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Das Fest der Cine-Kameras, nicht nur von Red – Fotonews der Woche 38/2025


Seit Jahrzehnten ist der Kameramarkt überwiegend in japanischer Hand, und die dortigen Unternehmen belauern sich stets: Hat das eine Unternehmen eine Innovation, wird daraus schnell ein Trend, den alle aufgreifen. Und bei neuen Kameramodellen wird oft schnell gekontert. Da könnte man leicht auf die Idee kommen, dass die Vorstellungen von Cine-Kameras, also solchen für TV- und Kinoproduktionen, in dieser Woche diesem Effekt unterliegen.

Dem ist aber nicht so. Vielmehr haben Canon, Fujifilm und Nikon ihre Kameras und Objektive jetzt binnen weniger Tage vorgestellt, weil direkt nach der IFA in Berlin die IBC in Amsterdam stattfindet. Diese früher “ International Broadcasting Convention“ genannte Messe legt nun Wert darauf, nur noch nach ihrer Abkürzung genannt zu werden. Die IBC ist eines der weltweit größten Branchentreffen vor allem für den TV-Markt, aber eben nicht nur. Was die Hersteller Cine-Kameras nennen – bei Canon steht auch das „C“ im Modellnamen für den Einsatzzweck – ist schon lange auch für Fernsehen, Live-Streaming, Streaming-Anbieter und Webvideo interessant. Auch, weil die Geräte im Verhältnis gesehen, immer billiger geworden sind.

Zudem geht die Diversifikation immer weiter, was auch die drei Cine-Kameras dieser Woche zeigen: von Canon und Nikon gibt es recht kompakte Geräte, die erst mit einem „Rig“ genannten Zubehörkäfig ihre Flexibilität entfalten – siehe das Titelbild dieser Kolumne. Und Fujifilm hat seine GFX Eterna 55 im herkömmlichen Kasten-Design von Cine-Kameras gehalten, mit Anschlüssen auf fast allen Seiten. Die Eterna wurde bereits vor über einem Jahr angekündigt und hat den Mittelformatsensor der GFX 100 II mit 102 Megapixeln. Entsprechend steht die Ziffer im Modellnamen auch für den großen Bildkreis von 55 Millimetern.

Weil für mehr als 8K, in der Eterna mit bis zu 30fps, kaum ein Workflow oder gar ein Zielsystem für die Vorführung existiert, bleibt das trotz des großen Sensors auch die höchste Auflösung der Kamera. Wichtiger ist hier, dass viele andere Auflösungen per Open Gate gefilmt werden können, also der gesamten Sensorfläche. Dazu gehören Cine-5.8K im Verhältnis von 2,39:1, 6,3K im Super35-Format und manche anamorphe Formate. Man sieht: Es geht hier ganz ums große Bild für die große Leinwand. Dem trägt auch der Dynamikumfang von 14 Blendenstufen Rechnung.

Für solche Ansprüche ist der Preis von 16.500 US-Dollar im Vergleich zu Konkurrenz wie etwa Arri schon fast günstig. Und dass die Kamera, ohne Objektiv, Akku oder das fast immer nötige Zubehör, zwei Kilo wiegt, spielt hier auch keine Rolle. Solch Gerät wird höchstens für kurze Einstellungen aus der Hand bedient, und auch da meist von mehreren Personen.

Einen ganz anderen Weg geht Nikon mit seiner ersten neu entwickelten Kamera fürs Filmemachen, seit man vor anderthalb Jahren das Unternehmen Red übernommen hat. Die Nikon ZR ist ein kompakter Spezialist von 540 Gramm samt Klappdisplay, Schnittstellen und mit Z-Bajonett. Daher wohl auch der Name: Eine Nikon Z, aber mit dem R-ed-Anspruch. Eine modifizierte, große Red mit Z-Bajonett hatte das Unternehmen bereits Anfang 2025 vorgestellt. Das ist aber ein Klotz wie bei Fuji oder Arri, die ZR soll vor allem Canons C-Serie Konkurrenz machen.

