verzichtet „Gloomy Eyes“ aber bewusst. Der Horror bleibt stets symbolisch und märchenhaft.
Fazit: Perfekt für einen regnerischen Septemberabend
„Gloomy Eyes“ überzeugt vor allem durch seinen künstlerischen Stil und die stimmungsvolle Erzählweise. Die „Self-Koop-Mechanik“ bringt zwar Abwechslung in das Spielgeschehen, bleibt aber in ihrer Tiefe begrenzt. Adventurefans sollten unbedingt beachten, dass der Fokus hier klar auf dem audiovisuellen Gesamterlebnis liegt. Als interaktives Märchen mit morbidem Charme und melancholischer Note funktioniert „Gloomy Eyes“ wunderbar. Wer aber echte Kopfnüsse knacken will, dürfte sich schnell unterfordert fühlen. Dennoch ist das charmante Abenteuer einen Blick wert und mit knapp drei bis vier Stunden Spielzeit auch kein großer Zeitfresser.
Übrigens: „Gloomy Eyes“ basiert auf dem 2019 erschienenen gleichnamigen VR-Kurzfilm für Meta Quest und SteamVR, der unter anderem auf dem SXSW für sein Storytelling ausgezeichnet wurde. Im englischen Original leiht Schauspieler Colin Farrell („The Gentlemen“) dem Erzähler seine Stimme. Wer eine VR-Brille besitzt und vom visuellen Stil des Spiels angetan ist, sollte sich die immersive Erzählung nicht entgehen lassen.
„Gloomy Eyes“ ist seit dem 12. September 2025 für PC, PlayStation 5, Xbox Series X/S und Nintendo Switch erhältlich. Das Spiel kostet 25 Euro und ist ab 12 Jahren freigegeben.
(joe)