Künstliche Intelligenz
Aus Softwarefehlern lernen – Teil 2: Warum explodierte Ariane 5 nach dem Start?
Zahlen wirken in Programmen so selbstverständlich, dass viele Entwicklerinnen und Entwickler sie intuitiv wie in der Mathematik behandeln: Addition, Subtraktion, Multiplikation – was soll da schon schiefgehen? In der Praxis lauern hier jedoch zahlreiche Fallstricke. Speicherbegrenzungen, Rundungsfehler, Konvertierungen zwischen Datentypen und die unterschiedliche Behandlung von Ganzzahlen und Gleitkommazahlen führen immer wieder zu katastrophalen Fehlern.
Golo Roden ist Gründer und CTO von the native web GmbH. Er beschäftigt sich mit der Konzeption und Entwicklung von Web- und Cloud-Anwendungen sowie -APIs, mit einem Schwerpunkt auf Event-getriebenen und Service-basierten verteilten Architekturen. Sein Leitsatz lautet, dass Softwareentwicklung kein Selbstzweck ist, sondern immer einer zugrundeliegenden Fachlichkeit folgen muss.
Die Teile der Serie „Aus Softwarefehlern lernen“:
Muster 2: Überlauf, Arithmetik und Präzision: Wenn Zahlen kippen
Ein ikonisches Beispiel dafür ist der Fehlschlag des ersten Ariane-5-Starts im Jahr 1996. Nur 37 Sekunden nach dem Start verließ die Rakete ihre Flugbahn, begann sich unkontrolliert zu drehen und zerstörte sich schließlich selbst. Die Ursache war nicht ein Materialproblem oder ein Defekt an der Rakete, sondern ein Softwarefehler in der Trägheitsnavigationssoftware.
Konkret versuchte das System, einen 64-Bit-Gleitkommawert in einen 16-Bit-Integer zu konvertieren. Der Wert war für die Ariane 5 jedoch zu groß und es kam zu einem Überlauf, der dann eine Ausnahme auslöste. Die Folge: Das gesamte Leitsystem schaltete sich ab. Da die Rakete zwei identische Systeme hatte, die synchron liefen, wiederholte sich der Fehler sofort auf dem Backup – die Redundanz konnte also nicht helfen.
Das wirft die Frage auf: Warum passiert so etwas in einem milliardenschweren Raumfahrtprogramm? Die Antwort ist tatsächlich lehrreich: Die Software der Ariane 5 basierte in Teilen auf dem Vorgängermodell Ariane 4. Dort waren die Wertebereiche kleiner, und ein 16-Bit-Integer war völlig ausreichend. Bei der Ariane 5 lagen die Beschleunigungen jedoch in einem anderen Bereich. Die alten Annahmen passten nicht mehr, aber die Entwickler haben die entsprechenden Codepfade nie überprüft – schließlich hatte die Software ja bereits jahrelang zuverlässig funktioniert.
Dieses Muster findet sich auch heute immer wieder in unzähligen Projekten:
- Entwicklerinnen und Entwickler übernehmen alte Codepfade, ohne ihre Gültigkeit für neue Einsatzbedingungen zu prüfen.
- Implizite Typumwandlungen oder fehlende Bereichsprüfungen führen im Grenzfall zu Überläufen.
- Fehlerbehandlung fehlt oder ist zu global – wie im Fall der Ariane, bei der eine einzelne Ausnahme zum Totalausfall führte.
In der Praxis begegnen Developer diesem Risiko immer wieder – auch in völlig alltäglichen Projekten. Typische Symptome sind:
- Plötzliche Sprünge oder negative Werte in Zählern,
NaN
-Ergebnisse oderInf
-Werte bei Gleitkommarechnungen und- stille Rundungsfehler, die sich erst bei großen Zahlen oder nach langer Laufzeit bemerkbar machen.
Das Schlimmste daran ist, dass Gegenmaßnahmen durchaus bekannt sind, häufig aber aus Zeit- und Kostengründen vernachlässigt werden:
- Explizite Bereichsanalysen: Vor allem bei Übernahmen prüfen, ob alle Wertebereiche noch passen.