Mit der hat das Unternehmen seit einigen Jahren Erfolg, weil man dabei ohne große Kompromisse quasi ein mobiles Studio dabeihat. Hervorragender Audio-Recorder, dazu gleich mehr, ebensolche Displays, interne Aufzeichnung von Bild und Ton und trotzdem alle Anschlüsse: Die Cine-Kompakten sind etabliert, und viel günstiger als die großen Kino-Kästen. Zur Nikon ZR haben wir eine ausführliche Meldung, daher hier nur zwei Highlights. Die Kamera kann intern Ton im 32-Bit-Float-Format aufnehmen, das manuelle Aussteuerung meist unnötig macht. Der Dynamikumfang ist so groß, dass in der Postproduction fast alles möglich ist.

Und dann ist da das 3-Megapixel-Display mit 4 Zoll Diagonale im Format 16:10, das also auch noch genug Platz für Statusinformationen unter einem 16:9-Bild lässt. Es soll den DCI-P3-Farbraum vollständig darstellen können und lässt sich mit eigenen Profilen (LUTs) nur für den Monitor anpassen. Dass es klapp- und schwenkbar ist, versteht sich da von selbst. Die Displays von Cine-Kameras muss man, wenn nicht schon geschehen, selbst gesehen haben. Gegenüber den meisten Systemkameras für Fotos oder gar alten Full-HD-Camcordern ist der Unterschied enorm. Viele Filmer verzichten da auf die externen Zusatzmonitore, die eigentlich Standard, weil größer sind – aber in entsprechender Qualität recht teuer und umständlich. Dass die ZR nur 2349 Euro kostet ist wohl vorwiegend der Tatsache geschuldet, dass sie über 6K-Auflösung nicht hinaus kommt. Sie erscheint Ende Oktober.

Ganz so günstig schafft Canon das noch nicht, auch wenn nun mit der Cinema EOS C50 ein weiteres Modell der C-Serie erschienen ist: 3800 Euro für die 7K-Kamera sind gefragt, über 1000 Euro weniger als für die C70. Mit dieser begann Canon vor fünf Jahren seine Reihe an Cine-Kameras mit RF-Bajonett. Die noch etwas günstigere R5 C bietet zwar 8K, aber ist vor allem auf ein noch kleineres Gehäuse und entsprechend weniger Funktionen optimiert. Bei der C50 stehen vor allem, wie bei der Nikon ZR, Open-Gate-Filmen und flexible Seitenformate im Vordergrund. 32-Bit-Float beherrscht die Canon jedoch nicht.

Auch zu ihr gibt es eine umfangreiche Meldung, in der auch Details zu einem besonderen Cine-Objektiv stehen. Ein solches motorisiertes 11-55mm-Zoom samt internem 1,5x-Extender hat Nikon noch nicht. In der Fotowelt nennt man das einen Telekonverter. Beim Filmen ist das von Vorteil, weil man ohne Umbau – und der kann bei komplexen Rigs dauern – dann 16-85mm in der Hand hat. Und das ohne Gewichtsveränderung, was beim von Canon auch ausdrücklich empfohlenen Einsatz von Gimbals eine Neukalibrierung überflüssig macht. Allerdings ist diese Optik dann schon weit im professionellen Bereich: 25.000 Euro sind gefordert.

Auch rein fürs Fotografieren vorgesehene Hardware gab es in dieser Woche. Das Supertele von OM System für MFT mit f/2.8 und nativer Brennweite von 50-200mm (100-400mm KB-äquivalent) hat auch schon den Weg in unseren Newsticker gefunden. Ebenso das Reisezoom Sigma 20–200 mm F3.5–6.3 DG Contemporary für E- und L-Mount. Noch keinen genaueren Blick konnten wir auf das Tamron 25-200mm f/2.8-5.6 Di III VXD G2 werfen. Gleiche optische Daten gab es von diesem Hersteller schon, aber nicht innerhalb der G2-Serie, die in der Regel bessere Verarbeitung und Wetterfestigkeit als ihre Vorgänger mitbringt. Noch gibt es nur eine, wie Tamron das nennt, „Entwicklungsankündigung„, und keine vollständigen Spezifikationen – obwohl das Objektiv schon im Herbst 2025 erscheinen soll. Man könnte argumentieren, dass der meteorologische Herbst bereits am 1. September begonnen hat, aber im Umfeld der japanischen Kamerahersteller, siehe oben, wäre das eine Spitzfindigkeit. Also bleibt nur abwarten, wann das Tamron dann wirklich kommt, und was es kostet. Und ob es vielleicht auch für den Z-Mount erscheinen darf, nicht nur, wie schon angekündigt, den E-Mount.

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