Soll es in Brandenburg ein Gesetz für die automatische Kennzeichenerfassung geben? Als die CDU den Innenminister im Bundesland stellte, war das der Plan, der damals jedoch keinen Konsens fand. In der aktuellen SPD-BSW-Koalition gibt es dazu noch keine abgeschlossene Meinung. Doch auch ohne extra Gesetz scannt die Brandenburger Polizei seit Jahren mit dem System namens „Kesy“ die Nummernschilder vorbeifahrender Kraftfahrzeuge an bestimmten Autobahnabschnitten.
Dabei gab es zunächst zwei verschiedene Modi: zur Fahndung und zur Aufzeichnung. Während die Geräte im Fahndungsmodus erfasste Nummernschilder mit einer Suchliste abglichen und alle anderen Aufnahmen löschten, speicherte die Polizei im Aufzeichnungsmodus alle erfassten Kennzeichen auf Vorrat. Doch diese Auto-Vorratsdatenspeicherung erklärte das Landgericht Frankfurt/Oder 2022 für illegal, Brandenburg stoppte die Speicherung bereits vor dem Urteil im Jahr 2021. Seitdem wird jedoch der Fahndungsmodus rege genutzt, wie aktuelle Zahlen aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage aus dem Landtag zeigen.
Zur Gefahrenabwehr kam Kesy 2024 insgesamt 139 Mal zum Einsatz. 2022 waren es 112 Mal, ein Jahr später 172 Mal. In den meisten dieser Fälle geht es um die „Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person“. Das kann die Suche nach Vermissten oder auch einem mutmaßlich suizidgefährdeten Menschen sein. 105 Mal sei das im vergangenen Jahr der Fall gewesen, schreibt die Landesregierung.
Extrem hohe Zahlen bei der Strafverfolgung
Viel höher als die Einsatzzahlen bei der Gefahrenabwehr sind aber jene zur Strafverfolgung. Die kamen in den bisherigen jährlichen Berichten zum Kesy-Einsatz nicht zur Sprache. 8.417 Mal kam es zu sogenannten „Sofortmaßnahmen“, also quasi auf Zuruf von einer Staatsanwaltschaft bei Gefahr im Verzug. Das sind durchschnittlich 23 derartige Maßnahmen pro Tag. Im überwiegenden Teil der Fälle, bei 8.325 der Maßnahmen, ging es darum, nach gestohlenen Fahrzeugen zu fahnden. Auch hier erfolgte die Erfassung mehrheitlich – bei 7.585 Maßnahmen – in Amtshilfe. In nur 100 Ermittlungsverfahren scannte die Brandenburger Polizei Nummernschilder auf reguläre Anordnung einer Staatsanwaltschaft.
Dass diese Zahlen zuvor in den Kesy-Statistiken nicht auftauchten, lässt sich mit dem Fokus der jährlich veröffentlichten Statistik erklären. Während das Innenministerium regelmäßig über Maßnahmen in Zusammenhang mit dem brandenburgischen Polizeigesetz berichten muss, schließt das Einsätze nach der Strafprozessordnung nicht mit ein. Die aktuellen Zahlen stammen nicht aus diesem Bericht, sondern aus der Antwort auf die gesonderte Nachfrage des BSW-Abgeordneten Sven Hornauf.