Digital Business & Startups

Das große Batterie-Versagen Europas – Business Insider


Die Übernahme des insolventen Akkuherstellers Northvolt durch ein US-Startup dokumentiert erneut das Versagen der EU beim Aufbau von Schlüsseltechnologien.

Der insolvente Batteriehersteller Northvolt wurde an US-Investoren verkauft.
Getty Images / SOPA

Das kalifornische Startup Lyten hat die verbliebenen Vermögenswerte des insolventen schwedischen Batterieherstellers Northvolt übernommen. Im Paket enthalten sind die Gigafactory „Northvolt Ett“ in Skellefteå, das Forschungszentrum „Northvolt Labs“ in Västerås, das geplante Werk „Northvolt Drei“ bei Heide und das geistige Eigentum des Unternehmens – insgesamt Anlagen im Wert von ungefähr fünf Milliarden US‑Dollar.

Günstige Übernahme durch Lyten

Ob der Preis tatsächlich bei jener Summe liegt oder unter Marktwert bezahlt wurde, bleibt ungeklärt – ebenso wie die Bedingungen solcher Übernahme, die bis Ende 2025 abgeschlossen werden soll, sofern alle Genehmigungen in Schweden, Deutschland und auf EU‑Ebene erteilt werden

Lyten selbst ist ein 2015 in San José gegründetes Startup, das sich auf sogenannte „Supermaterialien“ spezialisiert. Das Unternehmen entwickelt Lithium‑Schwefel‑Batterien, die leichter, kostengünstiger und nachhaltiger sein sollen als herkömmliche Lithium‑Ionen‑Technologie.

Die Finanzierung beläuft sich auf über 600 Millionen US‑Dollar Eigenkapital sowie weitere Absichtserklärungen im Volumen von rund 650 Millionen, unter anderem von der US‑Export‑Import‑Bank. Zusätzlich sicherte sich Lyten im Sommer 2025 mehr als 200 Millionen Dollar frisches Kapital, explizit zur Finanzierung der Northvolt‑Deals.

Zerstörte Hoffnungen

Northvolt war einmal das europäische Batterie-Wunderkind. Seit seiner Gründung 2016 sammelte das Unternehmen mehr als zehn Milliarden Dollar aus Eigenkapital, Krediten und Fördermitteln ein, unter anderem mit Beteiligungen von Volkswagen, Goldman Sachs und der Europäischen Investitionsbank.

Mit hochgesteckten Plänen, darunter Gigafabriken in Schweden, Deutschland und Kanada, galt das Unternehmen lange als Aushängeschild für Europas Ambition zur strategischen Batteriezukunft. Doch Produktionsprobleme, technische Herausforderungen, Kündigung von Verträgen und Liquiditätsengpässe führten zur Insolvenz im letzten Jahr. Trotz Aufträgen in Milliardenhöhe von BMW, VW, Volvo und Audi.

Die geopolitischen Konsequenzen dieser Übernahme sind deutlich: Ein US‑Startup sichert sich strategisch relevante Batterieanlagen in Europa. Das ist eine Bankrotterklärung der EU-Industriepolitik. Europas Batterieambitionen verlieren nicht nur an Selbstbestimmung, sie sind vollends gescheitert. Auch weil die Autohersteller das Thema nie ernst genommen und sich stattdessen lieber in die totale Abhängigkeit von chinesischen Herstellern begeben haben.

Das Versagen der EU

Die Diskussion um eine europäische Batterieproduktion schwelt seit 2015. Passiert ist allerdings nur wenig, weil sich keiner der großen Zulieferer dazu durchringen konnte, die nötigen Investitionen zu tätigen. Auch die Hersteller sahen sich nicht in der Pflicht. Dabei hatte schon Tesla klargemacht, dass die Batterie der entscheidende Faktor eines E-Autos ist. Die Herstellung zu kontrollieren ist elementar für den Erfolg.

Der strukturelle Rückstand der EU gegenüber den großen Batterieherstellern ist mittlerweile so groß, dass er uneinholbar erscheint. Wie schon bei der Chip-Produktion, überlässt man der Konkurrenz das Feld, weil man offenbar in Deutschland und in der EU die Konsequenzen unterschätzt, wenn man eine Zukunftstechnologie konkurrierenden Ländern überlässt.

Am Ende bleibt: Die Übernahme durch Lyten ist zumindest eine Rettung für viele Mitarbeiter von Northvolt und könnte garantieren, dass ein Standort in Europa erhalten bleibt. Die Lithium-Schwefel-Technologie mag langfristig Chancen bieten, Nordamerika und Europa wieder in Batterielieferketten zu verankern.

Aber wir dürfen dabei nicht vergessen: Europa verpasst die große Chance, selbst Front-Runner im Batteriezeitalter zu sein – und muss nun zusehen, wie ein außenstehender Akteur beginnt, die Trümmer der eigenen Ambition neu aufzubauen.



Source link

Beliebt

Die mobile Version verlassen