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Big Tech steckt so viel Geld in EU-Lobbyarbeit wie noch nie


151 Millionen Euro – so viel war der Digitalindustrie die Lobbyarbeit in Brüssel zuletzt wert. Das ist nicht nur der höchste bisher gemessene Betrag an jährlichen Lobbyausgaben der Branche. Mit ihrer „beispiellosen Finanzkraft“ katapultiert sich die Tech-Branche damit außerdem an die Spitze aller Lobbyakteure in der EU. Das zeigt eine heute veröffentlichte Studie der Nichtregierungsorganisationen LobbyControl und Corporate Europe Observatory (CEO).

Ein Vergleich mit anderen Branchen macht die Dimension deutlich. Der aktuellen Auswertung zufolge lassen sich die zehn größten Tech-Unternehmen ihre Lobbyarbeit gut 48 Millionen Euro kosten, die zehn größten Konzerne der Pharma-, Finanz- oder Automobilindustrie zusammen 42,8 Millionen Euro. „Fünf der sechs größten Lobbyakteure in der EU stammen aus der Tech-Branche“, so die Recherche von LobbyControl und CEO.

Zugleich verfügen die zehn größten IT-Unternehmen auch über die höchsten Budgets für ihre Lobbyarbeit. Demnach stellen sie ein Drittel der gesamten Lobbyausgaben der Tech-Branche. Meta unterhält mit jährlich 10 Millionen Euro die einflussreichste Tech-Lobby in der EU, dicht gefolgt von Microsoft, Amazon und Apple mit je 7 Millionen Euro. Die Gesamtausgaben von 151 Millionen Euro wiederum sind doppelt so hoch wie die aus dem Jahr 2021 und entsprechen einer Steigerung um 33,6 Prozent der Ausgaben im Jahr 2023.

EU-Digitalgesetze im Visier

Der NGO-Bericht kommt zu einer Zeit, in der europäische Digitalregeln zunehmend unter Druck geraten. Um die Macht der Tech-Konzerne einzudämmen, hat die EU in den vergangenen Jahren eine Reihe einschlägiger Gesetze verabschiedet, etwa das Digitale-Dienste-Gesetz (DSA), das Digitale-Märkte-Gesetz (DMA) oder die KI-Verordnung (AI Act). Dagegen wettern nicht nur die oft aus den USA stammenden Konzerne wie Meta, Apple oder Amazon. Sie wissen US-Präsidenten Donald Trump sowie den republikanisch dominierten Kongress im Rücken, die US-amerikanische Interessen über alles stellen.

Gleichwohl beschränkt sich die vermehrte Lobbyarbeit nicht auf die größten Tech-Unternehmen. Seit 2023 kamen in Brüssel eine ganze Reihe neuer Lobby-Gruppen hinzu. So stieg die Zahl von 565 digitalen Unternehmen und Verbänden auf 733 im Jahr 2025, die das Ohr der Kommission und von Abgeordneten suchen.

Damit ist auch die Zahl der Digital-Lobbyist*innen angewachsen, inzwischen übersteigt sie sogar die Anzahl der Abgeordneten im Parlament: Neben den gut 720 Parlamentariern gehen im laufenden Jahr 890 Mitarbeiter*innen der Digitalindustrie in Vollzeit ihrer Arbeit nach. 2023 waren es noch 699. „Von ihnen verfügen 437 über Zugangsausweise, die ihnen nahezu uneingeschränkten Zutritt zum Parlament ermöglichen“, so die Recherche. Ganz vorne mit dabei sind Digital Europe mit 27 Lobbyausweisen, Google mit 16 und Microsoft mit elf. Auch mit Mitarbeiter*innen von Amazon trafen sich EU-Abgeordnete. Dabei waren ihnen im Februar 2024 die Zugangsausweise entzogen worden.

Bis Ende Juni fanden durchschnittlich drei Lobbytreffen mit Mitarbeiter*innen der Digitalindustrie pro Tag statt – mit leitenden Vertreter*innen der Kommission und Europaabgeordneten, so die Autoren der Analyse, Felix Duffy von LobbyControl und Bram Vranken von Corporate Europe Observatory (CEO).

Um die Zahlen zu ermitteln, haben die NGOs unter anderem Daten aus dem EU-Transparenzregister ausgewertet und nutzten zudem das Online-Datentool LobbyFacts.eu von LobbyControl. Alle Anaylsedaten sind in einer öffentlich zugänglichen Datenbank einsehbar.

Jetzt nicht einknicken

Big Techs Lobbyarbeit scheint Wirkung zu zeigen. Von der Leyen arbeitet gerade etwa zusammen mit der Kommission an einem digitalen Omnibus-Paket. Damit will sie Digitalgesetze ändern, um die EU „innovationsfreundlicher“ zu machen. Zudem will sie für Unternehmen Ausnahmen in die Datenschutzgrundverordnung aufnehmen.

Ihre Analyse demonstriere, wie Big Tech europäische Tech-Regulierung systematisch aufweicht, erklärt Felix Duffy von LobbyControl. Große Tech-Konzerne haben zu viel Macht und bedrohen eine „demokratische Digitalpolitik“. Gerade jetzt müsse die EU Digitalregeln konsequent umsetzen, anstatt zu deregulieren, so wie es Ursula von der Leyen tut, so Bram Vranken. „Die Kommission darf sich den mächtigen Konzerninteressen nicht beugen.“



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