- Saturating Arithmetic oder Clamping: Wenn ein Wert den zulässigen Bereich überschreitet, diesen auf das Maximum setzen oder den Vorgang abbrechen, statt unbemerkt überlaufen zu lassen.
- „Fail fast“ bei kritischen Konvertierungen: Lieber ein gezielter Fehler, der sich früh zeigt, als eine stille Datenkorruption.
- Telemetrie und Monitoring: Wertebereiche im Betrieb überwachen und auffällige Ausreißer melden.
Interessant dabei ist auch die psychologische Komponente: Viele Teams verlassen sich auf ihre Testabdeckung und übersehen, dass Testdaten oft zu nett sind. Grenzwerte, Extrembereiche und ungewöhnliche Kombinationen fehlen häufig. Erst Property-based Testing, Fuzzing oder gezielte Grenzwerttests decken die kritischen Fälle auf.
Der Ariane-5-Vorfall hat gezeigt, dass selbst in hochkritischen Projekten mit gefühlt unendlichem Budget ein scheinbar banales Zahlenproblem zu einer Milliardenkatastrophe führen kann. Für den Alltag in der Unternehmens-IT heißt das: Jede Zahl ist ein Modell, und Modelle haben Grenzen. Wer diese Grenzen kennt und absichert, verhindert nicht nur Abstürze, sondern spart sich auch stundenlange Fehlersuche bei subtilen Rundungsfehlern.
Aus Softwarefehlern lernen – die Serie
Diese Artikelserie stellt neun typische Fehlerklassen vor, die in der Praxis immer wieder auftauchen – unabhängig von Branche oder Technologie. In jeder Kategorie wird die Serie ein konkretes Beispiel vorstellen, dessen Ursachen analysieren und daraus ableiten, was Softwareentwicklerinnen und Softwareentwickler langfristig lernen können.
Im nächsten Teil lesen Sie: Concurrency und Scheduling: Wenn sich Prozesse gegenseitig blockieren.
(who)
Künstliche Intelligenz
heise+ Update vom 3. Oktober 2025: Lesetipps fürs Wochenende
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
das nahende Support-Ende von Windows 10 wirft bei vielen von Ihnen sicherlich Fragen auf. Muss ich wirklich meine bewährte Hardware ersetzen, nur weil Microsoft die Anforderungen für Windows 11 künstlich hochschraubt? Ich kann Sie beruhigen: nicht unbedingt. Es gibt tatsächlich von Microsoft selbst eingebaute Wege, diese Hürden zu umgehen. In unserem Ratgeber zeigen wir Ihnen mit den neuesten Registry-Tricks, wie Sie Windows 11 auch auf vermeintlich ungeeigneter Hardware zum Laufen bringen. Eine perfekte Übergangslösung, um liebgewonnene Rechner noch eine Weile fit zu halten.
Falls Ihnen ein Upgrade aber zu heikel ist oder Sie aus anderen Gründen bei Windows 10 bleiben möchten, gibt es eine weitere Option. Microsoft bietet das ESU-Programm für erweiterte Sicherheitsupdates, das bisher vor allem Firmenkunden vorbehalten war, nun auch für Privatnutzer an. Damit können Sie die Versorgung mit wichtigen Updates um mindestens ein Jahr verlängern. Mein Kollege Jan Schüßler erklärt, wie Sie Ihrem Windows 10 für ein weiteres Jahr Sicherheitsupdates sichern.
Das war die Leseprobe unseres heise-Plus-Artikels „heise+ Update vom 3. Oktober 2025: Lesetipps fürs Wochenende“.
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#TGIQF: Das Monkey-Island-Quiz für Piratenanwärter
Im Oktober 1990 kam „The Secret of Monkey Island“ auf den Markt. Das Spiel rund um die karibisch angehauchten Abenteuer rund um Guybrush Threepwood als Piratenazubi gilt bis heute als eines der besten Point-and-Click-Adventures und blieb vor allem wegen seines herrlich schrägen Humors in Erinnerung.
Vermutet wird der 1. und der 15. Oktober als Erstauslieferung, was Schöpfer Ron Gilbert aber energisch verneinte. Er gab somit den 2. September als Geburtstag an – das Datum der Entstehung der Master-Disketten.
„Thank God It’s Quiz Friday!“ Jeden Freitag gibts ein neues Quiz aus den Themenbereichen IT, Technik, Entertainment oder Nerd-Wissen:
Bis heute haben die Abenteuer auf und abseits der Affeninsel nichts an ihrer Faszination verloren. Zu den fairen Rätseln, der liebevoll mit „Deluxe Paint“ gezeichneten Pixelgrafik, kam noch eine Geschichte mit herrlichem Humor dazu, der auch heute noch größtenteils zündet. Eine der schrägsten und denkwürdigsten Aufgaben des Spiels waren etwa die Beleidigungs-Schwertkampf-Duelle. Laut Ron Gilbert kamen sie auf die Idee, als sie die Erol-Flynn-Filme mit wilden Klingenduellen schauten: Auffällig war an den Kämpfen, dass sich die Kämpfer gegenseitig mit Beleidigungen überzogen.
Da man bei Monkey-Island die Schwertkämpfe nicht als Geschicklichkeitsaufgabe wie bei „Pirates!“ gestalten wollte, kamen die Beleidigungsduelle genau recht: Den Kampf gewann nur der, der auch die richtige Antwort auf einen beleidigenden Satz erwidern konnte. Die erlangte Guybrush erst in vielen, vielen Kämpfen. Darauf folgten fünf weitere Teile. Der neueste Teil „Return to Monkey Island“ sorgte 2022 bei Puristen für Ärger, deren Grafik zu modern war.
Doch welche drei Prüfungen musste man auf dem Weg zur Piraten-Fachkraft bestehen? Das wollen wir von Ihnen wissen, in unserem kleinen Quiz für Piratenanwärter. Wer bei „The Secret of Monkey Island“ Herrn Threepwood zum Piraten gespielt hat, wird auch selbst das Quiz gut schaffen.
In der heiseshow war wieder die Stammbesetzung aus Moderatorin Anna Bicker, Dr. Volker Zota und Malte Kirchner am Start. Die drei Fragen zum Quiz vorab verwirrten nicht nur in den Reihenfolgen, sondern auch die beiden Piratenanwärter, die wohl mal wieder die Spiele zur Hand nehmen sollten.
Die Uhr ist abgestellt, sodass Sie in aller Ruhe Fragen und Antworten lesen können. Mit 10 Fragen können Sie satte 100 Punkte erreichen. Die Punktzahl kann gern im Forum mit anderen Mitspielern verglichen werden. Halten Sie sich dabei aber bitte mit Spoilern zurück, um anderen Teilnehmern nicht die Freude am Quiz zu verhageln. Lob und Kritik sind wie immer gern genommen.
Bleiben Sie zudem auf dem Laufenden und erfahren Sie das Neueste aus der IT-Welt: Folgen Sie uns auf den Kurznachrichten-Netzwerken Bluesky und Mastodon und auf den Meta-Ebenen Facebook oder Instagram. Falls Sie eigene Ideen oder Fragen für ein neues Quiz haben, dann schreiben Sie einfach dem Quizmaster.
(mawi)
Künstliche Intelligenz
eHealth: Umstellung auf ECC-Verschlüsselung bis 2026 sorgt für Produktionsstress
Nachdem die Gematik das Bundesgesundheitsministerium und ihre Gesellschafter aufgrund des schleppenden Austauschs von elektronischen Heilberufsausweisen (eHBA) und Praxis- sowie Institutionsausweisen (SMC-Bs) gewarnt hatte, läuft die Produktion bei einem der Vertrauensdiensteanbieter Medisign nun auf Hochtouren. Andernfalls könnten tausende Ärzte und Apotheker zum Jahreswechsel nur noch eingeschränkt die Telematikinfrastruktur (TI) nutzen und beispielsweise keine E-Rezepte mehr signieren oder die elektronische Patientenakte befüllen.
Bis zum 31. Dezember 2025 müssen alle eHBA und SMC-Bs Generation 2.0 durch Karten der Generation 2.1 ersetzt werden. Grund dafür ist die Umstellung der bisherigen Verschlüsselung mit RSA 2048 auf das ECC 256 (Elliptic Curve Cryptography). Damit kommen die Beteiligten den Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik nach. ECC 256 bietet bei gleicher Sicherheitsstufe deutlich kürzere Schlüssellängen und damit schnellere Verarbeitungszeiten.
Für Apotheken ist die Lage ebenfalls brenzlig, wie die Pharmazeutische Zeitung in ihrem Beitrag verdeutlicht hatte. Versicherte können in betroffenen Apotheken dann keine E-Rezepte mehr einlösen. Speziell für Apotheken führen Ausfälle und TI-Störungen zu Verlusten, weshalb Apotheker kürzlich erneut mehr Zuverlässigkeit beim E-Rezept gefordert hatten.
Laut Angaben der Gematik müssen auch noch 13.000 Konnektoren getauscht werden, die nur RSA-fähig sind. Im Mai hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) bereits vor Engpässen gewarnt und gefordert, die Frist zu verlängern, wie es auch in anderen Ländern beschlossen wurde.
Produktion läuft auf Hochdruck
Eine Sprecherin von Medisign räumt gegenüber heise online ein: „Durch die Umstellung auf ein komplett neues Antrags- und Produktionssystem ist es leider zu einem Zeitverzug in der Kartenproduktion von etwa vier Wochen gekommen. Die Daten vom Altsystem mussten ins neue System migriert werden, was sich als sehr komplex und aufwändig erwiesen hat. Mit Hochdruck arbeiten wir aktuell daran, verschiedene Prozesse und Funktionalitäten bei der Kartenbeantragung zu optimieren.“
Mit einer neuen Produktionsstraße wolle man pro 6-Tage-Woche bis zu 15.600 Karten ausstellen. So will der Vertrauensdienstanbieter den Sondertausch planmäßig bis Jahresende abschließen. Bereits in den ersten drei Tagen nach der Umstellung, am 27. September, seien 2.511 SMC-B und eHBA produziert worden. Medisign habe den Produktionsrückstand wieder aufgeholt.
Zudem sollen alle betroffenen Praxen und Apotheken rechtzeitig per E-Mail informiert werden. Kunden will Medisign außerdem ein „vereinfachtes, mit der Gematik abgestimmtes Verfahren anbieten: Dabei wird ausschließlich die Karte selbst getauscht – eine erneute Identifizierung ist nicht erforderlich, wenn sich die Ausweisdaten nicht geändert haben“, so die Sprecherin.
Sicherheitsforscherin Bianca Kastl sagt zum Tausch der Karten: „Traditionell ist das Problem kryptographischen Materials in der Telematikinfrastruktur, dass die Identifizierung oder die korrekte Zustellung von Karten schwach überprüft wird. Sofern neue Karten nicht wieder einfach so an die Käsetheke geliefert werden können und stattdessen sicher mit Identifikation zugestellt werden, mag das für einen Tausch der Karten reichen. Andernfalls ergeben sich hier neue Angriffsszenarien“.
Die Probleme bei Medisign reihen sich ein in eine Serie von Schwierigkeiten bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens. Erst im August gab es Kompatibilitätsprobleme zwischen CGM-Praxissoftware und Rise-Konnektoren, die wochenlang den Zugriff auf die elektronische Patientenakte verhinderten. Für die Weiterentwicklung der TI setzt die Gematik künftig auf ein Zero-Trust-Sicherheitskonzept, das ab Mitte 2026 schrittweise eingeführt werden soll. Erst kürzlich hatte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken ein Update der Digitalisierungsstrategie angekündigt – dies soll auch der Betriebsstabilität der TI zugute kommen.
(mack)
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